Die Siedler: Aufstieg eines Königreichs21.06.2007, Marcel Kleffmann
Die Siedler: Aufstieg eines Königreichs

Vorschau:

Nach "Das Erbe der Könige", das den Titel "Die Siedler" eigentlich nicht mehr verdient hatte, rudert Blue Byte zurück vom Echtzeit-Strategiekurs und will die Reihe wieder zu einem Aufbau-Strategiespiel mit ausgefeiltem Wirtschaftssystem machen. Wir konnten den mittlerweile sechsten Teil anspielen und haben endlich wieder Gefallen am deutschen Klassiker gefunden.

Eine neue Richtung

Kein Sägewerk für Baumstämme, keine Träger zum Transport und keine Türme um das Gelände zu erweitern! Mit dem "Aufstieg eines Königreichs" werden zwar einige Traditionen über den Haufen geworfen, verändert oder vereinfacht, ohne die Siedler allerdings in Sachen Aufbau so oberflächlich werden zu lassen wie in "Das Erbe der Könige". Ein etwas realistischer Ansatz bei der mittelalterlichen Planung steht im Vordergrund und deswegen beginnt alles mit einem Marktplatz, einem großen Lagerhaus und einer rustikalen Burg.

Eine mehrfach ausgebaute Fischerhütte produziert effektiver und schafft die Ware zügiger ins Lager.
Während im Speicher alle Waren eingelagert werden, dient der Marktplatz als zentrale Informationsplattform, wenn eurem Volk nach etwas dürstet oder nicht alle Bedürfnisse erfüllt werden.

"Die Siedler wollen..."

Viele von euch werden sich jetzt vielleicht denken, dass die Bedürfnisse der Einwohner eher zu Anno gehören. Das stimmt, aber auch im neuen Siedler haben die Einwohner mehrere Bedürfnisse, die es zu befriedigen gilt. Sonst werden sie unzufrieden und streiken. Und wenn ihr die Sauberkeit nicht fördert, werden die Einwohner krank, worunter wiederum die Produktion leidet. Das grundlegendste Bedürfnis ist die Nahrung, die sich jeder Siedler von einer Produktionsstätte wie Metzgerei, Bäckerei oder Räucherstube abholt. Diese Produzenten benötigen logischerweise Rohstoffe, für die ihr sorgen müsst: Die Räucherstube braucht Fisch, die Bäckerei verlangt Korn (übrigens ohne den Zwischenschritt Mehl) und eine Metzgerei arbeitet mit Fleisch. Diese natürlichen Ressourcen sammeln weitere Siedler; dass heißt, wo Fische im Wasser sind, ist ein Fischer eine gute Investition und wo sich Wild tummelt, braucht ihr einen Jäger. Hierbei solltet ihr aufpassen: Denn wenn ihr ein Gebiet überfischt oder zu viele Tiere erlegt, kann unter Umständen die ganze Population ausgerottet werden. Bei den altbekannten Bauernhöfen legt ihr diesmal übrigens per Hand die Stellen fest, wo die Kornfelder angelegt werden, was eine wesentlich bessere Planung ermöglicht.

Interview mit Producer Benedikt Grindel
Hat ein Fischer eine Ladung Fisch aus dem Wasser gezogen, bringt er sie in den Speicher. Dort holt sie ein Mitarbeiter der Räucherstube ab und produziert daraus haltbaren Fisch, den sich die hungrigen Bewohner selbst abholen. Bereits an dieser Verkettung kann man erkennen, dass die Sammlerberufe eher in der Natur abseits des Marktplatzes tätig sind und die verarbeitenden Betriebe in der Mitte des Dorfes errichtet werden müssen, um die Transportwege möglichst kurz zu  halten - schließlich steht die Produktion

Auch Frauen sind ein "Bedürfnis": Die Siedlerinnen kommen aus dem Lagerhaus, aber nur wenn ihr ein Dorffest ausruft, was als Großveranstaltung auf dem Marktplatz stattfindet und Gold kostet. Tanzt ein Paar auf dem Fest zusammen, werden sie heiraten und steigern die Produktion ihres Betriebes. Kinder oder weitere simulierten Lebensinhalte gibt es nicht.still, wenn sich ein Siedler etwas zu futtern holt oder erst bis ans Ende der Welt laufen muss, um an Rohstoffe zur Weiterproduktion zu gelangen. Für die Erfüllung ihrer Bedürfnisse belohnen euch die Siedler übrigens mit Steuern, die sie in Form von Gold auf euer Konto entrichten.

