Justice League Heroes08.12.2006, Benjamin Schmädig
Justice League Heroes

Im Test:

Was den Zeichnern bei Marvel die Ultimate Alliance ist den DC-Künstlern ihre Justice League: ein Zusammenschluss aller Superhelden des jeweiligen Verlags. Wer sich im Comic-Universum blind zurechtfindet, weiß deshalb sofort, dass er mit Superman, Batman und einem Dutzend weiterer Figuren gegen das Böse zieht. DC Comics vs. Marvel, Eidos vs. Activision. Welche Seite hat die besseren Helden?

...

Ich sitze jetzt schon zwei Stunden an diesem Test und mir will partout keine Einleitung aus den Fingern fließen! Warum? Weil ihr längst wisst, dass ihr euch mit Superhelden durch ein Hack&Slay prügelt. Weil euch wahrscheinlich schon bekannt ist, dass mit Snowblind Studios die Macher von Baldur's Gate: Dark Alliance  sowie Champions of Norrath als Entwickler verantwortlich zeichnen. Weil sich gerade dieses Hack&Slay kaum von der Masse abhebt. Und weil die Story... nun ja:  Ein Meteor fällt auf die Erde, Bösewichter überrennen den Planeten, Superhelden ziehen gehen das Unheil in den Kampf.

Dabei muss man der Justice League zugestehen, dass ihr jüngstes Abenteuer in vielen vorberechneten Einspielungen erzählt wird, wodurch die Geschichte stetig Spannung aufbaut. Stört es da, dass die Szenen den optischen Stand der Zeit verpasst haben und gegen ihre Pendants in Marvel: Ultimate Alliance nicht anstinken können? Das kommt darauf an, ob ihr wie ich auf Qualität steht oder die schiere Menge bevorzugt... Und ob ihr die Monotonie der deutschen Sprecher ertragt: Im Original wird Batman von Ron Perlman gesprochen und auch die

Zatanna und der verwandelte Martian Manhunter: In seiner alternativen Gestalt schlägt er stärker zu.
restlichen Stimmen wirken engagiert: Die Synchronisation wirkt dagegen hingeschludert und versprüht Langeweile.

"Jetzt mal Tacheles!"

Eine schiere Menge erwartet euch auch bei der Schar der Feinde, denn Snowblind hetzt euch in jedem Abschnitt etliche gleich aussehende Widersacher auf den Hals. Im Normalfall erwarten euch zwei Gegnertypen; wenn ihr Glück habt, gesellt sich noch ein weiterer hinzu. Erst wenn das Szenario wechselt, seht ihr auch neue Gesichter. Immerhin unterscheiden sich die Schauplätze grundsätzlich voneinander - ihr verhaut sogar auf Mars und Mond fiese Übeltäter.

Dabei könnt ihr die zwei üblichen Schläge (schnell und schwach oder langsam und mächtig) zu besonders starken Angriffen kombinieren oder setzt mit jedem Helden bis zu fünf Superkräfte ein. Blöd für mich, der ich am liebsten mit den Knöcheln der blanken Faust Tacheles rede: Das bloße Draufhauen bringt euch nur am Anfang weiter. Habt ihr die ersten Abschnitte hinter euch gebracht, verteidigen die Gegner so vehement ihr Revier, dass ihr unbedingt auf die speziellen Fähigkeiten der Superladies  und -gentlemen zurückgreifen müsst. Und weil die Wesenzüge der Figuren schon seit Jahrzehnten in Stein gemeißelt sind, müsst/könnt ihr ihnen auch keine Charakterklassen zuweisen, um z.B. nur als Fern- oder eben Nahkämpfer aufzutreten. Notiz für später: Die Personalisierung der Helden wird somit gleich zum Start eingeschränkt.

Legt den Boost ein!

Der Vorteil daran: Ihr müsst überlegt vorgehen und die richtigen Superkräfte im rechten Moment einsetzen.

"Und was soll ich in die andere Hand nehmen?" Superman wie er leibt und lebt.
Einen Schwarm kleiner Bienen mit brachialer Gewalt niederzuwalzen, nur um drei Schritte später energielos dazustehen, bringt gar nichts. Falls ihr eure gesamte Energie auf einen einzelnen Gegner konzentriert anstatt flächendeckend für Ordnung zu sorgen, steht ihr ebenso verloren da. Schaut deshalb zu, dass ihr schnell weitere Kräfte freischaltet und mit Boosts aufwertet. Das funktioniert ähnlich wie in den letzten Snowblind-Titeln: Ihr sammelt Extras auf, welche Stärke, Reichweite, Dauer und andere Werte eurer Fertigkeiten erhöhen.

