Star Ocean: The Last Hope04.12.2017, Mathias Oertel
Star Ocean: The Last Hope

Im Test: Alles auf Anfang - jetzt auch in 4K

Square mausert sich langsam zum Remaster-Spezialisten. Angesichts eines prall gefüllten Portfolios mit interessanten oder teilweise zum Kultstatus erhobenen Titeln, hat man auch eine stabile Basis. Doch viel wichtiger: Während die spielmechanischen Qualitäten von Spielen wie Kingdom Hearts oder Final Fantasy 12 ohnehin keinen Grund zur Klage gaben, wurde die Technik zumeist angemessen an die neuen Systeme angepasst. Ob man sich beim so genannten "4K & Full HD Remaster" zu Star Ocean: The Last Hope (ab 9,90€ bei kaufen) die gleiche Mühe gegeben hat, klären wir im Test.

Willkommen zu Hause

Als Star Ocean: The Last Hope im Herbst 2009 auf Xbox 360 veröffentlicht wurde, war dies in mehrerer Hinsicht ungewöhnlich. Zum einen war dies der erste Ableger der Reihe seit langer Zeit, der bedingt durch eine Exklusivvereinbarung nicht auf einem PlayStation-System erschien – die PS3 wurde erst etwa ein halbes Jahr später mit der so genannten „International“ Edition bedacht. Und zum anderen hatte man sich erzählerisch von den anderen Teilen der Serie losgelöst, die 1996 auf dem SNES ihren Anfang nahm und sich entschlossen, die Vorgeschichte zu erzählen. Diese fußt auf den Folgen eines verheerenden Atomkriegs auf der Erde gegen Mitte/Ende des 21. Jahrhunderts sowie dem daraus resultierenden Bedürfnis, andere Planeten zu kolonisieren. Die Flotte, zu dem auch die Calnus gehört, auf der die Hauptfiguren Edge Maverick und Reimi ihren Dienst verrichten, wird allerdings durch eine Anomalie im Warpraum voneinander getrennt. Ein Abenteuer beginnt, bei dem das Überleben der Menschheit auf dem Spiel steht.

Die Figuren sehen im Remaster nicht mehr ganz so plastikhaft aus. Dennoch ist das Hybriddesign zwischen Manga und Realismus gewöhnungsbedürftig - von der klischeehaften Charakterzeichnung einiger Figuren ganz zu schweigen.
Da sich inhaltlich nichts geändert hat, werden wir nachfolgend nur auf wesentliche Kerncharakteristika der Mechanik sowie in erster Linie auf technische Merkmale eingehen, um sie mit dem Fazit des damaligen Tests zu vergleichen, das der Kollege Jens Bischoff folgendermaßen zog: „The Last Hope sieht teilweise wirklich fantastisch aus, die kurzweiligen Echtzeitkämpfe gehen gewohnt locker von der Hand und das Entwickeln der Charaktere sowie das Anfertigen neuer Ausrüstung sind nach wie vor ungemein motivierend. Es gibt jede Menge zu entdecken, zu sammeln und zu meistern. Die Story um die Suche nach neuen Lebensräumen fernab der Erde weiß trotz einiger Längen und Leerlaufphasen zu unterhalten und auch die deutsche Übersetzung ist überraschend gut gelungen. Kenner früherer Episoden dürfen sich sogar über ein paar nette Déjà-vus freuen. Allerdings gibt es auch Schattenseiten, die das Spielvergnügen merklich trüben und The Last Hope teilweise sogar hinter die Vorgänger zurückfallen lassen: Das Charakterdesign ist weder Fleisch noch Fisch, die KI der Gefährten sehr beschränkt, der Spielverlauf ungemein zäh. Darüber hinaus nerven auch die geringe Sichtweite hinsichtlich Gegner und Objekte, die umständliche Zielerfassung sowie das nur an Bord der Calnus verfügbare Crafting-System. Keine Ahnung, ob man das Spiel damit künstlich in die Länge ziehen wollte, aber aufgrund der langen Reisewege, fehlenden Kartennavigation und unausgewogen verteilten Speicherpunkten ist das Durchstreifen der weitläufigen Schauplätze oft unnötig zehrend. Nichtsdestotrotz bietet auch das jüngste Star Ocean unterm Strich gute Rollenspielunterhaltung in bewährter Serientradition. Vor allem Jäger- und Sammlerinstinkte werden bestens bedient.“

