Sekiro: Shadows Die Twice24.08.2018, Benjamin Schmädig

Vorschau: Tenchu trifft Dark Souls

Stellt euch vor, ihr würdet Dark Souls spielen und könntet euch per Greifhaken auf ein Dach schwingen, an einer Mauerkante hinter einer Wache entlang hangeln oder euch an die Wand hinter einer Ecke schmiegen, um die gleich ein Feind biegt – und den jeweiligen Bösewicht mit nur einem Finisher ausschalten. Der Rest wäre immer noch Dark Souls, vom Spielgefühl her jedenfalls. Denn genau das ist Sekiro: Shadows Die Twice (ab 41,39€ bei kaufen).

Action-Adventure statt Rollenspiel

Selbstverständlich ist Sekiro viel mehr als einfach nur Dark Souls in neuer Kulisse! Hidetaka Miyazaki bleibt sich aber treu, wenn er von seinen Spielern einmal mehr verlangt ihre Feinde genau zu beobachten, im richtigen Augenblick auszuweichen, Angriffe abzuwehren und selbst zu attackieren. Kleine Fehler führen auch hier zu schnellen Toden. Das Gefühl ständiger Bedrohung ist allgegenwärtig.

Allerdings ist Sekiro kein Action-Rollenspiel, dessen Protagonist etliche Waffen trägt. Es soll vielmehr an ein Action-Adventure erinnern, wenn man stets mit einem Katana bewaffnet hantiert. Die Ausdauer von Freund und Feind muss man dabei nicht im Blick haben; an ihre Stelle tritt Balance bzw. „Haltung“. Denn die brauchen alle Kämpfer, um Angriffe abzuwehren. Ins Wanken geraten sie dabei, wenn Widersacher nur lange und geschickt genug auf die Deckung

Nur wer die Balance wahrt, kann in Sekiro Angriffe abwehren.
einschlagen.

Bewahrt Haltung!

Bestimmte Hiebe oder Stiche begünstigen dabei den Verlust der Haltung, während man einige Manöver generell nicht abwehren kann. Diesen sollte man ausweichen, um anschließend schnell zu kontern. Man kann dabei nicht nur zur Seite schnellen, sondern auch springen. Nicht zuletzt spielt das aktive Kontern ebenfalls eine große Rolle, denn zieht man den Block im richtigen Moment hoch, wirft man den Angreifer zurück und er verliert Haltung.

Geht Haltung schließlich komplett verloren, kann der jeweils Andere zum tödlichen Finisher ansetzen. Bossen stiehlt man mit einer solchen Aktion allerdings nur einen von mehreren Punkten; man muss sie also mehrmals in die Knie zwingen.

Vom Tode verschont...

Was den Charakter eines Action-Adventures im Gegensatz zu einem Rollenspiel unterstreicht, ist das Fehlen von Werten, Klassen und Erfahrungspunkten. Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass es keine Entwicklung gibt. Die findet hier allerdings über Werkzeuge und Waffen statt, die der titelgebende Samurai Sekiro findet. Sekiro wurde immerhin mit einem abgeschlagenen linken Arm dem Tod überlassen – bevor er mit einer Prothese wieder aufwacht, an der er Waffen und Werkzeuge montieren kann, zwischen denen man per Tastendruck wechselt.

In der gamescom-Demo konnte er so etwa mit Wurfsternen schießen oder mit einer gewaltigen Axt ausholen, die natürlich ein langes Ausholen erfordert, dafür aber mit einem Hieb die Schilde relativ schwacher Feinde durchbricht und auch große Gegner aus der Balance wirft. Gedankenlos konnte man das dabei nicht einsetzen, denn es erfordert eine Ressource, die man von besiegten Gegnern erhält.

... wieder und wieder

Und was bedeutet das alles? In der Demo zunächst mal, dass Sekiro der flotten Action eines Bloodborne ähnelt. Grundsätzliche Bewegungsabläufe und Regeln sind durchaus ähnlich, der Verzehr von heilenden oder anderen Tränken ergänzt den vertrauten Todestanz und Sterben gehört zum Programm.

