Fight Night Round 314.03.2006, Paul Kautz
Fight Night Round 3

Im Test:

Nachdem EAs populäre Fight Night-Reihe auf den großen Konsolen schon seit Jahren einen Preis nach dem anderen einheimst, blieben die Handhelds bislang boxhandschuhfrei. Warum auch nicht, fragt sich der Kenner – basiert der Erfolg der Reihe doch u.a. auf der perfekten Steuerung zweier Analogsticks, die weder auf PSP noch auf NDS vorhanden sind. Und doch stellt sich Round 3 jetzt auf Sonys Handheld dem harten Testmatch...

Verknotungsgefahr!

Was tun, wenn man von vornherein weiß, dass man eine großartige Franchise auf keinen Fall 1:1 auf ein System portieren kann? Man kann sich sagen »Okay, wir geben unser Bestes und designen das Spiel in einer Art und Weise, die den Geist des Games bewahrt, es aber bestmöglich auf das neue System anpasst!«. Man kann einige

Kein leichtes Boxerleben: Dank der fast komplett anderen Steuerung braucht das PSP-Fight Night einige Gewöhnung.
Möglichkeiten durchprobieren und, die eigenen hohen Qualitätsmaßstäbe vorausgesetzt, schließlich verkünden »Nein, wir kriegen das Spiel auf dieser Plattform nicht so hin, dass es unseren Ansprüchen genügt!«. Oder man kann einfach drauflosprobieren, mal sehen, was dabei rauskommt.

Nun weiß ich natürlich nicht, welche Variante Electronic Arts zu Round 3 auf der PSP getrieben hat. Die mit den höchsten Qualitätsmaßstäben kann es aber nicht gewesen sein, denn dann wäre nicht diese Steuerung dabei herausgekommen: Mangels eines zweiten Analogsticks musste alles, was normalerweise auf dem rechten Hebel liegt, irgendwie auf die Buttons verteilt werden, während das linke Hebelchen zum Bewegen des Boxers dient. Im Endeffekt sieht es so aus: Zwei Buttons dienen den Jabs (linke & rechte Hand), zwei Buttons den Schwingern. Uppercuts und Haymaker lassen sich nur über Tastenkombinationen auslösen, wobei dazu teilweise drei Tasten und  eine Richtungsangabe auf einmal zu drücken sind. Was ist mit den Sachen, die sonst auf den Buttons lagen? Ganz einfach: Provokation, illegaler Move, Spezialschlag und Klammern tummeln sich jetzt auf dem Digipad! Noch schlimmer wird's mit dem Blocken: Normales Blocken ist kein Problem (Standard: Schultertaste R), aber sobald es ums Kontern geht, wird es haarig: R + Analogstick + einen der vier Buttons für die entsprechende Körperregion drücken. Ihr seht schon, von intuitiver Steuerung keine Spur. Stattdessen fordert die hiesige Variante viel, wirklich viel Einarbeitungszeit, bis die Gefechte auch nur annähernd so flüssig ablaufen, wie sie das auf den Konsolen schon nach kurzer Zeit tun. Zugegebenermaßen: sehr viel anders oder besser hätte man das kaum hinbekommen können. Aber es funktioniert einfach nicht gut. Jedoch muss es das auch gar nicht, denn die KI verlangt euch nur auf dem härtesten Modus etwas ab. Auf Easy oder Normal kennen die Gegner kaum Kombinationen,

Vertraute Welt: Die Ähnlichkeiten zu Round 2 sind frappierend.
lassen sich immer auf dieselbe Art und Weise verdreschen, blocken kaum und haben die Konterfähigkeit einer verträumten Schrankwand. Darüber hinaus kennen sie grundsätzlich nur einen Weg: nach hinten - erst auf der härtesten Stufe gehen die Rivalen auch mal des Öfteren in die Offensive.

Fight Night Round 2.6?

Wer mit dem zweiten Teil der Serie vertraut ist, wird sich selbst verdammt oft »Das kenne ich doch!« sagen hören! Denn tatsächlich hat das PSP-Round 3 mit den Konsolenversionen gleicher Zahl nicht viel zu tun - dafür sind die Ähnlichkeiten zum Zweier umso frappierender: Arenen, Ringgirls und Spielmodi stammen zum großen Teil aus Round 2, der Cutman (das Minispiel, mit dem ihr euch in den Kampfpausen selbst heilt) muss an vier Ecken bedient werden statt an zwei, es gibt keine Impact Punches, die Boxer-Optionen und -Ausrüstungsgegenstände wirken durch die Bank vertraut. Allerdings klingt das jetzt negativer als es gemeint ist, schließlich ist Round 2 ein hervorragendes Spiel. Es wirkt nur irritierend, dass die Zahl auf der Packung eigentlich etwas anderes verspricht als das, was man tatsächlich bekommt.                        

Immerhin ist die Optik auf einem sehr hohen Niveau: zwar gewohnheitsmäßig etwa eine Qualitätsstufe unter der PS2, was Feinheit der Figuren und Texturen betrifft, außerdem gibt es enorm viele Clipping-Fehler - aber alles läuft flüssig ab, die Animationen sind spitze, die Kämpfer hervorragend erkennbar, die Effekte gerade in den

Die Rival Challenges sind toll durchdacht und gut spielbar.
Zeitlupenwiederholungen sehr cool! Auch in Sachen Akustik haben die Entwickler den zweiten Teil gut ausgeschlachtet: guter Hip Hop-Soundtrack, sehr gute, sehr krachende Schlaggeräusche, hervorragende englische Ringkommentatoren und sonstige Sprecher.

