Test: The Tomorrow Children (Action-Adventure)

von Benjamin Schmädig



The Tomorrow Children: Virtuell existierender Sozialismus
Virtuell existierender Sozialismus
Entwickler:
Publisher: Sony
Release:
26.10.2017
Spielinfo Bilder Videos
Endlich! Unsere Stadt war fertig. Gemeinsam haben wir sie buchstäblich aus dem Nichts aufgebaut, Wohnhäuser für Neuankömmlinge gebaut, deren Verpflegung gesichert, sie gegen Monster verteidigt. Jetzt genießen wir die Früchte unserer Ar... und plötzlich suchen wir uns, jeder für sich, irgendeine neue Stadt aus. Dort beginnt das Spiel von vorn. In einer Welt, genau so trostlos wie die davor. Auf einem Marktplatz, der dem alten fast wie ein Ei dem anderen gleicht. Mit einem Spieler, dem im Test das Interesse an The Tomorrow Children komplett abhanden kam.

Der kommunistische Gedanke

Was hatte ich mich auf dieses Spiel gefreut! Eine Art postapokalyptisches Minecraft sollte es sein, in dem man gemeinsam mit anderen Spielern für das Wohl einer quasi-kommunistischen Gemeinschaft arbeitet. Diese Sprache spricht zumindest das Artdesign mit in die Luft gestreckten Fäusten und Werkzeugen. Die Einwohner reden sogar ein vage an russisch angelehntes Kauderwelsch, während man sich vor kleinen Läden in Schlangen einreiht, anstatt einfach an den NPC heranzutreten – für mich ein Verweis auf das Anstehen nach Bananen zu Kindheitszeiten.

Den kommunistischen Gedanken unterstützt auch das Spiel selbst, denn anders als in Minecraft oder dem Einzelspieler-Abenteuer Dragon Quest Builders baut man hier weder nach Gutdünken noch im Alleingang, sondern ist mit den anderen Besuchern derselben Stadt mit deren Aufbau beschäftigt. Immerhin wurde die Welt durch einen großen Zwischenfall zerstört; übrig blieb eine Leere, in der sich gelegentlich kleine Inseln materialisieren. Auf diesen Inseln finden Arbeiterklone, also Spieler, nicht nur Materialien zum erwähnten Aufbau ihrer (voneinander
Die Gestaltung der Umgebung zitiert die Symbolik des russischen Sozialismus.
Die Symbolik der Umgebung zitiert den russischen Sozialismus.
unabhängigen) Städte, sondern auch Matroschka-Puppen, in denen die wenigen Überlebenden des Unglücks eingefroren sind. Das Wiederbeleben dieser Seelen ist das Ziel und genau deshalb müssen in den Städten u.a. Wohnungen gebaut werden.

Godzillas und Apfelbäume

Also schwebt man entweder in einem kleinen Einsitzer, mit dem Bus oder per Raketenrucksack über das Nichts zu einer der Inseln, bricht mit Spitzhacke, Schaufel oder Dynamit den Boden auf, verteidigt sich mit Schrotflinte oder Raketenwerfer gegen Angreifer und schleppt die erbeuteten Materialien zur Bushaltestelle, wo sie automatisch aufgeladen werden. In der Stadt werden sie später auch automatisch abgeladen – auf die richtigen Lagerplätze müssen sie allerdings per Hand getragen werden. Dann sieht man oft, wie sich mehrere Spieler verschiedene Ressourcen schnappen und an ihren vorgesehenen Platz tragen und fühlt sich irgendwie wohl inmitten dieser kleinen Gemeinschaft.

