Caesar 419.09.2006, Bodo Naser
Caesar 4

Vorschau:

Die Erwartungen an Caesar IV sind riesig, erhofft sich doch manch einer nicht weniger als eine Revolution des gesamten Städtebaugenres. Die Macher Tilted Mill setzen allerdings eher auf Altbewährtes, das ab Oktober von Sierra in ansprechendem Gewand neu präsentiert wird. Ob das allein reicht, um die hochfliegenden Erwartungen zu erfüllen?

Kinder des Tibers?

Mitunter ist es gar nicht so einfach, das Rad neu zu erfinden. Das bekamen letztes Jahr auch Tilted Mill zu spüren, als sie ihr Kinder des Nils veröffentlichten. Obwohl das im alten Ägypten angesiedelte Aufbauspiel innovativ vom üblichen Genreschema abwich, fiel es bei all denen durch, die sich nicht die

Konservativ - trotz des frischen Äußeren spielt sich der neue Teil im Grunde nicht viel anders als die Vorgänger.
Mühe machten, sich in die komplexe aber durchdachte Spielmechanik einzuarbeiten. Da kommt endlich mal ein legitimer Pharao-Nachfolger, bei dem ihr nicht jeden Bewohner Bewohner wie ein Kleinkind an die Hand nehmen musstet, und dann stößt er vielfach auf Ablehnung.

Dieser Liebesentzug blieb nicht ohne Folgen, denn bei Caesar IV werden die Entwickler leider wieder ein gutes Stück zurückrudern. Die konservativ gesinnten Städtebauer dürfte es freuen, dass das antike Aufbauspiel so ein gutes Stück konventioneller sein wird, als es Kinder des Nils je war. Statt komplexer Gesellschaftsverhältnisse wird es eingängiges Mikromanagement mit Bauten und Waren im Stil des Vorgängers geben. Dieses gestraffte Kleinklein wird sinnvoll ergänzt durch Militäreinsätze und antiken Welthandel.

Weit zugänglicher

Drei Kampagnen wollen den Statthalter in euch wecken, die sich vom Königreich über die Republik bis zum Kaiserreich quer durch den Aufstieg Roms ziehen werden - die erste wird als einführendes Tutorial dienen. Daneben wird es auch Stadtszenarien aus der römischen Welt geben, bei denen ihr ganz nach eurem Gusto bauen könnt. Um zur nächsten Provinz zu gelangen, werdet ihr wieder eine bestimmte Wertung erreichen müssen, die sich nach Machtfülle, Sicherheit, Wirtschaft und Kultur eurer Kolonie richtet. Es wird auch die Wahl zwischen mehr militärischen oder wirtschaftliche Missionen geben.

Einsteiger, die vielleicht noch nie in ihrem Zockerleben ein solches Aufbauspiel gespielt haben, dürfte es freuen, dass ellenlange Partien mit Leerlauf weitgehend vermieden werden sollen. Trotz verschiedener Schwierigkeitsgrade stellen sich Erfolge schneller ein als noch bei Pharao, Zeus oder Der erste Kaiser . Eine ansehnliche Stadt lässt sich relativ rasch aus der Erde stampfen und die ersten 1.000 Bewohner finden sich flugs ein. Über winzige Nester am Ende der damaligen Welt werdet ihr so nur noch im Tutorial gebieten, das ihr auch überspringen könnt.

Reich und arm

Eine der Hauptneuerungen wird die Einteilung eurer Bevölkerung in Reiche, Mittelstand und Besitzlose sein. Im Spiel wird das durch Plebejer, Equites und Patrizier repräsentiert, die eigenständige Gesellschaftsgruppen bilden werden. Jeder Stand hat seine Aufgabe: Die Reichen sollen möglichst viel

Märkte für Arm und Reich versorgen die Bevölkerung mit allem, was sie benötigt.
Steuern bezahlen, die Ritter übernehmen Verwaltungsaufgaben wie Steuereintreiber, Priester oder Medicus und das einfache Volk werden als Handlanger auf dem Kornfeld dienen. Obwohl das im aufstrebenden Rom eigentlich ungeliebte Sklavenarbeit war, wird dennoch grob die tatsächliche, römische Gesellschaft widergegeben.

Die drei Klassen werden ganz eigene Gebäude und Bedürfnisse haben. Früher bei Caesar III war es noch so, dass ihr eine Bretterhütte errichtet habt, die sich dann je nach Landwert mit viel Glück und Spucke irgendwann in eine Villa verwandelte. Jetzt baut ihr Mietshäuser aus Backstein für die Plebejer, sandsteinfarbene Mittelklassehäuser für die Equites und schneeweiße Villen für die Steinreichen, die alle unter sich bleiben. Auch die Gelüste sind verschieden: Ein Arbeiter ist mit einfachem Essen und Wasser aus dem Brunnen zufrieden, ein Reicher will Wasserleitung, medizinische Versorgung und Theateraufführungen

                    

Alte Gebäude

An die 100 Gebäude werden euch zur Verfügung stehen, von denen die meisten bekannt sein dürften: Tempel, Badhaus oder Kaserne sind allesamt keine Neuerung. Neu ist etwa, dass ihr nun für die Versorgung der Truppen mit Lebensmitteln ein Magazin errichten müsst. Auf den Märkten der Stadt

Ohne Infrastruktur geht in Sachen Armee gar nichts, da ihr die Truppen auch versorgen und bezahlen müsst.
 verkauft ihr 30 Waren, die je nach Kundschaft in einfach, gehoben und luxuriös eingeteilt sind. Töpferwaren und Kleidung sind für die einfachen Leute, Wein und Werkzeuge für gehobene Ansprüche. Die Reichweite der Bauten ist aber viel weiter als früher, so dass ihr nicht mehr an jeder Straßenecke einen Laden bauen müsst.

