Im Test:
Ein sinnvoller Schnitt
Drei Jahre sind eine lange Zeit, in der man viel besser, aber noch viel mehr schlechter machen kann. Und Namco hat in der Vergangenheit vor allem mit dem Habitus der Verschlimmbesserung auf sich aufmerksam gemacht. Egal ob Tekken oder Soul Calibur, stets wurde an den Spielmodi gedoktert und experimentiert und geschnitten, bis am Ende etwas heraus kam, das ein wenig, aber nicht so richtig an frühere Glanztaten erinnerte - oder im schlimmsten Fall ein aufgezwungenes Machwerk wie zuletzt die Kampagne in Tekken 6 . Egal welche Gründe dafür verantwortlich sein mögen, diese Spielvariante ist in Tekken 6 auf der PSP nicht enthalten - wofür man einem Gott seiner Wahl auf Knien danken sollte. Der Kenner des Originals fragt sich jetzt natürlich: Wie soll ich dann hier Kohle verdienen? War doch die Kampagne in erster Linie dafür da, möglichst schnell möglichst viele Items und Klimpermünzen einzusacken, um seine Figur möglichst schnell optisch und statistisch hochzuzüchten. Das ist jetzt natürlich nicht mehr möglich. Dilemma? Im Vergleich zum Vorgänger vermisst man in Tekken 6 (ab 14,99€ bei kaufen) einige Spielmodi, außerdem gibt es merkwürdige Kürzungen im Mehrspielerbereich.
Nein, kein Dilemma - und zwar aus drei Gründen. Erstens braucht es all die Extra-Kampfwerte nicht, denn die spielten auf Konsole ohnehin nur in der Kampagne eine Rolle. Zweitens gibt es deutlich weniger, deutlich weniger Personalisierungsmöglichkeiten als gewohnt: Konnte man auf 360 und PS3 gefühlte Viertelstunden damit verbringen, die Liste der Klamotten einfach nur durchzuscrollen, gibt es jetzt in jeder Kategorie (Kopf, Oberkörper, Beine, Haare etc.) meist gerade
Die lästige Kampagne des Konsolen-Tekken fehlt auf der PSP - das fehlende Geld wird jetzt hauptsächlich im Gold Rush-Modus verdient. |
Die üblichen Verdächtigen
Davon abgesehen lohnt sich der Blick auf die anderen Spielmodi auch nicht wirklich: Es gibt wie auf Konsole den normalen Arcade-Modus, der kaum der Rede wert ist. Denn hier werden einfach nur der Reihe nach sechs Gegner vermöbelt, als siebter wartet der Bonus-Roboter Nancy, danach Jin Kazama, und danach Ober-Nervtot Azazel - hat man den aus den leuchtenden Schuppen gehauen, gibt's einen Textabspann, danach wieder das Hauptmenü. Danke, aber nein danke. Interessanter ist da schon der so genannte Story-Modus, der aber mit dem Äquivalent aus Tekken: Dark Resurrection nichts zu tun hat: Gab es da zwischen den Fights tatsächlich etwas Story, beschränkt sich das hier Gezeigte auf die simplen Einleitungen und die teils bockhässlichen Render-Abspänne. Auch diese Spielvariante kennt man von Konsole, nur hat sie sich da als »Arena« in der Kampagne versteckt: Gerade mal vier Kämpfe sind zu meistern. Alle 40 Fighter sind von Anfang an verfügbar, inkl. der beiden Neuzugänge Zafina und Miguel.
Interessant für Solisten ist auch der Geisterkampf: Hier kloppt man sich gegen immer härtere Herausforderer im Rang nach oben, wobei dieser anders als auf Konsole nicht limitiert ist - der »Tekken Lord« ist also auch offline machbar. Ansonsten war's das: Survival und Time Attack sind bekannte Standards; kein Dojo und kein Bowling weit und breit. Außerdem ist enttäuschend, dass sich die Galerie auf die Renderfilme beschränkt - die Jukebox mit dem unterhaltsamen Tanzbär gehört ebenfalls der Vergangenheit an. Die Figuren können wieder personalisiert werden - allerdings weitaus weniger umfangreich als von 360 oder PS3 gewohnt.
Der Mehrspielermodus beginnt mit einer Enttäuschung: Einmal mehr bleiben PSP-Klopper auf einen Raum beschränkt, Online-Geprügel gibt's nicht. Außerdem braucht jeder Teilnehmer eine eigene UMD, Game Sharing wird nicht unterstützt. Doch davon abgesehen funktionieren die Multiplayer-Partien wunderbar: Man hat die Wahl unter allen 40 Recken, die Verbindung zwischen den PSPs ist lag- und ruckelfrei, die Gefechte laufen sehr rasant ab - wenn auch etwas träger als von Konsole gewohnt, aber das gilt auch für die Solo-Modi. Außerdem kann man vor Spielbeginn entscheiden, ob die Partie sich auf den Rang auswirken soll oder nicht. Und wer Wert darauf legt, kann sich den Geist des Gegenübers runterladen und gegen ihn antreten.