Company of Siedler

Zum Bau von Gebäuden wird wie gewohnt Holz benötigt, das der Holzfäller ohne Sägewerk herstellt. Der Förster wurde wegrationalisiert, da die Bäumchen schnell nachwachsen - jedenfalls so lange ihr den Wald nicht mit übermäßig vielen Axtschwingern konfrontiert. Neu ist ebenfalls der Ablauf des Bauprozesses: Setzt ihr einen Bauauftrag in die Landschaft, bricht ein Siedler mit allen nötigen Rohmaterialen zur Baustelle auf, baut selbst sein Haus und arbeitet anschließend darin. Somit gibt es keine Bauarbeiter mehr und die Wartezeit auf die Anlieferung der Materialen entfällt.

Errichten könnt ihr die Gebäude wie gewohnt überall in dem von euch kontrollierten Gebiet. Anders als in den bisherigen Teilen vergrößert ihr euer "Königreich" nicht mit militärischen Gebäuden, sondern lasst euren Helden ein Teilstück der Karte erobern. Dies kann man sich wie bei "Company of Heroes" vorstellen: Die Karte ist in mehrere Bereiche unterteilt, die sich übernehmen lassen. Dafür ist euer Held zuständig, der auf dem neutralen Gelände - für Gold und einige Rohstoffe - einen Wachturm hochziehen kann.   

Ist das Bauprojekt abgeschlossen, fällt diese Region in eure Hände und fortan könnt ihr dort weitere Gebäude errichten und Straßen planen, um die Rohstoffe zu plündern. Sämtliche Rohstoffe werden nach der ersten Erkundung der Übersicht halber auf der Minikarte angezeigt. Auffällig ist außerdem, dass die Expansion im Vergleich zu den Vorgängern ein wichtigerer Bestandteil ist und schneller abläuft, da ihr aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse zügig an möglichst viele Rohstoffquellen kommen müsst. Für Kleidung braucht ihr z.B. tierische Häuten oder Wolle von Schafen. Häute liefert der Jäger, sofern er  etwas zum

Spielmodi

- Kampagne mit 16 Karten in vier Akten

- Freies Spiel (Karten-Editor bei Release)

- Mehrspieler-Modus für 4 SpielerJagen findet. Und für die Produktion von Wolle benötigt ihr zwingend Schafe im Einzugsgebiet eures Reiches, wobei ihr die Schaffarm überall bauen könnt, da die laufenden Bettvorleger zum Glück umgesiedelt werden können.

Noch mehr Bedürfnisse

Sind die ersten Bedürfnisse befriedigt, könnt ihr euren Helden "aufwerten" und mit ihm steigen die Ansprüche des ganzen Dorfes.  Um euren heroischen Protagonisten - der als solo steuerbare  Einheit fungiert und über eine Spezialfähigkeit verfügt - auf die nächste Regentschaftsstufe zu bringen, müsst ihr vorher einige Voraussetzungen erfüllen, wie z.B. zehn Siedler mit Kleidung ausstatten, Schloss oder Kathedrale aufwerten usw. Haben eure Einwohner die nächste Evolutionsstufe erreicht, wollen sie gleich

In den wunderschön anzusehenden gefrorenen Gewässern findet der Fischer keine Beute, dafür kann das Militär über das dicke Eis laufen.
neue Dinge haben, die sie vorher gar nicht brauchten wie Hygieneprodukte à la Besen oder Seife oder Medikamente aus einer Apotheke, die wiederum vom Kräutersammler beliefert wird.

