Gran Turismo PSP12.10.2009, Michael Krosta
Gran Turismo PSP

Im Test:

PSP-Rennfahrer mussten sich lange gedulden: Schon als die PSP das Licht der Welt erblickte, wurden erste Gerüchte über einen mobilen Ableger von Gran Turismo laut. Als das Projekt dann endlich von Polyphony bestätigt wurde, schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis auch auf dem Handheld die Motoren röhren würden. Dass es so lange dauern würde, hat aber niemand gedacht, denn in der Zwischenzeit schien Gran Turismo Mobile sogar von der Fabrik direkt auf den Schrottplatz gefahren zu sein. Wäre dies vielleicht sogar die bessere Entscheidung gewesen oder hat sich das Warten gelohnt?

Beachtliche Leistung

Schon nach dem ersten Anspielen auf diversen Messen wurde schnell klar, dass Polyphony Digital bei der Handheld-Umsetzung zumindest technisch Vollgas gibt: Bis auf leichte Abstriche bei einigen Grafik- und Lichteffekten wie etwa sprühenden Funken oder der Sonneneinstrahlung zwischen Baumkronen hat man es geschafft, die staubigen Rallye- und schnellen Asphalt-Pisten zusammen mit den detaillierten Boliden von Gran Turismo 4 nahezu 1:1 auf die PSP zu übertragen. Über 30 Pisten dürfen gleich von Anfang an besucht werden, darunter Klassiker wie Trial Mountain oder der High Speed Ring, reale Kurse wie Laguna Seca und Suzuka, Stadtstrecken in Seoul oder New York sowie Offroad-Abflüge in den Grand Canyon - selbst die über 20 Kilometer lange Nordschleife ist im üppigen Angebot enthalten. Störende Slowdowns findet man bei einer traumhaften Framerate von 60 Bildern pro Sekunde keine, nur vereinzelte Pop-Ups und kleinere Fehler bei Texturen

Video: Totgesagte rasen schneller: Auf der E3 kam Gran Turismo PSP wieder aus der Versenkung hervor.(weißes Flimmern) trüben den positiven Eindruck. Regenrennen, verschiedene Tageszeiten oder dynamische Wetterumschwünge gibt es zwar keine, doch darf man zumindest auf einer Strecke mit entsprechenden Fahrzeugen und Reifen durch den Schnee pflügen.

Wagen ohne Ende

Gran Turismo PSP dürfte ohne Zweifel das Rennspiel mit dem größten Fuhrpark auf Sonys Handheld darstellen. Insgesamt stehen über 800 lizenzierte Fahrzeuge von Herstellern wie Audi, VW, BMW, Mazda, Subaru oder Lamborghini zur Auswahl. Dumm nur, dass man sich nicht einfach sein Wunsch-Auto in die Garage stellen darf. Das Guthaben auf dem Konto ist da noch das kleinere Problem, denn da das Bestehen der zahlreichen Fahrprüfungen jetzt neben Renngewinnen ebenfalls massig Kohl in die Kasse spült, kann man sich im Gegensatz zu anderen GT-Spielen hier bereits sehr früh als "Credits-Millionär" die entsprechenden Traumwagen leisten - wenn man sie sich kaufen darf. Häh? Geht man dazu nicht einfach wie gehabt zum Händler seines Vertrauens, legt das Geld auf den Tisch und freut sich über seinen neuen Boliden? Ja, so war es früher. Auf der PSP rotieren die Autobauer in unregelmäßigen Abständen und bieten nur an bestimmten (Spiel-)Tagen ihre Fahrzeuge zu Verkauf an. Klingt ziemlich sinnfrei? Ist es auch! Was nützt mir Nissan, wenn ich doch viel lieber einen Porsche kaufen will? Was Polyphony bei dieser Idee wohl geritten hat...?

Keine Karriere

Diese Frage dürfte man sich auch beim Durchforsten der Spielmodi stellen: Einzelrennen? Super. Drift-Wettbewerbe? Auch

Der Fuhrpark ist mit über 800 Fahrzeugen auch beim mobilen Ableger gigantisch groß und bietet detailliert nachmodellierte Boliden.
toll. Zeitfahren? Immer wieder schön. Aber wo zum Geier steckt der Karrieremodus, in dem ich ganz nebenbei auch neue Tuningteile für meinen Fuhrpark kaufen und diverse Turniere bestreiten darf? Es ist zwar kaum zu glauben, aber genau dieses Herzstück fehlt in dieser mobilen Light-Variante. Hier absolviert man tatsächlich nur ein Einzelrennen nach dem anderen und sammelt abhängig vom Schwierigkeitsgrad und der Rundenanzahl Preisgelder. Letztere dürfen dabei nur in neue Fahrzeuge investiert werden, denn der Tuningaspekt, bei dem man seinen Schlitten nach und nach vom Serienwagen in ein Renngeschoss verwandelt werden, wurde einfach gestrichen. Hier gibt es lediglich noch die aus dem GT5 Prologue bekannte Quick Tuning-Funktion, mit der man mit Hilfe von Schiebereglern seine PS-Anzahl kostenfrei erhöht und kleine Einstellung am Fahrwerk sowie der Aerodynamik vornimmt - allerdings nur bei den Fahrzeugen, die man manuell in die Favoritenliste gepackt hat. Was soll das? Ebenfalls schlimm: Für jede Strecke müssen höhere Schwierigkeitsgrade einzeln freigeschaltet werden. Selbst wer z.B. auf dem Paris-Kurs schon gegen KI-Fahrer im B-Rang antritt, muss bei seinem ersten Besuch an der Côte d'Azur wieder gegen die lahmen Schnecken mit ihrem D-Rang antreten und sich Rennen für Rennen nach oben arbeiten. Der Sinn dahinter ist folgender: Das Spiel analysiert für jede Strecke das Fahrkönnen des Spielers, das in die Fähigkeiten eines KI-Fahrers fließt, den man u.a. in Mehrspieler-Partien antreten lassen darf. Ist diese Funktion das nervige Prozedere zum Freispielen höherer Schwierigkeitsgrade wert? Für mich nicht. Darüber hinaus spielen Reifenverschleiß und Benzinverbrauch hier keine Rolle mehr. Und da es auch hier kein Schadensmodell gibt, kann man sich Boxenstopps komplett sparen und den Kampf gegen gerade mal drei KI-Gegner, die meist stur der Ideallinie folgen, ohne Pause fortsetzen.    

