Shadow of Destiny09.04.2010, Mathias Oertel
Shadow of Destiny

Im Test:

Was wäre, wenn man die Vergangenheit verändern könnte? Was wäre, wenn man seinen eigenen Tod verhindern müsste? Was wäre, wenn jede Entscheidung Auswirkungen auf die Gegenwart hat? Mit diesen Fragen versucht Konamis Adventure Shadow of Destiny (ab 147,66€ bei kaufen) die PSP-Spieler zu packen. Moment... Da war doch was? Richtig: Bereits 2001 erschien der Titel hierzulande als Shadow of Memories auf der PS2 und kassierte bei uns eine 80%-Wertung. Kann der "Oldie" auch neun Jahre später noch faszinieren?

Tödliches Déjà-vu

Natürlich stellt sich die Frage, wieso Konami gut neun Jahre nach Veröffentlichung des Originals auf PS2 mit einer PSP-Fassung nochmals auf das ungewöhnliche 3D-Abenteuer aufmerksam machen möchte. Natürlich kann ich in dieser Hinsicht nur spekulieren. Doch die Aufmerksamkeit, die Sonys Heavy Rain bereits vor seiner Veröffentlichung genossen hat, könnte damit zusammen hängen. Denn rückblickend betrachtet gibt es einige Parallelen: Sowohl die Jagd nach dem Origami-Killer

Eike Kusch muss durch Epochensprünge seine Ermordung verhindern.
als auch SoD setzen auf Entscheidungen, Konsequenzen, eine ausgefeilte Geschichte, multiple Enden und eine eher ruhige Erzählstimmung, bei der man eher auf die Figuren fokussiert wird als auf die nebensächliche Umgebung.

Gleichwohl gibt es natürlich auch einige wesentliche Diskrepanzen, die dafür sorgen, dass man hier nicht von einem "kleinen frühen" Heavy Rain sprechen kann. Dazu gehört z.B. die bis auf zu wenige Ausnahmen starre Dialogstruktur. Und natürlich ist die Kulisse weit von der cineastischen Wucht des Sony-Thrillers entfernt. Doch worum geht es?

Der Tod kommt X-mal

Die Geschichte beginnt mit der Ermordung der Hauptfigur Eike (gesprochen: Eik) Kusch. Doch bevor Eike überhaupt begreift, was passiert, bietet ihm der so genannte Humunculus in einer Art Zwischenwelt einen Handel an: Er erweckt Eike wieder zum Leben und gibt ihm das "Z-Pad", quasi Apples Zeitreise-Gadget, mit dem Eike zu relevanten Geschehnissen durch die Geschichte reisen kann, um seinen Tod zu verhindern. Doch mit jedem Tod, dem Eike entgeht, wartet eine neue Gefahr, die besiegt werden muss. So reist man durch vier Zeitepochen (Mittelalter, Jahrhundertwende, 80er Jahre und Gegenwart), um sein Schicksal zu verändern und die rätselhaften Geschehnisse um den Humunculus aufzuklären.

Was vor neun Jahren noch ein experimenteller Abstecher in ein eher ungewöhnlich inszeniertes Abenteuer-Szenario war, ist nach Fahrenheit, Heavy Rain oder Experience 112 zwar mittlerweile nicht mehr außerordentlich, aber immer noch sehr unterhaltsam:  In zehn Episoden (Prolog, acht Kapitel und Epilog) hat man die Möglichkeit, in den verschiedenen Zeitzonen durch Gespräche und Gegenstände den Verlauf der Geschehnisse zu beeinflussen. Z.B. wird Eike im Prolog auf offener -wenn auch menschenleerer Straße- getötet. Was aber, wenn man einige der Personen anspricht und davon überzeugen kann, dass sie zum Zeitpunkt des Todes in der Nähe sind und damit den potenziellen Mörder abschrecken? Oder was passiert, wenn der Baum, hinter dem sich der Mörder ein anderes Mal versteckt, in der Vergangenheit nicht gepflanzt wird? Und wie kann man den Gärtner davon abbringen, den Baum eben genau dort zu pflanzen?

Das ungewöhnliche Zeitreise-Abenteuer hat bereits ein paar Jahre auf dem Buckel, was man vor allem an der schlecht gealterten Kulisse feststellen kann.
So und ähnlich lauten die Aufgabenstellungen. Jedoch muss man sich dabei bewusst sein, dass sämtliche Entscheidungen, die man in der Vergangenheit trifft, auch die Zukunft beeinflussen können. Ist Margerete die Vorfahrin des Protagonisten? Und falls ja, welche Auswirkungen könnte es haben, sie aus ihrer Zeit zu entführen? Welche Folgen hat es, wenn man den Mord an der Frau von Eikes Bekannten Eckert verhindert? Und was zum Teufel ist der Humunculus?

Probieren geht über Studieren

Fragen über Fragen, die sich nur durch Ausprobieren lösen lassen, wobei man nicht all zu viel falsch machen kann, da sowohl Dialoge als auch die wenigen Inventarrätsel bis auf Ausnahmen sehr linear und ohne viel Auswahl ablaufen. Man muss nur tunlichst darauf achten, dass die Zeit, die man in der Vergangenheit verbringt, auch in der Gegenwart weiterläuft. D.h. wenn man um 14.00 Uhr in die Vergangenheit reist und dort eine halbe Stunde bleibt, ist es in der Gegenwart nach der Rückkehr auch 14.30 Uhr. Klingt logisch, nur darf man niemals über den Zeitpunkt des Todes hinweg in der Vergangenheit bleiben, um so dem Schicksal zu entgehen.

