Sacred 2: Fallen Angel28.03.2008, Mathias Oertel
Sacred 2: Fallen Angel

Vorschau:

Es ist schon ein paar Jahre her, dass sich Hack&Slay-Fans mit Sacred sowie dem Add-On Underworld durch die Welt von Ancaria metzeln durften. Um genau zu sein, sind bereits über vier Jahre seit dem Start des Action-Rollenspiels ins Land gezogen. Doch es wird langsam wieder Zeit, Rüstung und Waffen aus dem Schrank zu holen und blitzblank zu putzen: Im September kommt Sacred 2 und wir haben einen ausgedehnten Blick auf eine aktuelle Version geworfen.

Fortsetzungs-Prequel

In der Filmindustrie ist es durchaus üblich, eine Fortsetzung zeitlich vor dem Vorgänger anzusiedeln, man denke nur an Der Pate 2 oder den zweiten Indiana Jones. Bei Spielen kommt dies deutlich seltener vor, wobei Ausnahmen natürlich immer noch die Regel bestätigen: Nehmen wir z.B. Fear Effect 2 oder Metal Gear Solid 3. Auch Ascaron nutzt für die numerische Fortsetzung des Action-Rollis dieses Prinzip und versetzt euch in ein Ancaria 2000 Jahre vor den Geschehnissen in Sacred. Dadurch hält man sich natürlich Tür und Tor offen für kreative Story-Ideen, ohne sich in

Willkommen zurück in Ancaria! Ab September sollen die sechs Charakterklassen auf Monsterjagd gehen.
komplizierte Widersprüche innerhalb des Universums zu verstricken.

Ob die Hintergrundgeschichte glaubwürdig ist und vor allem sinnvoll als Antriebsfeder für die Erkundung der umfangreichen Welt genutzt wird, können wir an dieser Stelle noch nicht beantworten.

Bewährte Zahlenspiele

Im Wesentlichen wird man am leicht zugänglichen Spielprinzip sowie am bewährten Kampfsystem des Vorgängers festhalten. Damit bewegt sich Ascaron auf sicherem Eis und dürfte keinen Fan der Serie enttäuschen. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass man hier oder da die Pfade verlässt, die man als Hack&Slay-Spieler seit Jahr und Tag und Diablo kennt, und etwas mehr Risiko eingeht. Dies könnte allerdings bei der Xbox 360-Variante der Fall sein, die bedingt durch die Pad-Steuerung eine direkte Kontrolle über Schläge etc. ermöglichen dürfte. Auch auf dem PC würde Sacred 2 eine Direktheit im Kampf gut tun - und ein aktives Deckungssystem wäre ebenfalls nicht schlecht.

Beim Drumherum jedoch lässt Ascaron keine Zweifel daran, dass man sich die Prämisse "Mehr" ganz groß auf die Fahnen geschrieben hat: Das grob in neun Regionen eingeteilte Ancaria ist in seiner Gesamtheit 40 Prozent größer als die Welt in Sacred 1. Um es zu verdeutlichen: Würde man vollkommen ohne Unterbrechung durch Kämpfe etc. vom äußersten westlichen Ende bis and den Rand der Ostfront laufen, sei man gut fünf Stunden unterwegs.

Satte 500 Quests sind geplant, von denen mehr als ein Drittel auf die Hauptmission fällt, was wiederum rund 35 bis 40 Stunden Spieldauer bedeutet - und das alles ohne die gut 300 Nebenaufgaben. Gut 200 Dungeons (alle handgezeichnet) warten

Jede Figur wird ihr eigenes Reittier haben.
darauf, von euch erforscht und ihrer Schätze beraubt zu werden. Allerdings gibt es derzeit noch keinerlei Rätsel oder Fallen in den umfangreichen unterirdischen Höhlen - ebenfalls ein Punkt, an dem Ascaron ansetzen kann, um das Erlebnis Sacred 2 noch spannender zu gestalten.

The Number of the Beast?

