God of War: Ghost of Sparta29.10.2010, Michael Krosta
God of War: Ghost of Sparta

Im Test:

Nachdem Kratos am Anfang des Jahres mit God of War III in einem furiosen Abschluss der Trilogie dem Göttervater Zeus persönlich das Handwerk legte, stattet er jetzt zum zweiten Mal der PSP einen Besuch ab. Kann der Auftritt des brutalen Kriegsgottes nach seiner fulminanten Handheld-Premiere erneut faszinieren oder machen sich beim Geist Spartas erste Abnutzungserscheinungen breit?

Poseidons Reich

Nach dem Sieg über Ares in God of War hätte es sich Kratos als neuer Kriegsgott eigentlich auf dem Thron gemütlich machen können. Doch zur quälenden Vision seiner ermordeten Familie gesellt sich im jüngsten PSP-Abenteuer eine weitere, die dem ruppigen Spartaner keine Ruhe lässt. Also begibt er sich zum Start seiner Odyssee dorthin, wo auch schon Indiana Jones im

Video: Wird Kratos wieder nur zum Spielball der Götter?Jahr 1992 nach Antworten gesucht hat: Atlantis. Dabei versteht es sich von selbst, dass Kratos nicht mit einer Friedenstaube im Gepäck reist, sondern sich stattdessen vornehmlich mit Athenes Klingen durch die Horden mythologischer Kreaturen metzelt.

Neben vielen alten Bekannten wie den mächtigen Zyklopen sowie Minotauren, Medusen oder dem normalen Fußvolk mit ihren Speeren und Schwertern trifft Kratos auch auf neue Gegnertypen: Dazu zählen z.B. spuckende Egel, eisige "Engel" oder Biester, die mit Klingen statt Klauen ausgestattet sind. Leider hat man im Gegensatz zu God of War III hier nie die Möglichkeit, selbst die Kontrolle über eine der größeren Kreaturen zu übernehmen und z.B. einen Zyklopen als "Reitmonster" zu missbrauchen. Überhaupt bleibt ein Aha-Effekt aus, denn zum einen sind die Neuzugänge nicht sonderlich innovativ und zum anderen wiederholen sich Zusammenstellungen der Gegnergruppen ständig.

Anders sieht es bei den Bosskämpfen aus: Schon die mehrmaligen Begegnungen mit dem Meeresungeheuer Skylla am Anfang den Abenteuers belegen eindrucksvoll, dass man auch auf der PSP gewaltige Monster auf den Bildschirm zaubern kann. Während bei God of War III mit Zwischengegnern wie Poseidon, einem Riesenskorpion oder dem grenzgenialen Kampf gegen den Titanen Kronos ein wahres Feuerwerk an XXL-Action abgefackelt wird, bilden solche Momente hier leider nur die Ausnahme. Diese wenigen Höhepunkte können zwar begeistern - vor allem das Finale ist ein Knaller - doch ist man nach der grandiosen Boss-Orgie von der PS3 hier etwas ernüchtert.

Abwechslungsreiche Reise

Das gilt jedoch nicht für den Rest der Handheld-Reise, die mich nicht nur ins Sagen umwobene Atlantis entführt, sondern u.a. auch einen Abstecher auf die Insel Kreta, den schneebedeckten Aroania-Pass sowie den Fluss der Trauer beinhaltet, wo man erneut auf die eine oder andere Prominenz der griechischen Mythologie trifft. Backtracking, also die Rückkehr zu bereits bekannten Schauplätzen, ist hier kaum ein Thema, so dass man immer wieder etwas Neues zu sehen bekommt. Zum ersten Mal in der Serie hat man sogar die Möglichkeit, durch die Straßen von Sparta zu schlendern - ein toller Moment, der durch eine spielbare Erinnerung innerhalb des Abschnitts noch mehr an Faszination gewinnt.