Die zweite Chance

Das schwache bzw. weitgehend fantasielose Charakterdesign, das man vor allem in den mitunter überlangen (aber abbrechbaren) Zwischensequenzen im neuen 4K-Detail betrachten kann, hat sich nur marginal verändert. Die Figuren sehen zwar nicht mehr ganz so plastikpuppenhaft aus wie seinerzeit auf der Xbox 360. Doch das in einen Spagat gehende Design zwischen Manga und Realismus ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig, wobei es mich mittlerweile schon beinahe an die Neuauflage der britischen Thunderbirds erinnert. Und obwohl man über Versatzstücke in Gesprächen versuchen kann, das Beziehungsgeflecht zwischen den Figuren auszudehnen oder zu verbessern, bleibt es dabei, dass die Typisierung sehr klischeehaft vorgenommen wurde und nur wenige interessante Charaktere aufbaut.In anderer Hinsicht ist das Design jedoch so überzeugend wie vor acht Jahren: Den Welten, durch die man streift, merkt man ihr grundsätzliches Alter zwar bei

Man darf Beziehungen zu den anderen Charakteren aufbauen, die sogar das Ende beeinflussen können.
Texturdetails an, die sich nicht so optimal in die 4K-Ära gerettet haben. Doch sie hinterlassen weiterhin einen sehr stimmungsvollen Eindruck und überzeugen mit einer hohen Weitsicht sowie gelungenen Lichteffekten.

Und ein Manko des Originals wurde tatsächlich minimiert. Da es keine Zufallskämpfe gab bzw. gibt und es auch eine Rolle spielt, von wo man die beharrlich ihre Wege verfolgenden Feinde angreift, um den Kampf zu initiieren, der dann in einem abgrenzten Schlachtfeld stattfindet, war es enorm ärgerlich, wenn die Monster innerhalb der imposanten Sichtweite unvermutet aufploppten. Das passiert mittlerweile nur noch selten – sehr schön. Dass es nicht komplett ausgeräumt wurde: Schade. Ebenso wie die in deutlicher Distanz aufploppenden Schatten, die auf der PlayStation 4 Pro als Testsystem nicht mehr sein müssten. Zudem kann man auf der Premium-PS4 über diverse Einstellungen die Rendering-Performance beeinflussen. Wenn man allerdings zusätzlich zu den Standardwerten z.B. Tiefenschärfe und Weichzeichner aktiviert, geht die Bildrate deutlich nach unten – was man wiederum durch Manipulation der Auflösung (auch die Zwischenauflösung 2560 x 1440 ist möglich) oder der Kantenglättung ausgleichen kann. Mit diesen beinahe schon PC-haften Optionen kann man sein visuelles Erlebnis an seine Bedürfnisse und Gewohnheiten anpassen – etwas, das HD- bzw. 4K-Remakes viel häufiger anbieten sollten. HDR-Anpassungen wiederum findet man keine, was angesichts der mitunter beeindruckenden Lichtstimmungen bedauerlich ist.

