Pilot Academy03.12.2006, Paul Kautz
Pilot Academy

Im Test:

Wind Nordost, Startbahn 03... bis hier hör' ich die Motoren... hach, ein peinlicher Klassiker, aber immer wieder schön. Und er liefert auch hervorragendes Material für die Einleitung zum Test eines Flug-ahem-simulators: Denn wo fühlt man sich den Wolken näher als hinter dem Steuer eines Flugzeugs? Ab auf die Pilotenakademie mit euch! Uns hat's auch nicht geschadet!

Fly me to the moon

Sorry für das Stottern in der Einleitung, aber Pilot Academy (ab 28,00€ bei kaufen) ist natürlich keine Simulation. Wie sollte sie auch eine sein? Sie findet auf der PSP statt, muss in der Bedienung mit sieben Knöpfen und einem »Joystick« auskommen, der nicht eben für seine Präzision bekannt ist. Es ist aber auch kein Arcade-Flieger: Jede Maschine steuert sich spürbar anders, das Landen ist nachweislich der komplizierteste Teil jeder Mission, Wind und

Fliegende Schulbank: In der Ausbildung lernt ihr die grundlegenden Flugmanöver.
Wetter haben einen deftigen Einfluss auf das Maschinenverhalten, die Flugphysik ist durchaus ernst zu nehmen. Natürlich gibt es etliche Vereinfachungen: Der Treibstoff geht nie zur Neige, das Stall-Verhalten ist völliger Quatsch, Flügelstellungen lassen sich nicht verändern. Im Grunde also ein Arcade-Simulator in Tradition des guten alten Strike Commander - nur ohne Story und mit weniger Action.

Um dem Namen gerecht zu werden, gibt es in Pilot Academy eine umfassende Ausbildung, die euch sieben zivilie und fünf militärische Disziplinen durchlaufen lässt, bevor ihr den virtuellen Pilotenschein in der Hand haltet. Hier lernt ihr alles über Start, Landung, Kurvenflug, Navigation und das Ballern mit MGs und Raketen - Lektionen, die ihr in den »Missionen« und »Herausforderungen gut gebrauchen könnt. Ersteres ist erneut in friedliche und kriegerische Aufträge unterteilt, u.a. müsst ihr Passagiere transportieren, Fotos von Elefantenherden machen, schnell hintereinander auf mehreren Flughäfen landen, Dogfights in einem uralten Doppeldecker überstehen, hinter feindlichen Linien Fotos von Militäreinrichtungen machen oder durch schweres Flak-Feuer fliegen und sicher auf einem Flugplatz landen. In jeder Mission gibt es Bedingungen sowie ein Zeitlimit zu beachten. Außerdem habt ihr oft genug Passagiere dabei, die extravagante Manöver nicht zu schätzen wissen: Wenn den Leuten langsam die Kotztüten ausgehen, ist der Auftrag schon halb verloren, sprich: Loopings sind mit der einsitzigen Cessna ein großer Spaß, mit einer vollgestopften Boeing 747 sollte man sich dieses Manöver aber vielleicht zwei Mal überlegen. Die Herausforderungen sind schließlich kurze, actionreiche Missionen, in denen ihr z.B. mit einem Kampfjet bei Höchstgeschwindigkeit durch Ringe fliegen müsst, die in Hochhausschluchten verteilt sind - definitiv fortgeschrittenes Material, das genau aus diesem Grund erst später im Spielverlauf freigeschaltet wird.

Mein Haus, mein Auto, meine Flugzeuge

Tollkühne Männer in ihren fliegenden Kisten: Ihr erobert die Lüft auch in sehr alten Maschinen.
Für ein Spiel auf einer so kleinen UMD bietet Pilot Academy eine umfangreiche Maschinenwahl: 21 Flieger, von der F-117A Nighthawk über die F-16 Falcon bis zur MiG 29 Fulcrum warten auf euren Einsatz. Im zivilen Sektor springt ihr hinter die Knüppel der Cessna 172 Skyhawk, der Boeing 747 oder gar der Air Force One!.Und schließlich warten noch Oldies wie die Sopwith Camel, der sehr roterbaronige Fokker Dr.I-Dreidecker oder die Spitfire Mk IX - alle offiziell lizenziert, auf Hochglanz poliert und schön modelliert. Bevor ihr diese Babies allerdings im Schlaf beherrscht, wird viel Altblech auf dem Boden verteilt, denn der Schwierigkeitsgrad ist nicht ohne: Die Lernkurve ist sehr steil, der Feind schießt zielgenau, sehr viel Hilfe seitens des Programms gibt's auch nicht - und vor allem keine echten Aussagen, warum eine Mission gescheitert ist: »Sie sind abgestürzt« scheint von der vermasselten Landung bis zum Raketentreffer für so ziemlich alles zu gelten. Was dazu gehört eine »Flugbahn« zu 100% »erreicht« zu haben, ist auch nicht auf den ersten Blick klar - auch nicht auf den zweiten im Handbuch, denn da steht's nicht drin. Und natürlich ist das Steuerungsknüppelchen der PSP nicht gerade eine Hilfe in Sachen sensible Kontrolle.         

