SEGA Rally27.09.2007, Michael Krosta
SEGA Rally

Im Test:

Auf der PS3 und Xbox 360 ist Sega Rally (ab 9,97€ bei kaufen) schon aufs Podest gefahren und hat sich den Gold-Award abgeholt. Und wie sieht es auf der PSP aus? Kann die arcadige PS-Schlammschlacht auch im Handheld-Format überzeugen oder kommt das geniale Fahrgefühl der Konsolenfassungen hier einfach nicht rüber?

PSP vs 360 & PS3

Es ist nicht immer einfach, sich für die Handheld-Version eines Spiels zu begeistern, das man zuvor stundenlang an einem HD-Fernseher mit dem PS3- oder der Xbox 360-Controller in der Hand genossen hat. Alles wirkt auf einmal so grob, altbacken, antiquiert und fühlt sich einfach komplett anders an. In solchen Fällen stellt man sich manchmal die Frage, ob die zusätzliche

Auch auf Sonys Handheld liefert ihr euch heiße und hart geführte Positionskämpfe mit der aggressiven KI.
Handheld-Fassung wirklich noch sein musste. Rainbow Six: Vegas ist so ein Beispiel. Auch Full Auto 2: Battlelines fällt in diese Kategorie: Auf der PS3 richtig gut, auf der PSP nur mäßig. Und Sega Rally? Bekommen Rallye-Fans hier auch einen verstümmelten, zerbeulten Handheld-Raser, der außer dem großen Namen nichts zu bieten hat?

Staub im Auge

Nein! Denn schon nach den ersten paar Metern möchte man den Entwicklern auf die Schulter klopfen und ein "Respekt" über die Lippen bringen. Die Kulissen der jeweils drei Safari-, Canyon, Tropen-, Arctic- und Alpen-Pisten sehen phänomenal aus und laufen konstant flüssig. Anstatt die Kurse 1:1 zu übernehmen, wurden der Handheld-Fassung eigene Strecken spendiert, die sich ebenfalls durch Abwechslungsreichtum auszeichnen, aber insgesamt zu knapp ausfallen - zumal es hier keine Variationen zu geben scheint, in der ihr sie z.B. umgekehrt in Angriff nehmen könnt. Mit flatternden Vögeln am Himmel über dem Dschungel, sich bewegenden Gondeln im Alpenland, umher fliegenden Hubschraubern, animierten Kränen oder dem Blitzlichtgewitter der Zuschauer am Streckenrand wirken die Fahrten alles andere als steril - hier ist Leben auf, neben und über der Piste! Ein besonderes Lob gebührt den umwerfenden Partikeleffekten, wenn euch in der Verfolgerrolle feiner Sand oder aufgewirbelter Schnee des Vordermanns die Sicht erschwert. Hier ist die kleine Handheld-Version sogar den großen Konsolenfassungen überlegen, die zwar mit Polygondreck um sich wirft, aber keine so dichten Staubwolken bietet. Ebenfalls schön: Die Boliden hinterlassen Reifenspuren, so dass ihr von Runde zu Runde erkennt, wo lang gefahren wurde. Zwar wird die Strecke nicht wie auf den Konsolen in Echtzeit deformiert, doch zumindest auf den alpinen Strecken zeigen die Reifenspuren Wirkung, wenn die Eisschicht auf der Ideallinie langsam abgetragen und der Asphalt darunter freigelegt wird. Auch die Pfützen, in denen sich sogar die Landschaft spiegelt sehen zusammen mit den herrlichen Wasserfällen an manchen Tropenpisten prima aus. Hier haben die Jungs von Bugbear ganze Arbeit geleistet. Kein Wunder, denn das Team konnte schon mit der Flatout-Serie im Offroad-Terrain begeistern. Jetzt warten wir auf eine PSP-Version...

Vor allem die starken Partikeleffekte sind ein echter Hingucker!
Einen kleinen Schönheitsfehler gibt es aber doch: Genau wie auf den Konsolen werden eure Ausflüge von z.T. starken Pop-Ups und Fade-Ins begleitet, bei denen sich ganze Landschaftsstriche sehr plötzlich (und spät) aufbauen.

