Prinny: Can I really Be the Hero?17.07.2009, Paul Kautz
Prinny: Can I really Be the Hero?

Im Test:

Ein Prinny ist eine arme Sau. Oder vielmehr ein armer Dämonen-Pinguin mit Holzbeinchen, in dessen Körper die verrottete Seele eines gestorbenen Menschen lebt, der für die Verbrechen in seinem Leben sühnen muss - meist verhältnismäßig kurz, denn einmal geworfen oder gekickt explodiert ein Prinny. Klingt nicht gerade nach dem klassischen Jump-n-Run-Helden, was?

Die Folgen ungehemmter Völlerei

Prinnys waren bislang lediglich Nebenfiguren in Nippon Ichis Disgaea -Spielen. Unterhaltsame Nebenfiguren, die nicht nur ordentlichen Explosionsschaden machten, sondern auch aufgrund ihrer vom

Ist das nicht süß? Dem schnuckeligen Äußeren zum Trotz ist Prinny ein beinhartes Jump-n-Run, an dem sich Spieler mit niedriger Frustgrenze die Zähne ausbeißen werden.
Ausdruck »Dood!« beherrschten Sprache irgendwie  putzig waren - aber dennoch Nebenfiguren. Und jetzt sind sie auf einmal die Helden ihres eigenen Spiels? Das ist so, als würde man einen Goomba zum Protagonisten eines neuen Nintendo-Jump-n-Runs machen. Kein Wunder also, dass das Cover nicht nur einen ratlos glotzenden Prinny, sondern auch den Untertitel »Can I Really Be The Hero?« zeigt.

Diese sich nicht ganz sichere Heldengruppe sieht sich am Anfang des Spiels mit einem Dilemma konfrontiert: Die verfressene Herrin Etna, die Disgaea-Spielern keine Unbekannte sein sollte, vermisst ihr Dessert. Das ist ein Problem, dessen Lösung pragmatisch wirkt: Alle Prinnies, 1.000 davon an der Zahl, sollen mit ihrem Kopf für diesen Verlust haften! Eine kurze Massenpanik später beruhigt sich Etna wieder und gibt ihren Untergebenen eine letzte Chance: Wird ihr das mysteriöse »Ultra Dessert« beschafft, lässt sie Gnade vor Blutrecht ergehen. Drauflos gestackst, Prinny!

I Can Be Your Hero, Baby!

Lasst uns mal die Fakten auf den Tisch legen: Prinny bietet sechs recht lange Welten, in denen man sich mit satten 1.000 Leben austoben darf. 1.000 Leben! Das sind 995 mehr, als man in den meisten Spielen zur Verfügung hat. Muss das leichteste Jump-n-Run aller Zeiten sein, oder? Nun... nein. Ganz im Gegenteil: Seit MegaMan 9 schallten keine derart lauten Flüche durch die geweihten Redaktionshallen wie bei meinem Test von Prinny. Das hat mehrere Gründe: Zum einen verträgt Prinny nur drei Treffer; auf dem hohen der beiden Schwierigkeitsgrade führt jeder einzelne Feindeskontakt zur spontanen Selbstexplosion. Danach geht es nicht etwa direkt weiter, sondern zum letzten Checkpunkt zurück, von denen es recht wenige in den Welten gibt - man spielt also wieder und wieder dieselben Abschnitte, bis man sie endlich meistert, wonach man endlich den Spielstand sichern darf, was für Retro-Fans nicht schlimm ist.

Die Story ist wunderbar albern und putzig präsentiert.
Grund zwei ist die Kombination aus Leveldesign und fieser Gegnerplatzierung: Ein Kontakt mit einem Feind schleudert Prinny ein kleines Stück weit zurück; viele der anspruchsvolleren Hüpfabschnitte sind zusätzlich mit Widersachern verseucht. Sprich: Als ob man nicht schon genug mit der Hüpferei zu tun hätte, wird man auch dauernd von unerwartet ins Bild springenden Gegnern in Abgründe geschubst - da rattern die Leben im Stakkato runter, ganz besonders angesichts der Tatsache, dass Feinde nachwachsen, sobald man aus dem Bild geht. Der fieses Teil des Spiels ist aber die Sprungkontrolle, die an Ultimate Ghosts'n Goblins erinnert: Hier wie da kann man doppelspringen, wobei eine Beeinflussung der Richtung nur im Absprungmoment möglich ist - einmal in der Luft gibt es kein Zurück mehr, eine Korrektur der Flugbahn wie bei Mario und Sonic ist nicht gestattet. Verschätzt man sich also bei der Länge eines Abgrundes, ist ein Leben weg. Bewegt sich ein Gegner während eines Sprunges, verfehlt man ihn. Auch hier gilt wieder: Für Retro-Perfektionisten mag das absolut in Ordnung sein. Für alle anderen Hüpffreunde ist das Spieldesign aus dem vorletzten Jahrtausend.