Selbstverständlich könnt ihr beim Stufenaufstieg aber nicht nur die Slots eurer Superkräfte, sondern auch die der gewöhnlichen Fähigkeiten wie Angriff und Verteidigung erhöhen. Allerdings solltet ihr die Boosts nicht einfach einsetzen, sondern vorher jeweils drei davon zu einer noch stärkeren Verbesserung verschmelzen. Es lassen sich alle Boosts miteinander vereinen, allerdings erschafft ihr auch mit wilden Kombinationen keine neuen Extras. Die einzige Regel lautet: Je mehr Kugeln des gleichen Typs ihr zusammenfügt, desto stärker ist der Wert des entstandenen Boosts.

              

Klamotten und Werte

Eine andere Möglichkeit, die Werte zu beeinflussen sind alternative Kostüme für eure Charaktere: Sammelt so genannte Schilde und kauft euch davon Outfits, z.B. Batmans Beyond-Umhang. Sobald ihr ein anderes Kostüm gewählt habt, freut ihr euch über einen gesteigerten Wert und nehmt dafür einen verringerten in Kauf. Anders als in Ultimate Alliance lassen sich die Werte der Kostüme zwar nicht verbessern, immerhin unterschieden sich die Outfits aber deutlich sichtbar voneinander. An dieser Stelle erschöpfen sich allerdings die Möglichkeiten, euren Helden mehr Kampfeskraft zu verleihen, denn ihr findet im gesamten Spiel keine Gegenstände, die eure Werte aufwerten könnten. Notiz für später, Nummer zwei: Auch das schränkt die Personalisierung meiner Helden ein.

Übrigens nehmt ihr natürlich nicht alle sieben Haupt- und sämtliche freischaltbare Helden mit in den Kampf gegen die kleinen und die Superschurken; stattdessen zieht ihr stets zu zweit los und zwar in jeweils anderer Zusammenstellung. Die ersten Stunden seid ihr dabei auf vorgegebene Kombinationen angewiesen: Flash schlägt sich mit Grüne Leuchte durch, Superman räumt mit Batman Metropolis auf, Zatanna und Martian Manhunter säubern die U-Bahn-Tunnel von Queen Bee und ihrem Gefolge. Einige Stunden später

Der Blitz gehört zu den schwächeren Superhelden.
dürft ihr dann wählen, wer euch in den kommenden Abschnitten begleitet. Aquaman oder Hawkgirl stehen z.B. zur Auswahl - falls ihr die Helden vorher mit Schilden "freigekauft" habt.

Einsteiger adè

So gut es ist, dass ihr später wählen könnt, so schade ist es, dass ihr zu Beginn jede Mission mit einem anderen Team bewältigen müsst. Verschiedene Charaktere auszuprobieren und ihre Erfahrung zu steigern finde ich klasse - jedes Mal damit von vorne beginnen zu müssen nicht. Zudem nimmt die Stärke eurer Widersacher schnell zu, so dass es recht früh schwierig wird, mit noch unbedarften Helden zu bestehen. Das trifft mitunter sogar auf die einfachste Schwierigkeitseinstellung zu - die Justice League ist keine Liga für Einsteiger.

Und wenn ihr später die Wahl zwischen mehr als zehn Figuren habt, kann es sogar schlimmer werden. Denn solange ihr immer wieder mit anderen Superhelden loszieht, habt ihr gegen Ende nur einen Haufen zweitklassiger Charaktere, die es gegen die starken Feinde schwer haben. Zudem habt ihr mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie die Ultimate Alliance, denn einige Superkräfte sind denen anderer Helden haushoch überlegen. Zatanna kann Bösewichter z.B. für mehr als zehn Sekunden in Kaninchen verwandeln - was dazu führt, dass ihr mit der zauberhaften Dame in eine Gruppe Gegner lauft und anschließend in aller Ruhe harmlose Karnickel vernichtet. Seid ihr ohne sie unterwegs, schnellt die Anforderung an euer Können gleich etliche Stufen nach oben.

Kein Teamplay?

Schade übrigens, dass ihr nur mit halb so vielen Akteuren in den Kampf zieht wie die Marvel-Truppe. Zudem dürft ihr euren gewählten Teams keine Namen geben - Bonuspunkte für eine funktionierende Chemie zwischen den Helden gibt es ebenso wenig. Notiz für später, die dritte: Bei der Personalisierung hat der Activision-Titel die Nase deutlich vorn. Genau wie bei der Konkurrenz dürft ihr dafür einem Kumpel euer zweites Gamepad in die Hand drücken, um auf PS2 und Xbox gemeinsam gegen die Superschurken loszuziehen: Wählt einfach jederzeit den Koop-Modus

Zatannas Zauberei ist den Fähigkeiten aller anderen Charaktere um Welten überlegen.
und schon seid ihr gemeinsam unterwegs. Allerdings gibt es keine sonstigen Mehrspieler-Funktionen. Kooperatives oder kompetitives Online-Spiel? Fehlanzeige. Auf PSP fehlt leider auch die kooperative Variante für zwei Spieler. Dafür dürft ihr dort zwei zusätzliche Helden kaufen (Supergirl, Black Canary) und löst "Extraaufträge". In diesen müsst ihr, teilweise gegen die Zeit, etliche Bösewichte besiegen - die mageren vier Missionen sind allerdings kaum der Rede wert.

