Auf dem Weg
A Bird Story ist keine Fortsetzung zu
To the Moon. Es bildet allerdings eine Brücke zwischen dem Drama, das viele zu Tränen gerührt hat, und einem irgendwann erscheinenden zweiten Teil – das macht ein Hinweis zum Schluss der einstündigen Kurzgeschichte deutlich.
Mehr als eine Kurzgeschichte ist es auch deshalb nicht, weil ein Großteil ohne interaktives Zutun erzählt wird. Damit tut Gao dem interaktiven Medium wie schon bei To the Moon keinen Gefallen. Er zeigt aber auch, dass er ein einzigartiges Talent besitzt, die Seele zu berühren. Wie schon bei To the Moon.
Eingebunden statt aufgeklebt
A Bird Story erzählt von einem Jungen, der viel alleine scheint. Davon zeugt das leere Bett seiner Eltern und das Essen, das er selbst zubereitet. Auch Freunde, Lehrer und Klassenkameraden sind nur Schatten, die zwar mit ihm kommunizieren, aber nur als schwarze Schatten auftreten.
Eine wichtige Rolle spielt hingegen der Vogel, den der Junge verletzt am Wegrand findet. Er verarztet den lahmen Flügel und trägt den gefiederten Freund nach Hause. Mit zärtlicher Ruhe beschreibt Gao das Bereitstellen einer Wasserschale, das Zerkrümeln einer Scheibe Brot – dass man manche Szenen mit Tastatur oder Gamepad ausführt, rechtfertigt den spielerischen Anspruch der Erzählung. Das Nachahmen der Aktionen stellt sogar eine
Die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen.
bessere Verbindung zwischen Spiel und Spieler her als die aufgesetzten Rätsel in To the Moon.
Lebendige Stille
Gesprochen wird kein einziges Wort. Gao erzählt die komplette Geschichte durch Gesten und eine liebevolle Mimik, die in wenigen Pixeln sprudelnde Glückseligkeit oder ein schweres Herz widerspiegelt.
Vor allem aber nutzt Gao geschickt die Möglichkeiten seiner digitalen Kulissen, während die Freundschaft wächst und der Junge immer tiefer in seine Fantasiewelt eintaucht. Die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmt. Verschiedene Orte verschmelzen zu einem. Realität und Vorstellung ergänzen sich im selben Bild.
Tränenlos
Die Übergänge sind dabei sanft und harmonisch: Gao diktiert keine Stichpunkte der Handlung, sie erschließen sich von selbst. Was auf den ersten Blick geheimnisvoll wirkt, ist kein Rätsel, sondern immer eine leicht verdauliche Metapher.
Und wenn die Lichter nach etwas mehr als einer Stunde erlöschen, dann war weder das Finale überraschend noch hat es unvorhersehbare Wendungen gegeben. Es flossen keine Tränen – es tut einfach gut zu wissen, dass Spielemacher so schön träumen können.