Aber es gibt auch einiges Neues an der Boxfront. Da wäre z.B. die tolle »Rival Challenge«, die ihrem »ESPN Classics«-Pendant auf den Konsolen ohne Hemmungen oder Schwierigkeiten den Rang abläuft. Im Grunde spielt ihr hier ebenfalls legendäre Gefechte nach. Aber im Gegensatz zum ESPN-Flop (siehe Test) haben sich die Entwickler hier ein paar Gedanken gemacht, wie man die Sache interessant gestalten könnte. So habt ihr im normalen Modus immer eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen, die euch eine Gold-, Silber- oder Bronzemedaille bringt. Z.B. startet ihr beim klassischen Gefecht Muhammad Ali gegen Joe Frazier ziemlich angeschlagen als Ali in der zwölften Runde. Ihr habt jetzt drei Runden Zeit, den Gegner aus den LoTops zu kloppen, dann regnet es Gold und Geld. So werden nach und nach weitere Herausforderungen freigeschaltet, die immer andere Anforderungen an euer Geschick stellen. Interessant auch »My History«: Hier sollt ihr den Kampfstil eines Gegners analysieren und ihn aufgrund dieses Wissens besiegen: So müsst ihr z.B. dem Vielklopper Joe Frazier möglichst oft ausweichen und seine Trefferquote niedrig halten, um ans Gold zu kommen. Oder auf Sugar Ray Leonard während einer seiner berühmten Verspottungen so heftig wie möglich einschlagen - eine coole Idee! Genauso wie »Change History«, wo ihr berühmte Kämpfe absichtlich anders ausgehen lassen müsst als in der Realität geschehen.

Ich und mein Rivale

Das klassische Herz eines jeden Fight Night ist auch hier die Karriere: Ihr könnt entweder einen eigenen Muskelberg erschaffen (wobei das aufgrund ständigen Nachladens seitens der PSP einige Zeit in Anspruch nimmt) oder ihr spielt die Laufbahn eines bestehenden Boxers nach - letzteres ist allerdings genauso unergiebig wie bei den Konsolen-Fassungen. Vor jedem Kampf gibt es das gewohnte

Mach mir den Boxer: Ihr habt viele Einstellungsmöglichkeiten, allerdings rödelt die PSP derweil im Hintergrund mächtig herum.
Training, wobei ihr dieses Mal nicht selbst zu Gewicht oder Boxsack greifen dürft, sondern alles der (auf Konsolen alternativen) Automatik überlassen müsst. Ihr habt nur die Wahl des Trainingsbereiches und der -intensität, was sich direkt auf das Verletzungsrisiko auswirkt, das euren körperlichen Zustand verschlechtern kann. Wie gewohnt spielt ihr in diesem Modus neue Levels und Ausrüstung frei, zusätzlich werden Gegner schon mal zu Rivalen, die Rache schwören, nachdem man sie böse vermöbelt hat - manche trifft man also mehrmals wieder. Interessanterweise bekommt ihr hier wie im echten Leben nur einen Teil der Kampfbörse ausgezahlt, der größere Happen geht an Veranstalter, Trainer, Ringarzt - und den Gegner, jedenfalls solange ihr nicht die Nummer Eins seid.

In Sachen Multiplayer bietet Fight Night Round 3 (ab 19,73€ bei kaufen) neben dem obligatorischen Jeder-braucht-eine-UMD-Zweispielermodus auch eine WiFi-Variante via Infrastructure. Habt ihr also einen WLAN-Knoten in der Nähe, könnt ihr gegen Spieler aus aller Welt antreten, in Statistiken schmökern und euch die Spiele maßschneidern - ihr könntet es jedenfalls, wenn die Verbindung nicht nahezu unspielbar mit Lags verseucht wäre.             

Fazit

Mein erster Eindruck: »Hä? Round 2?«. Mein zweiter Eindruck: »Ach du Scheiße, was ist denn das für eine Steuerung??«. Mein dritter Eindruck (nach ca. zwei Spielstunden): »Blöde Gegner, aber immerhin haben sich meine Finger wieder entknotet.«. Mein Fazit: So viele schöne Ideen, so größtenteils für die Katz! Wenn ich an Fight Night denke, dann kommt mir als Erstes die fantastische Analogsteuerung in den Sinn, und die gibt es hier einfach nicht – wie auch? Das Ganze erweckt den Eindruck einer »Die Plattform braucht auch eine Version, basta!«-Entscheidung, wobei man den Entwicklern nicht mal einen Vorwurf machen kann. Im Gegenteil, in der PSP-Variante verstecken sich einige hervorragende Einfälle wie die Rival Challenges, die den ESPN Classics der Konsolenfassungen ins Gesicht lachen. Auch technisch ist Round 2 ½ beeindruckend, zwar in allem ein bisschen grober als die PS2-Fassung, aber für PSP-Verhältnisse spitze. Und doch bin ich alles andere als glücklich, denn das hier ist trotz aller Gleichheiten einfach kein Fight Night: Statt taktischer Kämpfe dominieren arcadige und stark buttonmasherlastige Jab- und Haken-Donnerwetter die Kämpfe, die KI dümpelt träge vor sich her. Habt ihr genug Sitzfleisch, euch durch die Kontrolle zu ackern, macht das Ding Spaß. Allerdings ist der Weg da hin ein sehr steiniger.

Pro

beeindruckende Grafik
tolle Animationen
viele Personalisierungsmöglichkeiten
gute Soundkulisse
interessante Spielmodi
viele legendäre Kämpfer
guter Spielereditor
dramatische Replays

Kontra

enorm gewöhnungsbedürftige Steuerung
ewig scheinende Ladezeiten
lagreicher Online-Modus
hat nicht viel mit Round 3 zu tun
massig Clippingfehler
simple KI
ausschließlich automatisches Training

Wertung

PSP

Mäßiger Prügler, der nicht viel mit seinen Konsolen-Brüdern zu tun hat.

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