Alle Betriebe lassen sich per Hand für einige Ressourcen aufwerten und je nach Ausbaustufe arbeiten mehr Personen in dem Häuschen, was die Produktion verbessert. So können zwei Bauern besser drei Felder abernten als einer alleine und beim höchsten Upgrade bekommen die fleißigen Arbeiter den Marktkarren spendiert, um eine größere Ladung ihrer Ware schneller zum Speicher bringen zu können. Die Transportgeschwindigkeit lässt sich weiterhin mit Straßen, die ihr selbst errichten könnt, optimieren. Besonders auf gepflastertem Weg bewegen sich alle Leute flotter. Generell hat Blue Byte viele der bekannten Produktionsketten entschlackt: So produziert die Eisenmine sofort verwendbares Eisen; Sägewerk sowie Mühle fallen komplett raus. Dafür gibt es neue Ressourcen wie Honig von Bienen zur Met-Produktion, Kräuter für Medikamente und Besen. Ganz am Ende könnt ihr "Verschönerungen" produzieren, welche die Häuser schicker aussehen lassen und die Stadtreputation in die Höhe treiben.

Im Gegensatz zu "Das Erbe der Könige" nehmen Militär und kämpferische Einlagen nur einen Bruchteil vom Grundkonzept ein und sollen vor allem als "Herausforderung" gelten. Das Militär wird mit Schwertern und Bögen ausgerüstet und somit gibt

Videos

Stream: Spielszenen 1 (Erste Aufbauschritte)

Stream: Spielszenen 2 (Siedler bei der Arbeit)

Stream: Hygiene

Stream: Marktplatz

Stream: Wüstenklima

Stream: Ubidays Trailer 07es maximal zwei Kampf-Klassen und etwas sperriges Belagerungszubehör (Türme zum Entern, etc.), um mit Mauern befestigte Siedlungen stürmen zu können.

Jahreszeiten und Klima

Während der Wintereinbruch in "Das Erbe der Könige" eher ein optisches Gimmick war und ein zugefrorener See euch lediglich zum Überqueren eines Flusses ermutigte, haben die Jahreszeiten echten Einfluss auf das Wirtschaftssystem: Farmen produzieren im Winter kein Getreide, was bedeutet, dass ihr kein neues Brot backen könnt und je nachdem, ob ihr gerade auf einer Karte mit nordeuropäischem oder mediterranem Klima spielt, verändert sich die Dauer des Winters. In heißen Wüstengefilden hingegen gedeiht längst nicht alles so gut wie in gemäßigten Arealen. Kurzum müsst ihr im Sommer genug Nahrung produzieren, so dass es für den Winter reicht oder ihr sattelt eure Produktion um oder kauft mit eurem Helden bei anderen, neutralen Völkern weitere Nahrungsmittel ein, wenn es mal knapp wird.

Ausblick

Vor dem Besuch bei Blue Byte war ich sehr skeptisch. Schließlich hatte "Das Erbe der Könige" mit vielen guten Siedlertraditionen gebrochen mehr und sich unvorteilhaft Richtung Echtzeit-Strategie entwickelt. Mit "Aufstieg eines Königreichs" will man die jüngst vergraulten Aufbaufans wieder ins Boot holen – auch, wenn man sich vom klassischen Konzept entfernt und neue Wege geht. Bisher scheint diese Rückbesinnung mit frischen Impulsen aufzugehen, da die Planung der Siedlung und der Wirtschaft wieder den größten Stellenwert einnimmt. Obwohl einige Einschnitte in den Produktionsketten vorgenommen wurden und das Spielkonzept mit dem zentralisierten Lagerhaus etwas verändert wurde, hat mich die mittelalterliche Welt mit ihren ernterelevanten Jahreszeiten schnell in ihren Bann gezogen: Wo bleibt der Stoff für die Kleidung? Wie kann ich die Wolle schneller zum Schneider bringen? Reicht die Nahrung? Soll ich noch eine Apotheke bauen? All diesen Fragen sausen mir durch den Kopf und dank des Markplatzes sowie der übersichtlichen Benutzeroberfläche bekomme ich sofort Feedback, was gerade in der Siedlung nicht rund läuft. Selbst die recht auffälligen Anleihen an ANNO 1701 (Bedürfnisse) und Company of Heroes (Kartensegmente erobern) fügen sich überraschend gut ein und könnten eine etwas flottere Siedler-Zeit einläuten. Noch war zwar von den Kampagnen-Missionen, der künstlichen Intelligenz sowie den Herausforderungen nichts zu sehen. Aber für mich ist dieses Spiel schon jetzt nicht nur ein Schritt in die richtige Richtung, sondern zugleich eine würdige Weiterentwicklung.

Ersteindruck: Sehr gut

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.