Im Test:
Reise in die Vergangenheit
Allem voran erzählt Dissidia 012 eine neue Geschichte, auch wenn sich diese nicht allzu sehr vom Vorgänger unterscheidet, der direkt nach den Ereignissen von Dissidia 012 spielt. Der ewige Krieg zwischen Chaos, dem Gott der Zweitracht, und Cosmos, der Göttin der Harmonie, tobt nämlich schon länger. Während man in Dissidia quasi die 13. Runde des Machtkampfs erlebte, werden nun die Ereignisse von Runde zwölf geschildert.
Wie üblich ziehen dabei Chaos' und Cosmos' Krieger in die Schlacht, um einen Etappensieg zu erringen. Das Besondere am zwölften Aufeinandertreffen ist der Einfall einer endlosen Schar von Klonkriegern, der Manikins, welche Chaos' Schergen über ein Dimensionsloch heraufbeschworen haben. Doch auch wenn die Lage aussichtslos scheint, man schwere Verluste erleidet und ein Verräter in den eigenen Reihen vermutet wird, schließen sich sechs Helden zusammen, um der feindlichen Übermacht die Stirn zu bieten.
Zwölf Fäuste für ein Halleluja
Diese sechs Helden sind zur Freude aller Dissidia-Veteranen allesamt Neuzugänge, die zunächst wie im Vorgänger allein in Aktion treten, später aber dank neuer Party-Funktion mit vereinten Kräften agieren. Die einzelnen Gruppenmitglieder greifen allerdings nicht alle auf einmal ins Kampfgeschehen ein, sondern kommen nach zuvor vom Spieler festgelegter Reihenfolge zum Einsatz. Im standardmäßigen Turnierformat kämpft man so lange mit dem Gruppenführer bis dieser das Zeitliche segnet, worauf der an Position zwei gesetzte Held seinen Platz einnimmt usw. bis der Gegner bezwungen oder die komplette Party kampfunfähig ist.
Handelt es sich beim Gegner ebenfalls um eine mehrköpfige Gruppe, kann man die Schlacht auch im so genannten Round Robin-Format bestreiten, wo sich einzelne Gruppenmitglieder so lange beharken bis eine Seite einen Sieg nach Sätzen errungen hat.
Bei zwei oder drei Kontrahenten, muss man also zwei, bei vier oder fünf Gegnern drei Runden für sich entscheiden. Danach noch offene Paarungen fallen flach, wodurch man zwar teils weniger Erfahrung als im Turnierformat erhält, aber dafür schneller vorankommen bzw. besonders harte Brocken, die oft erst als letztes dran sind, umgehen kann. Die neue Oberwelt weckt Erinnerungen an frühere Final Fantasy-Zeiten - viel zu entdecken gibt es auf den zielgerichteten Märschen allerdings nicht...
Raus ins Freie
Ebenfalls neu ist das Reisen via Weltkarte. Statt wie im ersten Dissidia einen Raster-Dungeon nach dem anderen zu durchlaufen, bewegt man sich jetzt über eine an frühere Final Fantasy -Episoden erinnernde Oberwelt von Dungeon zu Dungeon. Unterwegs kann man sogar ein paar Gegner verdreschen, Schätze einsacken oder Händler treffen. Auch eine Handvoll optionaler Dungeons kann zu Trainingszwecken besucht werden. Die Begeisterung darüber hält sich jedoch in Grenzen, da die Welt für neugierige Entdecker viel zu klein, die Routen zu linear und die Interaktionsmöglichkeiten zu bescheiden sind.
Die schachbrettartigen Dungeons, in denen man Zug um Zug Gegner herausfordert, Beute einsackt und die Story vorantreibt, haben sich hingegen nur geringfügig verändert. Lediglich das Belohnungssystem wurde umgekrempelt. Statt mit möglichst wenigen Zügen ans Ziel zu gelangen, gilt es nun möglichst viele Gefechte miteinander zu verketten.
Dementsprechend wurden auch die einsetzbaren Items angepasst, mit denen sich nun auch weiter entfernte Widersacher in Folgekämpfe verwickeln lassen. Zudem gibt es keine direkten Belohnungen mehr, sondern lediglich Punkte, mit denen man bei speziellen Händlern selbst die Objekte seiner Begierde auswählt, was aufgrund der neuen Oberwelt mit ihren beliebig oft besuchbaren Zusatz-Dungeons aber natürlich eher eine Fleißaufgabe als eine Herausforderung darstellt... Story und Dialoge sind auch dieses Mal recht bescheiden, wurden im Vergleich zum Rest des Spiels aber immerhin übersetzt.
