Split/Second Velocity29.11.2010, Benjamin Schmädig
Split/Second Velocity

Im Test:

Split/Second ist wahrscheinlich das erste Rennspiel, das schon mit der ersten Episode in Serie geht. Immerhin haben sich die Pure-Macher eine Art Reality TV ausgedacht, das auch »Running Man on the Road« heißen könnte: Um als Sieger über die Schwarz-Weiß karierte Linie zu rasen, muss man seine Gegner unter sich überschlagenden Trucks oder einstürzenden Schornsteinen begraben. Funktioniert das Burnout vor explodierenden Kulissen auch auf PSP?

Exklusiv explosiv

Einfache Wettrennen sind ja out. Natürlich versucht sich hier und da noch eine Halbsimulation à la Dirt 2  an halbwegs realistischen Rennwochenenden, ansonsten muss es im Arcadebreich heutzutage krachen. Burnout definierte den modernen Racer; blur und Split/Second Velocity (ab 11,69€ bei kaufen) setzten als prominenteste Nachzügler in diesem Jahr Zeichen. Beide schon im Frühjahr, wohl gemerkt, denn die PSP-Umsetzung zügelt nach. Doch das Warten hat sich gelohnt, denn so erleben Unterwegsraser exakt die gleiche Karriere wie Konsolenflitzer: Alle Rennen, alle Strecken und alle Fahrzeuge der großen Fassung stecken im Handheld!

Warum man in Split/Second aufs Gas tritt? Weil man zwölf Staffeln einer TV-Show gewinnen will, die aus jeweils sechs Events bestehen. Die meisten davon sind normale Rennen in einem achtköpfigen Fahrerfeld; in speziellen Herausforderungen geht es gegen die Zeit oder um das Ausweichen von Raketen. Moment mal! Was haben Raketen in einem Rennspiel zu suchen? Dabei sind die Sprengkörper das kleinste Übel, denn die erwähnten »normalen Rennen« könnten ungewöhnlicher kaum sein. Das hier kennt man ja: Überholen und dem Gegner per Mine einen Abschiedsgruß in den Kotflügel drücken. Das hier ist Split/Second-exklusiv:

TV-Event statt einfacher Wettrennen: In diesen schicken Kulissen liegt bald kein Stein auf dem anderen.
Per Knopfdruck eine Explosion auslösen, die Trucks und Schulbusse auf die Strecke schleudert. An anderer Stelle wird mit dem gleichen Knopfdruck eine Abrissbirne über den Asphalt gezogen, ein Schiff aus der Werft gesprengt, eine dicke Industrie-Esse gesprengt oder eine ganze Häuserfront verschoben. Was man mit Dynamit eben so anstellen kann.

Der dicke Mini

Die Schlitterexperten bei Sumo Digital (Outrun 2006 ) zeichnen für die Umsetzung verantwortlich, das Original stammt von Blackrock. Beachtlich, dass die Sumos deren Spektakel ohne inhaltliche Einbußen in den Handheld gequetscht haben! Die Kurse sind exakte Durchschläge ihrer Blaupausen, alle Abkürzungen und Hindernisse befinden sich am gleichen Fleck. Technisch lässt die Kulisse selbstverständlich Federn - weder fliegen hier so viele Splitter noch qualmt es so eindrucksvoll wie auf den starken Plattformen. Dafür führen die Strecken an aufwändiger Architektur vorbei, die in anderen PSP-Titeln nur angedeutet wird. Im Detail sind die Oberflächen weniger klar definiert - im Gegenzug sieht man mitunter schon aus weiter Ferne, wie sie mit mehreren Detonationen auseinandergerissen werden. Einmal donnert man dabei gen Sonnenuntergang, ein andermal bricht sich das Licht tausendfach zwischen den metallenen Rohren und Verstrebungen eines Kraftwerks.

Ähnlich wie im Original hat der explosive Wettstreit aber seinen Preis, denn hat man erst mal alles gesehen, tritt die Oberfläche natürlich in den Hintergrund. Was bleibt? Packende Actionrennen, in denen die Schauwerte auch spielerisch im Mittelpunkt stehen. Denn Radkappe an Radkappe fährt man hier selten - echte Duelle kommen mit den mäßigen Kontrahenten leider nicht zustande. Nur das mächtige Gummiband macht die Gegner konkurrenzfähig. Wie trotzdem Spannung aufkommt? Weil die Mitstreiter fleißig auf den Auslöser drücken und man ständig aufpassen muss, welche Fassade einstürzen und wo Taxis über den Asphalt rutschen könnten. Nach einem Crash geht es zwar unvermittelt weiter, doch man verliert wertvolle Sekunden.     