      

Die einfache Steuerung, die bereits auf der PS2 eher den Eindruck eines interaktiven Romans hinterließ, ist auf dem "neuen" System natürlich nicht komplizierter geworden: Man bewegt sich mit leicht zickiger Schulterkamera durch die Stadt und aktiviert mit den Knöpfen die Aktionen oder Gespräche, das Inventar oder die übersichtliche Karte. Falls einem in den Gesprächen etwas entgehen sollte, gibt es noch ein Notizbuch, in dem die wichtigsten Hinweise aufgezeichnet werden.

Die Gespräche an sich laufen weitestgehend automatisch ab und man hat nur sehr selten durch das Einsetzen eines Gegenstandes die Möglichkeit, die Unterhaltung zu beeinflussen.

Seltene Interaktion

Die Anzahl an Möglichkeiten, auch außerhalb der Gespräche mit Gegenständen zu interagieren, ist ebenfalls eher gering. Doch als Ausgleich bringt SoD auch gut eine Dekade nach Erstveröffentlichung eine nach wie vor gelungene Atmosphäre mit, die auch durch die recht kurze Zeit, die man benötigt, um das Spiel durchzuspielen, nicht an Intensität verliert.

Die Kulisse ist zwar nicht sonderlich spektakulär, doch Atmosphäre und Story machen Shadow of Destiny zu einem unterhaltsamen Zeitreise-Abenteuer.
Ganz im Gegenteil, denn es gibt diverse Endsequenzen, die sich aus den getroffenen Entscheidungen ergeben. Und erst, wenn man alle Sequenzen gesehen hat, wird einem der gesamte Umfang der gelungenen Story klar.

Damit man sich nicht immer von neuem durch das ganze Spiel wühlen muss, kann man nach erfolgreichem Durchspielen einen alten Spielstand wieder aufnehmen und von dort aus versuchen, die anderen Enden zu erreichen. In den neuen Versuchen kann man bereits bekannte Gespräche abbrechen, die unter Umständen einige Minuten dauern können.

Absolut jede Person, die man sieht, kann angesprochen werden. Leider gibt es davon nur knapp 20 pro Zeitepoche, so dass die Interaktion wieder stark relativiert wird - zumal die jeweilige Person in der jeweiligen Zeit meist nur eine Phrase von sich gibt

Mittlerweile veraltet

Die Veränderungen in der süddeutschen (!) Stadt im Laufe der Jahrhunderte werden gut vermittelt. Darüber hinaus hat jede Epoche ihre eigene Farbgebung: Im Mittelalter ist alles in Sepia getunkt, die Jahrhundertwende bietet leichte Schwarzweiß-Töne und die achtziger Jahre sind im Vergleich zur Gegenwart leicht verblasst. Nur Eike als Hauptfigur sticht in der jeweiligen Zeit durch unveränderte Farben hervor. Auch die Wetter- und Umgebungseffekte tragen viel zur Atmosphäre bei.

Allerdings muss man sagen, dass die Kulisse, die zur Ur-Veröffentlichung noch sehr ansehnlich war (die PS2 steckte noch in Babyschuhen), mittlerweile stark gelitten hat - zumal man sich offensichtlich nicht die Mühe gemacht hat, sie zu modernisieren und abseits des Bildformates an die PSP anzupassen. Dementsprechend wirkt die ohnehin kaum bevölkerte Stadt mit ihren nur selten detaillierten Texturen ebenso anachronistisch wie geheimnisvoll - eine eigentümliche Mischung, die aber dennoch zu der grundlegenden Thematik passt. Wie auch die Akustik, die meist aus sparsam eingesetzten, aber stimmungsvoll komponierten Melodien einerseits und unverändert guter Sprachausgabe andererseits besteht.   

Fazit

Ist Konami ein Wagnis eingegangen, gut neun Jahre nach Erstveröffentlichung auf der PS2 einen PSP-Port auf den Markt zu bringen? Nicht wirklich. Da die Kulisse scheinbar ohne große Veränderungen durch den Konverter gejagt wurde, dürfte sich das finanzielle Risiko in Grenzen halten. Einerseits bedeutet dies zwar, das Shadow of Destiny alles andere als zeitgemäß wirkt. Doch andererseits ist die inhaltliche Ausrichtung, die angenehme Parallelen zu Fahrenheit oder Heavy Rain bietet, nach wie vor faszinierend. Auf der PSP gibt ohnehin viel zu selten ein stimmungsvolles Adventure. Erzählung, Charaktere sowie Entscheidungen und Konsequenzen sind die Schwerpunkte, denen sich vieles unterordnen muss. Shadow of Destiny ist so etwas wie ein gutes Buch, das man nach vielen Jahren gerne wieder liest. Die Erstfaszination Zeitlosigkeit ist zwar nicht mehr gegeben, zumal auch für Erstspieler die inhaltlichen Möglichkeiten mittlerweile zu gering und unspektakulär ausfallen. Doch Spannungsbogen und Erzählstruktur sorgen auch heutzutage für eine unterhaltsame Zeitreise. 

Pro

stimmungsvoller Soundtrack
gute Sprachausgabe (Englisch)
spannende Story
gelungene Atmosphäre
neun verschiedene Endsequenzen

Kontra

zu wenige Interaktionsmöglichkeiten
Kulisse veraltet
insgesamt etwas kurz
mitunter zickige Kamera

Wertung

PSP

Technisch schwaches, aber inhaltlich nach wie vor sehr unterhaltsames Remake eines gut neun Jahre alten ungewöhnlichen Zeitreise-Adventures

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