Soul Calibur: Broken Destiny03.09.2009, Paul Kautz
Soul Calibur: Broken Destiny

Im Test:

Das Feld der Handheld-Kloppereien ist im Gegensatz zu seinen Brüdern auf Konsole bislang erstaunlich dünn besiedelt. Zwar hat es hier und da mal ein Vertreter einer großen Serie, allen voran das anbetungswürdige Tekken: Dark Resurrection, auf die PSP geschafft, aber dennoch bleiben viele Wünsche unerfüllt. Ich vermeide absichtlich das Wort »blieben«, denn auch die Umsetzung von Soul Calibur erfüllt lange nicht alle Erwartungen, die man an einen Vertreter dieser altehrwürdigen Serie stellen könnte.

Kein Soul Calibur wie jedes andere

Am Anfang war der Renderfilm - und er war gut. Nein, mehr als gut, Namco-typisch hervorragend sogar! Bekannte und neue Fighter hauen sich Schwerter, Stöcke und bizarre, aber scharfe Dinge um die Nasen, die Vorfreude hämmert 200 Mal pro Minute an die Innenseite meiner Ohren. Traditionsgemäß steuere ich das Optionsmenü an,

Video: In Sachen Spielmechanik bietet Broken Destiny das gewohnt wunderbare Soul Calibur-Erlebnis. Nur das Drumherum hat Namco dieses Mal erstaunlicherweise vermasselt.um Rundenanzahl, -länge und Schwierigkeitsgrad meinem ganz ordentlichen Können anzupassen. Hm, ich spüre, dass meine Augenbrauen in verschiedene Richtungen wandern - warum kann ich nichts dergleichen einstellen? Na gut, vielleicht dann später direkt im Arcade-Modus. Also ins Hauptmenü und... äh... »Schnelles Spiel«? »Spießrutenlauf«? »Prüfungen«? Namco, was zum Henker??

Irgendwie haben es die Entwickler geschafft, die meisten klassischen Modi über Bord zu werfen und sie durch ähnliche, aber eben nicht ganz gleiche Varianten zu ersetzen. Freunde früherer Soul-Spiele, die auf eine Wiederkehr des Klassikers »Weapon Master« hofften, werden gleich mal als Erste enttäuscht - nix dergleichen! Der »Spießrutenlauf« geht zwar mit vorgeschriebenen Sieges-Bedingungen in eine ähnliche Richtung, aber viel mehr auch nicht. Im Grunde ist dieser Modus ein überlanges Tutorial, denn von Anfang an wird Wert darauf gelegt, dass man auch die tiefschürfenderen Techniken des Spiels (Abwehrstöße, Garantierte Treffer etc.) lernt und meistert. Oder zumindest so oft ausführt wie gewünscht, denn um eine Herausforderung zu schaffen, muss man sie mehrere Male wiederholen, dann geht's zur nächsten. Das Ganze ist in mehrere Kapitel unterteilt, die nicht nur merkwürdige Namen wie »Kaiser der Nacht«, »Joghurt-Kriege« oder »Milchmagie« tragen, sondern auch durch eine wirklich bescheuerte Story miteinander verbunden sind. Obwohl, eine richtige Story ist das eigentlich nicht: Da werden mittels brauchbarer Manga-Bilder Dialoge gewechselt, für die sich jeder Bravo-Fotoroman schämen würde! Noch dazu heißt es direkt zu Beginn »Diese Geschichte beruht auf ungenauen Quellen und ist keine genaue Darstellung der Soul Calibur-Geschichte!« - also wozu dann überhaupt dieser kindische Mist? Anfangs bekommt man noch haarklein vorgekaut, welche Aktionen man machen muss, um weiter zu kommen, später gibt's dann nur noch allgemeine Tipp und Schlagwörter. Die ersten paar Kapitel sind folgerichtig auch noch ein Klacks, später wird's dann erstaunlich anspruchsvoll - man ist nicht nur auf sich und seine Trial&Error-Skills angewiesen, sondern muss für manche Herausforderungen auch nahezu perfektes Schlag- und Ausweichtiming an den Tag legen!

Eine Geschichte von Bärten und Messern

Freunde der Arcade-Variante (Gegner, Gegner, Gegner, irgendwann stärkerer Gegner, gekrönt vom fiesen Boss) werden ebenfalls bittere Tränen des Verlustes vergießen, denn auch dieser Klassiker tummelt sich nirgends auf der UMD. Die Alternative wäre das »Schnelle Spiel« in dem alle 28 Fighter (plus Bonuskämpfer, den man selbst anlegen darf) von Anfang an freigeschaltet sind - inkl. der beiden Neuzugänge Geo Dampierre und Kratos. Letzterer passt hervorragend in das Klopper-Line-Up: Begleitet von einem Soundtrack, der an seine glorreichen PS2-Abenteuer angelehnt ist, nutzt der Spartaner viele seiner bekannten Angriffe und Special Moves inkl. Energiebarriere, Pegasus-Flügen, Blitzattacke mit den Chaosklingen und dem