Doch es ist nicht nur die facettenreiche Auswahl an Schauplätzen, die begeistert - auch das Leveldesign hat neben den etwas ermüdenden Standardkämpfen ein paar Asse im Ärmel: Neben einer packenden Flugsequenz warten auch einige Abschnitte, in denen ich meine Reaktionsschnelligkeit unter Beweis stellen muss, wenn z.B. unter meinen Füßen plötzlich der Boden wegbricht oder ich nach einer Rutschpartie im richtigen Moment abspringen muss. Außerdem warten neben der Action auch einige Klettereinlagen, die zwar insgesamt recht anspruchslos ausfallen, aber den Fingern zumindest eine kleine Ruhepause gönnen. Beim Button-Mashing haben es die Entwickler hier nämlich etwas übertrieben und so hämmert

Schon auf dem Weg nach Atlantis macht der Spartaner Bekanntschaft mit alten und neuen Gegnern. Dabei erinnert der Einstieg auf dem Schiff an die Serien-Premiere aus dem Jahr 2005.
man sowohl im Kampf als auch beim Öffnen von Türen ständig auf die Kreistaste ein, was Ghost of Sparta im wahrsten Sinne des Wortes mit der Zeit zu einer schmerzhaften Angelegenheit für den Daumen macht.

Rätsel spielen in dieser Episode eine noch kleinere Rolle als zuvor und so beschränkt man sich meistens auf die Standard-Aufgaben nach dem Motto "Drücke Hebel, um Tür zu öffnen" oder "Schiebe Gegenstand auf Mechanismus". Schade, denn bei allen Teilen für die Konsolen zeigte man sich in diesem Bereich weitaus kreativer. Auch die Unterwasser-Abschnitte zählen zu den Schwachpunkten des PSP-Abenteuers, weil hier schlichtweg zu wenig passiert: Bis auf ein paar Strömungen stellen sich dem Spartaner keine großen Hindernisse in den Weg, die er mit Geschick überwinden müsste. Überhaupt fällt auf, dass der Schwierigkeitsgrad generell deutlich niedriger angesetzt wurde als bei vorherigen Auftritten. So lassen sich Angriffe mit dem richtigen Timing problemloser kontern und die neue Mechanik, mit der man die Angreifer auf Knopfdruck zu Boden werfen und in bester MMA-Manier bearbeiten kann, trägt neben der effektiven Greif-Mechanik ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass man sich ohne allzu große Gegenwehr durchboxen kann. Selbst die Bosse verlangen auf der mittleren von insgesamt vier Stufen keine besonderen Fähigkeiten oder taktische Kniffe, sondern lassen sich spektakulär, aber problemlos bezwingen.     

So schön wie Aphrodite

Mit seinen abwechslungsreichen Kulissen sowie grandiosen Grafikeffekten (z.B. bei Feuer , Wasser und Rauch) stellt Ghost of Sparta einen der technisch beeindruckendsten Titel für die PSP dar! Die talentierten Entwickler bei Ready at

Erneut sind Athenes Klingen der beste Freund, wenn sich Kratos Minotauren und andere Kreaturen in den Weg stellen.
Dawn treiben die Hardware mit der Grafikpracht und Gegnermassen allerdings nicht nur an ihre Grenzen, sondern auch darüber hinaus, was sich in vereinzelten Slowdowns bemerkbar macht. Vielleicht ist es aber auch der Preis, den man für diesen Augenschmaus zahlen muss, denn während beim Vorgänger Chains of Olympus noch heftiges Tearing für einen kleinen Dämpfer sorgte, bleibt man hier weitestgehend von dem unschönen Effekt verschont. So wie sich der Titel grafisch präsentiert, so klingt er auch: fantastisch! Zwar bedient man sich an einigen Stellen auffällig an den Soundtracks anderer Teile und übernimmt diese z.T. sogar unverändert, doch bilden die orchestralen Stücke zusammen mit den neuen Themen sowie den professionellen Sprechern einen passenden Rahmen für den blutigen Kriegspfad, auf dem sich Kratos erneut befindet. Viele Freiheiten hat er dabei nicht: Wie gewohnt darf man sich nur auf sehr linearen Wegen durch das Abenteuer metzeln, wobei die unsichtbaren Grenzen z.T. etwas absurd wirken.

