Brothers in Arms: D-Day30.01.2007, Jan Wöbbeking
Brothers in Arms: D-Day

Im Test:

Der Zweite Weltkrieg geht weiter: Nach den Versionen für die großen Konsolen dürfen sich jetzt auch PSP-Besitzer durch Brothers In Arms: D-Day (ab 13,99€ bei kaufen) (BIA: DD) kämpfen. Lässt sich ein dermaßen komplexer Titel überhaupt auf einem Handheld realisieren, ohne dass die Spielbarkeit leidet?

PSP auf der Couch

Stellt euch vor, ihr seid zu Besuch bei einem Psychologen. Rein hypothetisch natürlich - ich bin mir sicher, in eurem

An manchen Stellen der Kampagne kommen euch andere Einheiten zur Hilfe.
Oberstübchen ist alles in bester Ordnung. Der nette Onkel im weißen Kittel hält ein Pappkärtchen mit einem Tintenklecks in die Luft. Ein Tintenklecks, der frappierend der Silhouette einer PSP ähnelt. Woran denkt ihr zuerst? An spaßige Rennen in Ridge Racer? An spannende Third-Person-Abenteuer? Oder vielleicht an einen Spielfilm, der euch den langen Flug in die Karibik versüßt hat?

Ich weiß nicht, welcher Gedanke euch spontan in den Sinn käme, aber ich wage mit 98%-iger Sicherheit zu behaupten, dass er nichts mit Shootern zu tun hätte. Schon gar nicht mit einem First-Person-Shooter inklusive taktischem Einschlag wie "Brothers in Arms", denn dieses Genre wurde auf der PSP bisher sträflich vernachlässigt. Kann man das anspruchsvolle Spielprinzip, die tolle KI und die komplexen Kontrollen überhaupt auf eine mobile Konsole übertragen? Um es kurz zu machen: So nicht.

Nicht schlecht, aber übersteuert

BIA:DD ist kein schlechtes Spiel. Es wirkt aber von vorne bis hinten so, als hätten sich die Entwickler von Gearbox übernommen. Das fängt schon bei der Handhabung an: Stellt euch auf eine lange Eingewöhnungszeit ein. Bis ihr die überladen wirkenden Kontrollen verinnerlicht habt und euren Soldaten einigermaßen souverän über das Schlachtfeld steuert, können Stunden ins Land gehen. Mit dem linken Analogstick bewegt ihr euch über das Schlachtfeld. Drückt ihr den Knubbel

Mit Hilfe der Kreistaste lässt sich über Kimme und Korn auf die Gegner zielen.
nach oben oder unten, lauft ihr vorwärts oder rückwärts. Bewegt ihr den Stick nach rechts oder links, dreht sich die Sicht in die entsprechende Richtung. Haltet ihr dabei die L-Taste gedrückt, schreitet ihr seitwärts voran. Befindet sich ein dabei ein Gegner vor Euch, schaltet ihr mit der gleichen Taste in einen "Lock On"-Modus, mit dessen Hilfe ihr euer Gegenüber umkreisen könnt.

Da die Waffe dank realistischem Rückstoß nach dem ersten Schuss nach oben verzieht, empfiehlt es sich aber, aus der Deckung heraus mit Hilfe der Kreistaste in den Zielmodus zu schalten und mit Kimme und Korn auf euer Ziel anzulegen. Auf diese Weise schlagt ihr euch durch die Normandie: Ihr sprintet von Deckung zu Deckung, immer auf der Hut vor euren deutschen Widersachern, die euch gerne ein Projektil-Piercing verpassen würden.

    

Rambo go home!

Schon auf dem zweiten der vier Schwierigkeitsgrade haben Freizeit-Rambos schlechte Karten. Wollt ihr erfolgreich sein, ist Vorsicht oberstes Gebot, sogar wenn ihr euch von der Flanke an eine Stellung heranschleicht. Selbst wenn ihr nur für ein paar Sekunden über die Mauer spickt, werdet ihr meist blitzschnell von einem der wachsamen deutschen Soldaten entdeckt, die sofort das Feuer eröffnen.

Die detailliert gestalteten Gesichter sind das einzige Glanzlicht in der sonst eher tristen Kulisse.
In solchen Situationen erweist sich euer Team-Mitglied "Joe Hartsock" als äußerst hilfreich: Mit der Hilfe eines blauen Zielkreises schickt ihr euren Helfer dorthin, wo ihr ihn benötigt. Meist stellt ihr ihn gegenüber der feindlichen Stellung ab und befehlt ihm, die Deutschen unter Sperrfeuer zu nehmen. Während seine Kugeln auf die Sandsäcke jagen, sind die Gegner abgelenkt und ihr könnt sie leichter von der Seite mit der M1 überraschen. Wenn ihr euch nicht sicher seid, von welcher Seite ihr euch um das Wohnhaus im französischen Dörfchen herumschleichen sollt, hilft ein Druck auf die Select-Taste. Dann öffnet sich eine dreidimensionale Übersichtskarte und zeigt die Verstecke der Feinde.