Kriegsgott Kratos ist einer der beiden Neuzugänge. Und er haut mächtig rein!
Schwert des Zeus. Das genaue Gegenteil davon ist Dampierre, der nicht nur einen Besorgnis erregend bizarren Bart trägt, sondern auch Erinnerungen an die größte Plage aus Tekken 3 weckt - Dr. Boskonovich. Genau wie jener kriecht Dampierre nämlich vorzugsweise am Boden herum, rollt sich hin und her und greift immer recht unerwartet mit seinen beiden kleinen Messern an. Man gewöhnt sich an den Nervsack - ein Nervsack bleibt er aber trotzdem!

Aber tatsächlich trifft man im Schnellen Spiel kaum auf Kratos und Dampierre, dafür aber auf verdammt viele Fighter, die ähnlich aussehen, aber komplett neu eingekleidet sind und komische Namen haben. Wie wäre es z.B. mit einem weiblichen Cervantes mit Hirschgeweih? Eine maskierte, männliche Variante von Ivy mit Zylinder und Rosenbuschpeitsche? Kein Problem, denn Aussehen und Name der Kämpfer sind zufallsbasiert zusammengestellt, um quasi Online-Individuen zu simulieren - das war schon in Tekken so, kommt also nicht ganz unerwartet. Neu ist allerdings die Art und Weise der Auswahl: Vor und nach jedem Kampf tummelt man sich in der Kampflobby, um dort einen Wunschgegner herauszupicken. Fighter, die weniger als 100 Siege auf dem Konto haben, sind in aller Regel Fallobst, aber für Fingerübungen gut geeignet. Ambitionierte Soulcaliburisten können aber auch gleich zu dickeren Kalibern greifen und sich mit ihnen messen. Schlägt man einen Gegner, gewinnt man deren Kampfnamen, mit dem man dann sich selbst schmücken kann - auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass sich jemand freiwillig »Furzender Baron«, »Mysteriöse Puppe der Treue« oder »Kräftiger Bart« nennen möchte. Wozu auch, einen Online-Modus, für den das irgendwie Sinn ergäbe, gibt's ja nicht.          

Ich werde überleben!

Die »Prüfungen« schließlich sind der Ersatz für den ebenfalls abwesenden Survival-Modus - und dreigeteilt: In der »Angriffsprüfung« muss man innerhalb der Runde so viel Schaden wie möglich machen (idealerweise durch Kombos), bei der

Technisch ist Broken Destiny einmal mehr eine höchst beeindruckende Meisterleistung: Namco holt alles aus der unscheinbaren PSP raus!
»Verteidigungsprüfung« dagegen gibt's die meisten Punkte, wenn man aus der Deckung heraus attackiert. Jeweils fünf Wellen sind zu absolvieren, danach wird abgerechnet - nicht so allerdings in den »Endlosprüfungen«, in denen man einfach so lange wie möglich durchhalten muss.

Zu diesen drei Hauptmodi gesellen sich noch das klassische »Gegeneinander« sowie das Training, in dem man den KI-Kontrahenten serientypisch fein auf die gewünschte Spielweise einstellen kann. Klamottenfummlern steht außerdem den mächtigen Editor aus Soul Calibur 4 zur Verfügung, mit dem sich bis zu 16 personalisierte Fighter anlegen lassen. Entweder nimmt man sich einen bestehenden Kämpfer als Schablone oder man erschafft einen brandneuen Superkrieger aus dem Nichts - wobei allerdings der Kampfstil (und damit die schlauen Sprüche sowie Protz-Bewegungen zu Beginn und Ende jedes Kampfes) in jedem Fall von einem bereits vorhandenen Kämpfer übernommen werden muss - wilde Mischungen sind nicht erlaubt. Dafür darf man sich in Sachen Design austoben, wobei gerade im Bereich der Klamotten bizarres Zeug dabei ist - pinke Afros, Hirschköpfe, Nachtsichtgeräte oder rosa Stringtangas für männliche Kämpfer sind nur ein Teil davon. Hat man Aussehen, Kampfstil und Name festgelegt, kann man noch die Stimme wählen sowie ein Kampf-Foto machen: Die Kamera lässt sich fast frei drehen und zoomen, damit der Recke im perfekten Winkel zu sehen ist. Danach noch schnell die Wahl des Hintergrunds, des Rahmens und der Pose, und schon ist der neue Teufelskerl (bzw. die Teufelskerlin) fertig. Apropos Stimme: Von Anfang an hat man die Wahl zwischen japanischer und englischer Sprachausgabe; steht die PSP auf Deutsch, gibt's auch entsprechende Untertitel.

