Sid Meier's Pirates!14.03.2007, Paul Kautz
Sid Meier's Pirates!

Im Test:

Ende 2004 sorgte Sid Meiers Remake seines Klassiker Pirates zwar nicht für überbordende Begeisterung, aber dennoch für spaßige Ausflüge in die vor Piraten nur so wimmelnde Karibik des 17ten Jahrhunderts. Kurz darauf wurde auch die Xbox gekapert, danach war erstmal Ruhe - bzw. das Piratöse aufs Kino beschränkt. Und nun erscheint das Revival seinerseits runderneuert für die PSP: Papagei auf die Schulter, Augenklappe zurechtgerückt und drauflosgeentert!

Wo steckt Guybrush?

Wie so oft bei Umsetzungen sparen wir uns eine Beschreibung des Spiels und verweisen lieber auf den ausführlichen Test der PC-Fassung. Für alle Klickfaulen gibt es nur eine kurze Zusammenfassung: Karibik, 17. Jahrhundert. Ihr speist gerade mit eurer Familie, als ein mieser Baron zuerst Einlass und danach die Tilgung der Familienschulden begehrt. Dass der erwartete Reichtum in Form eines voll beladenen Schiffes nicht einläuft, sondern in dem Moment absäuft, ist sicher kein Zufall, ändert aber nichts daran, dass der Baron eure Sippschaft verhaftet und in den Kerker wirft - lediglich ihr könnt gerade

Der Schwertkampf ist essentieller Bestandteil jeder Piratenkarriere.
noch so entkommen. Zehn Jahre später ist aus dem flinken Knaben ein stattlicher Bursche geworden, der sich nichts sehnlicher als Rache wünscht. Und wo bekommt man die am besten? Richtig: auf hoher See! Zu Spielbeginn entscheidet ihr euch für eine Partei: Engländer, Franzosen, Spanier oder Holländer. Das hat Auswirkungen darauf, wie sich die Nationalitäten euch gegenüber verhalten, denn natürlich stehen alle mehr oder weniger im Krieg. Da sich dieses Verhältnis im Spielverlauf dauernd ändert (teilweise auch durch euren Einfluss), ist die anfängliche Entscheidung nur für den Beginn wichtig - mit der Zeit wechselt ihr die Fronten so häufig wie die Gouverneurstöchter!

In Pirates habt ihr zwar mit der Befreiung eurer Angehörigen ein Spielziel im klassischen Sinne, aber der Weg da hin ist euch selbst überlassen - ihr könnt gar komplett auf die Sippschaft pfeifen und als Rabensohn eurer eigenen Wege gehen. Und derer gibt es zuhauf: Ihr könnt Händler sein, Schatzsucher oder klassischer Pirat, der sich mit allem anlegt, was mehr als ein Segel hat. Es gibt Schatzkarten, die zu (fast) unermesslichen Reichtümern führen, geheimnisvolle Fremde, die euch eben diese oder weitere nützliche Gegenstände verhökern, reizende Gouverneurstöchter, die eure Hand beim Tänzchen halten, grimmige Piratenkapitäne, die ihr zur Strecke bringen müsst, um selbst in der Karibik-Hierarchie nach oben zu steigen, aus Gefängnissen

Was ein richtiger Pirat sein will, der beherrscht auch das Tanzbein: Die Herzen von Gouverneurstöchtern wollen erobert werden!
ausbrechen, rundenweise Städte erobern, jede Menge Duelle ausfechten undundund - jedes Klischee, das man aus Erroll Flynn oder Fluch der Karibik-Filmen kennt, wird ausgiebig bedient, nur Skorbut gibt's keinen. Pirates ist weniger ein Spielerlebnis im altbekannten Sinne, sondern vielmehr eine Ansammlung von unterhaltsamen Minigames, auf die ihr euch einlassen könnt, aber nicht müsst.

