Vorschau: Der Dschungel ruft
Filmreifer Einstieg
Flotter Schnitt, pulsierende Musik und dramatische Szenen mit Wackelkamera: Schon beim filmreif inszenierten Vorspann wird man unmittelbar ins Geschehen katapultiert, wenn man zwischen den Schriftzügen von Publisher Square Enix und Entwicklerstudio Crystal Dynamics Zeuge wird, wie Lara und ihr kochender Lieblings-Begleiter Jonas panisch versuchen, die Kontrolle über ein abstürzendes Flugzeug wiederzuerlangen. Doch der Ausgang bleibt offen. Genau wie Naughty Dog beim
Doch der zeitliche Sprung in die Vergangenheit ist nicht viel weniger dramatisch: Die risikofreudige Abenteurerin hängt nämlich mit einer Beinverletzung und blutverschmiertem Gesicht in einer zusammengefallenen Höhle fest und muss zunächst versuchen, durch einen engen Spalt an die Oberfläche zurück zu kriechen. So nah und intensiv, wie die Kamera hier diese unangenehme Situation einfängt, fühlt man sich als Spieler fast schon ähnlich erdrückend wie die Protagonistin. Und warum das alles? Weil Lara mal wieder eine Spur zu Trinity aufgeschnappt hat. Schon im Vorgänger kam sie erstmals mit dieser geheimnisvollen Vereinigung in Kontakt, die sich der Suche nach mystischen Artekfakten verschrieben hat, um mit deren Macht eine neue Welt zu formen. Dass die Fanatiker dabei auch über Leichen gehen, ist seit den Geschehnissen aus Rise of the Tomb Raider ebenfalls kein Geheimnis mehr. Hat man sich endlich zurück nach oben gekämpft und die ersten Sprung- und Kletterpassagen in bester Tutorial-Manier gemeistert, leitet die Handlung zu den Ereignissen über, die wir bereits in der ersten Vorschau besprochen haben.
Willkommen im Dschungel!
Viel interessanter ist deshalb, wie es für Lara und Jonas nach dem vermeintlichen Auslösen der Apokalypse und dem ersten Vorgeschmack in Form eines verheerenden Tsunamis weitergeht. Die beiden verschlägt es nämlich nach Peru – und zwar in genau jenem Flugzeug, das nach Turbulenzen schon im Intro über dem Amazonas auseinanderbricht und dessen Teile im Urwald niedergehen. Entsprechend muss man sich nach der unsanften Bruchlandung zunächst akklimatisieren, denn obwohl der unberührte Dschungel mit seinen dichten Gewächsen und tierischen Einwohnern fantastisch aussieht und diese Wildnis so überzeugend einfängt wie kaum ein anderes Spiel, wirkt er gleichzeitig bedrohlich: Das Sonnenstrahlen haben es
Tatsächlich lässt die erste gefährliche Begegnung mit der dortigen Fauna nicht lange auf sich warten: Verlangten früher vornehmlich mächtige Bären Lara den nötigen Respekt vor der Natur ab, sind es hier Jaguare, die bevorzugt im Rudel auf die Jagd gehen. Dabei wird die erste Begegnung mit den Raubkatzen nicht nur dramaturgisch klasse vorbereitet, sondern auch packend inszeniert. Gerade weil man sich zu Beginn noch mit einer spärlichen Ausrüstung bestehend aus Pfeil und Bogen begnügen muss, ist jede Begegnung mit den Biestern durch eine herrliche Anspannung geprägt.
Die Batman-Trickkiste
Darüber hinaus treiben sich aber auch noch andere Kreaturen im Dickicht herum, die es vor allem auf die bewaffneten Truppen von Trinity abgesehen haben und dabei zunächst aufgrund der seltsamen Zischlaute in Kombination mit Attacken aus dem Nichts den Eindruck erwecken, dass da übernatürliche Kräfte am Werk sein könnten. Auch Lara gerät immer wieder mit den fanatischen Schergen der Organisation aneinander, hat mittlerweile aber auch ein paar neue Tricks auf Lager. Zum einen kann sie sich mit Matsch einschmieren, um sich noch besser zu tarnen, wenn sie sich mit dem Rücken an den bewachsenen Wänden an die Feinde heran schleicht oder eins mit dem Dschungel wird. Zum anderen hat sie sich auch den einen oder anderen Trick von Batman abgeschaut und kann bei Angriffen von oben die Gegner am Boden jetzt mit einem Strick umwickeln, um sie anschließend kopfüber an einem Ast aufzuknüpfen.
