Die Geschichte eines Underdogs
Fetch ist eine Ausgestoßene. Das Punk-Mädchen mit den Neonkräften wurde von ihren Eltern an die DUP verraten, als sie anfing, die Kontrolle über ihre Superkräfte zu verlieren. Zusammen mit ihrem Bruder Brent lebte sie auf den Straßen von Seattle, schlug sich mit Kleinkriminalität und Kreativität durch ihr von Drogen und Gewalt geprägtes Leben. In der entscheidenden Nacht wollen die Geschwister in Richtung Kanada fliehen, doch der letzte Job geht so
Die Kulisse ist der von Second Son ebenbürtig und überzeugt u.a. mit tollen Lichtstimmungen.
richtig schief – und Brent gerät in die Klauen der Mafia-Gang Akura.
Der Beginn von inFamous: First Light ist vielversprechend, auch wenn das unausweichliche Ende der Geschwisterbeziehung bereits in Second Son offenbart wurde. Fetch war aber schon im Hauptspiel einer der interessantesten Charaktere, zumal die düstere Hintergrundgeschichte des „Lasergirls“ einen völlig neuen Blick auf die Welt von inFamous bietet. Allerdings müsste es eher „könnte einen neuen Blick bieten“ heißen, denn schon kurz nach der ordentlichen Einführung wird offenbar, was Sucker Punch in dieser Erweiterung völlig versaut hat: die Regie.
Furchtbare Charakterentwicklung
Zu Beginn ist Fetch ein unsicheres, verletzlich wirkendes Mädchen, das sich nach der Entführung ihres Bruders binnen Minuten zu einem rasenden Berseker entwickelt, der Spaß daran hat, die Gangster reihenweise umzunieten. Die initiale Charakterentwicklung ist noch unglaubwürdiger als die der jungen Lara in Tomb Raider – und stagniert
Fetch ist toll designt und bringt genug Potential für einen interessanten Charakter mit ...
nach kurzer Zeit völlig. Ich weiß nicht wie oft ich während der knapp vier Stunden der Kampagne den Satz „Ich mache das für meinen Bruder“ in Variationen gehört habe, denn viel mehr hat der junge Conduit scheinbar nicht zu sagen. Fetch bleibt bis zum Schluss eindimensional und trotz ihrer im Kern interessanten Prämisse völlig uninteressant.
Zu diesen Schwächen gesellt sich hier die Unfähigkeit von Sucker Punch, eine spannende Geschichte zu inszenieren. Der schmierige Shane und auch die im Hauptspiel eigentlich ganz ordentlich geschriebene DUP-Chefin Brooke Augustine bleiben oberflächlich und – bis auf wenige Momente - erschreckend irrelevant. Zudem wird die Geschichte immer wieder durch völlig überflüssige Arena-Passagen im DUP-Gefängnis unterbrochen, bei denen Fetch neue Kräfte offenbart und sich – in der deutschen Lokalisation - schlecht geschriebene Wortgefechte mit Augustine liefert, der sie ihre Geschichte in Rückblenden erzählt. Diese Gefechte gegen Gegnerwellen wirken, als ob man die Spielzeit künstlich strecken wollte, denn sie bieten weder einen inhaltlichen noch einen spielerischen Mehrwert.
Dazu kommt noch eine völlig offensichtliche „überraschende Wendung“, ein Ende zum Kopf-auf-den-Tisch-hauen (auch wenn kurz darauf ein guter Bogen zum Anfang von Second Son geschlagen wird) und viel zu viele dumme Dialoge. Diese wurden zu allem Überfluss schwach lokalisiert und vertont. Zudem bestehen die Missionen aus drei, vier repetitiven Versatzstücken, die sich in immer wieder anderer Kombination wiederholen. Kurz: Diese Kampagne ist ganz klar der Tiefpunkt der Serie, zumal die Entscheidungen zwischen Gut und Böse entfernt wurden und es keinerlei Entscheidungsfreiheit mehr gibt.