Aber keine Angst: Langweilig wird der Ausflug mit der Justice League nicht, denn auch wenn die Action sehr geradlinig abläuft, fordert sie wie erwähnt euer taktisches Geschick - nicht zuletzt deshalb, weil die meisten Helden fliegen können, so dass ihr auf zwei Ebenen beschäftigt seid. Außerdem könnt ihr - einen starken Charakter vorausgesetzt - jedes Objekt der Umgebung hochheben und damit auf Feinde einschlagen oder ihnen Mülleimer sowie Autos als schlagkräftige Argumente gen Kopf werfen. Und ihr habt vielerorts die Wahl zwischen geradem Durchmarsch und Abklappern von Umwegen, auf denen sich oft Schilde verstecken. Mich stört nur, dass ich meinen Mitstreitern umsonst offensives, neutrales oder defensives Verhalten befehle - sie agieren stets gleich, sind dafür aber meist auch eine gute Hilfe.

Würde in den teilweise schön gezeichneten Arealen aber nicht die Erfahrung der Baldur's Gate: Dark Alliance-Macher durchschimmern, käme die eigentliche Einfallsarmut stärker zum Vorschein. Denn im Grunde rennt ihr nur von A nach B, löst seltene Reaktionsspiele zum Öffnen von Türen und verhaut die zwei Gegnertypen des jeweiligen Abschnitts. Ärgerlich finde ich, dass die abwechslungsreiche Musik belanglos aus den Boxen plätschert, im Xbox-Hauptmenü ins Stocken kommt und dass der Ablauf zugunsten einer flüssigen Darstellung regelmäßig verlangsamt wird. Auf PS2 ruckelt die Action bei großem Gegneraufkommen sogar.           

Fazit

Es klingt zwar wie ein Widerspruch, aber wenn ihr Baldur's Gate: Dark Alliance kennt oder euch durch die Fantasy-Welt in Champions of Norrath geschlagen habt, dann wisst ihr auch, was euch in Eidos Superhelden-Abenteuer erwartet. Der Grund dafür ist nicht das Szenario, sondern die Tatsache, dass die Entwickler der Snowblind Studios offenbar mit ihrem Latein am Ende sind. Ihr schlagt euch auf dieselbe Art wie in den Fantasy-Welten durch unzählige Gegnermassen oder setzt den Bösewichten mit Zaubersprüchen zu, die hier Superkräfte heißen. Eingeschworene Hack&Slay-Fans vermissen eventuell das Sammeln von Gegenständen, mich stört der Wegfall allerdings nicht. Denn im Gegenzug stapfe ich durch eine frische Science-Fiction-Welt. Für mich ist das Kombinieren von Boosts mit dem darauf folgenden Aufwerten der Fähigkeiten auch genug, um meine Charaktere zu verbessern. Nicht zu vergessen die Suche nach Extras in Form von Schilden, die als Währung für weitere Helden und alternative Kostüme dienen. Aber die Medaille hat bekanntlich zwei Seiten und so finden die spannenden Kämpfe in abwechslungsreichen aber einfallslosen Szenarien statt, mit dem kooperativen Spiel vor einer Konsole erschöpfen sich die Mehrspieler-Varianten (für PSP-Besitzer ist sogar davor schon Schluss) Einsteiger werden trotz wählbarem Anspruch überfordert, die Handlung wird in zahlreichen aber technisch altbackenen Einspielungen erzählt, Batman ist trotz englischsprachigem Ron Perlman ein deutscher Langweiler und weil mir gerade ein Stapel Notizen ins Auge fällt: Im Gegensatz zu Activision bietet Eidos kaum Möglichkeiten, den Comic-Akteuren einen Teil eurer gewünschten Persönlichkeit zu verpassen. Ich bin gerne mit den DC-Figuren und ihrer bewährten Formel in den Kampf gezogen. Aber falls ihr mehr erwartet als ein abgegriffenes Konzept, macht einen Bogen um die Justice League und steuert in Richtung Marvel: Ultimate Alliance.

Pro

fordernde Aufträge
viele Zwischensequenzen
motivierendes Boost-System
Ron Perlman als Superman
abwechslungsreiche Musik
jede Menge Charaktere
sinnvolle Superkräfte
Zwei-Spieler-Koop (PS2, Xbox)
endlich mal kein Fantasy
abwechslungsreiche Schauplätze
Kostüme spielerisch sinnvoll und für Fans interessant

Kontra

selbst auf leicht sehr anspruchsvoll
optisch anspruchslose Filmszenen
keine Gegenstände
gelangweilte deutsche Sprecher
unauffälliger Soundtrack
weniger Figuren als Marvel: UA
uninteressanter Missionsablauf
kein Online-Koop
kein kompetitiver Multiplayer
Musik stottert im Menü (Xbox)
Slowdowns (Xbox, PS2, PSP) und Ruckeln (PS2)

Wertung

XBox

PlayStation2

PSP

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