Test: Cloud Chamber (Adventure)

von Jan Wöbbeking



Cloud Chamber (Adventure) von Investigate North
Erzählerisches Experiment
Entwickler:
Publisher: Investigate North
Release:
2014
2014
Erhältlich: Digital (Steam)
Spielinfo Bilder Videos
Der Kopenhagener Entwickler Investigate North will die Grenzen zwischen Mystery-Thriller und vernetzter Kommunikation verwischen: In Cloud Chamber soll die ganze Welt das Rätsel um einen Todesfall sowie geheimnisvoll leuchtende Experimente entschlüsseln. Steckt hinter dem Titel ein zukunftsweisendes Konzept?

Spannende Ermittlung oder passive Berieselung?

Statt mich alleine durch ein Adventure zu rätseln, inspiziere ich in Cloud Chamber eine ganze Reihe von Filmschnipseln und Dokumenten, um mir gemeinsam mit der Community den Kopf darüber zu zerbrechen. Nur sinnvolle Beiträge werden von anderen Spielern mit positiven Bewertungen honoriert. Habe ich genügend davon gesammelt, werden geheime Dokumente freigeschaltet, welche mir neue Einblicke in die Geschichte eröffnen.

Als Erzählform haben sich die Entwickler das „Found Footage“-Genre vorgenommen, das in Horror-Filmen seit geraumer Zeit einen Boom erlebt. Der Spieler wird mit einem wild durcheinandergewürfelten Sammelsurium an Filmschnipseln, Zeichnungen, Fotos, Briefen und E-Mails konfrontiert, aus denen er sich nach und nach die Hintergründe zusammenreimen soll.

Geräusche aus dem All

Kathleen
Der vordergründig kalten Kathleen setzen die Experimente offenbar stark zu: Immer wieder bricht sie in ihren Videologs in Tränen aus oder verbindet die Erkenntnisse mit ihrer Gefühlswelt.
Die Geschichte dreht sich um ein junges Trio, welches am Kopenhagener Petersen-Institut in ein geheimes Forschungsprojekt gerät. Nebenan brütet eine Reihe von Wissenschaftlern über mit Antennen aufgefangenen Geräuschen aus dem All. In einem futuristisch eingerichteten Sound-Studio sollen vielleicht eines Tages winzige Neutrino-Teilchen nachgewiesen werden. Kathleen, Max und Thomas arbeiten derweil an anderen Dingen: Worum genau es geht, will ich hier nicht verraten, aber es hängt offenbar mit den vielen kleinen Störungen zusammen, welche immer wieder auf Bildern und in Filmszenen auftauchen. Thomas dokumentiert das Ganze mit seinen Videos. Die von Max komponierte elektronische Musik scheint ebenfalls eine Rolle zu spielen.

Auch Kathleens Eltern haben offenbar schon früher ihre Fühler in die Richtung ausgestreckt: Ihr Vater führt das Institut, ihre Mutter ist bei einem mysteriösen Unfall ums Leben gekommen. Nach und nach werden immer mehr Fragen aufgeworfen. Wurde sie in Wahrheit ermordet? Worum handelt es sich bei den mysteriösen Signalen? Verliert die emotional reagierende Kathleen langsam den Verstand?

Mehr Film als Spiel?

Auch der musikalische Max und der überhebliche auftretende Thomas sind nicht immer einer Meinung.
Auch der musikalische Max und der überhebliche auftretende Thomas sind nicht immer einer Meinung.
Auf den ersten Blick wirkt das „Spiel“ nicht besonders gehaltvoll: Anders als in üblichen Adventures kann ich keinerlei klassische Rätsel lösen. Lediglich in der Diskussion mit anderen Spielern versuche ich, die Hintergründe zu deuten und werde für meine Kommentare mit Bewertungen und neuen Dokumenten belohnt. Als ich mich an das Konzept gewöhnt hatte, wurde es allerdings unterhaltsam. Die meiste Zeit verbringe ich mit dem Schauen, Zurückspulen und Analysieren von Filmschnipseln. Kurz danach werfe ich meist einen Blick auf die nützlichsten und aktuellsten Beiträge in der Kommentarsektion, welche direkt ins Spiel eingebunden ist und visuell an Youtube erinnert.

Zu den meisten Sequenzen gelange ich durch einfaches Anklicken, doch einige geheime Dokumente werden erst freigeschaltet, wenn ich mich einbringe. Das fordert natürlich ein wenig Überwindung, wenn man selbst nicht gerade ein mitteilungsbedürftiger Fan sozialer Netzwerke ist. Im Gegensatz zum Smalltalk auf Facebook & Co laufen die Diskussionen hier aber sehr themenbezogen und konstruktiv ab. Selbst wenn die wichtigsten Anregungen schon genannt wurden – irgendetwas Interessantes gibt es fast überall anzumerken: „Video x ist offenbar direkt vor Filmschnipsel y entstanden - das erkennt man an der gleichen Kleidung“ oder „die Störung im Video a ist ein klarer Hinweis auf Phänomen b“. Auch die geschickt eingebundenen wissenschaftlichen Hintergründe werden analysiert: „Warum weist der Werbefilm nur auf das vorgestellte ESA-Projekt hin und nicht auf jenes, welches viel besser zum Thema passen würde? Wird es absichtlich verschwiegen?“

Kommentare

4P|Jan schrieb am
otothegoglu hat geschrieben:
4players-Test hat geschrieben:Online-Zwang Nein
Da stimmt doch was nicht?
Wenn das Spiel darauf ausgelegt ist mit anderen gemeinsam Rätsel zu lösen (so wie ich es verstanden habe kann man sie nicht selber/alleine lösen?), dann herrscht doch automatisch Online-Zwang - wie möchte man sonst weiterkommen?
Stimmt natürlich, da wurde ein Häkchen falsch gesetzt. Ohne Anmeldung läuft nichts.
Isegrim74 schrieb am
Silbendrechsler hat geschrieben:Gab es so etwas in der Art vor x Jahren nicht schon mal? "In Memoriam", meine ich, heißen die Spiele. Da musste man auch über das Internet und per Email Rätsel lösen. War ein bisschen zu speziell für meinen Geschmack und schweinemäßig schwer.
Jepp, vor allem Teil 2 hat das sehr exzessiv zelebriert. Hab ich noch daheim rumliegen! Das waren aber eher "gefakte" Mails! ;-) Also dort bekam man dann Hinweise per Mails von Protagonisten des Spiels. Dem Multiplayerprinzip musste man nicht zwingend folgen. Diese Fakemails waren dann so ein kleiner Kniff, mit dem Du als Soloplayer dennoch den Fall lösen konntest. Man musste sich da aber auch durch Tonnen von Hinweisen wühlen: Videos , elektronische Akten, Zeitungen ... mein war das auch nicht!
Baralin schrieb am
Kann mal jemand mit Photoshop Magenta im Bild runterdrehen? Dankeschön.
otothegoglu schrieb am
4players-Test hat geschrieben:Online-Zwang Nein
Da stimmt doch was nicht?
Wenn das Spiel darauf ausgelegt ist mit anderen gemeinsam Rätsel zu lösen (so wie ich es verstanden habe kann man sie nicht selber/alleine lösen?), dann herrscht doch automatisch Online-Zwang - wie möchte man sonst weiterkommen?
Silbendrechsler schrieb am
Gab es so etwas in der Art vor x Jahren nicht schon mal? "In Memoriam", meine ich, heißen die Spiele. Da musste man auch über das Internet und per Email Rätsel lösen. War ein bisschen zu speziell für meinen Geschmack und schweinemäßig schwer.
schrieb am