Ist das ein Zufall? Es geht um gefallene Engel. Der bekannteste gefallene Engel ist Luzifer höchstpersönlich. Und wie jeder weiß, der Iron Maiden hört oder "Das Omen" gesehen hat, ist 666 die Zahl, die man mit dem Belzebub in Verbindung bringt. Auch in S2 ist im Zusammenhang mit Charakteren und deren Fähigkeiten eine leichte Anhäufung von Sechsen festzustellen.

Dabei geht es weniger um den höchsten erreichbaren Level, den die jeweilige Figur erreichen kann: Der liegt nicht bei 66 oder 666, sondern bei 215, was allerdings auch schon rekordverdächtig sein dürfte und sowieso nur bei mehrmaligem Durchspielen erreicht werden kann.

Doch mit sechs grundlegenden Charakteren, die einem von sechs Göttern huldigen und die ihre insgesamt 15 zur Verfügung stehenden Spezialfähigkeiten in je sechs Kategorien verbessern können, haben wir die teuflische Nummer vor Augen. Zufall? Egal! Denn auch wenn es anfänglich etwas unübersichtlich scheint, hat man sehr schnell nicht nur die Gewissheit, dass man sein ancarisches Alter Ego nicht nur spielend einfach, sondern auch überraschend individuell entwickeln kann. Hier muss eine spätere Version allerdings noch beweisen, dass das Balancing der einzelnen Fähigkeiten sowie deren Unterkategorien ausgewogen ist. Doch die Idee, die Spezialfähigkeiten an den Wunsch der Spieler anzupassen, frei nach dem Motto "Will ich Bereichsschaden oder mehr Durchschlagskraft gegen einzelne Gegner?" ist gut.

      

Gut, böse, Konesequenz?

Auch wenn man in S2 ab und an mit einem Gefährten unterwegs sein wird, ist das Spielerlebnis im Wesentlichen auf Solisten ausgelegt. Dabei soll die Festlegung zu Beginn der Kampagne auf Zugehörigkeit zur Seite des Lichts bzw. des Dunkels eine große Rolle spielen. Nicht nur, dass je nach Wahl andere Missionen und ein anderer Geschichtsverlauf auf euch warten - auch das Verhalten zahlreicher NPCs soll sich ändern, je nachdem, welche Gesinnung ihr verfolgt.

Die Effekte sind wie der Rest der Kulisse überzeugend!
Das statische Licht-/Dunkel-Prinzip hinterlässt einen guten Eindruck, aber Ascaron bleibt auch hier auf sicherem Grund. Und das, obwohl zahlreiche Bioware-Titel und bis zu einem gewissen Grad auch Silverfall (um bei Hack&Slay zu bleiben) gezeigt haben, dass ein solches System auch dynamisch umsetzbar ist, wodurch das Potenzial eines Titels tendenziell größer wird.

Ähnlich oberflächlich bleibt man bei der Erforschung: Zwar wird man alle Häuser betreten und durchsuchen können. Wird man jedoch z.B. bei einem Diebstahl erwischt, droht derzeit noch keine Konsequenz. Vielleicht kann man wenigstens einen Mechanismus einbauen, nach dem man z.B. das Dorf/die Stadt einen gewissen Zeitraum nicht mehr betreten darf.

Auch das Questsystem an sich muss sich beweisen und zeigen, dass es mehr zu bieten hat als Hol- und Bringdienste sowie diverse "Gehe dorthin und töte Monster X"-Aufgaben. Rätsel z.B. wie sie sporadisch in Avencast aufgetaucht sind, wären ein probates Mittel, um den sehr solide wirkenden, aber auch bislang keinesfalls überraschenden Hack&Slay-Alltag aufzulockern.

Sacred.Net

An die Mehrspieler-Kämpfer unter den Sacred-Fans wird ebenfalls gedacht: Sowohl auf 360 als auch auf PC werden kooperatives Spiel als auch PvP- (Spieler-gegen-Spieler) Duelle ermöglicht.

Die Unterschiede werden sich dabei allerdings in Grenzen halten. So wird es auf der Konsole z.B. die Möglichkeit geben, mit bis zu vier Spielern am Splitscreen zu spielen. Auf dem PC hingegen wird es wie beim diabolischen Blizzard-Vorbild ein offenes und ein geschlossenes Netz geben, um Cheatern Einhalt zu gebieten.