Nette Überraschung
Die über oft recht dürftige Dialoge erzählte Handlung ist ähnlich unspektakulär und vorhersehbar wie im Vorgänger, auch wenn der Übergang zum ersten Teil durchaus gelungen ist. Wer will, kann sogar direkt nach der letzen Schlacht die Ereignisse des Vorgängers wiederholen, die sich in spielerisch angepasster Form ebenfalls auf der UMD befinden. Dissidia-Veteranen können sogar einen Großteil ihrer Spieldaten wie Charakterstufen, Fertigkeiten, Aktionspunkte und einen Teil ihrer erworbenen Extras importieren und dafür eine kleine Belohnung kassieren. Ausrüstungsgegenstände und Beschwörungen werden aber leider nicht übernommen.
Auch Käufer des Download-Prologs dürfen vom Datenimport Gebrauch machen, was sogar mit einem Bonus-Charakter belohnt wird. Blumenmädchen Aerith kommt allerdings nur als so genannter Assist-Charakter zum Einsatz. Im Gegensatz zum ersten Dissidia kann man nämlich nicht nur mächtige Esper beschwören, sondern auch andere Charaktere vorübergehend zu Hilfe rufen. Ansonsten hat sich am nach wie vor originellen Kampfsystem bis auf Kleinigkeiten wie einer neuen Kontermöglichkeit in Zeitlupe nicht viel geändert: Generell gilt es mit nicht verletzenden Mutangriffen, die eigene Kraft zu stärken und die des Gegners zu verringern, um diese Kraft dann mit einer erfolgreichen HP-Attacke in Schaden umzuwandeln.
Unschöne Altlasten
Das Angriffs- und Komborepertoire ist nach wie vor überschaubar, die Ausführung einiger Aktionen aufgrund von Tastenüberlagerungen problematisch, die Kameraführung alles andere als optimal.
Trotzdem halten die fulminant inszenierten Keilereien mit gelungenen Level-Interaktionen, Stellungsspiel und Aktions-Timing gut bei Laune. Zudem können sich die einzelnen Charaktere mit Rollen-, Job- oder Waffenwechseln an verschiedene Situationen anpassen, mächtige Verwandlungen und von individuellen Reaktionstests begleitete Spezialangriffe vom Stapel lassen sowie Besonderheiten der Spielumgebungen zu ihrem Vorteil nutzen. Die neuen Kampfschauplätze sind zum Teil sehr gelungen, einige Altlasten wurden jedoch unverändert übernommen.
Bei den Schauplätzen gibt es einige interessante Neuzugänge mit gelungenen Zerstörungs- und Interaktionsmöglichkeiten, aber auch jede Menge Recycling, was vor allem bei den Arenen nervt, die schon im Vorgänger mit optischer Tristesse, gravierenden Kameraproblemen oder anderen Unzulänglichkeiten enttäuscht haben. Wer im RPG-Modus (vormals Kommando-Modus) spielt, ist auch nach wie vor teils eklatanten Aktions- und Wegfindungsschwierigkeiten der KI ausgesetzt, was nicht nur bei Kampfregeln, die längere Passivphasen mit Charakterlähmungen quittieren, übel aufstößt.
Motivierendes Multitalent
Trotzdem präsentiert sich der RPG-Modus, in dem man wie in einem Rollenspiel Kampfanweisungen gibt statt jede Aktion selbst manuell auszuführen, wesentlich ausgereifter, direkter und facettenreicher als im Vorgänger, so dass er inzwischen wirklich eine ernst zu nehmende Alternative zur klassischen Prügel-Action darstellt.
Auch sonst lässt sich das Spielerlebnis auf viele Weisen individualisieren. Am interessantesten und motivierendsten ist dabei nach wie vor die rollenspieltypische Charakterpflege. Die Charakterpflege ist motivierend wie eh und je, doch auch die neuen Gruppenkämpfe und Teamattacken wissen zu gefallen.
Von der getragenen Ausrüstung, über bevorzugte Beschwörungen und Hilfs-Charaktere bis hin zu verfügbaren Angriffen und Fertigkeiten lässt sich hier alles individuell anpassen. Regelmäßig eingesetzte Fähigkeiten verbrauchen mit der Zeit weniger Platz beim Ausrüsten und erlauben so immer vielschichtigere Anpassungen. Besonders interessant sind dabei die in verschiedenen Situationen mitunter erhebliche Boni gewährenden Accessoires, welche den Kampfausgang bei kluger Nutzung oft entscheidend beeinflussen können.
