Die Sims 318.05.2009, Mathias Oertel
Die Sims 3

Vorschau:

Es ist eine der erfolgreichsten Spiele-Serien der Welt. Für viele ist es der Inbegriff des Kniefalls vor dem Gelegenheitsspieler. Für noch mehr ist es ein Zeitfresser, der Hunderte von Stunden verschlingen kann. Für andere eine interaktive Seifenoper. Für wiederum andere die logische Weiterentwicklung der "Little Computer People" - und so ganz nebenbei Will "Spore" Wrights Meisterstück. Die Rede ist von den Sims, die nach ihren Anfängen im Jahr 2000 bald zum dritten Mal auf die Computerspieler losgelassen werden. Willkommen in der Welt des geregelten Chaos...

Wie immer! Nur anders...

Man könnte es sich einfach machen und sagen: Die Sims 3 (ab 15,99€ bei kaufen) ist eine konsequente Weiterentwicklung der bestehenden Formel mit mehr Optionen, besserer Grafik und einer offenen Welt. Vielen Dank. Gehen Sie bitte weiter. Es gibt hier nichts zu sehen. Außer einem Fit 4 Hit-Sternchen.

Die wesentlichste Neuerung in Sims 3: Die frei begehbare Stadt, die das aus Teil 2 bekannte Nachladen der Add-On-Inhalte überflüssig macht und gleichzeitig die sozialen Aspekte stärker betont.
Und auch, wenn in der spartanischen Zusammenfassung mehr als nur ein Quäntchen Wahrheit steckt, ist die virtuelle Realität der Sims ungleich komplexer. Sicher: Angefangen vom Editor über den Hausbau bis hin zum Verhalten und den Möglichkeiten, seine Figur bzw. seine Figuren zu beeinflussen oder zu bestimmten Handlungen anzuregen, kommt man sich auf den ersten Blick vor wie bei den Sims 2.5.

Doch warum hätte das Studio das Rad neu erfinden sollen? Das Konzept ging bereits in der allerersten Version zur Millenium-Wende auf und wurde für Teil 2 samt aller mittlerweile unüberschaubaren Add-Ons und Erweiterungen modernisiert sowie mit einer zeitgemäßen Kulisse versehen.

Und genau dies findet auch hier statt: Im Kern bekommen Simologen den bei ihnen ebenso lieb gewonnen wie bei Verächtern der Serie verhassten überzogenen Einblick in den menschlichen Emotions-Mikrokosmos.

Worum es geht? Moment mal, soll das heißen, dass "Die Sims" kein Begriff ist? Dem kann in aller Kürze abgeholfen werden. In den PC-Spielen rund um die Sims dreht sich alles um das "wahre Leben" - bzw. die Simulation desselben, bei dem man versucht, Wünsche und Bedürfnisse einer oder mehrerer Figuren zu erfüllen und sie dabei zu beobachten. Kaum ein Spiel schafft es, das Zen-Motto "Der Weg ist das Ziel" derart zu veranschaulichen. Tu, was du willst - Hauptsache, du hast Spaß dabei! Und es macht schon seit Jahren Spaß, den Sims bei ihrem Tag- oder Nachtwerk zuzuschauen und sie schließlich mit den abstrusesten Situationen zu konfrontieren. Nur um festzustellen, dass ihr Verhalten zwar maßlos überzeichnet, aber mit einem Augenzwinkern erschreckend real dargestellt wird.

Vom Hundertsten ins Tausendste

Dabei beginnt alles so einfach, vorzugsweise mit einem jungen Erwachsenen - man kann auch als Greis oder Kleinkind anfangen, Babys müssen geboren werden. Angefangen bei einfachen Dingen wie Schlafen oder Frühstücken muss man seine elementaren Bedürfnisse im Auge behalten, die sich kaum von denen des Users vor dem Schirm unterscheiden.  Spaß gehört dazu, die Befriedigung von Hunger und Durst, ggf. muss man aufs Klo, duschen oder baden - und nicht zuletzt muss man auch arbeiten, damit man sich seinen Haushalt mit allerlei Gerätschaften leisten kann.

Klingt langweilig? Wieso sollte man sich mit einem alternativen virtuellen Leben beschäftigen, wenn man vielleicht bereits mit seinem eigenen genug zu tun hat?

