Ace Combat X: Skies of Deception16.12.2006, Paul Kautz
Ace Combat X: Skies of Deception

Im Test:

So langsam wird die PSP zur Allroundmaschine: Neben Renn-, Action- und Prügelspielen betreten auch Genres wie Egoshooter und neuerdings sogar Flugsimulationen ungewohntes Handheld-Neuland - letzten Monat drückten wir die Schulbank in der Pilot Academy, jetzt kommt dieses Wissen bei Ace Combat X zum Tragen! Also schnallt euch den Fallschirm um den Hintern, es geht auf in neue Lüfte!

Auf Hochglanz poliert

Es gibt so ein paar Spiele, da denkt man sich von der ersten Sekunde an »Leck mich am Arsch, sieht das gut aus!« - Spiele wie God of War, Tekken: Dark Resurrection, Resident Evil 4, Shadow of the Colossus, Yoshi's Island 2 oder Gears of War, die einfach vom ersten Augenblick an allein aufgrund ihrer Darstellung den Spieler in der Tasche haben. Ace Combat X ist auch so eins: Leck mich am Arsch, sieht das gut aus! Zerfurchte Gebirgszüge, zugebaute Städte, weite Seen und Grünflächen, wie sie auch Google Earth kaum besser darstellen könnte, ziehen flüssig und detailreich an der Maschine des Spielers vorbei, die ihrerseits toll modelliert,

Das Spiel sieht für PSP-Verhältnisse teuflisch gut aus - von den feinen Flugzeugmodellen bis zur detaillierten Bodendarstellung!
schön schattiert und flüssig animiert ist! Die Framerate bleibt immer über Mach 2, selbst während heißer Gefechte, bei denen dicke Explosionen den Himmel verzerren, gibt's keinen FPS-Stall - und nach jedem Auftrag fasst ein automatisches Replay die besten Abschüsse aus coolen Perspektiven zusammen. Das Renderintro ist einfach geil, die optionale Rocket-Cam (haltet nach dem Abschuss den Raketenknopf einfach gedrückt) immer wieder dramatisch. Ja, in Bodennähe verwandeln sich auch die schönsten Texturen in einen farbmutierten Matsch, ja, der Raster-Effekt sieht PSP-typisch etwas merkwürdig aus. Und dennoch: Wer die PS2-Ace Combats kennt, dürfte hier applaudieren - und wer sie nicht kennt, dürfte ungläubig seine Kinnlade vom Boden schaufeln.

Ja, ich weiß, das klingt etwas marktschreierisch. Aber gelegentlich muss ein gestandener Redakteur einfach mal sagen dürfen, dass er beeindruckt ist. Zumal Ace Combat X auch über diese Eyecandyphase hinaus einige Qualitäten hat. Da wäre z.B. die sich über 15 Missionen ziehende Einzelspieler-Kampagne, die von einer interessanten Story getragen wird. Moment, das ist nicht ganz richtig: Die Story an sich, die sich um einen jungen Piloten der Luftstreitkräfte von Aurelia, der sich mit den kolonialisierungsfreudigen Lesath anlegt, dreht, ist ziemlich belanglos. Aber die Art und Weise, wie sie präsentiert wird, ist sehr cool: Vor dem Einsatz wird viel geredet, im Einsatz wird viel geredet, nach dem Einsatz wird viel geredet. Zwischen den Missionen wird nicht nur viel geredet, auch gibt's sehr stilvolle Standbilder zu sehen, die das Gerede visualisieren. Darüber hinaus greift Ace Combat X eine alte Tradition auf, an die sich

Euch erwarten 40 Maschinen - von lizenzierten Jägern bis zu heißen Phantasie-Gebilden.
seit dem seligen Wing Commander nur wenige Spiele getraut haben: Eure Aktionen in einer Mission wirken sich auf den Verlauf der nächsten aus! Sollt ihr z.B. einen Flughafen bombardieren, könnt ihr, bevor ihr das tut, ein nicht weit davon entferntes Jägerschwadron vom Himmel holen - müsst das aber nicht! Wenn ihr darauf verzichtet, kann es aber sein, dass ihr im nächsten Auftrag mit eben diesen Jägern als Extra-Belastung leben müsst. Diese Art von »Entscheidungsfreiheit« fühlt sich interessant an und wirkt sich vor allem positiv auf den Wiederspielwert aus. Klar, die Missionen, egal welche Entscheidungen ihr trefft, drehen sich vor allem darum, irgend etwas zu Lande, zu Wasser oder in der Luft in metallische Brösel zu verwandeln - Bomber wollen vom Himmel geholt, Flughäfen oder Trägerflotten zerstört, Helikopter eskortiert werden. Aber das Drumherum bleibt immer abwechslungsreich genug, um nicht zu langweilen. Das gilt übrigens auch für die dramatische Musikuntermalung, die glatt einem Bond-Film entstammen könnte - dazu gibt's verdammt viel ausschließlich englische Sprachausgabe, die deutsch untertitelt wird.          

Mehr Hände bitte!