Befehlsverweigerung

Habt ihr euch erfolgreich herangeschlichen und eure Gegner überrumpelt, macht BIA:DD richtig Spaß. Doch leider trübt das zweitgrößte Übel neben der Steuerung die aufkeimende Freude: Die KI eures Teammitglieds. Offenbar waren dank der cleveren Gegner keine Prozessorressourcen mehr für den eigenen Waffenbruder übrig. Während eure Feinde aufgeweckt und blitzgescheit reagieren, läuft euer Kamerad oft strunzdoof in der Gegend herum. Auch eure Befehle führt Cpl. Joe Hartsock nicht immer so aus, wie ihr euch das vorstellt: "Da kann ich nicht hinschießen, Searge", "Den treff ich nicht", "Ich muss mal Pipi" sind die Sätze, die ihr in diesem Spiel am häufigsten hören werdet. Okay, der letzte Satz war ausgedacht, aber manchmal fühlt man sich eher wie ein Kindermädchen als ein Soldat. Dank der hakeligen Steuerung kommt es außerdem vor, dass ihr euren minderbemittelten Freund mitunter versehentlich direkt in die Schusslinie des Gegners schickt.

Panzer & Performance

Euer Panzer kann nur mit schwerem Geschütz wie einer Panzerfaust zerlegt werden.
Als ob all das nicht schon genug der Geißel wäre, geht in hektischen Szenen auch noch die Geschwindigkeit in die Knie. Teilweise verkommt das Spiel für ein paar Sekunden zu einer Slideshow. Die Engine ist dann dermaßen überlastet, dass sogar der Sound nicht mehr hinterher kommt und die Spielfiguren anfangen zu stottern wie Max Headroom. Glücklicherweise bleiben solche Situationen die Ausnahme. Man fragt sich allerdings unweigerlich, warum ausgerechnet bei diesem Spiel derart heftige Probleme auftreten. An der Umgebungsgrafik kann es nicht liegen, die fällt eher trist und matschig aus. Das einzige Highlight sind die detailliert modellierten Gesichter der Soldaten. Eure Missionen führen euch durch verwinkelte Gassen in französische Dörfer, aber auch direkt auf das offene Schlachtfeld. In manchem Missionen dürft ihr sogar einen Panzer kommandieren - übrigens einer der unterhaltsamsten Momente im Spiel: Markiert den Punkt, hinter dem sich die Deutschen versteckt halten und schon ballert der Fahrer die lästigen Widersacher ins Nirvana. Das mächtige Gefährt lässt sich außerdem prima als mobile Deckung einsetzen. Neben der Kampagne warten im Modus "Gefecht" sechs weitere Missionen auf euch. Hier könnt ihr alleine oder kooperativ mit einem zweiten PSP-Besitzer kämpfen. Anders als in der Kampagne dürft ihr diese Missionen auch als Wehrmachtssoldat bestreiten.

 

Fazit

Brothers In Arms: D-Day hätte ein unterhaltsamer Strategieshooter für unterwegs werden können. Das Potenzial dafür ist jedenfalls vorhanden: Clevere Gegner zwingen euch zu taktischem Vorgehen und wenn ihr die deutschen Soldaten erfolgreich von der Flanke überrumpelt habt, stellt sich schnell diebische Freude ein. Doch leider nagen zahlreiche Mängel am Spielspaß: Die Entwickler können zwar nichts dafür, dass Sony der PSP nur einen Analogknubbel spendiert hat, die Steuerung hätte aber ruhig intuitiver, weniger hakelig und nicht derart überladen ausfallen dürfen - gerade auf einem Handheld wäre weniger mehr gewesen. Außerdem nerven die dümmliche KI des eigenen Teammitglieds und technische Probleme wie die krassen Einbrüche in der Spielgeschwindigkeit. So bleibt statt Erinnerungen an glorreiche Schlachten nur ein fader Nachgeschmack. Schade, da war mehr drin!

Pro

spannende Gefechte
taktisches Vorgehen ist Pflicht
clevere Gegner
kooperative Missionen

Kontra

komplizierte, hakelige Steuerung
schlechte KI im eigenen Team
krasse Slowdowns
triste Umgebungsgrafik

Wertung

PSP

Taktik-Shooter mit Technik-Problemen und zu komplexer Steuerung.

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