Echtzeit-Kämpfe mit Taktik-Flair

Die dynamischen, in Echtzeit ausgeführten Auseinandersetzungen sind nach wie vor eines der stützenden Kernelemente in dem auch nach acht Jahren weiterhin motivierenden Action-Rollenspiel-Mix. Dabei setzt Star Ocean auf leichte  Zugänglichkeit (es gibt nur eine Standard-Angriffstaste), möchte aber u.a. mit Positionierung der Figuren sowie der Möglichkeit, mit gutem Timing aus nahezu jedem Angriff auf die gerade gesteuerte Figur einen Konter mit kritischem Treffer machen zu können (das so genannte „Blindside“), taktische Elemente hinzufügen. Das gelingt über weite Teile auch recht gut, zumal man den mit einem kämpfenden Kameraden rudimentäre, aber weitgehend effektiv ausgeführte Befehle geben darf, die allerdings nach wie vor ausgerechnet bei wichtigen Heilvorgängen nicht akkurat befolgt werden. Und selbstverständlich kann man durch einen Tastendruck auch unproblematisch zwischen ihnen hin und her wechseln, wenn man Bedarf sieht. Die Möglichkeit, gemeinsame Komboschäden anzurichten gibt es zwar offiziell nicht. Dennoch gibt es ein paar Angriffsketten, die mehr oder weniger aufeinander aufbauen, so z.B. wenn Edge seinen anvisierten Feind in die Luft befördert und Reimi ihn dann mit ihrem Schnellfeuerbogen ausschaltet, bevor er wieder den Boden der Tatsachen berührt.

Die actiongeladenen Echtzeitkämpfe sind immer noch das Aushängeschild von "The Last Hope".
Trifft man genug oder steckt genug ein, kann man eine Wutanzeige aktivieren, die aufgestaute Energie in zusätzlichen Schaden und neue Angriffsbewegungen verwandelt. Und mit einem Bonusboard, das auch über Kämpfe hinaus Bestand hat und weiter ausgebaut werden kann, aber mit kritischen Treffern des Gruppenanführers wieder an Wert verliert, hat man auch eine Motivation, effektiv zu kämpfen, anstatt eine „Fire-and-Forget“-Mentalität an den Tag zu legen. Da Kämpfe eine große Rolle in The Last Hope spielen und es neben der automatischen Zielerfassung, die sich nach dem nächstgelegenen Gegner richtet, mittlerweile auch die Option gibt, einen Gegner manuell ins Visier zu nehmen, kann die weiterhin zu diffuse Abfrage zur Initialisierung der Auseinandersetzungen für leichte Frustmomente sorgen. Denn greift man die auf der Karte herumstolzierenden Gegner von hinten an, hat man Angriffsvorteile, während man aufpassen muss, dass die Feinde einen nicht gleichermaßen überraschen. Nur werden nach wie vor auch Angriffe von der Seite zu häufig als Vorteil für die Gegner gewertet. Das hätte nach acht Jahren durchaus in Angriff genommen und ausgemerzt werden können, zumal es auch noch dabei bleibt, dass die Speicherpunkt mitunter sehr weit voneinander weg aufgebaut wurden. Was noch einfacher zu verschmerzen wäre, wenn dort wie z.B. bei Final Fantasy die Lebens- und Magiepunkte aufgefüllt würden. Hier allerdings muss man sich zur Ruhe betten und schlafen, was an nur wenigen Orten möglich ist.

Unnötige Restriktionen und die große Freiheit

Noch eingeschränkter geht es beim Crafting zu. Dies ist nach wie vor nur an einem Ort möglich: Der Calnus. Und zwischen euch und dem Heimatschiff liegen mitunter große, mit Feinden vollgestopfte Gebiete, die durchquert werden müssen. Dafür allerdings ist das System zur Herstellung eigener Gegenstände, die wiederum die in den schlauchigen, aber durchaus zum Erforschen anregenden Abschnitten Gruppe überlebensfähig machen, so umfangreich wie eh und je. Dabei muss man zuerst

Bei einigen der ellenlangen (aber abbrechbaren) Zwischensequenzen wird man von Klischees erschlagen.
seine Party-Mitglieder ihren Fähigkeiten entsprechend in „Thinktank“-Gruppen einteilen, damit sie entsprechende Rezepte ersinnen. Diese kann man dann herstellen, insofern man genug Rohstoffe hat und sie später noch weiter veredeln.

