Im Test: Hey Brother, Wake Me Up
Mitwipp-Garantie
Meine musikalischen Vorlieben liegen eigentlich eher in den Bereichen zwischen Heavy Metal und Blues- bzw. Southern Rock. Mit den ganzen EDM-DJs wie Calvin Harris, David Guetta oder Avicii, die sich für ihre Hits meist prominente Vokal-Unterstützung ins Studio holen, kann ich normalerweise nicht allzu viel anfangen. Allerdings gehöre ich auch nicht zur Fraktion, die bei den ersten Klängen von „Hey Brother“, „Wake Me Up“, „Levels“ oder „Without You“ demonstrativ das Radioprogramm wechselt. Und bei Rhythmusspielen bin ich ohnehin hinsichtlich der Kompositionen kompromissbereit – wenn das Konzept stimmt wie z.B. bei dem Remake von Amplitude oder den Hatsune-Miku-Titeln, die mit ihrem Vocaloid-J-Pop selbst für hartgesottene Musikspielfans eine Herausforderung darstellen.
Musikalische Rundreise
Denn im Vollbild hat man nicht nur eine bessere Übersicht über die Noten, die auf dem üblichen Highway von oben nach unten rauschen, so dass die Chancen deutlich höher sind, seine Kombo zu erhalten. Die fünf stilistisch mitunter sehr stimmungsvoll gehaltenen Abschnitte wie eine futuristische Stadt, eine Eiswelt oder ein Wald sorgen mit ihrem abstrakten Artdesign, den knallbunten Effekten sowie pulsierenden Gegenden auch immer wieder für Vergnügen. Dass die Notenautobahn sich auch windet, Steigungen überwindet und auch Gefälle vorweist, die sich auf die zur Verfügung stehende Reaktionszeit auswirken, passt übrigens wunderbar zur vorherrschenden Reisethematik in den vergleichsweise häufigen Zwischensequenzen. Allerdings waren diese inhaltlich für mich kaum zu ertragen und im Gegensatz zu z.B. Harmonix‘ Fantasia: Music Evolved das beste Argument, wieso Musikspiele eigentlich keine Geschichte benötigen. Die Geschichte von der Pilotin, die in einem ständigen Zwiegespräch mit ihrem Schiff steht, hat mich auf jeden Fall nicht abgeholt und ich war froh,
Die Tracks können aus bis zu drei Elementen bestehen. Zum einen kann die Notenautobahn aus einer dreispurigen Straße bestehen, auf der man auch ständig hin- und herspringen muss, während man im Rhythmus die Knöpfe drückt, wobei auf „Leicht“ nur L1, X und Quadrat gefordert sind, später je nach Schwierigkeitsgrad auch noch Dreieck und Kreis hinzukommen. In einem anderen ist man auf der Innenseite eines Prismas unterwegs, bei dem man durch eine Drehung auf eine andere Innenseite gelangt. Vor allem hier fordern die höheren Schwierigkeitsgrade eine enorme Konzentration: Es kann vorkommen, dass keine Anzeigen für eine Drehung eingeblendet werden und man beobachten muss, welche der drei Innenseiten nun befahren werden sollte. Zu guter Letzt gibt es noch ein paar entspannende „Freiflug“-Abschnitte, bei denen man nur darauf achten muss, nicht anzuecken, während man die Kreise durchfliegt, um die Kombokette aufrecht zu erhalten. Es wäre allerdings schön gewesen, wenn ähnlich einiger Harmonix-Titel ein Verspielen zu einer Veränderung der ausgegeben Musik oder dem Aussetzen einer der Tonspuren geführt hätte. Doch in diesem Bereich bleibt man ganz klassisch, sprich: der Song geht weiter, egal wie gut oder schlecht man ist. Ebenfalls schade: Man hat auf die Einbindung eines VR-Modus verzichtet, der hier als Bonus für die Besitzer von Sonys Virtual-Reality-Hardware einen zusätzlichen Anreiz geboten hätte.
Leicht zu lernen
Doch um es dahin zu schaffen, sollte man trotz einer spielerfreundlichen Toleranzgrenze bei den Eingaben, das Spiel ideal auf seinen Fernseher abgestimmt haben. Wie es bei Rhythmus-Spielen mittlerweile zum guten Ton gehört, kann man die Latenz entweder manuell oder über ein ca. 20 Sekunden laufendes Testdrücken einstellen. Ersteres ist sinnvoll, wenn man bereits Werte von einem anderen Musikspiel zur Verfügung hat. Und auch, wenn Letzteres durchaus ordentliche Ergebnisse abliefert, würden wir anraten, den Test drei, vier oder fünf Mal zu machen und dann den Durchschnitt zu ermitteln, da es zu Abweichungen von bis zu 35 Millisekunden kommen kann. Das klingt nach sehr wenig, kann aber im Zweifelsfall den Unterschied zwischen einem „perfekten“ oder nur „großartigen“ Erlebnis ausmachen – und das wiederum kann in der Punktzahl den entscheidenden Faktor darstellen.
Fazit
Ja: Die Ursprünge als Smartphone-Spiel sind trotz sehenswerter sowie gleichermaßen stimmungsvoller wie abstrakter Kulisse noch spürbar. Und mit der Fixierung auf Tracks von Avicii scheint die potenzielle Spielerbasis relativ eingeschränkt. Doch wer als Fan von Rhythmusspielen auch vor Hatsune Miku nicht zurückschreckt, könnte auch mit den über 20 Songs des schwedischen Star-DJs eine Menge Spaß haben. Und das nicht nur alleine: Bis zu vier Spieler können per Splitscreen um Höchstpunktzahlen kämpfen – wenngleich dies aus Übersichtsgründen aus einem entsprechend großen Bildschirm stattfinden sollte. Doch auch solo sorgt die rhythmische Jagd nach Höchstpunktzahlen mit ihren interessanten Variationen der Noten-Autobahnen für durchweg gute Unterhaltung. Die fünf Welten, die man im Rahmen der vollkommen unnötigen sowie hanebüchen inszenierten Story zu Avicii-Songs durchfliegt, sorgen mit ihren abstrakten Strukturen und knalligen Farben für einen angemessenen Hintergrund. Die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade wurden gut austariert, so dass sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene sowie Musikspiel-Profis auf ihre Kosten kommen. Schade ist allerdings, dass es keinen VR-Modus als Sahnehäubchen gibt.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Gelungenes Ryhthmus-Spiel alter Schule, das mit interessanten Varianten des Noten-Highways sowie farbenfrohen abstrakten Hintergründen punktet.
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