Der Bau der Gebäude erscheint noch nicht gänzlich gelungen, da die Bedienung oft fummelig ist. So ist es derzeit noch kein Spaß, ein Aquädukt zu errichten, da dies mit nervigen Fehlversuchen verbunden ist: Ihr verfehlt öfters den Einlauf des Reservoirs und macht unnötige Umwege, was durch eine bessere Zielfunktion ausgemerzt werden könnte. Der automatische Bau der Straßen macht ebenfalls lange Schleifen, da Dinge im Weg sind, die nicht richtig zu sehen sind. Da jedes Haus eine Straße braucht, könnte eine bessere Bedienung könnte euch manchen Abriss ersparen.

Imperialer Auftrag

Neben dem schieren Verwalten der Siedlung, wobei euch eure Berater mit Rat und Tat zur Seite stehen, gibt es auch noch Aufgaben fürs Reich. Ihr müsst etwa für ausreichend Militär sorgen, wenn ihr in einer Provinz wie Mailand beheimatet seid, wo nebenan die fiesen Barbaren lauern. Dieser Teil ist seit jeher ein vernachlässigtes Anhängsel des Genres und auch dieses Mal wird das nur wenig anders sein. Wie üblich könnt ihr Waffen produzieren, um Legionäre und Auxiliartruppen auszuheben. Das stehende Heer kostet allerdings ordentlich Geld, so dass ihr es nur in einer prosperierenden Stadt ausheben solltet.

Natürlich wird es auch wieder die Hilfsanforderungen aus dem fernen Rom geben, bei denen Julius Caesar meist Waren oder Einheiten haben möchte. Er wird nicht gerne enttäuscht! Die benötigte Zahl an Getreide im Speicher lässt sich meist nur mit dem umständlichen Ausschalten des Nahrungsmarktes erreichen. Wahlweise könnt ihr auch Handel mit den umliegenden Städten treiben, die per Schiff oder auf dem Landweg mit euch in Verbindung treten. Der Fernhandel wird wesentlich günstiger und simpler als bei den Vorgängern funktionieren.

Moderne Grafik

Bei Caesar IV wird das 3D-Abbild einer antiken Stadt vor eurem Auge entstehen - mondän, mit viel Marmor und Gold und in all ihrer klassischen Pracht. Ihr werdet sie mit einer Fülle von Zierrat,

Die antike Pracht ist schnell beim Brand dahin, wenn ihr keine Feuerwehrposten baut.
Tempelchen und Palästen schmücken können, was den Wohnwert hebt. Auch wenn ihr nicht ganz herunter zoomen dürft, sieht alles viel lebendiger aus als beim eckigen CivCity: Rom , wo stets nur ein paar Hansel auf der Straße waren. Umherfliegende Vogelschwärme und wogende Bäume werden zusätzlich für Bewegung im Bild sorgen, das ihr frei drehen könnt.

Allerdings wirkt das Ganze noch etwas steril, da düstere Aspekte wie Armenviertel, Unrat oder Sklavenhandel bislang fehlen. Immerhin brennt es ab und an mal oder eine Insula stürzt zusammen, wenn ihr keine Feuerwehr oder Ingenieure eingerichtet habt. Es wird außerdem Tag und Nacht sowie verschiedene Witterungen geben, wobei der Nebel wie schon bei Empire Earth für wenig Durchblick sorgt.

       

Ausblick

Caesar IV wird ohne Frage ein gutes Spiel, denn es wird alles bieten, was ein Städtebauspiel so braucht. Stadtplanung, Bau von Wohnvierteln, antiker Warenverkehr und Provinzverteidigung sind nur einige Aspekte, die darin vorkommen. Die Motivation, in der Kampagne eine perfekte Kolonie schaffen zu wollen, um zur nächsten Mission weiterzukommen, ist schon jetzt hoch. Die Einteilung der Bevölkerung in drei Gruppen bringt zusätzlich Abwechslung, da ihr euch nicht nur auf eine Klasse konzentrieren dürft. So ist jeder Stand wichtig, da nur er bestimmte Aufgaben übernimmt. Auch optisch wird sich das 3D-Spiel stimmig präsentieren. Obwohl der zugängliche vierte Teil sich vor allem an Neulinge wenden wird, enttäuscht er mich doch ein wenig. Als langjähriger Fan der Reihe hätte ich mir gewünscht, mit den sinnvollen Neuerungen aus Kinder des Nils ein Wiedersehen zu feiern. Von Innovation ist bislang leider wenig zu sehen, stattdessen wird es entschlacktes und leicht gemachtes Mikromanagement geben. Der neue römische Herrscher wird also eher auf Evolution statt Revolution setzen.

Ersteindruck: gut

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