Dass es kein Teleport- oder sonstiges Reisevereinfachungs-System gibt und die Zahl der Speicherpunkt auch im Remaster künstlich knapp gehalten wurde, ist auch hinsichtlich der Dungeonmechanik anzumerken. Was vor allem dann weiterhin ärgerlich ist, wenn man falsch verwendete Schlüsselgegenstände nur nach dem Verlassen wieder zurücksetzen kann – was natürlich auch für die Monsterbevölkerung in der Höhle gilt. Dafür gibt es jedoch wie vor acht Jahren hinsichtlich Charakter-Entwicklung und –Ausstattung sehr viel Freiraum. Man kann über Gespräche bzw. Interaktion mit den Party-Mitgliedern unterschiedliche Ereignisse oder Enden freischalten und kann auch beim Aneignen oder Verbessern von Talenten oder Fertigkeiten im Rahmen sehr freier Grenzen viel Selbstbestimmung ausüben – was allerdings bei der Verteilung von Fähigkeitspunkten nicht gilt; diese werden bei einem Levelaufstieg automatisch verteilt. Der Rest des atmosphärischen Umfelds bleibt natürlich auch unverändert: Die Musik wechselt ständig zwischen gut und die Atmosphäre unterstützend auf der einen und grenzwertigem, da zu schnell nervenden Synthie-Pop auf der anderen Seite. Für die Neuauflage bleibt es übrigens auch bei der Kombination aus englischer Sprachausgabe und sauber übersetzten deutschen Texten – alternativ kann man die Sprecher auch im japanischen Original genießen.

Fazit

Square Enix spielt auch mit dem 4K & Full HD Remaster des erstmals 2009 auf Xbox 360 erschienenen Star Ocean: The Last Hope seine Expertise aus und liefert nach diversen Umsetzungen von Final Fantasy oder Kingdom Hearts auch hier einen sauberen Remaster-Job ab. Inhaltlich zeigt man sich identisch zur Urversion und bietet damit einen mitunter unausgewogenen, aber dennoch unterhaltsamen Mix aus einem interessanten Echtzeit-Kampfsystem mit taktischen Einsprengseln, viel laufintensiver Gebietserforschung sowie mitunter etwas langatmigen Zwischensequenzen. Und obwohl man bei einigen Texturen sowie dem polarisierenden Figurendesign das ursprüngliche Alter nicht wegleugnen kann, hat man sich technisch ins Zeug gelegt. Mit zahlreichen Grafikeinstellungen bietet man Konsolenspielern ein ungewöhnlich hohes Spektrum an Optionen, um die Kulisse an seine Bedürfnisse anzupassen und bestimmte Vorzüge wie Kantenglättung z.B. gegen Tiefenschärfe und/oder Weichzeichner auszutauschen. Gleichzeitig nutzt man die moderne Hardware um einige Probleme des Originals wie die geringe Sichtweite anzupassen, in der Gegner auftauchen konnten. Nachdem The Last Hope seinerzeit wie auch mit Blue Dragon oder Lost Odyssey eines der zahlreichen Kennzeichen dafür war, dass die 360 eine durchaus relevante Rolle in Sachen J-RPG spielen konnte, ist der erzählerische Prolog der Star-Ocean-Serie mittlerweile ein weiteres Indiz dafür, dass Nippon-Rollenspieler ein neues Zuhause auf der PS4 haben.

Pro

sichtbare Gegner eliminieren Zufallskämpfe
flotte Echtzeitkämpfe
üppiges Sammelangebot
aufwändig inszenierte Story
individuelle Charakterentwicklung
beeinflussbares Beziehungsgeflecht
motivierendes Crafting- & Upgradesystem
abwechslungsreiche großräumige Schauplätze
ordentliche Lokalisierung
auflockernde Rätseleinlagen
zahlreiche Schätze & Sidequests
unterschiedliche Spielenden & -boni
vier Schwierigkeitsgrade

Kontra

extrem lange Laufwege
belangloses Charakterdesign
eingeschränkte KI-Einstellungen
künstliche Längen & Leerlaufphasen
unausgewogene Speicherpunktverteilung
Itemerzeugung nur an Bord der Calnus möglich
Gegner-Recycling
kein Formationssystem
durchwachsender Soundtrack
nicht navigierbare Gesamtkarte
lediglich englische Sprachausgabe
teils extrem lange Zwischensequenzen

Wertung

PlayStation4

Sauberes HD-Remaster des Sci-Fi-Epos, dessen Kampfsystem immer noch überzeugt, das aber auch einige spielmechanische Mankos unangetastet lässt.

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