Der Fluch der PSP

Gut zwei Jahre sind zwischen PC- und PSP-Fassung den reißenden Strom der Zeit hinabgeschwommen, und was wurde an Land gespült? Hauptsächlich Veränderungen im Detail, teils zum Besseren, teils zum Schlechteren. Fangen wir mit den positiven Aspekten an: Eroberte Schiffe zieht man nicht mehr wie an einer Perlenkette aufgereiht hinter sich her, stets die Gefahr im Hinterkopf, dass diese Rumbuddelnavigatoren gelegentlich auf die eine oder andere Sandbank auflaufen - sehr gut! Außerdem gibt es neue Schätze zu Suchen, frische Reichtümer und Extras. Außerdem dürfen maximal vier Badewannenkapitäne, entsprechend viele UMDs vorausgesetzt, in einer Art Hochsee-Deathmatch gegeneinander antreten - freie Plätze dürfen auch mit KI-Klabautermännern besetzt werden - allerdings ist das Herumschippern und -böllern auf Dauer wenig spektakulär.

Besonders auf See geht ein erheblicher Teil der grafischen Pirates!-Faszination flöten.
Kommen wir zu den weniger gelungenen Änderungen: Dass jetzt der volle PSP-Screen zur Darstellung genutzt wird, ist natürlich der Übersicht dienlich - doch leider ist das Gezeigte qualitativ mehrere Stufen unter dem, was an PC oder Xbox gezeigt wurde. Okay, gegen etwas grobe Figuren und Städte oder weniger Effekte kann man nicht viel sagen, das ist auch weniger wild - aber ganz besonders die See, einst Prachtstück von Pirates, ist nunmehr lediglich eine platte blaue, leblose Fläche, die nichts mehr mit den Postkartenmotiven der Vorlagen zu tun hat. Die Tanzeinlagen mit den Gouverneurstöchtern sehen zwar nach wie vor gelungen aus, allerdings liefert nicht mehr die Frau des Herzens die Richtungsanweisungen - stattdessen rauscht am unteren Bildschirmrand eine flotte Anzeige entlang, die kurz aufblinkt und damit verdeutlicht, welche Richtungstaste ihr drücken müsst. Noch mehr Reaktionstest als gehabt, den ich schwerer als gewohnt empfunden habe. Nach wie vor könnt ihr auch an bestimmten Stellen an Land gehen und nach Schätzen buddeln, dabei immer auf hungrige Tiger und bösartige Fallen achtend - doch leider sind diese Abschnitte furchtbar ruckelig. Die auf der Xbox eingeführte, sinnvolle Sicherheitsabfrage beim Schiffsverkauf wurde wieder gestrichen, genauso wie die umfangreiche »Piratopädie«. Darüber hinaus gibt es einen merkwürdigen Soundbug: Sowohl auf See als auch innerhalb von Städten werdet ihr immer wieder eine Weile nur von Totenstille begleitet - die synthetisch dudelnde Musik setzt einfach aus und erst nach einiger Zeit wieder ein.  

Fazit

Sehr geehrte Zuleser, das heutige Fazit wird Ihnen präsentiert von einem Selbstzitat aus dem PC-Test: »Pirates ist ein Revival im klassischsten Sinne: Nach heutigen Maßstäben spielerisch eher mau, aber dennoch ein Süchtigmacher ersten Grades, wenn man sich darauf einlässt.« - das trifft zu 100% auch auf die PSP-Fassung zu! All die Vorteile der großen Fassungen sind auf kleinem Raum vereint: Das freie Spielprinzip, der darunter lauernde mächtige Umfang, die simple Bedienung, die teuflische »Na gut, eine Mission mache ich noch«-Motivation. Und tatsächlich scheint das Spielprinzip für das Handheld gemacht zu sein: Die knackigen Missionen sind auf der PSP optimal aufgehoben, es darf jederzeit gespeichert werden, die Ladezeiten sind für PSP-Verhältnisse lächerlich kurz! Doch leider ist nicht alles Sonnenschein: Das Spiel hat verdammt viel an grafischer Faszination verloren, es gibt viele Verschlimmbesserungen wie das Tanzen oder Schatzbuddeln, über kurz oder lang setzt unweigerlich ein gewisser spielerischer Leerlauf ein. Alles wie gehabt also, nur jetzt mobil.

Pro

nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial
nette Optik
kinderleichte Bedienung
recht umfangreich
massig Aufgaben
sehr freies Spielprinzip

Kontra

hässliche See
recht wiederholend
ruckelige Landgänge
gelegentlicher Leerlauf
abwechslungsarmer Mehrspielermodus

Wertung

PSP

Zeitgemäßes Revival des C64-Klassikers.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.