Ein richtiger Pilot ist nur so gut wie sein Flugzeug, deswegen stehen euch hier satte 40 Maschinen zur Verfügung - dass diese Flieger zumeist auf realen Vorlagen basieren, sieht man spätestens daran, dass die Copyright-Liste auch kleine geschrieben fast den ganzen Bildschirm ausfüllt. Ihr fangt mit einer schwächlichen F-4E an, die eigentlich nur von stabilem Rost und strategisch platziertem Kaugummi zusammengehalten wird - über kurz oder lang füllen schließlich Flugzeuge wie Su-27 Flanker, F-14 Tomcat, Eurofighter,

Das Flugmodell ist sehr arcadig - Ace Combat X ist keine Simulation!
F-22 Raptor oder die Ace Combat-eigene, frei erfundene XFA-27 den Hangar. Allerdings werden sie nicht einfach vom Weihnachtsmann gebracht, hartes Flugmetall kostet harte Währung: Mit jedem erfolgreichen Auftrag klimpert's in der Kasse. Mit diesem Geld könnt ihr entweder frische Maschinen, feine Spezialwaffen oder nützliche Ausrüstung kaufen. Mehr Panzerung ist immer gut (wirkt sich aber negativ auf eure Manövrierbarkeit aus), ein besserer Bordcomputer schaltet schneller aufs Ziel auf, leistungsfähigere Triebwerke ermöglichen einen schnelleren Flug - machen euch aber auch verwundbarer. Dieses Pro-Kontra-Abwägen ist eine sehr coole Idee, die ebenfalls Pluspunkte auf dem Mehrwertkonto verbucht.

Simulanten alter Schule werden an manchen Stellen Parallelen zum Origin-Klassiker Strike Commander bemerkt haben - und genau wie der ist auch Ace Combat X keinesfalls eine Simulation, sondern vielmehr ein Arcade-Shooter mit leichten Simulations-Ansätzen: Die Maschinen steuern sich alle mehr oder weniger ähnlich, und transportieren mehr Raketen oder Bomben, als so mancher Flugzeugträger! Die gegnerische KI kennt kaum Finessen oder raffinierte Manöver, sondern fast nur die weg-vom-Spieler-Richtung, was sie zum geborenen Raketenfutter macht - nicht dass die eigenen Flügelmänner viel cleverer wären; den größten Teil der Arbeit muss man immer noch selbst machen. Dennoch ist der Anspruch durchaus hoch, was u.a. daran liegt, dass eine gescheiterte Mission ausschließlich von vorn neu begonnen werden darf - wahlweise mit neuer Maschine und Ausrüstung. Auch die Steuerung ist Arcade pur, ganz besonders in der Variante für Anfänger, die auf fortgeschrittene Details wie Trimmung oder Gieren verzichtet. In der normalen Version entspricht die Kontrolle den von den PS2-Vorgängern bekannten Standards, allerdings mit einer wichtigen Ausnahme - es gibt keinen zweiten Analogstick. Das bringt unerwartete Probleme

Ihr habt die Wahl unter drei Perspektiven - die HUD-Ansicht ist die übersichtlichste.
mit sich, denn während normale Manöver um die Längs- und Querachse (Nicken, Rollen) ein Klacks sind, wird's bei gleichzeitigen Aktionen um die Hochachse (Gieren, Trimmen), die man für eng geflogene Kurven benötigt, knifflig - denn für die muss man zum Digipad greifen! Das ist mit einer Hand nur mit sehr geschickter Verknotung der idealerweise sieben Finger zu machen, enge Kurven zu fliegen ist leider fast unmöglich. Wenn auch zugegebenermaßen nicht sehr oft nötig. Schade außerdem, dass man mangels weiterer Tasten keine manuellen Abwehrmaßnahmen ergreifen kann: Wenn man ins Visier einer Rakete genommen wurde, kann man entweder Gas geben und beten, oder hoffen, dass die Automatik Chaffs und Flares geschickt abwirft.

Neben Kampagne und den freien Missionen, in denen ihr die bislang freigespielten Aufträge nochmal ohne Story-Rahmen angehen dürft, gibt's natürlich auch einen Mehrspielermodus: Bis zu vier Himmelhunde dürfen sich hier gegeneinander oder im Team die Raketen um die Ohren jagen, wobei jeder eine eigene UMD braucht und leider kein Online-Spiel möglich ist. Aber auch lokal machen die sechs Spielmodi verdammt viel Spaß, zumal die KI auch mitmischt: Neben den üblichen Dogfight-Varianten sind vor allem die Modi »Basisangriff« und das etwas umständlich betitelte »Detangeräte-Kampf« einen ausführlicheren Blick wert - in ersterem müsst ihr die gegnerische Basis einäschern, bevor der Feind selbiges mit eurer macht, letztere Variante ist eine Art CTF, wo ihr über die ganze Karte fliegen müsst, um einen Sieg einzufahren.     

Fazit

Zuerst Pilot Academy, jetzt Ace Combat X - die PSP gewinnt langsam die Lufthoheit! Und netterweise ist X keine einfache Konvertierung eines PS2-Ace Combats, sondern ein eigenständiges Produkt, das nicht nur alle Vorteile seiner Vorbilder aufweist, sondern auch die PSP verdammt gut ausnutzt. Okay, die Story an sich ist eher C-Movie, aber das war sie bei Wing/Strike Commander im Grunde auch - die Art, wie sie präsentiert wird, ist einfach packend! Und dann natürlich noch die Grafik, die ihresgleichen sucht und verdammt flüssig läuft - hach! Leider ist nicht alles so traumhaft, besonders die Steuerung braucht einige Eingewöhnung, Standardmanöver wie enge Kurven sind damit, normalgroße und -gliedrige Hände vorausgesetzt, nicht machbar - man gewöhnt sich daran, aber nur schwer. Und die tumben Gegner haben den einzigen Vorteil in der Masse, nicht mal ansatzweise in der Klasse. Trotzdem: Ein cooler Arcade-Flieger, der in schöner Origin-Tradition der PSP Flügel verleiht!

Pro

tolle Grafik
schönes Fluggefühl
Dutzende lizenzierter Maschinen
solides Missionsdesign
guter Mehrspielermodus
coole Story-Entfaltung
lässige Replays
motivierendes Upgrade-System

Kontra

gewöhnungsbedürftige Steuerung
lange Ladezeiten
matschige Texturen
schwache Gegner-KI
unschöner Raster-Effekt
kein Tutorial

Wertung

PSP

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Kommentare

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