FIFA 1924.07.2018, Michael Krosta

Vorschau: Mehr Taktik, mehr Authentizität, mehr Inhalt

Neues Jahr, neues FIFA: Einmal mehr gewährte Electronic Arts in der Münchener Allianz Arena einen ersten detaillierten Einblick, wie man die Fußballsimulation für den nächsten Auftritt Ende September weiterentwickeln möchte. Neben inhaltlichen Erweiterungen wie der UEFA Champions League hat man dabei auch mechanisch noch ein paar Asse im Ärmel, um die Action auf dem Platz von FIFA 19 (ab 10,99€ bei kaufen) anspruchsvoller, taktischer und natürlicher zu gestalten. Mehr dazu in der Vorschau...

Stürmische Zeiten

Der Fußball erlebt derzeit stürmische Zeiten in Deutschland: Erst die Diskussionen um die Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip ErdoÄŸan, dann das frühe Aus der Nationalmannschaft unter Jogi Löw schon in der Vorrunde der FIFA Weltmeisterschaft in Russland. Und jetzt tritt auch noch Mesut Özil mit einem Rundumschlag zurück und stürzt den DFB, vor allem aber dessen umstrittenen Präsidenten Reinhard Grindel mit seinen Rassismus-Vorwürfen in eine noch tiefere Krise. Doch auch EA Sports eckt mit FIFA immer wieder an – vor allem dann, wenn mit einem Patch etwas zu stark in die

Die UEFA Champions League soll möglichst authentisch inszeniert werden.
Spielmechanik eingegriffen wird, das gefühlt leicht geskriptete Momentum bei Mannschaften hin und wieder einen faden Beigeschmack bekommt oder die Balance teilweise zu wünschen übrig lässt.

Für FIFA 19 wollen die Entwickler von EA Vancouver einmal mehr die Spielmechanik verfeinern, doch sei bereits gesagt: Im Kern fühlt sich FIFA immer noch sehr vertraut an und die Änderungen sind eher die übliche Evolution statt einer Revolution. Den Anfang macht das Active Touch System, das in erster Linie dafür sorgen soll, dass sich der Umgang mit dem Ball – sei es bei Annahmen, Dribbling oder Tricks – natürlicher anfühlt und möglichst realistisch abgebildet wird. Es berechnet den besten Pfad im Kontext des Umfelds und zieht dabei auch Faktoren im Geschwindigkeit und Winkel in Betracht, um die passenden Animationen der Kicker mit möglichst flüssigen Übergängen abzuspielen. Dabei erlaubt das System eine Reihe neuer Trapping-Optionen, also wie man den Ball fängt, ihn unter Kontrolle bringt und vor gegnerischen Attacken abschirmt. Auch bei den Flicks, die mit dem rechten Stick ausgeführt werden, soll es mehr Möglichkeiten geben – zusammen mit einer Vielzahl neuer Animationen, die man z.B. auch bei angetäuschten Schüssen bemerken wird. Geübte Spieler sollten es schaffen, den Ball mit einem Flick in die Luft zu befördern, ihn anschließend mit einem Kopfball über einen Gegner hinweg weiterleiten und schließlich mit Nachdruck mit dem Fuß auf den Boden schmettern, um ihn zum Hüpfen zu bringen – übrigens eine Bewegung, die zuvor auf diese Weise noch nicht möglich gewesen ist.

Mehr Dynamik bei Taktiken

Darüber hinaus entscheiden bei den 50/50-Battles jetzt die Kombination aus Reaktionsschnelligkeit am Controller und Spieler darüber, wer freie Bälle erobern kann. Ignorierte die KI in der Vergangenheit aufgrund der fehlenden Zuordnung selbst Bälle in der Nähe, verfügen die Mitspieler jetzt über mehr Gehirnzellen und behalten dabei auch das Umfeld besser im Blick. In FIFA 19 wird es also deutlich mehr Duelle um freie Bälle geben, auch wenn manche Situationen fast schon künstlich geskriptet wirken, wenn mal wieder zwei Kicker auf das runde Leder zustürmen und es ganz knapp ausgeht. In diesem Zusammenhang bekommt man auch häufig die neuen Reaktionen der Spieler nach Kollisionen zu sehen. Gleiches gilt für die Positionskämpfe, die dank neuer Animationen ebenfalls intensiver und natürlicher eingefangen werden. Nettes Detail: Neben dem manuellen Spielerwechsel auf Knopfdruck darf man neuerdings bei der Verteidigung mit dem rechten Analogstick den gewünschten Ballkünstler gezielter auswählen. Außerdem wird es möglich sein, den Torwart auf Wunsch manuell zu steuern, sobald sich

Das neue Taktik-System erlaubt detailliertere Match-Pläne und dynamische Anpassungen.
ein Angreifer dem Sechzehner nähert und man sich nicht länger auf das automatische Herausholen des Keepers verlassen will.