Die großen Fragezeichen
Allerdings gibt es im Multiplayermodus einige Merkwürdigkeiten: Es beginnt damit, dass man das Handicap nicht mehr einstellen kann. Bessere Spieler konnten bislang immer ihre Energieleiste etwas runterschrauben, um Einsteigern eine größere Siegeschance zu lassen - und aus irgendeinem Grund geht das jetzt nicht mehr. Namco, was soll das denn? Der andere Kopfkratzer ist die Tatsache, dass es hier nur vier Levels gibt - von denen drei neu sind und der vierte (das jodelige »Hidden Retreat«) komplett ohne
Schafe auskommt. Generell sind die Levels extrem detailarm, selbst im Vergleich zu den Solo-Arenen, die ihrerseits im Vergleich zu den Konsolen-Originalen schon erheblich Federn lassen mussten - gerade im Bereich des animierten Hintergrunds (Schafe, Schweine, Tomatenschmeißer oder in Gebäude crashende Hubschrauber) wurde gnadenlos der Rotstift angesetzt. Technisch ist Tekken 6 auf der PSP mal wieder erstklassig, allerdings fehlt der Wow-Effekt des Vorgängers.
Das bedeutet allerdings nicht, dass das Spiel schlecht aussähe - ganz im Gegenteil! Die Figuren sind toll designt (wenn auch weniger plastisch als gewohnt) und großartig animiert, das Spiel läuft mit stabilen 60 Frames pro Sekunde, die Levels sehen den Detaileinsparungen zum Trotz (deutlich weniger Effekte, keine Spuren im Schnee oder Bewegungen im Wasser) exzellent aus. Allerdings ist der Wow-Effekt, den der Vorgänger noch problemlos auslösen konnte, jetzt weg - damals wurde die PSP schon fast ausgereizt, eine deutliche optische Steigerung ist Tekken 6 nicht. Ein weiterer Vorteil gegenüber den Konsolenfassungen ist die wunderbar kurze Ladezeit: Dadurch, dass keine 3D-Modelle, sondern lediglich gezeichnete Bilder der Fighter zum Rundenbeginn geladen werden, muss man kaum zwei Sekunden warten, bis es losgeht. Und selbst diese Wartezeit kann man noch verkürzen, indem man das Spiel wie schon bei Soul Calibur: Broken Destiny einige Daten (367 MB) auf den Memory Stick installieren lässt. Allerdings gibt es ein großes, verdammt großes Fragezeichen im Grafikbereich: Warum zum Henker gibt es keine Replays mehr?
Fazit
Ein erstaunlicher und vor allem seltener Fall: Hier haben wir ein Spiel, das auf dem Handheld mehr Spaß macht als auf der Konsole! Namco hat das mittlerweile Undenkbare wahr gemacht und sich bei der PSP-Fassung von Tekken 6 auf die Qualitäten der Serie besonnen, statt krampfhaft das Vorhandene mit möglichst vielen Modi auszustopfen - ja, Soul Calibur: Broken Destiny , ich rede von dir! Versteht mich nicht falsch, die Entwickler haben sich schon beeindruckend viel Mühe gegeben, möglichst merkwürdige Entscheidungen zu treffen: So gibt es drastisch weniger Personalisierungsmöglichkeiten als auf der Konsole, gerade mal vier Mehrspielerlevels (in denen kräftig an der Detailschraube gedreht wurde), keine Sonderspielmodi wie Tekken Bowling, Tekken Dojo oder Command Attack (die beim Vorgänger noch alle vorhanden waren), die Jukebox wurde ebenso wegrationalisiert wie die Replays - und aus irgendeinem bescheuerten Grund kann man im Multiplayer das Handicap nicht mehr einstellen! Und dennoch ist diese Fassung die empfehlenswerteste von allen: Die Konzentration auf das, was Tekken so unterhaltsam macht, tut der PSP-Version gut, die Ladezeiten sind herrlich kurz, die entfallene Geldeinnahmemöglichkeit der Kampagne wird durch den Gold Rush locker und motivierend ausgeglichen - verdammt schade nur, dass man auch dieses Mal nur auf lokale Gefechte beschränkt ist. Obwohl: Wenn man sich Namcos Netzcodequalitäten auf den Konsolen ansieht, ist auch dieser Verlust vielleicht eine gute Sache.
Pro
Kontra
Wertung
PSP
Die beste aller Fassungen: Hier konzentriert sich Namco auf die Tekken-Stärken, setzt an anderen Stellen aber erstaunlicherweise den Rotstift an.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.