Nun, vielleicht weil die Sims es schaffen, Spiel und Beinahe-Realität müheloser zusammen zu führen, als es jede Seifenoper oder jede Reality-Show im Fernsehen schaffen könnte - Probleme inklusive. Wer einmal einen peinlich vor sich hin "tänzelnden" Sim gesehen hat, dem man untersagte, die Toilette zu benutzen, wird diesen Moment ebenso wenig vergessen wie den panischen Ausdruck, wenn der Koch auf einmal vor einem brennenden Herd steht und die Feuerwehr ihn erst einmal

Was mag hier im Schilde geführt werden? Keine Ahnung! Auf jeden Fall wird das Ergebnis sowohl logisch nachvollziehbar als auch unterhaltsam sein. Die Sims 3 schafft es wieder einmal, dem menschlichen Verhalten einen augenzwinkernden Spiegel vorzuhalten.
beruhigen muss, während das Feuer gelöscht wird. Ganz zu schweigen von romantischen Situationen, in denen man wahlweise draufgängerisch, schüchtern oder irgendwo dazwischen agieren kann. Doch egal, welche Entscheidung man trifft - ob man nun versucht, Ehen zu zerrütten, sich als Familienmensch outet, ob man sich auf seine Karriere konzentriert oder sich durchs Leben zu schnorren versucht- wird alles leicht überzeichnet dargestellt. Man stelle sich vor, dass lauter Ben Stillers oder Jim Carreys durch die Gegend laufen und versuchen, das breite Emotionsspektrum der menschlichen Psyche darzustellen - alternativ auch in einer weiblichen Version. Und das Ergebnis würde jedem Film der Farelli-Brüder gut zu Gesicht stehen - ohne jedoch den Bezug zur Realität zu verlieren und ungeachtet der Situation, in der man den Sim absichtlich oder unabsichtlich gebracht hat. Und irgendwann ertappt man sich, dass man tatsächlich versucht, den Sim immer wieder zu sabotieren, um zu sehen, wie er auf bestimmte Situationen reagiert. Und auf einmal regiert die Experimentier- und Schadenfreude, die im dritten Teil noch vielfältiger zu befriedigt werden scheint als in den Vorgängern.

     

Mehr und einfacher

Doch egal ob altgedienter Veteran oder Einsteiger: Es fällt schwer, sich der Faszination zu entziehen. Denn zusätzlich zu einer übersichtlicheren Benutzeroberfläche, haufenweise Entscheidungsmöglichkeiten, einer plausibel sowie den Wünschen und Bedürfnissen entsprechend agierenden KI hat sich einiges getan. Dazu gehört z.B. das Festlegen von fünf grundlegenden Eigenschaften, die man aus einer verdammt großen Liste auswählen kann und die die Grundlage für eine funktionierende Chemie zwischen den Sims darstellt.

Wer nicht selber kochen will, geht ins Bistro. Gleichzeitig ist diese Location der Arbeitsplatz für angehende Köche.
Viele der Änderungen und Verfeinerungen sind erst beim zweiten Blick zu entdecken, wie z.B. überraschende Entscheidungsmöglichkeiten bei den Jobs. Oder auch die Option, Möbel schräg aufzustellen, so dass Räume jetzt noch intuitiver eingerichtet werden können. Oder das Herausnehmen unnötiger "Arbeitsschritte". Nehmen wir z.B. das leidige Bezahlen der Rechnungen: In Teil 2 musste der Sim zum Briefkasten gehen, die Rechnung herausnehmen, irgendwo ablegen, dann wieder aufnehmen, die Rechnungen unterschreiben und schließlich wieder zum Briefkasten bringen. Und danach konnte er sich wegen Erschöpfung erst einmal ausruhen...

Mittlerweile klickt man einfach auf den Briefkasten, wählt aus dem kontextsensitiven Menü "Rechnungen bezahlen" aus und die Sache ist erledigt. Diese Erleichterungen sind überall zu finden und sorgen dafür, dass man sich vor dem Bildschirm noch mehr darauf konzentrieren kann, sich um die Figuren zu kümmern und diese zu beobachten.

Und da man wesentlich mehr Zeit darauf verwenden kann, kommt es nicht von ungefähr, dass EA die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten massiv aufgestockt und zusätzlich intelligent verknüpft hat. Sobald man z.B. im Kochen die Stufe 4 erreicht hat, wird einem empfohlen, sich als Hobby dem Angeln zuzuwenden, da man auf diese Weise unkompliziert an Rohmaterial für Sushi gelangen kann. Und hochwertige Produktionsstoffe sorgen letztlich für eine größere Zufriedenheit der Sims.

