James Bond 007: Liebesgrüße aus Moskau22.04.2006, Paul Kautz
James Bond 007: Liebesgrüße aus Moskau

Im Test:

Vor knapp einem halben Jahr schickte Electronic Arts den Altbond Sean Connery in der Versoftung des 1963er Klassikers »Liebesgrüße aus Moskau« sehr kompetent auf Vergangenheitsbewältigungstour. Mittlerweile sind alle Bösewichte vernichtet, alle Blondinen auf die eine oder andere Weise abgehakt, alle Martinis ausgetrocknet – genau der richtige Zeitpunkt, die PSP-Version nachzuschieben.

Die Schere im Martini

Ein Arbeitstag wie jeder andere: Ihr bekämpft Bösewichter, springt mehrere Meter über dem Boden von Kronleuchter zu Kronleuchter, düst mit dem Jetpack über das nächtliche London, jagt halb Big Ben in die Luft und holt schließlich noch einen Hubschrauber aus selbiger – bevor ihr mit Raketenrucksack und Vollgas quer durch den abstürzenden Heli rast, die entführte Botschaftertochter herauszerrt und mit ihr durch den Sternenhimmel schwebt, während das stilvolle Intro einsetzt und damit den Prolog beendet. Wer »Liebesgrüße aus Moskau« (im Original »From Russia with Love«) einst live im Kino gesehen hat, dürfte mittlerweile fast so alt sein wie Hauptdarsteller Sean Connery – 

Das Spiel folgt lose der Filmhandlung, bekannte Schauplätze inklusive.
immerhin flimmerte der Streifen erstmals vor satten 43 Jahren über die Leinwand! Das Spiel folgt der Story der Vorlage zwar im Großen und Ganzen, geht aber zugunsten des Spieldesigns natürlich auch eigene Wege. Die Geschichte dreht sich darum, dass James Bond (dargestellt und gesprochen vom einzig wahren MI6-Pistolenschwinger Sean Connery) von einer Überläuferin nach Istanbul gelockt wird, um sie sowie die russische Verschlüsselungsmaschine »Lektor« abzuholen und nach England zu bringen. Was Bond nicht weiß, aber immerhin ahnt ist, dass die böse Organisation »Octopus« (im Film war’s SPECTRE) die Finger im Spiel hat, um den Agenten ihrer Majestät ein für allemal auszuschalten.

Kenner des Konsolenvorbilds werden sich gleich nach den ersten Aufwärmlevels die Augen reiben – nanu, bin ich eine Weile eingenickt und habe im Schlaf ein gutes Stück des Spiels geschafft? Nein, Electronic Arts hat einfach radikal die Schere angesetzt: Von den 18 Levels des Originals bleiben hier noch acht (plus Challenges), sämtliche Autolevels wurden gestrichen, viele weitere Abschnitte ebenfalls – so fehlt z.B. der gesamte Istanbul-Auftritt! Damit verliert das Spiel einen großen Teil auch der kontextsensitiven Aktionen wie den möglichen Sprung über Hecken oder Umkippen eines Tisches zur Deckung. Darüber hinaus, aber dafür können die Entwickler nichts, vermisst man schmerzlich den zweiten Analogstick, der für schnelle Übersicht sorgte. Kameraschwenks, die ihr ständig benötigt, werden jetzt über die Kreis- und Vierecks-Taste erledigt – allerdings in derart quälend langsamer Geschwindigkeit, dass es weh tut! Eine schnelle

Eine schnelle Reaktion vorausgesetzt könnt ihr eure Gegner im Nahkampf schnell ausknocken.
Zentrierung hinter Bond ist nicht möglich, ebenso wenig ein Blick nach oben oder unten.  Und nicht zuletzt erwarten euch viele und lange Ladepausen – nicht nur zwischen den Missionen, sondern auch innerhalb der Levels!

Der Mini-Agent

Auf eurer Tour de Bond seid ihr auf linearen Pfaden unterwegs – allerdings bieten die Levels genug Abwechslung, um erfolgreich davon abzulenken. Ihr müsst Geiseln befreien, Bomben entschärfen oder ein Zigeunerlager beschützen; manche Aufträge sind mit einem Zeitlimit versehen, in anderen zahlt es sich aus, langsam und leise vorzugehen: Ihr könnt Gegner von hinten überraschen oder ihnen im Nahkampf ordentlich eins überziehen. Dazu müsst ihr nur schnell den eingeblendeten Button drücken und schon streckt James seinen Widersacher nieder. Das sieht nicht nur gut aus, sondern bringt auch Skill-Punkte, mit denen ihr Waffen und Ausrüstung verbessern dürft: so fasst das MG z.B. mehr Munition, verträgt die Rüstung mehr Treffer oder hält die Batterie der Laseruhr länger.        

Kein 007 ohne die technischen Spielereien eines Q: Neben der Laseruhr, mit der ihr Schlösser sprengen oder Schalter durch Glas hindurch bedienen könnt, warten noch Späße wie der Q-Kopter oder der Wurfhaken-Gürtel auf euch.

