Lumines 206.12.2006, Benjamin Schmädig
Lumines 2

Im Test:

Es ist gerade mal ein gutes Jahr her, da erschien Sonys PSP in unseren Breiten und dank Lumines wurden vor allem Puzzle-Fans gleich vom Start weg mit dem Handheld glücklich. Nach kurzer Zeit hatten Klötzchen-Tüftler zwar alles gesehen und beschwerten sich über zu wenig Abwechslung, aber das einfache Prinzip war im Zusammenspiel mit dem flotten Soundtrack ausgesprochen fesselnd. Anderthalb Jahre später: Wieviel mehr kann Q Entertainment aus dem Tetris-Nachahmer herausquetschen?

Von Space Invaders zu REZ

Vor einigen Tagen hatte ich das Glück, eine Ausstellung namens "Game On" besuchen zu dürfen. Das Thema: Die Geschichte der Computer- und Videospiele. Von Pongs Großvätern bis zum Jungspund Halo kann man dort die Meilensteine unseres Hobbys nicht nur sehen, sondern auch Hand anlegen. Darunter war - Kenner werden rufen: "Natürlich!" - Tetsuya Mizuguchis REZ, eine visuell unspektakuläre, einfache Action-Ballerei, bei der eure Aktionen den Aufbau der Musik beeinflussen.

Mit Lumines verfolgte Mizuguchi die gleiche Idee: Eine optisch unterkühlte (aber trotzdem schicke) Tüftelei, bei der jeder Tastendruck einen Klang erzeugt. Für die drei PSP-Besitzer, an denen der Titel bislang vorbei ging: Ihr dreht und sortiert Blöcke aus zwei mal zwei viereckigen Steinen so, dass Blöcke aus mindestens zweimal zwei mal zwei gleichfarbigen Klötzchen entstehen. Je mehr Viererblocks ihr kombiniert, desto mehr Punkte sammelt ihr, sobald sie im Rhythmus der Musik abgeräumt werden. So richtig konnte die Knobelei aber trotz

Die Videos verschwinden beim Spielen leider im unscheinbaren Hintergrund.
zahlreicher Melodien und farblich verschiedener Skins nicht überzeugen, denn bis auf den Herausforderungs-Modus konnte keine Spielvariante lange fesseln. Nutzt Entwickler Q Entertainment die exzellente Vorlage und macht aus dem Nachfolger einen Klassiker wie es REZ war?

Mager-MOD

Ein Blick auf das Menü lässt eine Antwort vermuten: Ja. Jetzt dürft ihr nämlich freigeschaltete Skins kombinieren, um den Ablauf nach euren Vorlieben zu gestalten. Und sogar ein Song-Editor ist dabei, der euch eigene Musikstücke erstellen lässt. Für alle, die sich damit auskennen: Dabei handelt es sich um einen MOD-Editor, in dem ihr die Geschwindigkeit wählt und ein einzelnes Instrument auf vier Bass-Linien legt. Eins nur? Leider ja und deshalb bekam meine Begeisterung auch einen argen Dämpfer verpasst: Die Ergebnisse fallen so ernüchternd aus, dass ich nie länger als zwei Minuten an dem Sequenzer gesessen habe. Es gibt zwar vier unterschiedliche Sets für verschiedene Stilrichtungen, aber reale Bands wissen schon, warum sie mit mehr als nur Schlagzeug und E-Gitarre auftreten...

Zurück ins Hauptmenü, wo ich in Richtung Herausforderungs-Modus steuere. Fühlt sich Lumines noch so gut wie sein Vorgänger an? Wie sehen die neuen Skins aus? Und wie passen sich die Musikvideos von Gwen Stefani, den Chemical Brothers oder Missy Elliott ins Spiel ein? Letztere werten die Erfahrung ehrlich gesagt kaum auf. Dass sich aus MTV & Co. bekannte Musik unter die restlichen Tracks mischt ist toll, aber weil ich mich durchgehend auf die purzelnden Steine konzentriere, bekomme ich von den Clips selbst im kaum etwas mit.       

Die S-Klasse der Puzzle-Spiele

Bevor ihr in die Playlist einsteigt, müsst ihr allerdings noch wählen, ob ihr zur B-, A- oder S-Klasse gehört, denn der Nachfolger fordert Anfänger, Fortgeschrittene und Profis unterschiedlich stark. Jede Stufe wartet dabei mit verschiedenen Skins und Soundtracks auf. Aber keine Angst: Der Anspruch unterscheidet sich nicht so stark, dass Könner gelangweilt oder Neulinge überfordert werden. Es ist einfach nur klasse, nicht immer den gleichen Ablauf zu erleben; das erhöht die Halbwertszeit des zweiten Teils spürbar.

Weil das Prinzip erstens so verdammt schnell zu begreifen, aber ebenso schwer zu meistern ist, verfliegen die 

"Stylisch" - die meisten Skins können mit coolem Design und peppiger Musik überzeugen...
Minuten denn auch so schnell wie im Vorgänger - jedes Mal, wenn ich eine Partie starte, gerate ich mit Haut und Haar in die Gefangenschaft der fallenden Steine. Tatsächlich ist Lumines für mich der einzige Titel seiner Art, der es in Sachen Langlebigkeit mit dem zeitlosen Tetris aufnehmen kann.

