SOCOM: US Navy SEALs - Fireteam Bravo 222.07.2007, Jan Wöbbeking
SOCOM: US Navy SEALs - Fireteam Bravo 2

Im Test:

Wenn es eine Eigenschaft gibt, die ein Socom-Fan nicht benötigt, ist es Geduld. Nur gut ein Jahr nach dem PSP-Ableger Fireteam Bravo brint Sony bereits einen Nachfolger auf den Markt. Doch damit nicht genug: Für das Weihnachtsgeschäft steht schon der nächste Teil mit dem Untertitel Tactical Strike in den Startlöchern. Taktische Shooter-Feinkost oder seelenlose Fließband-Action?

Dampfschiffahrtssonderkommandokapitänsmütze

Warum besitzen heutige Videospiele eigentlich derart lange Namen? Socom U.S. Navy Seals: Fireteam Bravo 2 - der Schriftzug bildet einen beinahe geschlossenen Kreis auf der Oberseite meiner UMD. Ein paar Worte mehr und Sony hätte ihn spiralförmig auf die Disk drucken müssen.

Zu Beginn eurer Mission schlagt ihr euch durchs Gebirge des fiktiven Staates Adjikistan. 
Zugegeben, beim neuen PSP-Socom liegt die Antwort auf der Hand: Es ist eben die zweite Episode des PSP-Ablegers Fireteam Bravo. »Never change a winning team« ist offenbar die Maxime der Entwickler gewesen, denn bis auf die neue Kampagne hat sich kaum etwas geändert.

In diesem Fall ist das allerdings eine gute Nachricht. Wie der Vorgänger schafft das Spiel etwas, an dem viele Mitbewerber scheitern: Es bringt einen spannenden Shooter mit Taktik-Elementen und einem vorbildlichen Online-Modus auf die PSP. Und noch viel wichtiger: Dieser PSP-Shooter lässt sich auch noch ordentlich steuern. Wie haben die Entwickler das also geschafft? Die PSP besitzt schließlich immer noch nur einen Analogknubbel. Ganz einfach: Indem sie sich um das Problem gedrückt und dem Spieler ein Auto-Aim spendiert haben. Wie in Metroid Prime reicht ein Druck auf die R-Taste, und schon bleibt ein in der Nähe stehender Gegner angepeilt, auch wenn ihr seitlich an ihm vorbei in die nächste Deckung hechtet.

Halt die Luft an!

Mit einem Druck auf das rechte Element des Steuerkreuzes schaltet ihr in einen Freisicht-Modus, in dem das Auto-Aim ausgeschaltet wird und ihr euren Gegner höchstpersönlich mit dem Analogstick anvisiert. Schleicht euch hinter einen Felsen, zoomt mit einem Zielfernrohr an den Gegner heran und schaltet den Wachposten aus der Entfernung aus.

Tango voraus: Bringt euer Gegenüber mit Projektilen zum Tanzen
Dabei solltet ihr allerdings das leichte Schwanken des Schützen einkalkulieren. Euer Charakter ist schließlich auch nur ein Mensch bzw. versucht, so gut es geht, einen zu imitieren. Drückt ihr auf die R-Taste, hält er die Luft an und das Zielkreuz wackelt etwas weniger.

Die Kombination aus Auto-Aim und Freisichtmodus passt bestens zu den Bedienelementen des Handhelds. Dadurch fällt zwar die Herausforderung des Zielens zum Großteil weg, ihr müsst euch aber immer noch taktisch klug durch die Levels bewegen, um nicht ins Kreuzfeuer eurer Gegner zu geraten. Neulinge müssen sich zwar zunächst einmal den Wust an Tastenbefehlen einprägen, doch nach etwa einer Stunde Eingewöhnungszeit schleichen auch sie souverän über die Maps. Wer mit dem Vorgänger vertraut ist, wird sich ohnehin sofort zurecht finden. Bis auf ein paar Kleinigkeiten, wie ein marginal anders aufgebautes Menü für die Befehle an euren KI-Mitstreiter, wurde die Steuerung beibehalten.           

Afghanistan war gestern

Diesmal führt euch die Kampagne durch den imaginären Staat Adjikistan, in dem allerlei Drogenbarone und andere Kriminelle ihr Unwesen treiben. Die Maps sind recht groß geraten. Oft könnt ihr sie aber nur über vorgegebene Wege ablaufen, weil z.B. nur eine bestimmte Tür auf den nächsten Innenhof führt. 