Mit dem Bond-Fokus könnt ihr eure Feinde flotter erledigen, Extrapunkte gibt's außerdem noch.
Ersterer ist ein fernbedienbarer Mini-Heli, mit dem ihr die Lage in abgetrennten Regionen sondieren und den ihr auf Knopfdruck explodieren lassen könnt. Mit dem Gürtel hingegen dürft ihr an speziellen Stellen sicher rauf- und runterklettern. Doch mit Technik-Schnickschnack allein gewinnt man keine Schlacht, da muss Handfesteres her: Pistolen, Maschinengewehre, Raketenwerfer, Granaten oder Schall-Manschettenknöpfe (mit denen ihr gleich mehrere Gegner eine Zeit lang ablenken könnt) passen in euren maßgeschneiderten Anzug. Neu im Bond-Universum ist die Zoom-Funktion, mit der ihr gezielt wichtige Partien eines Feindes ins Visier nehmen könnt. Schießt auf das Seil eines von der Decke baumelnden Gegners – ein Problem weniger. Zielt auf den Granatengürtel eines in einer Gruppe stehenden Soldaten – drei Probleme weniger. Solche gezielten Aktionen bringen ihrerseits ebenfalls Skill-Punkte, ihr könnt aber natürlich auch darauf verzichten.

Lizenz zum Ruckeln

Was hat die PS2-Version der Konsolen-Bonds von den anderen Varianten unterschieden? Richtig – sie war die ruckeligste! Diese Krankheit hat natürlich auch die PSP-Variante erwischt, so dass sich ein gemächliches Zuckeln über das ganze Spiel ausbreitet – niemals im wirklichen Framestotterer-Bereich, aber auch nie tatsächlich flüssig. Das liegt wohl einfach daran, dass es viel zu sehen gibt: Sowohl Levelarchitektur als auch Figuren sind toll geraten; allen voran James Bond, der seinem Film-Pendant wie aus dem Gesicht geschnitten und gut animiert ist. Besonders erwähnenswert sind noch die wuchtigen Explosionen, dazu gibt es noch gute Zwischensequenzen - gerendert und Echtzeit. Begleitet wird die Action von gut krachenden Soundeffekten und dem fulminanten Original-Bond-Soundtrack, dazu rattern brauchbare Synchronsprecher ihre 

Das Jetpack ist gelegentlich euer einziger Fußschoner - alle Fahrmissionen wurden ersatzlos gestrichen.
Texte herunter. Was Electronic Arts aus mysteriösen Gründen allerdings verheimlicht, jedenfalls findet sich dazu kein Wort auf der Verpackung, ist, dass auch die englische Originalfassung auf der UMD schlummert – stellt ihr die PSP-Systemsprache entsprechend um, bekommt ihr Sean Connery persönlich zu hören, den Electronic Arts ans Mikro geholt und ihn seinen über 40 Jahre alten Part hat sprechen lassen. Das ist zwar authentisch und durchaus cool, hat allerdings den Nachteil, dass die mittlerweile doch in die Jahre gekommene Stimme Connerys nicht so ganz zum knackigen Bildschirm-Bond passt. Außerdem vermisst man Untertitel, denn gerade der tiefschottische Akzent Connerys ist hier und da knifflig zu verstehen

Seid ihr auf Multiplayerspaß aus, dann ist der neue Bond wie gehabt eine Enttäuschung: Online-Support gibt es nicht, stattdessen nur Deathmatch- und Domination-Varianten (je zu Fuß und dem Jetpack) für bis zu vier UMD-Besitzer – keine optional zuschaltbare KI, keine Koop-Möglichkeit, nichts Ausgefallenes.     

Fazit

An den Konsolen-Liebesgrüßen hatte ich viel Freude – die PSP-Version hingegen lässt mich statt zum Martini lieber zum Wodka greifen. Von den PSP-typischen Einschränkungen (schlechtere Grafik, lange Ladezeiten, suboptimale Steuerung) mal abgesehen stört mich vor allem der »Bond light«-Habitus der Umsetzung – die Hälfte der Levels fehlen, darunter die interessantesten! Okay, das Sixties-Feeling ist immer noch da, der Soundtrack dröhnt hervorragend, die Zwischensequenzen sehen auch in klein gut aus. Wenn ihr also damit leben könnt, durch ein zerstückeltes Spiel (inkl. der unvermeidlichen logischen Sprünge) zu rennen, dann greift zu. Aber auch in dem Fall müsst ihr mit der strikten Linearität, dem generell niedrigen Schwierigkeitsgrad sowie dem minimalistischen Mehrspielermodus leben.

Pro

gelungenes Sixties-Ambiente
schöne Grafik
gut inszenierte Zwischensequenzen
abwechslungsreiche, lange Levels
exzellenter Soundtrack
wählbare Original-Sprache

Kontra

viele fehlende Levels
schrecklich langsame Kameraschwenks
ruckelige Grafik
viele und lange Ladepausen
keine Untertitel
mäßiger Mehrspielermodus ohne Online-Funktion
sehr geradlinig und linear
ziemlich einfach

Wertung

PSP

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