Der richtige Gummi

Die richtige Reifenwahl spielt nicht nur in der Formel 1 und anderen Motorsport-Serien eine entscheidende Rolle. Selbst in einem Arcade-Rennspiel wie Sega Rally ist sie von großer Bedeutung. Neben Straßenreifen habt ihr auf der PSP auch die Wahl zwischen Pneus für feinen Sand als auch eine weitere Mischung für tiefen Schlamm und Schnee. Damit gibt es auf dem Sony-Handheld eine Sorte mehr als auf den Konsolen. Doch woher wisst ihr, welche Reifenmischung sich am besten eignet? Immerhin hat diese Entscheidung im Meisterschaftsmodus für mindestens drei Rennen in Folge Bestand. Kein Problem: Eine Grafik zeigt euch vor jedem Wettbewerb nicht nur die Verteilung von Asphalt, Sand und Matsch pro Strecke, sondern auch den durchschnittlichen Anteil aller Pisten des jeweiligen Events zusammen. Zudem habt ihr auf der Strecke oft die Wahl, welche Linie ihr fahren wollt. So findet ihr rechts oder links neben dem Asphalt meist Matsch- und Sandabschnitte, die parallel verlaufen und sich farblich gut voneinander absetzen. Dann liegt es an euch, so zu fahren, wie es den aufgezogenen Reifen am besten entgegen kommt, denn die Unterschiede sind deutlich spürbar, wenn ihr mit einer ungeeigneten Mischung auf einer bestimmten Oberfläche unterwegs seid.

    

       

Weniger Gefühl

Mit dem kleinen Analognippel der PSP oder dem Digitalkreuz wird nicht ganz das geniale Fahrgefühl der Konsolenfassungen erreicht. Trotzdem driftet ihr auch im Miniformat nach kurzer Eingewöhnung komfortabel um die Kurven und ihr genießt es zu sehen, wie der Lack eurer Karre zunehmend verschmutzt. Störend ist allerdings die Kollisionsabfrage: Die Boliden fühlen sich viel zu leicht an und wirbeln nach Kollisionen oft wie Spielzeugautos durch die Gegend. Und solch unliebsame Kontakte gibt es vor allem in höheren Stufen reichlich, denn die KI ist extrem stur und hat kein Problem damit, euch von der Strecke in die nächste Wand zu rammen. Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Fahrzeuge auch oft ineinander verkeilen, wenn sie Rad an Rad fahren. Als Folge dessen bremsen sich die beiden Streithähne gegenseitig aus, während

Ja, wirbelt ordentlich Staub auf und verpasst euren Boliden eine Schlammdusche. Die brauchen das!
das lachende Restfahrerfeld an ihnen vorbeizieht. Während ihr die Mitstreiter zu Beginn gut im Griff habt, sind solche Aktionen in späteren Herausforderungen fatal, da die Siegchancen dadurch relativ schnell futsch sind.

Zeitfahren mal anders

Der Karrieremodus ist genau so aufgebaut wie auf den Konsolen: Zunächst steht euch lediglich die Premier-Klasse mit modernen 4WD-Rallye-Boliden offen, in der ihr euch durch die Events von drei Schwierigkeitsklassen bis hin zum Finale kämpft. Mit steigender Gesamtkilometerzahl bekommt ihr Zugang zu weiteren Lackierungen, während euch Punkte in den einzelnen Rallyes die Wege zu neuen Herausforderungen öffnet, weitere Bonus-Schlitten in eure Garage befördert sowie zusätzliche Fahrzeugklassen freischaltet. So startet ihr später auch mit getunten Flitzern und in der Master-Serie, in der sich z.B. PS-starke Klassiker wie der Lancia Delta finden. Im Gegensatz zu den Konsolenfassungen wurde der Karrieremodus allerdings etwas beschnitten, so dass auf der PSP nicht mehr ganz so viele Wettbewerbe zur Verfügung stehen. Auch bei den Einzelrennen wurde gekürzt: Während ihr auf PS3 und Xbox 360 noch die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsgraden habt, geht es hier nur in einer Standardherausforderung an den Start. Dafür wurde das Zeitfahren etwas anders gestaltet, denn anstatt nur für die optimale Rundenzeit im Kreis zu fahren, tretet ihr auf der PSP in Checkpoint-Rennen gegen die Uhr an - und zwar so lange, bis ihr es nicht mehr rechtzeitig

Die Meisterschaft rund um die getunten Fahrzeuge wie den Golf GTI wird neben der Master-Serie erst später freigeschaltet.
bis zur nächsten Zeitmessung schafft. Dabei spielt die Rundenzeit keine Rolle. Stattdessen bekommt ihr für jeden Meter, den ihr zurück legt, Punkte gutgeschrieben, die eure Highscore definieren.