Geteilter Bildschirm - geteilte Freude

Stopp! Was war denn das? Diesen Skin kenne ich doch. In der Tat: Die Entwickler haben nicht nur jede Menge neuer Hintergründe und Klötzchenfarben erdacht, sondern auch die des Vorgängers frisch aufgetischt. Skins und Musik werden zwar neu kombiniert, aber wer Teil eins gespielt hat, erkennt sie wieder. Klar: Auf diese Art kann man mehr Skins anbieten als ohne Recycling. Mich stört die Zweitverwertung allerdings, weil sie den fernen Beigeschmack eines Add-Ons hat.

Noch mehr als das Solospiel erzeugt vor allem der vs CPU-Modus, wo ihr im Splitscreen-Duell gegen die künstliche Intelligenz antretet, ein Deja-Vu nach dem anderen. Denn die meistens Skins kennt ihr bereits in- und auswendig. Immerhin habt ihr nach einer Niederlage jetzt die Wahl, den Abschnitt zu wiederholen. Der Nachteil: Ihr besiegt die wenigen Gegner schneller als ein einfarbiger Block vom Spielfeld geräumt wird. In Lumines habe ich viele Anläufe gestartet, um endlich alle CPU-Charaktere zu besiegen. Im zweiten Teil habe ich hier nur eine einzige Sitzung zugebracht.

Getrennte Wege

Das gilt auch für die Mehrspieler-Duelle, denn genau wie im ersten Teil dürft ihr gegen einen Kumpel im Splitscreen über WiFi antreten - und das war's. Mensch, Q Entertainment, wie spannend wäre es, wenn zwei oder mehr Tüftler mit- oder gegeneinander auf einem Spielfeld bauen! Da beschäftige ich sogar lieber mit der mitgelieferten Demo von Every Extend Extra. Die ist zwar kein Knaller, aber immerhin eine nette Ballerei für zwischendurch. Und auch 

... auch wenn Besitzer des Vorgängers viele Skins bereits kennen.
die zwei kniffligen Ablenkungen Puzzle- sowie Missionsmodus haben mich nicht lange an die PSP gefesselt, denn zum einen kannte ich viele Puzzle-Rätsel, bei denen man eine vorgegebene Figur mit den zwei Farben der Klötzchen baut, schon aus dem Erstling und zum anderen fehlt ihnen die Rasanz und der freie Aufbau des normalen Spiels. Immerhin bietet der Missionsmodus etwas Neues, denn hier müsst ihr keine Figur erstellen, sondern bestimmte Steine innerhalb eines Zeitlimits abräumen. Neben den im Hauptmenü aufrufbaren Tipps ist das die beste Möglichkeit, spielerische Strategien zu Lernen.

Ansonsten wird euch allerdings nur der Herausforderungs-Modus lange bei Laune halten, denn abseits vom Hauptspiel hält sich die Motivation nach wie vor in Grenzen. Nein, nachdem ich alles gesehen hatte, wurde mir eins klar: Auch Lumines 2 (ab 4,99€ bei kaufen) ist lediglich ein brillantes Prinzip in einer mageren Verpackung. Ihm fehlt das entscheidende Etwas, oder vielmehr: die entscheidenden Extras, um an der Seite seines Ahnen REZ in die Annalen der Videospiele einzugehen.        

Fazit

Dabei hatte ich gar nicht so viel erwartet! Unterschiedliche Mehrspieler-Varianten vielleicht. Oder die Möglichkeit, Hintergründe, Klötzchenfarbe und Musik der Skins beliebig miteinander kombinieren zu können. Womöglich auch Abwandlungen des eigentlichen Konzepts – mir kommen fiese vom Himmel fallende Extras, explodierende Steine und ein Superschnell-Modus in den Kopf. Doch Lumines 2 fehlen solche Details, um die fortlaufende Nummer zu rechtfertigen. Außerdem gleicht die Fortsetzung dank der recycelten Skins dem Vorgänger zu sehr, um wirklich eigenständig zu sein. Dabei hat Q Entertainment an einigen Stellen den richtigen Weg eingeschlagen: Die drei Schwierigkeitsstufen motivieren mich nämlich deutlich mehr als stets dem gleichen Ablauf zu folgen und wer sich trotzdem noch langweilt, stellt seine eigene Playlist zusammen. Auf jeden Fall hat es der Nachfolger geschafft, mich wieder erschreckend lange an die PSP zu fesseln; es ist das brillante Prinzip, das den lauwarmen Aufguss vor einem Absturz rettet. Wie ihr es deutet überlasse ich euch: Teil zwei ist das, was Lumines hätte sein können.

Pro

einfaches und fesselndes Prinzip
drei Schwierigkeitsgrade/Musikstile
eigene Skin-Playlisten
erweiterte Spielvarianten
einfacher Song-Editor
einige Musikvideos
unzählige Skins & Charaktere
Demo von Every Extend Extra
Hilfe und Tipps

Kontra

immer noch zu wenig Spielvarianten
altbackene Präsentation
viele Skins und Musiken des Vorgängers
begrenzter Mehrspielermodus
Song-Editor stark eingeschränkt

Wertung

PSP

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