Auch das Telefonieren, seit jeher ein wichtiger Bestandteil der sozialen Sims-Strukturen, wurde massiv vereinfacht und um Foto-Handys ergänzt. Auch das "Figur X hat keine Zeit..." oder "...geht nicht ran" gehört der Vergangenheit an - mittlerweile werden Tipps gegeben, wann man sich am besten beim jeweiligen Gesprächspartner melden sollte.

Auf den ersten Blick scheint es, als ob EA mit der Vereinfachung der einzelnen Elemente das Spiel "leichter" gemacht hätte. Doch unter dem Strich ist das nur die Basis für den Fokus auf das Wesentliche: Die Sims, ihre Emotionen, Wünsche und Bedürfnisse. Und davon gibt es insgesamt mehr als genug.

Wie z.B. der Wunsch nach einem geregelten Einkommen und damit einem Job. Alternativ kann man zur Suche per Computer oder Zeitung einfach das persönliche Gespräch suchen und sich direkt bei seinem möglichen Arbeitgeber vorstellen.

Die Stadt als Spielplatz

 

Möglichkeiten zu Interaktion jeglicher Art gibt es im dritten Sims-Teil mehr als genug.

Die schiere Anzahl an Möglichkeiten, die bis hierhin geboten werden und die ich trotz einiger erstellter Figuren und mehr Spielzeit als Kollegen oder Familie lieb sein konnte, nur ankratzen konnte, macht deutlich, dass die "3" im Namen durchaus gerechtfertigt ist. Das neueste Sims-Spiel ist deutlich mehr als ein Add-On und bietet sowohl auf den ersten als auch auf den zweiten und dritten Blick noch mehr Möglichkeiten sowohl für den Charakter vor als auch hinter dem Bildschirm.

Doch keine ist offensichtlicher wie die Öffnung der Welt: Musste man sich bislang auf seine Nachbarschaft bzw. sein kleines Häuschen beschränken, steht einem nun die ganze Welt offen. Na ja, zumindest eine frei begehbare Stadt; eine zweite soll zum Start für registrierte Benutzer zum Download angeboten werden.

Musste man im zweiten Teil noch das Taxi rufen und dann Ladezeiten in Kauf nehmen, wenn man in eines der per Add-On hinzugefügten Gebiete wie Universität, Einkaufszentrum etc. fahren wollte, ist Teil 3 deutlich komfortabler.

Zwar kann man sich immer noch ein Taxi rufen, doch nun folgt die Kamera dem Vehikel bis zum Ziel - oder aber man nimmt sich die Zeit und schlendert durch die großräumig angelegten Gebiete. Sei es nun der Friedhof, das Rathaus, ein Strand, an dem man romantische Abende verbringen kann, das Theater, das gleichzeitig auch als Konzerthalle dient - alles ist frei zugänglich. Selbstverständlich kann man auf seinen Wegen haufenweise andere Sims treffen, die ihrem Tagwerk nachgehen. Und die natürlich auch für ein kleines Pläuschchen bereit stehen. Sprich: Das Vorhaben der "unterhaltsame Lebens-Simulation" ist seinem Ziel ein weiteres Stückchen näher gekommen.

Nach kurzer Zeit hat man die neuen Möglichkeiten der sozialen Findungs- und Bindungsmöglichkeiten kennen und schätzen gelernt - so sehr, dass man sich teilweise lieber mit seinen Freunden oder der Familie im Park trifft, anstatt zur Arbeit zu gehen. 

       

Das sind doch nur Kleinigkeiten...

Auch wenn die Hardware-Anforderungen auf dem Papier zumindest in der Minimalkonfiguration nur wenig über dem liegen, was der Vorgänger samt Add-Ons benötigt, sollte ein potenter Rechenknecht seine Dienste verrichten. Anderenfalls kann es zu langen Ladezeiten sowie immer wieder störenden Rucklern kommen, wenn neue Daten in die Spielwelt strömen.  

Mimik und Gestik haben sich nochmals gesteigert - allerdings auf Kosten eines erhöhten Hardware-Hungers.
Doch auch auf den Alienwares in der Redaktion gab es bei einer 1280er-4:3-Auflösung mit allen Details immer wieder Ruckelsand im Getriebe. Allerdings bekommt man im Gegenzug aufwändige Texturen, überzeugende Animationen und eine herrlich auf den Punkt kommende, dabei aber gleichzeitig leicht überzogene Mimik.