Schadenfreude

Gegen die KI zu gewinnen ist schön. Aber Gegner aus Fleisch und Blut auf den Pisten zu verblasen oder sie in der nächsten Kurve abzudrängen ist eine ganz andere Spielspaß-Liga. Eine Liga, in der Sega Rally auch auf der PSP ganz vorne mitfährt. Im Game Sharing gibt man sich noch etwas bescheiden: Gerade mal drei Strecken und die zwei klassischen Boliden, der Toyota Celica und Lancia Delta Integrale, stehen zur Auswahl. Doch nennt jeder der maximal vier Fahrer ein Exemplar sein Eigen, stehen euch im Adhoc-Modus alle Strecken und Fahrzeuge offen. Selbst online dürft ihr antreten, denn auch der Infrastruktur-Modus wird von Sega Rallye unterstützt. Dabei reiht sich nicht nur ein Einzelrennen ans nächste: Die gewonnenen Punkte werden in der Session immer weiter übernommen, so dass ihr kleine Meisterschaften untereinander ausfahren könnt.       

Fazit

Respekt, liebe Bugbear-Entwickler! Was da technisch in Sega Rally geboten wird, kann sich wirklich sehen lassen: Die abwechslungsreichen Kulissen strotzen nur so vor Details und werden trotzdem absolut ruckelfrei in Szene gesetzt. Hinzu kommen die hervorragenden Partikeleffekte wie aufgewirbelter Sand, die selbst die Fassungen für die großen Konsolen blass aussehen lassen. Ja, auch auf der PSP ist Sega Rally ein echter Hingucker, der auch spielerisch einiges unter der Haube hat. Zwar kommt man nicht ganz an das Fahrgefühl von PS3 und 360 heran, doch hat man die lizenzierten Boliden auch hier wunderbar unter Kontrolle und erfreut sich am leicht zugänglichen Arcade-Stil. Woran es etwas hapert, ist der Umfang: Jeweils drei Strecken in fünf Umgebungen führen dazu, dass man sich schnell satt gesehen hat und Wiederholungen im Rahmen der Meisterschaft zu häufig auftreten. Auch die aggressive "Ich-bremse-nie-sondern-halte-immer-drauf"-KI sorgt vor allem später für den einen oder anderen Frustmoment, wenn sich die viel zu leicht wirkenden Boliden mal wieder verhaken. Was alleine nervig ist, kann im Mehrspielermodus dagegen wieder lustig sein, wenn ihr euch mit bis zu vier Rallye-Piloten heftige Positionskämpfe liefert. Mit Game Sharing, Adhoc- und Infrastruktur-Modus bringt Sega Rally in Sachen Multiplayer alles mit, was man sich wünschen kann. Doch auch wer bevorzugt alleine das Gaspedal durchdrückt und Arcade-Rennen liebt, liegt hier trotz des leicht gekürzten Umfangs genau richtig. Sega Rally ist auch für die PSP ein echter Arcade-Knaller!

Pro

Strecken sehen fantastisch aus
flüssige Darstellung
superbe Partikeleffekte
gute Steuerung
schönes Arcade-Fahrverhalten
starke Mehrspielermodi
lizenzierte Boliden
drei Fahrzeugklassen
Zeitfahren mal anders
drei Reifenmischungen

Kontra

sture KI mit Abschussmentalität
Wagen wirken zu leicht
wenig Strecken (keine Rückwärts-Option mehr)
Autos verkeilen sich oft
gekürzter Karrierenumfang
nur ein Schwierigkeitsgrad beim Einzelrennen
vereinzelte Pop-Ups und Fade-Ins

Wertung

PSP

Genau so müssen PSP-Umsetzung aussehen: Auch im Kleinformat entfaltet Sega Rally großen Arcadespaß!

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