Autocrash

Leider erlaubt sich Sumo Digital dabei einen ärgerlichen Schnitzer in der Fahrphysik, die mit dem Original recht wenig zu tun hat. Gerät das eigene Vehikel nämlich durch den Druck einer Explosion ins Rutschen, schlittert es beinahe automatisch weiter - um sich viel zu oft in einem Hindernis aufzulösen. Man kann vorausschauend fahren und im Ernstfall blitzschnell reagieren: Trotzdem wird man immer wieder bestraft. Mangelnde Kontrolle hat in einem Rennspiel nichts zu suchen! Auf Konsolen und PC legt man den Wagen zudem durch die richtige Portion Gas, Bremse und Lenkeinschlag in einen Drift - auf PSP geht das nur durch kurzes Bremsen, während man mit Vollgas weiter rast. Dass die Boliden allerdings selbst dann nicht problemlos jede Kurve nehmen, ist ärgerlich. Es ist vor allem die Steuerung, unter der die Umsetzung leidet.

Zurück zu den Schauwerten, die deshalb im spielerischen Mittelpunkt stehen, weil man per Knopfdruck auch Abkürzungen öffnet oder den Streckenverlauf teilweise komplett verändert. So legt man Highways eine Etage tiefer, schiebt ein komplettes Kreuzfahrtschiff auf die Straße oder nutzt einen gesprengten Turm als Rampe aufs Dach.

Die Wagen sehen nicht ganz so schnittig aus wie die Konsolenoriginale und lassen sich nicht lackieren. Ärgerlich ist aber erst ihr seltsames Driftverhalten.
Durch Drifts, Sprünge und Überholmanöver sammelt man dabei bis zu drei Auslöser für gewöhnliche Sprengungen sowie Abkürzungen - alle drei Auslöser kosten das Sprengen solcher Umleitungen und besonders starke Explosionen.

Karrieregeil? Besser nicht!

Man sollte die Karriere allerdings nicht lange am Stück verfolgen, denn so aufregend die Rennen sein können, so schnell nutzen sie sich ab. Statt spannender Wettläufe stehen schließlich die Schauwerte im Vordergrund. Wenn man gegen die Zeit fährt oder Raketen ausweicht, ist das zwar immer eine unterhaltsame Ablenkung - richtig packend sind die von Konsole und PS bekannten Rennvarianten aber selten. Gut gedacht, wenn auch ähnlich mager sind Herausforderungen, mit denen Sumo Digital die Wartezeit des PSP-Racer exklusiv versüßen will: Einmal muss die knappe Zeit durch gelungene Drifts genährt werden, dann erhält sie durch verunfallte Konkurrenten Nahrung und in Variante drei soll man explodierenden Fässern ausweichen. Jede Herausforderung wird ausschließlich auf ihrer eigenen Strecke ausgetragen - eine halbe Stunde lang ist das richtig unterhaltsam.

Mit etwas mehr Schmackes gehen die Mehrspieler-Rennen an den Start: Zwar darf man auch auf dem Handheld die Fahrzeugklasse nicht einschränken und auf eine Onlineanbindung wird komplett verzichtet. Dafür können sich bis zu vier menschliche Fahrer in zwei Rennvarianten messen. Zur Vollständigkeit fehlende humane Kontrahenten darf man durch vom Spiel gesteuerte Wagen ersetzen. Das Gummiband lässt sich hier ebenso wie in den Einzelrennen für Solisten abschalten. Schade nur, dass die Kontrahenten dann keinen Stich mehr gegen einen halbwegs geübten Raser sehen.   

Fazit

Spektakulär ist dieses Actionrennspiel, dessen Teilnehmer nicht nur von rabiaten Konkurrenten in die Bande gedrückt werden. Spektakulär ist auch die hundertprozentige Kopie eines Konsolen- und PC-Originals, das mit gigantischen Zertrümmerungen ganzer Gebäude protzt! Natürlich büßt Split/Second Velocity auf PSP Schauwerte ein, weil es der Handheld nicht ganz so eindrucksvoll krachen lässt. Und schon auf den großen Plattformen konnte es nicht allzu lange fesseln. Trotzdem ballt man im Geiste stets die Faust, wenn mal wieder die halbe Stadt zusammenfällt. Zudem sorgen Abkürzungen und Routenänderungen für ausreichende taktische Finessen, Spielvarianten wie Eliminator oder Zeitfahren beleben die Karriere. Hinzu kommen von der Laufbahn unabhängige Herausforderungen sowie lokale Mehrspieler-Rennen. Richtig ärgerlich ist, dass ausgerechnet die Drift-Experten aus Outrun 2006 ihre Erfahrung diesmal nicht ausspielen: Die Wagen lassen sich nur mit Mühe zum Rutschen bewegen und schlittern fast automatisch in ein Hindernis, wenn sie von einer Druckwelle erfasst werden. Das »kleine« Split/Second erleidet deshalb keinen Achsenbruch - muss aber mit einem schleichenden Platten klarkommen.

Pro

<P>
explosive Kulissen
veränderliche Strecken und Abkürzungen
zahlreiche Spielvarianten...
umfangreiche Karriere
Mehrspieler-Rennen für bis zu vier lokale Fahrer</P>

Kontra

Wagen reagiert bei Explosionen praktisch nicht
auf Dauer zu eintönig-&nbsp;... von denen nur die herkömmlichen dauerhaft motivieren

Wertung

PSP

Inhaltlich so groß wie das Original - Handheldraser müssen allerdings eine träge Steuerung in Kauf nehmen.

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