Sammel- und Ressourcenwahn
Ziemlich nervig ist dagegen wieder, wie sehr die attraktive Spielwelt mit irgendwelchen Ressourcenkisten, Dokumenten und anderem Sammelkram zugemüllt wird, begleitet von großen XP-Einblendungen im gefühlten Sekundentakt, die einmal mehr vor allem eins darstellen: einen Immersions-Killer! Neben dem Upgradesystem für Waffen und Ausrüstung darf man selbstverständlich auch wieder seine Fähigkeitspunkte verteilen – dieses Mal in den Kategorien Sucher, Krieger und Sammler. Hier steigert man mit entsprechenden Freischaltungen u.a. seine Ressourcen-Ausbeute, baut seine Angriffs- und
Man wird übrigens deutlich mehr Zeit unter der Wasseroberfläche verbringen als zuvor und entsprechend darauf achten müssen, dass einem dabei nicht der Sauerstoff ausgeht. Aber es gibt noch weitere Gefahren als der Mangel an Atemluft: In den Gewässern treiben sich u.a. Schwärme von blutrünstigen Piranhas umher, denen man durch langsames und vorsichtiges Tauchen durch hohes Schilfgras aber aus dem Weg gehen kann.
Ein Hauch von Zivilisation
Hin und wieder trifft man inmitten des Dschungels auch auf Zivilisation, die aber in erster Linie den Zweck zu erfüllen scheint, Lara mit überflüssigen Nebenmissionen und einem Händler zu versorgen. Leider wirken die Dialoge und Interaktionen mit den Bewohnern der Siedlungen bisher nicht sonderlich interessant, sondern künstlich aufgesetzt. Immerhin sind die dörflichen Schauplätze dank der Einblicke in den Alltag der Bewohner erfreulich lebendig gestaltet und liefern beim kurzen Durchatmen einen willkommenen Kontrast zu den aufregenden Dschungel-Abenteuern.
Schöner ist es aber, wenn man sich wieder alleine oder mit Partner Jonas durch den Urwald schlägt und sich dabei auch Zugang zu Ruinen verschafft – sei es im Rahmen der Kampagne oder freiwillig bei den optionalen Gräbern, die mit ihren tödlichen Fallen nicht nur gefährlicher ausfallen als zuvor, sondern einmal mehr clever designte Umgebungsrätsel bieten, die
Eine Frage des gewünschten Anspruchs
Schön in diesem Zusammenhang: Man findet nicht nur vorgefertigte Schwierigkeitsgrade, sondern darf den Anspruch in den Bereichen Kampf, Gelände und Rätsel separat auf die eigenen Vorlieben einstellen. Wem die auffällig weißen Markierungen also schon immer ein Dorn im Auge waren, kann sie durch eine erhöhte Geländeschwierigkeit jetzt auf Wunsch deaktivieren. Auch der Überlebensinstinkt, der wichtige Objekte auf Knopfdruck visuell hervorhebt, lässt sich mit entsprechenden Anpassungen etwas zähmen oder sogar komplett deaktivieren. Trotzdem findet man im Spiel irgendwann das Rezept für eine Kräutermischung, nach deren Einnahme Lara für einen beschränkten Zeitraum einen übernatürlichen Sinn entwickelt, mit dem sie Tiere und nützliche Ressourcen in der Nähe aufspüren kann, die anschließend wie beim Überlebensinstinkt hervorgehoben werden – man kann es mit der Unterstützung auch übertreiben.
Ausblick
Mit Shadow of the Tomb Raider scheinen Square Enix und Crystal Dynamics auf einem guten Weg zu sein, die Trilogie mit einem Höhepunkt abzuschließen. Auch wenn sich die spielerischen Neuerungen in Grenzen halten und der ständige Sammelkram samt gefühlt omnipräsenten XP-Einblendungen die Immersion immer noch zu stark beeinträchtigt: Ich mag die generell etwas düsterere Atmosphäre, die leichten Tarn- und Schleichansätze im Dschungel sowie die gefährlicheren Gräber mit ihren tollen Rätseln und fiesen Fallen, bei denen fast schon wieder das klassische Grabräuber-Feeling aufkommt. Doch auch die Action bleibt weiter ein fester Bestandteil von Laras Abenteuern – sei es bei den dramatischen Fluchtsequenzen, den deutlich häufigeren Taucheinsätzen, Auseinandersetzungen mit den Trinity-Truppen oder Konfrontationen mit der bedrohlichen Fauna. Die Schauplätze sind nicht nur technisch eine Augenweide, sondern begeistern auch mit großartigen Architekturen, viel Abwechslung und sind voller Leben. Allerdings wirken mir die Interaktionen mit den Bewohnern der Siedlungen und den damit häufig verbundenen Nebenmissionen zu künstlich aufgesetzt. Und auch die KI ist trotz einiger spannender Gefechte nicht unbedingt mit vielen Gehirnzellen gesegnet. Die Inszenierung ist zwar auch abseits der starken Zwischensequenzen und der nahtlosen Übergänge großartig und zieht den Spieler mit einer tollen Kameraarbeit in ihren Bann, aber ich würde mir manchmal noch mehr von der harten Kompromisslosigkeit eines The Last of Us wünschen. So wird leider allzu oft deutlich, dass man den Abschluss zwar bewusst düsterer und brutaler gestalten will, aber offenbar immer noch die anvisierte Altersfreigabe im Hinterkopf hat.
Einschätzung: gut
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