Zudem gibt es auch wieder spielinterne Erfolge sowie jede Menge freischaltbarer Extras - von neuen Charakteren und Arenen über spezielle Items und Spielregeln bis hin zu zusätzlichen Szenarien und Spielmodi. Abgesehen vom Storymodus, der neben den Dissidia- und Dissidia 012-Kampagnen auch eine Reihe von Nebengeschichten sowie eine Vorgeschichte für Endstufencharaktere parat hält, kann man im Quick Battle-Modus maßgeschneiderte Duelle und Gruppenkämpfe bestreiten, im Arcade-Modus verschiedene Kampfserien bewältigen oder sich im Labyrinth-Modus mit spannenden Kartenschlachten wie im Kolosseum des Vorgängers beschäftigen.
Abgeschottete Bastelstunde
Im Kommunikationsmodus kann man sich auch wieder mit anderen Spielern messen - aber leider nach wie vor nur via lokaler Ad-hoc-Verbindung. Die fehlende Online-Anbindung ist dieses Mal besonders schade, da man in Dissidia 012 neben einem Video-, nun auch einen Quest-Editor zur Hand hat, mit dem man eigene kleine Kampfszenarien inklusive selbst geschriebener Dialoge erstellen kann, die für eine rege Online-Tauschbörse geradezu prädestiniert gewesen wären.
So kann man seine Kreationen lediglich mit Freunden teilen bzw. über Umwege wie den PC publizieren. Zwar kann man seine PSP in einen Tauschmodus versetzen, über den man unterwegs automatisch Quests und Spielerdaten senden und empfangen kann, die Wahrscheinlichkeit zufällig Gleichgesinnte zu treffen, dürfte aber ziemlich gering sein... Der Quest-Editor erlaubt das Basteln eigener Mini-Szenarien, die fehlende Online-Unterstützung vermisst man dadurch noch mehr.
Etwas enttäuschend ist auch die im Gegensatz zum Vorgänger nur noch teilweise vollzogene Lokalisierung. Deutsche Texte gibt es nämlich nur noch in Form von Untertiteln bei Dialogen und Story-Ereignissen. Menüs, Erklärungen und selbst die witzigen Briefwechsel via Mognet wurden lediglich ins Englische übersetzt - ein Mix, der nicht nur stilistisch äußerst fragwürdig wirkt, sondern auch bei einigen Spielern für Verständnisprobleme sorgen und sicher auf wenig Gegenliebe stoßen wird. Neben Englischkenntnissen ist eigentlich auch wieder eine 500-800 MB schwere Installation der Spieldaten auf Memory Stick Pflicht, denn ohne werden die massiven Ladezeiten vor jedem Kampf trotz paralleler Gegnerinspizierung schnell zur Qual...
Fazit
Dissidia 012 mag nicht viel anders machen als der Vorgänger. Das, was es anders macht, wertet das generell vertraute Spielerlebnis jedoch spürbar auf. Die neuen Gruppenkämpfe und Hilfs-Charaktere bereichern die Final Fantasy-Keilereien nicht nur um eine spielerische, sondern auch taktische Komponente, während der RPG-Modus deutlich zugelegt hat und man mit dem Quest-Editor ein wirklich interessantes Kreativwerkzeug in der Hand hält. Am Umfang, der sogar den Vorgänger in angepasster Form beinhaltet, sowie der motivierenden und facettenreichen Charakterentwicklung gibt es sowieso nichts zu mäkeln. Auch die neuen Charaktere und Arenen fügen sich bestens ein. Allerdings gibt es noch immer einige äußerst nervige Unzulänglichkeiten wie KI-Aussetzer, Kameraprobleme oder die eher notdürftige Story. Auch einen Online-Modus vermisst man nach wie vor schmerzlich, während die neue Oberwelt eher Fassade ist und es bei der halbherzigen Lokalisierung sogar Rückschritte zu vermelden gibt. Für sammelwütige Prügelfans ist Dissidia 012 natürlich trotzdem ein Dorado, das über Monate bei Laune hält, aber auch noch immer reichlich Platz für Verbesserungen bietet.
Pro
Kontra
Wertung
PSP
In punkto Umfang ist der Dissidia-Nachfolger ein echtes Schwergewicht. KI, Kamera und Vernetzung bringen den Koloss aber noch immer ins Wanken.
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