Manche tragen hingegen die ebenfalls auf den Inseln ausgegrabenen Matroschkas zu einem Gebäude, an dem die in ihnen verschlossenen Menschen aufgeweckt werden. Andere bauen an Werkbänken Behausungen und entscheiden, wo diese aufgestellt werden. Wieder andere schütteln Apfelbäume, bringen die Früchte ins Lager und erstellen daraus Setzlinge für weitere Bäume. Denn ohne ausreichend Nahrung können keine weiteren Menschen aufgeweckt werden;
Ein Raketenrucksack hilft beim Überwinden großer Höhen.
Ein Raketenrucksack hilft beim Überwinden großer Höhen.
Anwohner verlassen vielleicht sogar die Stadt.

Und dann gibt es noch jene, die von Geschütztürmen aus auf riesige „Godzillas“, Spinnen oder Angreifer aus der Luft schießen, damit die nicht die Stadt ramponieren. Man kann beschädigte Objekte zwar reparieren, doch nachdem ein Monster erst mal durch die Straßen getrampelt ist, müssen oft Bäume neu gepflanzt und Gebäude neu errichtet werden.

Für unterschiedliche Aufgaben gibt es dabei verschiedene Kostüme, die einzelne Charakterwerte verstärken, darunter die Geschwindigkeit beim Bergbau oder Stärke im Kampf. Hauptsächlich spezialisiert man sich aber wie in einem Rollenspiel durch das Verbessern der gewünschten Fähigkeiten. Für getane Arbeit erhält man dabei Geld, das zum Kauf neuer Ausrüstung dient, darunter Werkzeuge, Waffen, ein größerer Rucksack und mehr. Den Lohn holt man im Ministerium für Arbeit persönlich ab, wobei jede noch so kleine sinnvolle Aktion belohnt wird.

Kommentare

Seitenwerk schrieb am
McCoother hat geschrieben:
Todesglubsch hat geschrieben:Ich vermute dieses repetive F2P-Teil sollte ursprünglich nur für den asiatischen Markt erschienen, die sowas ja gerne mal spielen - doch irgendwer legte den Hebel bei Sony für "internationalen Release" um und dann war's zu spät.
Ursprünglich sollte es ein normales Spiel werden, ohne F2P.. Das hätte auch sicher besser funktioniert..
Glaube ich nicht. Es wäre das selbe Game geworden nur mit deutlich wenigern Spielern und die paar Kostüme etc wären halt ohne Grind verdienbar. Das hätte dem Spiel dann aber auch die Grundlage entzoge und es wäre untergegangen. So wie es jetzt ist passt es ganz gut.
McCoother schrieb am
Todesglubsch hat geschrieben:Ich vermute dieses repetive F2P-Teil sollte ursprünglich nur für den asiatischen Markt erschienen, die sowas ja gerne mal spielen - doch irgendwer legte den Hebel bei Sony für "internationalen Release" um und dann war's zu spät.
Ursprünglich sollte es ein normales Spiel werden, ohne F2P.. Das hätte auch sicher besser funktioniert..
Lord Hesketh-Fortescue schrieb am
Glückwunsch jedenfalls zu dem im Nachhinein zwar irgendwie naheliegenden, aber gelungenen Untertitel eures Berichts. Sehr schön (und danke für den Schmunzler) ^^.
CritsJumper schrieb am
Mir hatte das Spiel sehr gut gefallen. Aber die negativen Punkte waren halt, das es nur eine kurzen Unterhaltungswert hat. Das hinein finden in die Mechaniken der Stadt, der Gegner und der Inseln ist da schon das größte der Gefühle.
Es wäre halt toll wenn es ein wenig von Minecraft hätte. Das die Gemeinschaften sich über die Jahre entwickeln (können), es schönere größere Bauten geben könnte wie Wolkenkratzer oder gar Schiffe und oder Industrielle Fabriken. Von mir aus auch so etwas wie Handel.
Hier hat man es leider nicht geschafft ein Anno 1603 in 3D und Echtzeit zu bauen. Schade eigentlich. Die einzige Abwechselung sind halt die Inseln und die unterschiedlichen Schätze (Höhlensysteme und Positionierung der Gegner sind Zufall). Aber selbst das taucht nur ganz selten auf.
schrieb am