Herrliches Fahrgefühl

Obwohl die Entwickler inhaltlich so viel falsch machen, gelingt ihnen eine Sache wieder richtig: Das Fahrgefühl ist auch auf der PSP top! Zwar spürt man mangels analogen Eingabemöglichkeiten nicht alle Feinheiten und kann die Boliden folglich auch nicht ganz so präzise durch die

Wie auf den großen Konsolen überzeugt Gran Turismo auch auf der PSP durch eine gelungene Fahrphysik.
Kurven zirkeln, doch fährt sich jeder Flitzer anders und durchaus anspruchsvoll, wenn man erst mal Assistenten wie die Aktivlenkung, Traktions- und Stabilitätskontrolle deaktiviert. Außerdem darf man auch hier eine Profi-Fahrphysik wählen, wobei sich der Unterschied zur normalen Variante aber erst deutlich bemerkbar macht, wenn man neben die Strecke gerät. Erfreulich ist, dass man neben den aus GT4 bekannten Innen- und zwei Außenansichten auch noch eine neue Cockpitperspektive hinzugefügt hat. Diese wirkt zwar sehr generisch - man sieht weder Lenkräder noch Armaturen - aber vermittelt dennoch ein besseres "Mittendrin-Gefühl" und bietet darüber hinaus neben dem Innenspiegel auch noch funktionierende Außenspiegel, in denen man ebenfalls noch gut etwas erkennen kann.

Online-Fluch?

Die Kombination Gran Turismo und Onlinemodus stand bisher unter keinem guten Stern. Während auf der PS2 sämtliche Teile einen weiten Bogen um Internet-Rennen machten, waren auch die ersten Gehversuche bei Gran Turismo 5: Prologue auf der PS3 alles andere als überzeugend. Das mag vielleicht auch ein Grund dafür sein, dass man auf der PSP wieder ganz darauf verzichtet hat und lediglich lokale Adhoc-Rennen für bis zu vier Spieler sowie das Tauschen von Fahrzeugen untereinander erlaubt. Trotzdem schade, dass nicht mal persönliche Bestzeiten in Ranglisten veröffentlicht werden können oder zumindest Pseudo-Onlinerennen gegen heruntergeladene Ghost-Cars ermöglich werden.    

Fazit

Gran Turismo ist auf der PSP trotz des Umfangs eine Enttäuschung. Vor allem, wenn man gehofft hat, hier die gleichen Möglichkeiten und eine ähnliche Spieltiefe zu bekommen wie bei den "großen" GT-Titeln auf der PS2. Zwar sind die Fahrprüfungen eine nette Herausforderung, aber darüber hinaus nur Einzelrennen abzuspulen und bei jeder neuen Strecke wieder bei der einfachsten KI-Stufe anzufangen, ist auf Dauer einfach nicht motivierend genug. Ich spare lieber auf heiß ersehnte Tuningteile oder freue mich über den Gewinn ganzer Rennserien anstatt von einem Einzelrennen zum nächsten zu springen, in dem ich gerade mal gegen drei andere Fahrer antrete. Außerdem ärgert es mich, dass ich nicht zum Autohändler meiner Wahl gehen kann, wenn ich es will, sondern auf den Tag warten muss, an dem er in der willkürlichen Auswahl an Anbietern vertreten ist. Weshalb ich Gran Turismo auf der PSP trotzdem immer wieder zwischendurch ins UMD-Laufwerk schieben werde? Das Fahrgefühl! Auch am Handheld macht es trotz eingeschränkter Möglichkeiten einfach Spaß, mit den völlig unterschiedlichen Flitzern des riesigen Fuhrparks seine Runden auf den abwechslungsreichen Strecken zu drehen, zumal die technische Qualität überzeugt. Hätte man sich doch nur inhaltlich ähnlich große Mühe gegeben...

Pro

riesige Fahrzeugauswahl (800+)
massig Strecken (z.T. auch rückwärts fahrbar)
sehr gutes Fahrgefühl
flüssige Darstellung
neue, generische Cockpitansicht
gelungener Sound
zumindest Quick Tuning-Optionen
schick modellierte Boliden
Adhoc-Mehrspielermodi
Rallye-Events ebenfalls enthalten (inkl. Schnee)
präzise Steuerung
viele Fahrprüfungen / Herausforderungen
Windschatten
zuschaltbare Fahrhilfen

Kontra

kein Karrieremodus
keine Tuning-Upgrades
nur drei KI-Gegner
kein Online-Modus
eingeschränkte Autohaus-Auswahl
kein Schadensmodell
kein Reifenverschleiß (mehr)
keine Regenrennen
relative sture Ideallinien-KI
Schwierigkeitsgrad jede einzelne Strecke gebunden
kein Qualifying

Wertung

PSP

Großer Umfang, wenig Inhalt: Ohne Karrieremodus und Tuning kann die PSP-Fassung nicht so sehr fesseln wie die Konsolen-Vorbilder.

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