Im Dunkeln ist gut munkeln, allerdings nicht in diesem Spiel. Das Bild ist in den Nachtmissionen derart düster, dass man nur abends oder in stark abgedunkelten Räumen etwas erkennt.
Zusammen mit einem Teamkollegen schleicht ihr über Opiumfelder und zerklüftete Bergpässe und macht euch auf die Jagd nach einem, von seinen Schergen bewachten, VIP in einem Bergdorf. Auch einen kleinen Flughafen dürft ihr infiltrieren. Meist gilt es, Informationen wie eine herumliegende Karte zu fotografieren oder einzusammeln oder einen Haufen aus Heroinpäckchen in die Luft zu sprengen.

Ein Teil der Missionen ist Pflichtprogramm, die übrigen dürft ihr freiwillig in Angriff nehmen. In einem der notwendigen Levels nehmt ihr eine Heroinküche in einem Lagerhallenkomplex hoch. Hier solltet ihr auf eure Unauffälligkeitsanzeige achten, denn diese Mission ist lang, und es gibt eine Menge Aufgaben zu erledigen. Euren Spielstand dürft ihr nur nach einer abgeschlossenen Mission speichern. Manche mögen es als nervig ansehen, manche Aufgaben doppelt und dreifach zu erledigen, doch ich empfand das System als ungemein motivierend. Auf diese Weise müsst ihr euch vorher genau überlegen, wie ihr die kommende Situation meistern wollt. Als Belohnung für erfüllte Missionsziele wandert Kommandokapital auf euer Konto. Die Währung könnt ihr in neue Waffen, Erweiterungen wie Granatwerfer und Zielfernrohre und in Ausrüstung wie Medi-Kits und Luftschläge investieren. Ihr dürft auch Armee-Klamotten shoppen gehen und euren im Editor entworfenen Krieger neu einkleiden.

Ich sehe was, was du nicht siehst...

Sehr hilfreich ist es, ab und zu einen Blick auf die Karte zu werfen. In einer Mission haben sich ein paar gegnerische Schergen auf dem Dach postiert. Dort warten sie darauf, dass ihr auf den angrenzenden Parkplatz spaziert und ihnen in die Falle geht. Nach einem Blick auf die Karte seht ihr, dass ein kleines Treppenhaus nach oben führt. Schleicht also die Treppe hinauf und überrascht die verdutzen Gegner auf dem Flachdach. 

Weidmanns heil!
Sobald ihr die Tür geöffnet habt, ändern sich die Hallgeräusche und der Wind pfeift euch um die Ohren. Wenn es sich einrichten lässt, solltet ihr nur mit einer der Betäubungswaffen auf die wartenden Schützen schießen. Zwei, drei Gummiprojektile später ergeben sie sich, und dann könnt ihr sie in Ruhe fesseln.

Ihr wollt gar nicht pazifistisch handeln, sondern lieber den gnadenlosen Berserker mimen? Dann geht euch einiges durch die Lappen, dass euch in den weiteren Missionen weiterhelfen kann. Durch humanes Vorgehen steigt eure Reputation in Adjikistan und ihr bekommt Zugriff auf neue Waffen vom Schwarzmarkt. Manche der gefangen genommenen Krieger singen außerdem wie ein Rotkehlchen. Vor dem Start der nächsten Mission gelangt ihr dadurch an Insider-Informationen wie die Zahl und Position der patrouillierenden Wachen. Es ist ein ständiges Abwägen: Gehe ich auf Nummer sicher und erledige den Gegner aus der Distanz mit dem Zielfernrohr oder poliere ich meine Beliebtheit auf, indem ich ihn am Leben lasse? Auch wenn ihr Geiseln und Zwangsarbeiter befreit, steigt euer Ansehen.     

Ungewollte Geschenke

Wenn euch gleich eine ganze Gruppe an Wachposten gegenübersteht, ist es klüger, die durchschlagkräftigen Wummen sprechen zu lassen, um nicht selber den Löffel abzugeben oder den Team-Kollegen zu verlieren. Letzterer verhält sich übrigens wie der Schatten an eurer Seite.

Der umfangreiche Online-Modus ist einer der größten Pluspunkte der beiden PSP-Socoms.
Statt Aufmerksamkeit zu erregen, läuft er euch behutsam hinter euch von Deckung zu Deckung. Wird er angegriffen, verteidigt er sich recht ordentlich, so dass ihr euch nicht all zu große Sorgen um ihn machen müsst. Wollt ihr im Befehle erteilen, drückt ihr die Kreistaste, um das entsprechende Menü zu öffnen. Euer KI-Kollege öffnet die Tür, wirft eine Blend- oder Splittergranate in den Raum und räumt dann das Zimmer auf. Außerdem könnt ihr ihm befehlen, die Position zu halten, ein Ziel zu decken und einiges mehr.