Heißes Spielzeug

Ist man erst im Besitz von Theras Fluch, sind auch zusätzliche Feuerangriffe mit der Standardwaffe möglich. Diese sind im späteren Verlauf nicht nur wichtig, um aggressive Pflanzen abzufackeln, sondern erweisen sich auch im Kampf gegen gepanzerte Gegner oder dem Öffnen bestimmter Türen als einziges Erfolgsrezept. Genau wie beim Bogen in God of War III ist die Energie beim Einsatz von Theras Fluch allerdings begrenzt und wird automatisch regeneriert - das Finden der Minotaurenhörner erweitert die Leiste und damit die Dauer des Angriffs, doch kann man auch die Kraft mit Hilfe der roten Orbs weiter ausbauen. Die grünen Orbs regenerieren wie gewohnt Gesundheit, während die blauen Orbs das Gleiche für die Magieleiste bedeuten. Ebenfalls nichts Neues: Das Finden von fünf Gorgonenaugen erweitert die Lebenskraft, fünf Phoenixfedern dagegen die Power für magische Angriffe, von denen es hier drei Neuzugänge gibt. Diese lassen sich - wie auch die Standardwaffen - in mehreren Stufen verbessern. So weit, so bekannt. Wie man schon in der spielbaren Demo gesehen hat, bekommt Kratos später mit einem Schild und Speer auch echtes Spartaner-Werkzeug in die Hände gelegt. Praktisch: Der Speer eignet sich hervorragend für Distanzangriffe, während der Schild nicht nur vor eisigen Sturmböen und Feuerwalzen schützt, sondern erstmals

Kratos gegen Imperator Palpatine - das wäre sicher ein interessantes Duell.
das gleichzeitige Bewegen und Blocken erlaubt.

Die drei neuen Spezialangriffe, zu denen Kratos mit der Zeit Zugang bekommt, sind ebenfalls nicht von schlechten Eltern und erlauben z.B. einen Blitzangriff im Stil des Imperators aus Star Wars. Allerdings stellt sich zu Beginn des Abenteuers die Frage, warum sich Kratos überhaupt diese neuen Fähigkeiten erarbeiten muss anstatt auf das Repertoire zurückzugreifen, das er als Kriegsgott besitzt. Bisher lieferten die Geschichten immer einen fadenscheinigen, aber zumindest nachvollziehbaren Grund für den Neuanfang. Der bleibt hier aus. Auch das obligatorische Sex-Minispiel, das Game Director Stig Asmussen bei God of War III noch mit der Story verknüpfen wollte, wird einem hier fast schon aufgedrängt, weil es so offensichtlich platziert wurde. Zumindest dürfte der Spartaner während seiner Orgie im Freudenhaus mindestens einen neuen Höhepunkt erreichen.  

Kratos unter Kontrolle

Wie die drei Magieangriffe wurde auch der Waffenwechsel auf das Digikreuz gelegt und lässt sich entsprechend flott ausführen. Überhaupt geht die Steuerung wie schon beim Vorgänger schnell in Fleisch und Blut über und reagiert präzise auf die Eingaben. So schleudert man der Meute schnell brachiale Kombos entgegen, entfesselt Spezialkräfte oder knöpft sich die Feinde im Nahkampf oder aus sicherer Entfernung vor. Letzteres funktioniert leider häufiger als von den Entwicklern gewünscht, denn oft sieht man bereits vorher die lauernden Gegner, die man dadurch bequem mit dem Speer ausschalten kann, ohne sich in Gefahr begeben zu müssen. Oft genug reagieren die Schergen nicht mal auf meinen Beschuss. Doch auch im Nahkampf zeigen sie, dass sie nicht unbedingt zu den hellsten Köpfen gehören: Teilweise wirken vor allem die Standardgegner völlig geistesabwesend und wuseln lediglich um Kratos herum, anstatt ihn anzugreifen. Fast schon lustig sind dagegen die Kollateralschäden, wenn ein Zyklop auf den Putz haut und dabei auch seine Mitstreiter erwischt.