Das Taktiksystem wird komplett überarbeitet – entsprechend fallen hier die Unterschiede im Vergleich zum Vorjahr am größten aus. Zwar darf man sich zwar nicht mehr so frei an eigenen Formationen austoben, bekommt stattdessen aber eine Auswahl an realen Vorlagen. Mit den neuen Schiebereglern darf man jetzt allerdings mehrstufig die Weite und Tiefe der Aufstellung sowie den gewünschten Spielstil für Offensive und Defensive getrennt anpassen – und das nicht nur universell, sondern einzeln für jede der Taktik-Optionen, die man wie gewohnt mit dem Digitalkreuz wechselt. Man kann sich also einen individuellen Match-Plan konstruieren, der von einem kompletten Fokus auf die Verteidigung bis zum totalen Angriff mit forciertem Team-Pressing reicht und jederzeit dynamisch verändert werden kann. Als Folge dessen dürfte man auf den Plätzen von FIFA 19 jetzt mehr taktische Vielfalt und Variation erleben als früher.

Alternativer Torabschluss

Ebenfalls hat man sich bei EA Vancouver dem Torabschluss gewidmet und bietet mit dem „Timed Finish“ neuerdings eine anspruchsvollere Alternative zur bisherigen Technik an. Wie es der Name schon andeutet, spielt dabei das Timing eine zentrale Rolle: Anstatt einfach nur mit einem Knopfdruck auf den Kasten zu halten, muss man hier die Schusstaste ein weiteres Mal betätigen – nämlich genau dann, wenn der Ball den Fuß oder im Fall eines gewollten Kopfballs den Schädel berührt. Um ein Gefühl für den richtigen Aktionsmoment zu entwickeln, bietet sich das Hinzuschalten des Trainers an. Hier wird versucht, mit einer kleinen, vielleicht sogar etwas zu klein geratenen Farbleiste über dem Kopf des Spielers den richtigen Zeitpunkt für den erneuten Tastendruck zu visualisieren. Je näher man diesen idealen Moment erreicht, desto präziser soll der Ball ins Tor gefeuert werden – so zumindest in der Theorie. Ich hatte noch so meine Probleme mit dem neuen System und konnte in den wenigen Probe-Partien noch kein Gefühl für die neue Mechanik entwickeln, wobei es sicher auch aus reiner

Mit dem neuen Active Touch System sollen Ballannahme und Kontrolle verbessert werden. Auch soll es dazu beitragen, die Bewegungen der Spieler authentischer abzubileden.
Gewohnheit schwer fällt. Aber zum Glück muss man sich nicht zwingend auf den neuen Torabschluss umstellen: Der kleine Reaktionstest beim „Timed Finish“ ist rein optional und kann in den Optionen auf Wunsch wieder deaktiviert werden.

Duelle der Champions

Inhaltlich zählt vor allem die Integration der UEFA Champions League zu den großen Neuerungen, die zuletzt noch exklusiv bei Konami und Pro Evolution Soccer beheimatet war. Dabei wird die Liga der besten Vereinsmannschaften Europas nicht nur in einem separaten Spielmodus zur Verfügung stehen, in dem man die Gruppenphase optional sogar überspringen darf. Auch in das dritte und finale Kapitel der Story-Kampagne The Journey soll der prestigereiche Wettbewerb neben der Europa League eingebettet werden, um Alex Hunter zu Ruhm und Ehre zu verhelfen.

Großen Wert will man darauf legen, die Champions League so authentisch wie möglich auf den Bildschirm zu bringen. Das umfasst nicht nur Teams und Stadien, sondern auch hinsichtlich der Inszenierung will man sich mit entsprechenden Kamerafahrten und Einstellungen am realen Vorbild der TV-Übertragungen orientieren. Dazu gehört auch die Würdigung ehemaliger Stars der jeweiligen Teams. Spielt man z.B. in der Allianz Arena, erscheint bei der Einführung eine übergroße Standfigur des ehemaligen Bayern-Spielers Lothar Matthäus im virtuellen Stadion.

Ausblick

Das Team von EA Sports in Vancouver betreibt für FIFA 19 einmal mehr Verbesserungen im Detail und werkelt vor allem an kleinen Stellschrauben herum, die sich dennoch positiv auf den Spielverlauf auswirken dürften. In erster Linie wirkt das Spielgefühl zwar wieder vertraut, doch erkennt man jetzt bereits neue Situationen, die vor allem auf die 50/50-Battles zurückzuführen sind. Die gezielteren Spielerwechsel in der Defensive und das manuelle Eingreifen mit dem Torwart fallen ebenfalls schon positiv auf und fördern die Unberechenbarkeit innerhalb der Partien. Beim Active Touch System bin ich mir dagegen noch nicht ganz sicher, ob die versprochenen Verbesserungen der Spielerkontrolle nicht in erster Linie durch Automatismen suggeriert werden. Hier müssen wir einfach noch mehr Partien spielen. Gleiches gilt für die Auswirkungen der vielen Taktikoptionen samt dynamischer Anpassungen an den Match-Plan. Auf den ersten Blick wirkt das System allerdings erfreulich durchdacht und könnte die Duelle auf dem Platz beleben. Und auch wenn es PES-Fans nicht freuen dürfte: Die Champions League und Europa League sind inhaltlich tolle Ergänzungen für FIFA, die neben den Wettbewerben in separaten Modi auch die Geschichte von Alex Hunter im dritten und letzten Kapitel von „The Journey“ mit einem Höhepunkt abschließen könnten.

Einschätzung: gut

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