Zurück zur Steuerung eurer eigenen Figur: Leider werden sämtliche Kontext-abhängige Aktionen mit der Quadrattaste ausgelöst, mit der ihr auch die Waffe eines gefallenen Gegners aufhebt. So passiert es nicht selten, dass ihr plötzlich versehentlich eine AK-47 in der Hand haltet statt das extra für die Mission ausgewählte, mit einem Zielfernrohr ausgestattete Gewehr. Oder ihr wechselt eure Sekundärwaffe mit den Gummiprojektilen versehentlich mit einer herumliegenden Maschinenpistole. Ohne Betäubungswaffe könnt ihr die Gegner nur noch im Nahkampf mit eurem Gewehrkolben zur Aufgabe zwingen.

Netz-Elite

Wer trotz der guten Team- und Gegner-KI lieber mit Menschen zusammenarbeitet, darf sich im umfangreichen Online-Modus austoben. Als ich mein erstes Match startete, fühlte ich mich beinah wie in einem Xbox-Live-Spiel. Es gibt unterschiedliche Bestenlisten, Clan-Ligen und sogar ein kleines Message-Board.

Solch offene Feuergefechte sind auf den großen Maps selten. Meist wird eher gemütlich inmitten der idyllischen Natur gecampt.
Der gut verständliche Voice-Chat wird rege für Absprachen und Smalltalk genutzt. Das liegt vor allem daran, dass das erste PSP-Socom zusammen mit einem Headset ausgeliefert wurde und auch beim neuen Teil ein Bundle mit diesem Zubehör angeboten wird. Bis zu 16 Spieler treten in einem von sieben Modi an. Dazu gehört ein einfaches Deathmatch, eine Geiselbefreiung und das Legen einer Bombe wie in Counter Strike, eine Capture-the-Flag-Variante und zwei Modi, in denen Kontrollpunkte gehalten werden müssen.

Stark frequentiert waren bei meinen Probespielen zwar nur die Team-Deathmatch-Server, doch zumindest dort solltet ihr zu jeder Tages- und Nachtzeit auf Mitspieler treffen. Die Matches liefen absolut flüssig und verzögerungsfrei - wohl nicht zuletzt deswegen, weil man sich in einem rein europäischen Universum einlogt. Dort könnt ihr dann nach deutsch-, englisch- und anderssprachigen Servern sortieren. Es empfiehlt sich übrigens, nur abends oder in stark abgedunkelten Zimmern zu spielen. Sogar an einem bewölkten Tag mit heruntergezogenen Rollos konnte ich kaum etwas erkennen. Erst abends konnte ich beginnen, das Spiel zu testen.    

Fazit

Gut gemacht, Zipper Interactive! Die Mischung aus Auto-Aim und Freisichtmodus funktioniert um einiges besser als die unhandlichen Steuerungsvarianten von Konkurrenztiteln wie Brothers in Arms D-Day. Bis auf die neue Kampagne gibt es zwar nur wenige Neuerungen zum Vorgänger, doch andererseits macht der Titel vieles richtig: Die KI funktioniert vorbildlich, die realistischen Soundeffekte verursachen eine Gänsehaut und die Maps sind angenehm groß ausgefallen. Ich hätte mir allerdings etwas weniger lineare Laufwege gewünscht. Trotz des großen Terrains beginnt die recht ansehnliche Grafik nie zu ruckeln. Die Framerate ist zwar nicht hoch, bleibt aber stets auf einem erträglichen Niveau. Der stärkste Pluspunkt ist der umfangreiche und gut besuchte Mehrspielermodus über das Internet mit Voice-Chat und Clan-Funktionen. Wer einen guten Online-Shooter für seine PSP sucht, kommt am neuen Socom nicht vorbei!

Pro

gelungene, auf die PSP zugeschnittene Steuerung
konkurrenzlos umfangreicher Online-Modus
bis zu 16 Teilnehmer spielen miteinander
Clan-Ligen
motivierend aufgebaute Kampagnen-Missionen
gute KI bei Freund und Feind
große Maps
realistische, räumliche Soundeffekte
Orchestrale Ohrwurm-Melodien
ansehnliche Grafik
Spielstand lässt sich nur nach einer kompletten Mission speichern

Kontra

<P>
Bild viel zu dunkel
wenig Gegnertypen
kaum Neuerungen gegenüber dem Vorgänger
teils recht lineare Pfade trotz großer Levels
versehentliche Waffenwechsel durch überladene Tastenbelegung</P>

Wertung

PSP

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