Breath of Fire 311.02.2006, Benjamin Schmädig
Breath of Fire 3

Im Test:

Capcom zaubert ein Lächeln auf die Gesichter von Fans japanischer Rollenspiele und ebnet Breath of Fire den Weg über den großen Teich. Aber während die zuletzt erschienene PS2-Fortsetzung die Nummer fünf der Serie war, prangt hinter der aktuellen Inkarnation lediglich eine "III". Warum? Weil Capcom den PSP-Besitzern keinen Nachfolger spendiert, sondern lediglich den auf der Ur-PlayStation erschienenen dritten Teil neu auflegt. Kann das acht Jahre alte Spiel heute noch überzeugen?

Zweidimensionale Wiederbelebung

Breath of Fire III hatte schon damals ein Problem: Eine naive Story, die liebevolle aber unspektakuläre Kulisse, der Rundenkampf, endlose Zufallskämpfe sowie das Minispiel als Rastplatz vom Handlungsrahmen – Capcom bescherte dem Genre anno ’97 ähnlich viele Innovationen wie Quake 4 den Shooter-Fans. Es hat mich daher echte Überwindung gekostet, immer weiter durch die Welt von Wyndia zu stapfen. Was dabei mit mir bzw.

Echse sein ist cool! Hier ein ausgewachsenes Exemplar von Ryus zweitem Ich im Bild.
meinen Protagonisten geschah, habe ich meist nur als nüchterne Notiz im Kopf vermerkt; meiner Gefühlswelt war die Handlung bis auf Ausnahmen egal.

Dabei hätten die Protagonisten das Zeug dazu, richtig an den Schirm zu fesseln: Ryu, der als Drache in der Gestalt eines kleinen Jungen einer fiesen Verschwörung auf die Schliche kommt, sowie seine Freunde und Feinde überzeugen als schön gezeichnete Comicfiguren. Vor allem die Mimik und Gestik im naiven Manga-Stil erweckt immer wieder den mütterlichen Knuddel-Impuls – natürlich nur, wenn man mit den Stilmitteln der Japaner etwas anfangen kann. Für Unbewanderte: Die zweidimensionalen Figuren protzen nicht mit flüssigen Animationen, sondern zucken kaum spürbar mit den Schultern oder haben ein Ausrufezeichen über dem Kopf, wenn sie in eine missliche Lage geraten.

Drehbuch laut DIN

Überhaupt verdankt das Spiel seinen individuellen Reiz dem schön gezeichneten Comic-Look, für den 2D-Animationen auf dreidimensionalen Hintergründen zum Leben erweckt werden. Einziger Nachteil: Den Chips

Leider nur in Englisch: Viel lapidarer Text bringt die Geschichte voran.
der PSP entlocken derartige Ansprüche nur ein müdes Lächeln. Wenn ihr mit dem Handheld angeben wollt, steckt lieber Untold Legends oder dessen bald erscheinenden Nachfolger in die Tasche.

Weniger liebenswert als die Figuren zeigt sich die Story, da ihr weder interessanten Charakteren begegnet noch ausgefeilten Handlungsfäden folgt. Da erledigt ihr diverse Bösewichter, trefft neue Freunde, verabschiedet euch von alten Gefährten und macht einen Großteil eurer Zeit Jagd auf eure verloren gegangenen Kumpel. Die Designer hatten sich scheinbar penibel an den "Leitfaden zum Erstellen der Geschichte eines in Japan produzierten Rollenspiels" gehalten. Man muss nüchtern anerkennen, dass die große Menge an Klischees mit geübter Hand ins Spiel gepflanzt wurde. Was fehlt ist aber jener Funken Leidenschaft, der auch das Herz begeistern kann.          

Taktische Feuerspielchen

Interessanter sind die taktischen Rundenkämpfe, denn dank der individuellen Eigenschaften gewinnen die Figuren während der Auseinandersetzungen an Profil. Auch hier aber alles wie gehabt: Ihr erhaltet je nach gewählter Formation Offensiv- oder Defensiv-Boni, legt die Aktionen eurer Protagonisten fest und seht dabei zu, was anschließend geschieht. Für Abwechslung sorgen zwei witzige Ideen: Statt anzugreifen, könnt ihr die Gegner auch beobachten – mit etwas Glück lernt ihr so deren Tricks, um sie eurem eigenen Repertoire hinzuzufügen. Richtig cool ist aber erst die Möglichkeit, Ryu in einen Drachen zu

Jippie! Dem Helden geht ein Fisch ins Netz - das Minispiel hat sich gelohnt.
verwandeln. Um das zu tun, müsst ihr Gene einsammeln, welche ihr zum Zeitpunkt der Verwandlung frei kombinieren könnt. Die so entstehenden Echsen variieren in Form und Farbe und warten mit teilweise sehr unterschiedlichen Fähigkeiten auf. So spuckt Ryu mal Feuer, ein anderes Mal Eis und schwächt mit einem dritten Gen die Verteidigung seiner Widersacher.