       

Immer auf den Bosskopp drauf!

Bei Attacken aus der Luft schwenkt die Ansicht in eine Iso-Perspektive, während Prinny fleißig austeilt.
Sechs Levels klingt erstmal nicht nach viel, aber diese Zahl muss genauer analysiert werden: Denn jeder einzelne Abschnitt existiert je nach aktueller Spiel-Tageszeit in sechs Variationen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Grafik und teilweise das Leveldesign, sondern auch auf die Art, Zahl und Verhaltensweisen der Gegner - manch eine Welt ist tagsüber ein Klacks, abends dagegen ein Hort der Verzweiflung. Das ist sehr gut für Experimentierfreunde, Forschernaturen und Wiederspieler. Letztere werden sich auch darüber freuen, dass es allerhand zu finden und zu sammeln gibt, was nicht nur zu einer alternativen Geschichte, sondern auch zu unterschiedlichen Enden führt.

Doch vor jedem Ende stehen die Bossfights - und die haben es in sich: Zum Abschluss jedes Levels wartet mindestens ein Boss, gelegentlich sind es derer auch zwei. Harte Nüsse, wahrlich harte Nüsse - aber mit der richtigen Taktik, jeder Menge Geduld und dem Einsatz von mehreren Prinny-Leben gut machbar. Der wichtigste Teil der Taktik nennt sich »Arschbombe«: Landet Prinny gezielt auf dem Kopf eines Gegners (wofür man in der Luft nicht nur nach unten, sondern auch die X-Taste drücken muss), löst er sich nicht etwa in Wohlgefallen auf, sondern ist für ein paar Sekunden betäubt - auch Bosse! Zeit genug, die Schwerter zu zücken und Geschnetzeltes zu servieren! Das geht sowohl am Boden als auch in der Luft, wobei hier gleich zwei Besonderheiten warten: 

Am Ende jedes Levels warten harte Bossfights auf Prinny.
Erstens verharrt Prinny schlitzend eine Weile im Äther. Zweiten schwenkt die Perspektive bei dieser Gelegenheit von der sonst vorherrschenden Seitenansicht in eine coole Iso-Perspektive.

Der Tradition des Jump-n-Runs folgend ist die Standardperspektive hier die seitliche: Freund und Feind sind Nippon Ichi-typisch knuddelige 2D-Figuren, die durch eine horizontal scrollende Polygonwelt rennen - alles sehr niedlich, sehr liebevoll und sehr flüssig. Die beiden erstgenannten Adjektive treffen auch auf die (ausschließlich englische) Sprachausgabe zu, die von Quietschstimmchen beherrscht wird. Im Gegensatz dazu schlägt die Musik im Normalfall weitaus dramatischere Töne an; in einigen Abschnitten wird daraus aber auch ein wenig Slapstick und Klamotte.    

Fazit

Geht man nach dem grafischen Ersteindruck, ist Prinny ein Spiel zum Knuddeln und Liebhaben: Knuffiges Charakterdesign, putzige Dialoge, eine freundliche Spielwelt - hier muss doch irgendwo Prinzessin Peach sein? Aber Obacht, diese ach so friedliche Hülle verwandelt sich bereits im ersten Level in einen gemeingefährlich trampelnden Frustelefanten, der selbst gestählten Ghosts’n’Goblins-Veteranen Wutschreie entlockt! Dabei sind es noch nicht einmal das fiese Leveldesign oder die anspruchsvollen Bossfights, die den Wutpegel nach oben kurbeln, sondern vor allem das höllisch nervende Friss-oder-Stirb-Sprungverhalten, das die arme PSP in gefährliche Nähe von Mülleimern bringt. In Kombination mit dem gnadenlosen Checkpunktsystem schmelzen die anfangs so wahnwitzig großzügig scheinenden 1.000 Leben schneller dahin, als die Träume hiesiger Computerspieler von einer fairen Behandlung seitens der Politik. Beißt man sich durch, hat Prinny sehr viel zu bieten, auch und gerade für Hüpfer, die ihre Spiele gerne mehrmals durchzocken. Aber der Weg dahin ist ein verdammt steiniger und oft unnötig abschreckender.

Pro

niedliche Präsentation
wunderbar alberne Story
aufregende Bosskämpfe
intelligentes Leveldesign mit unterschiedlichen Tageszeiten
viel freizuschalten
guter Wiederspielwert

Kontra

höllisch schwer
frustrierend ungenaue Sprungkontrolle
fieses Checkpunktsystem

Wertung

PSP

Charmantes und unterhaltsames, aber teuflisch schweres und frustrierendes Jump-n-Run.

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