Auch dem gewinnt Miyazaki mit seinem neuen Spiel allerdings eine neue Facette ab, denn nicht jeder Tod ist endgültig. Genauer gesagt kann sich Sekiro selbst wiederbeleben. Das funktioniert zwar nur je einmal und noch weiß Miyazaki laut eigener Aussage nicht genau, wie man diese Fähigkeit wiederherstellen kann. Fest steht aber, dass der zweite Versuch mehr als ein verhindertes Game Over sein soll.

Natürlich soll er Spielern die Angst vor einem Fehltritt nehmen – aber nicht um ihnen das Abenteuer grundlegend zu vereinfachen, sondern um sie stärker zu motivieren, aggressiv in die Zweikämpfe zu gehen. Abgesehen davon soll man den Tod aber noch ganz anders nutzen können, nämlich um in manchen Situationen voranzukommen, in denen es anders vielleicht schwerer wäre. In der Demo habe ich keine derartige Möglichkeit gefunden und auch Miyazaki wurde im PlayStation Blog nicht konkret. Aber immerhin wenden sich die Widersacher nach Sekiros Tod von ihm ab und ich nehme an, das kann man nutzen, um ihnen etwa in den Rücken zu fallen.

Sekiro nutzt Dächer und Bäume, um ferne Zugänge zu erreichen und sich Gegnern unbemerkt zu nähern.

Heimlicher Held

Die Geschichte spielt also einmal mehr in einem Fantasy-Szenario – gleichzeitig aber in einer Version vom Japan des 16. Jahrhunderts. Der reale Hintergrund weckt Erinnerungen an das ähnlich verortete Nioh sowie das ebenfalls grob in derselben Zeit spielende Tenchu. Wobei die zweite Assoziation nicht nur vom Szenario hervorgerufen wird, sondern hauptsächlich von den für ein solches Spiel umfangreichen Elementen der Stealth-Action.

Der wiederbelebte Samurai kann Gegner nämlich mit einem Angriff töten, wenn es ihm z.B. gelingt sich im hohen Gras an sie heranzuschleichen. Er hangelt sich außerdem an den Kanten von Mauern oder Dächern nicht nur in versteckte Areale, sondern auch unter patrouillierende Wachen, um sie von dort ähnlich schnell zu erledigen. Er lehnt sich außerdem an Mauern, um von dahinter laufenden Kreaturen nicht gesehen zu werden oder schwingt sich auf Dächer, um in Richtung eines Feindes abzuspringen und – das ist besonders cool – in der Luft schon zum Finisher anzusetzen.

Doch wie gelangt man überhaupt auf die Dächer und in hohe Bäume? Dafür sorgt ein an der Prothese angebrachter Greifhaken. Mit dem zieht man Sekiro immer dorthin, wo ein grüner Punkt ein mögliches „Reiseziel“ markiert. Das funktioniert sogar mitten im Kampf, um sich z.B. zu erholen oder gar die Flucht zu ergreifen.

Ausblick

Diese Bewegungsfreiheit und das leise Ausschalten sind auf den ersten Blick die größten Besonderheiten des neuen Spiels von Hidetaka Miyazaki und sie verleihen Sekiro: Shadows Die Twice einen sehr belebenden Spielfluss, zumal man über das richtige Kombinieren von Springen und Klettern auch in versteckte Gebiete gelangt. Die schnellen Stealth-Kills haben in der gamescom-Demo außerdem dafür gesorgt, dass ich mich nach dem Scheitern an einem starken Gegner beim erneuten Niederstechen der „kleinen“ Wachen auf dem erneuten Weg zum Mini-Boss nicht langweile. Das einmalige Wiederaufstehen während eines Kampfes verhindert ebenfalls manchen Frust – ohne dass Sekiro ein leichtes Spiel wäre! Denn auch hier stehen dem Helden offenbar mehr als genug mächtige Widersacher im Weg. Die schnellen Kämpfe wirken dabei wunderbar taktisch und fordernd, wenn man Gegner genau beobachten muss, um sie nicht einfach nur zu treffen, sondern beharrlich daran zu arbeiten ihre Deckung zu durchbrechen, um endlich zum Finisher anzusetzen. Nach dem Spielen der kurzen Demo würde es mich jedenfalls nicht wundern, wenn der Dark-Souls-Schöpfer mit Sekiro gleich seinen nächsten Hit landet!

Einschätzung: sehr gut

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