Erschreckend ist allerdings der gleichförmige Kanon, zu dem euch die Zufallskämpfe zwingen. Nicht nur, dass ihr mit auffälliger Häufigkeit zu Auseinandersetzungen gebeten werdet, ihr könnt auch die Uhr danach stellen: Nach geschätzten 100 Meter Fußweg müsst ihr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu den Waffen greifen. Zwar könnt ihr jederzeit fliehen (meist sogar ohne Konsequenzen), doch schon bei den spürbaren Ladezeiten vor und nach den Kämpfen gehen wertvolle Nerven verloren. Zudem klickt ihr euch nicht flink durch Dialogfenster wie z.B. die Auflistung der gesammelten Erfahrungspunkte, sondern müsst stets ein paar Sekunden lang warten, bevor ihr fortfahren dürft. Und auch das Umschalten der Kontrolle auf Automatik bringt kaum Vorteile, denn gegen härtere Widersacher sieht die KI kein Land. Insgesamt bleibt die frustrierende Feststellung, dass euch in den Kämpfen zwar nette Ideen erwarten, aber die Lust an den zu häufigen Auseinandersetzungen auch schnell vergeht.

Entspannung am See

Abgesehen von den vielen Feinden, seht ihr euch natürlich auch diversen Rätseln gegenüber – meist handelt es sich um Aufgaben der Kategorie "Gehe zu Punkt A und rede mit Person X" oder "Gehe zu Ort Beta und drücke Objekt Zeta". Damit erfüllt Breath of Fire III einmal mehr nur die unbedingten Notwendigkeiten eines Spiels seiner Bauart, weshalb sich

Während der Kämpfe bekommt ihr schicke Zaubersprüche zu Gesicht.
der Ablauf immerhin solide inszeniert anfühlt.Größte Wermutstropfen: Ihr müsst des Englischen mächtig sein und braucht ein verdammt gutes Gedächtnis, da Ryu kein Tagebuch führt, welches das aktuelle Ziel für spätere Sitzungen festhalten könnte.

Und schließlich noch ein Tipp zum Entspannen: Falls euch die Aufregung des Abenteurer-Alltags mal bis zum Hals steht und ihr Entspannung sucht, dann geht doch einfach Angeln! Damit lässt sich nicht nur leckeres Essen erbeuten, die Meeresfrüchte eignen sich je nach Sorte auch hervorragend als Aufputschmittel für diverse Charakter-Werte. Um Fischen zu gehen, müsst ihr euch lediglich ein dafür vorgesehenes Plätzchen suchen und schon werft ihr den Köder aus, lockt Fische mit verschiedenen Tastenkombinationen an und holt die Angel ein, falls einer anbeißt. Das Fischen dürft ihr übrigens auch per Game Sharing als Demoversion über den WiFi-Äther schicken.         

Fazit

Die Idee ist klasse! Meine Partie darf sich die Angriffe ihrer Gegner abgucken und der putzige Held kann sich in Drachen verwandeln, dessen Erscheinung und Fähigkeiten meiner Wahl unterliegen. Optisch zeigt Breath of Fire zwar keinem aktuellen Titel die Zähne, dafür motiviert das Wandern durch die makellose Fantasywelt. Letztere hat aber ein Problem: Die wenigen frischen Ideen halten das Abenteuer nicht lange am Leben. So witzig das Fischen ein paar Minuten lang auch ist, so eindrucksvoll der Drache kämpft und so praktisch das Erlernen der generischen Attacken ist – die Entwickler schicken euch in eine lineare Welt von der Stange und bringen das Vorankommen mit den ständig auftauchenden Zufallskämpfen zu oft ins Stocken. Unter der uninspirierten Schale versteckt sich jedoch ein ansprechender Titel, der mit etwas mehr Liebe zum Detail einen leckeren Kern zum Vorschein hätte bringen können.

Pro

schöner Comic-Stil
Erlernen gegnerischer Angriffe
taktisch anspruchsvolle Kämpfe
witziges Minispiel
nützliche Drachen-Verwandlung
Drachen-Gene beliebig kombinierbar

Kontra

zu häufige Zufallskämpfe
lineare, uninspirierte Story
kein Tagebuch
Optik hinkt aktuellen Titeln hinterher
keine deutschen Texte

Wertung

PSP

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