Eine Möglichkeit, mit 360-Kämpfern gegen Rechenknecht-Recken anzutreten, ist nicht angedacht. Was die Versus-Spielmodi betrifft, hält Ascaron sich noch bedeckt. Allerdings ist anzunehmen, dass man mit Deathmatch, evtl. Team-Deathmatch und ggf. Variationen davon rechnen kann. Doch vielleicht serviert uns Ascaron ja auch hier noch eine Überraschung und baut etwas in Guild Wars-Manier ein. Uns fällt zumindest kein Grund ein, weswegen man nicht auch in Sacred 2 ein zünftiges Capture-The-Flag-Match oder das Erobern und Halten von Stützpunkten einbauen könnte&

Die Seraphim zeigt sich in Sacred 2 leicht bekleidet. (360)
Technisch klasse

So viele Fragezeichen es noch hinsichtlich Missions-Struktur, Geschichte, finalem Balancing usw. geben mag, so überzeugend präsentiert sich schon jetzt die Kulisse. Und so sehr die unterschiedlichen Vegationszonen mit ihren schneebedeckten Bergen, Wüstenebenen, dicht bewachsenen Wäldern usw. überzeugen, werden sie von den Hauptfiguren locker in den Schatten gestellt. Geschmeidige Animationen, aufwändige Texturen und schicke Effekte machen das Zuschauen zu einem Genuss. Da dürfen natürlich auch dynamische Wettereffekte und ein Tag-/Nacht-Wechsel nicht fehlen.

Zu der Qualität jedes einzelnen Zaubers usw. lässt sich allerdings noch kein finales Urteil fällen, da in der vorliegenden Version noch nicht alle Charaktere zeigen konnten, was sie drauf haben. Doch so oder so scheint sicher zu sein, dass S2 vorerst die optische Speerspitze im Action-Rollenspiel-Bereich darstellen wird.

Bei der Akustik lässt sich ebenfalls noch nicht absehen, inwieweit Musik, Effekte und Sprache ein harmonisches Hörbild abgeben. Auf jeden Fall wird nicht jede noch so kleine Mission als gesprochener Text ausgegeben; dies ist dem Haupterzählstrang vorbehalten.   

Ausblick

Technisch dürfte Sacred 2 über alle Zweifel erhaben sein. Bereits jetzt, gut ein halbes Jahr vor Release, sieht das Abenteuer in Ancaria klasse aus - und Zeit für etwaigen Feinschliff und Optimierung ist noch genug da. Sprich: Das Vorzeige-Hack&Slay aus deutschen Landen ist auf dem besten Wege, neue technische Maßstäbe im Genre zu setzen. So weit, so gut. Spielerisch hingegen bleiben noch einige Fragen offen. Ja: Das Charakterentwicklungs-System wirkt ausgefeilt und scheint dem Spieler zahlreiche Optionen an die Hand zu geben. So dürfte sicher gestellt sein, dass auch online kaum ein Spieler dem anderen gleichen wird. Doch was ist mit der Geschichte? Inwieweit spielt das geplante Licht-/Schatten-System eine abwechslungsreiche Rolle? Was ist mit Konsequenzen für Handlungen? Kann die Missionsstruktur mehr bieten als nur das übliche Einerlei, das man schon X mal in anderen Titeln gesehen hat? Da das Kampfsystem sich als sagen wir mal vorsichtig: konventionell präsentiert, kommt diesen Fragen besondere Bedeutung zu. Denn wenn Ascaron hier ebensoviel Sorgfalt und Planung an den Tag legt, wie bei der Erstellung der beeindruckenden Kulisse, könnte hier ein Hack&Slay-Highlight den Herbst versüßen. Doch da diese Fragen für uns immens wichtig sind, reicht es mit dem bisher Gezeigten nur zu einem guten Ersteindruck, der allerdings Potenzial nach oben zeigt!

Ersteindruck: Gut

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