Göttliche Geschenke

Hat man Kratos an sein Ziel geführt, wobei der Weg dorthin mit etwa acht Stunden Spielzeit ein gutes Stück länger ausfällt als beim Vorgänger, ist damit noch lange nicht Schluss: Wie nicht anders zu erwarten, hat man im Anschluss die Möglichkeit, gegen die Zahlung von roten Orbs massig Bonusinhalte wie Artworks und Videos freizuschalten. Zusätzlich bekommt man den Zugriff auf die Herausforderungen der Götter mit ihren anspruchsvollen und missionsbasierten Arenakämpfen. Alternativ bastelt man sich wie bei Dante's Inferno einfach eigene Abschnitte, in denen man Gegner, Schwierigkeitsgrad & Co selbst festlegt. Eine kleine Schelte hat sich Ready at Dawn allerdings für den Abspann verdient: Kenner der Serie wissen, dass nach der Auflistung all der Namen in der Regel noch eine (Cliffhanger-)Sequenz kommt - so auch hier. Allerdings wird der grandiose Soundtrack mitten im Abspann von Stille abgelöst, die sich noch minutenlang zieht. So etwas muss doch nicht sein... Wenn ich schon warten muss, dann bitte auch mit Musikbegleitung.   

Fazit

Es sieht aus wie ein großes God of War, es fühlt sich an wie ein großes God of War und es klingt auch wie ein großes God of War! Der große Wow-Effekt ist zwar verflogen, doch Kratos liefert auch bei seinem zweiten Auftritt wieder ein Action-Fest auf höchstem Niveau. Was man technisch aus der PSP herauskitzeln kann, haben die Ready at Dawn Studios bereits vor zwei Jahren mit Chains of Olympus bewiesen. Ghost of Sparta steht seinem Vorgänger in nichts nach und kann ebenfalls mit wunderschönen sowie abwechslungsreichen Kulissen begeistern, während man den wütenden Kriegsgott präzise von einem beeindruckenden Schauplatz zum nächsten dirigiert und sich trotz des zu leichten Schwierigkeitsgrades immer wieder gerne den Herausforderungen stellt. Und doch kann es nicht mehr die Begeisterungsstürme entfachen wie damals. Das Problem: Nach dem fulminanten Abschluss der Trilogie auf der PS3 liegt die Messlatte so verdammt hoch, dass man sie auf der PSP einfach nicht erreichen kann. Vor allem bei den Bossgegnern hätte mehr drin sein müssen - man beweist doch, dass man auch auf Sonys Handheld gigantische Kreaturen auf den Bildschirm zaubern kann. Warum dann nur so selten? Stattdessen werden wie aus dem Lehrbuch die Elemente serviert, die die Serie so populär gemacht haben -Überraschungen erlebt man kaum. Klar, das muss nicht schlecht sein und es macht immer noch sehr viel Spaß, sich durch die Gegnerhorden zu schnetzeln und einige neue Einblicke in die Hintergrundgeschichte zu bekommen. Doch auch als Kriegsgott wird man irgendwann machtlos gegen die Kräfte der Stagnation und Gewohnheit. Mit Ghost of Sparta liefert Sony eine PSP-Perle ab, die zu den schönsten ihrer Art auf dem Handheld gehört, aber dennoch etwas an Glanz verliert.

Pro

abwechslungsreiche Schauplätze
grandioser Soundtrack...
bewährtes Kampfsystem
beeindruckende Bosse...
unterhaltsame Reaktionstests
neue Gegnertypen...
neue Magieangriffe und Spartaner-Waffe
starkes Leveldesign...
brachiale (Finishing-)Moves
Geschichte gibt neue Einblicke...
großartiges Finale
z.T. herrliche Grafikeffekte (Feuer, Partikel)
präzise Steuerung
leicht erweitertes Kampfsystem
überwiegend gelungene Synchro
faire Speicher- & Kontrollpunkte
kaum Backtracking
technisches Meisterwerk
ordentlicher Umfang (8
Stunden)

Kontra

vereinzelte Slowdowns
...mit vielen bekannten Stücken
übertriebener Einsatz von Button-Mashing
...von denen es aber zu wenige gibt
öde Tauchabschnitte
...aber auch viele alte Bekannte & Wiederholungen
z.T. extrem dämliche KI
...trotz der extrem linearen Pfade
schwache Rätsel
...kämpft aber auch mit Logik-Löchern
anspruchslose Klettereinlagen

Wertung

PSP

Ein großes God of War im kleinen Format, das zwar nicht mehr die Faszination des Vorgängers entfacht, aber immer noch ein göttliches Action-Fest inszeniert.

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