Allerdings lässt sich auch in der Vorschau-Version schon absehen, dass das Sims-Studio ein Problem immer noch nicht ganz in den Griff bekommen hat: Die Übergänge zwischen den einzelnen Animationsabläufen. Sprich: Zwischen dem Aufnehmen des Tellers und dem Gang zum Geschirrspüler liegt eine kleine Verzögerung; auch zwischen dem Öffnen des Geschirrspülers und dem Einlegen des Tellers. Dadurch wird der Eindruck einer homogenen Welt immer wieder etwas gestört - wobei sich dies wie im Vorgänger sicherlich nicht auf die Endmotivation auswirken dürfte, zumal die Anzahl der verschiedenen Aktionen so dermaßen aufgestockt wurde.

Rausgefallen (zumindest in der vorliegenden Fassung) sind die unterhaltsamen aus der Engine heraus berechneten Filme, die bestimmte Schlüsselpunkte wie den ersten Kuss, bestimmte Geburtstage oder die Hochzeit oder Ähnliches markieren. Ob dies eine finale Entscheidung war, werden wir im Testbetrieb herausfinden.

Gleiches gilt für das Fehlen einer automatischen Speicherfunktion, die in den üppigen Optionen (z.B. kann jetzt die Länge der einzelnen Lebenszyklen mehrstufig festgelegt werden), nicht zu finden ist.

Der Editor bietet einerseits mehr Funktionen, ist andererseits noch einfacher zu bedienen - vorbildlich!
Das war bei unseren Simschen Ausflügen insofern ärgerlich, da die vorliegende Version noch nicht den stabilsten Eindruck hinterlassen hat. Immer wieder kam es zu kleinen Problemen wie z.B. urplötzlich verschwindende Figuren, Texturfehlern beim Öffnen von Elektrogeräten oder gar Abstürze - was sich bei einem stundenlangen Spiel ohne Autospeicherung verheerend auf die Motivation auswirkt. Dass man allerdings stundenlang nicht einmal einen Gedanken an Speichern verschwendet, zeigt, wie gelungen EA die Sims-Welt weiter entwickelt hat. Man will nicht mehr raus. Und das, obwohl man den Sims leider immer noch nicht bis an den Arbeitsplatz folgen und sie dort quasi in ihrem natürlichen Element beobachten kann.

Was die Bugs etc. betrifft, gehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt positiv denkend davon aus, dass das Studio sich der in diesem Code vorhandenen Mankos bewusst ist und diese bis zum Release beseitigt.

Apropos: Da sich die Veröffentlichung mit der E3 überschneidet, ist mit einem Test der endgültigen Version frühestens in der Woche nach der amerikanischen Spielemesse zu rechnen.

Dort kümmern wir uns dann nicht nur darum, ob sich die bis auf geringe Ausnahmen positiven Eindrücke bestätigen, werden genauer auf die verschiedenen Editoren eingehen, die Community-Anbindung mit Video- und Bilderaustausch unter die Lupe nehmen und schauen, wie gut das Geflecht aus Mikrokosmos in der eigenen Bude und dem großen Stadtkosmos letztlich funktioniert.

   

Ausblick

Die Sims 3 wird mit Sicherheit nicht dazu beitragen, langjährige Serienhasser mir nichts dir nichts zu bekehren. Doch die Qualitäten, die bereits den direkten Vorgänger zu einem Hit gemacht haben, lassen auch hier ihre magischen Muskeln spielen und sorgen wie gehabt für nicht enden wollende Motivationsschübe. Dazu gehören die umfangreichen und noch stärker auf Personalisierung ausgerichteten Editoren, die bei allen Zusatzfunktionen wesentlich einfacher zu bedienen sind. Freut euch auf mehr Interaktion, eine bekannt gute KI, die in dieser Form hinsichtlich Eigenverantwortung optimiert scheint und obendrauf die frei zugängliche Stadt, in der es noch mehr zu tun sowie zu entdecken gibt. Dass damit auch neue soziale Komponenten hinzugefügt werden, versteht sich von selbst. Sprich: EA scheint an den richtigen Schrauben gedreht und Neues hinzugefügt zu haben, um aus dem alten ein neues, nicht minder interssantes Sims-Gefühl zu machen. Egal ob Neueinsteiger oder alter Sims-Hase: Die Sims 3 bietet nicht nur das, was man erwartet, sondern hält auch genügend Überraschungen parat. Wenn jetzt auch noch die in der Vorschau-Version vorkommenden Fehler wie Abstürze, verschwindende Figuren und teils herbe Textur-Fehler abgestellt werden, könnte die spielbare Seifenoper nicht nur den Erfolg der Vorgänger adäquat fortsetzen, sondern sich zu einem ganz heißen Eisen in diesem Spielejahr entwickeln - weit über den Sommer hinaus...

Ersteindruck: ausgezeichnet!

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