Zucker für alle Sinne

Spielerisch orientiert sich Broken Destiny an Soul Calibur 4, übernimmt es doch einige seiner Besonderheiten auf die PSP - allen voran Fortgeschrittenen-Techniken wie Soul Crush, Guard Impact oder die zerstörbaren Rüstungen. Außerdem haben sich die Entwickler vom aktuellen Trend zum Achievement anstecken lassen, die hier allerdings »Ehren« heißen. Die gibt es für alles Mögliche: Sieg durch Doppel-KO, 20 Kämpfe hintereinander gewinnen, eigene Figur bauen, nur Kicks nutzen etc. Eine errungene Ehre wird per Wusch-Einblendung sofort angezeigt und

Die Gefechte laufen rasant und wunderbar taktisch ab, Buttonmasher haben keine Chance. Selbst der andere neue Fighter, Dampierre, kann daran nichts ändern, auch wenn er wirklich nervt.
kann sich hinterher vom Hauptmenü aus einsehen lassen - wobei die mickrigen Bildchen nebst dürrer Zeilen den Aufwand kaum Wert sind. Technikfreunde wird darüber hinaus noch interessieren, dass das Spiel eines der ersten ist, die eine Installation auf Memory Stick anbieten: Zwar wird nicht das komplette Game installiert (es muss immer noch von UMD gestartet werden), aber zur Verkürzung der Ladezeiten und Schonung der Batterie (durch weniger UMD-Gebrauch) opfert man die geforderten 254 MB doch gern.

Namco hat mit Tekken: Dark Resurrection die Messlatte für PSP-Prügelqualität irre weit hochgelegt - und enttäuscht auch bei Soul Calibur nicht. Das Spiel ist ein Traum in 60 Frames pro Sekunde, was gerade angesichts der hochauflösenden Texturen, detaillierten Levelbauten und bestechend schönen Animationen eine technische Meisterleistung ist! Ebenso wie die Rüstungen der Kämpfer sind auch die Arenen teilweise zerstörbar, was aber wie schon bei Tekken eine Mogelpackung ist: Zwar lassen besonders kraftvolle Moves schon mal den Boden eindrucksvoll splittern, aber die Bruchstücke verschwinden nur Sekunden darauf wieder, das Kaputte wird auf magische Weise wieder gekittet - schade. Und wie gewohnt schmettert auch der Sound einmal mehr wunderbar variantenreich und druckvoll aus den Mini-Boxen der PSP. Wie so oft raten wir zu guten Kopfhörern, um nicht nur die fetten Kampfgeräusche, sondern auch den tollen Soundtrack angemessen würdigen zu können.

     

Fazit

Ach, Namco! Spielerisch habt ihr wie immer alles richtig gemacht, mehr als richtig sogar. Soul Calibur ist nicht ohne Grund eine der besten Fighter-Serien der Welt: Der abwechslungsreiche, toll ausbalancierte Kader  bietet für jeden Geschmack etwas, die perfekte Steuerung geht ebenso schnell in Fleisch und Blut über wie sie jede Menge Tiefgang bietet, die Duelle sind herrlich rasant und gleichzeitig taktisch wie eine Schachpartie. Technisch ist das Spiel einmal mehr eine Wunderleistung, denn grafisch und akustisch wird ein Niveau geboten, das man seit God of War: Chains of Olympus nicht mehr auf der PSP zu sehen bekam! Und dennoch bleibt Enttäuschung auf hohem Niveau, denn nicht nur haben die Entwickler die wichtigsten Solo-Spielmodi einfach weggelassen, sie haben sie auch durch bescheuerte Varianten wie den Spießrutenlauf ersetzt, dessen Dialoge eine Beleidigung für jedes normal arbeitende Gehirn darstellen! Kein Arcade, keine Story, kein Weapon Master, keinerlei Kampfoptionen, keine Replays nach dem Kampf - das Ganze fühlt sich irgendwie nach Soul Calibur light an, ganz ähnlich wie die PS3-Fassung von Tekken: Dark Resurrection. Dessen PSP-Vorbild bleibt damit auch der ungeschlagene Haudruff-King auf dem Handheld. Broken Destiny hatte alle Chancen, sich die Krone ohne große Mühen zu schnappen. Dieses so einfach scheinende Ziel so deutlich zu verfehlen, lässt irgendwie schon fast Absicht vermuten...

Pro

exzellente Grafik
einfache, aber variantenreiche Steuerung
perfektes Kombo-System
toller Editor
wunderbar wuchtiger Soundtrack
herausfordernder »Spießrutenlauf«

Kontra

saublöde, kindische Storyführung im »Spießrutenlauf«
kein Arcade-Modus
generell keine fesselnden Solo-Modi

Wertung

PSP

Technisch und spielerisch wie immer herausragend - aber warum hat Namco die Solo-Modi derart verschlimmbessert?

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