Habt ihr genug vom action- bzw. auftragsreichen Fliegeralltag, könnt ihr auch eine ganz relaxte Runde im Freiflugmodus drehen: Hier wählt ihr aus den Maschinen, die ihr bislang freigespielt habt und kurvt einfach so über das große Spielareal - nicht sehr ergiebig, aber durchaus entspannend. Oder ihr winkt bis zu drei Freunde

Nicht nur für Zivilisten: Euch erwarten auch viele Militäreinsätze.
samt Pilot Academy-UMD heran und liefert euch Nahkämpfe, Luft-Verfolgungsjagden oder gleich einen ausgewachsenen Luftkrieg. Neben drei wählbaren Szenarien dürft ihr euch auch für die Zeitperiode entscheiden, aus der euer Flieger stammt. Interessanterweise könnt ihr auch zwei Äras mischen, sehr alte gegen sehr neue Maschine ist zwar nicht sehr fair, aber immerhin möglich.

Labertaschen an Bord

Die Grafik der Pilotenschule ist beachtlich: Klar fehlt's an Details, klar zermatschen die Bodentexturen wie vier Wochen alte Tomaten nach einem Fall aus zwei Kilometer Höhe, klar bestehen die wenigen Bodenobjekte aus noch weniger Polygonen, klar gibt's immer wieder Polygonfehler wie in der Luft schwebende Gebäude. Und dennoch sieht das kleine Teil schön aus, besonders die Flugzeugmodelle sind mit viel Liebe gestaltet und mit feinen Lichteffekten verziert. Die Umgebung scrollt schön gestaltet und im Normalfall auch ausgesprochen flott am Flieger vorbei, gelegentlich wird's aber auch unangenehm zuckelig - das Verstreuen von Pestiziden ist z.B. nicht nur schlecht für Schädlinge, sondern auch scheinbar sehr rechenintensiv. Dazu gibt's noch zwei Perspektiven (Außen- und Ego-Ansicht, kein Cockpit), so dass der Gesamteindruck noch am ehesten mit »nett« umschrieben ist - kein Kracher, aber für die Verhältnisse durchaus bemerkenswert. Auch die 

Die Grafik ist für PSP-Verhältnisse ziemlich gut und läuft meist ruckelfrei.
englische Sprachausgabe (mit dt. Untertiteln) ist entweder für einen Lacher gut (Favoriten: die keifende Businessfrau sowie der besoffene Tourist) oder, wie in den Fluglektionen, sehr angenehm zu hören. Nur die eigentlichen Soundeffekte bestechen durch öde und nervende Loops kurzer Motorensounds - runterdrehen bitte!

Genau wie bei einem Marathonlauf gegen ein Faultier heißt es in der Pilot Academy vor allem, Geduld zu haben - die Ladezeiten sind höllisch lang. Selbst das so unscheinbare Hauptmenü braucht eine gefühlte Ewigkeit, um auf dem Bildschirm zu erscheinen, besonders lästig wird das UMD-Rotieren beim Tutorial: Denn hat man eine Lektion beendet, geht es nicht etwa sinnigerweise gleich zur nächsten, sondern aus irgendeinem Grund komplett ins Hauptmenü zurück. Das Procedere lautet also: Hauptmenü -> Tutorial -> Lektion aussuchen -> Lektion fliegen -> Hauptmenü. Zwischen jedem einzelnen dieser Punkte liegen Ladezeiten zwischen 30 Sekunden und gut einer Minute. Das gilt auch für andere Missionen. Einen logischen Zusammenhalt zwischen den Aufträgen gibt es nicht, nach geschaffter Aufgabe geht's immer schnurgerade ins Hauptmenü zurück.     

Fazit

Eins muss man Pilot Academy lassen: Es ist das bislang beste Spiel vom Retro-Verwurster Rising Star Games! Die schöne Kulisse, die interessanten Missionen, das gute Fluggefühl - da hatte ich viel Schlimmeres erwartet. Allerdings krankt das Spiel nicht nur an Ladezeiten aus der Hölle, sondern auch an dem hammerharten Schwierigkeitsgrad und der sehr empfindlichen Steuerung - der PSP-Nippel ist nun mal kein Ersatz für einen ordentlichen Flightstick. Außerdem geht mir das ständige Ins-Hauptmenü-Zurückgespringe ordentlich gegen den Strich, zieht es doch gerade das Tutorial unnötig in die Länge. Aber egal: Einmal in der Luft, entfaltet Pilot Academy eine angenehm einlullende Atmosphäre, die die Hände an die PSP fesselt. Nicht direkt ein Flight Simulator X-Ersatz, aber erstaunlich kompetent und fordernd!

Pro

gute Grafik
einfache Steuerung
schönes Fluggefühl
gute englische Sprachausgabe
gut designte Missionen
anspruchsvolle Herausforderungen

Kontra

belastend lange Ladezeiten
gelegentlich ruckelnde Kulisse
matschige Texturen
sehr schwer
nervendes Ins-Hauptmenü-Zurückgespringe
öde Soundeffekte
empfindliche Steuerung

Wertung

PSP

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