Obscure 212.11.2009, Jens Bischoff
Obscure 2

Im Test:

Obscure sorgte mit seinem Survival-Horror-Trip an der Leafmore Highschool bereits fünf Jahre vor Resident Evil 5 für kooperativen Gruselspaß. Vor zwei Jahren kehrte das Grauen auf PC und PS2 mit Obscure II zurück, ein Jahr später auch auf Wii. PSP-Spieler kommen erst jetzt in den Genuss des Nachfolgers. Lohnt sich das Abenteuer?

Gelungene Neuauflage

Während der Nachfolger zu Obscure hierzulande schlicht Obscure II hieß, kam er in den USA als Obscure: The Aftermath in den Handel.

Video: Der Trailer gewährt einen kurzen Einblick in die düsteren Ereignisse an der Fallcreek University.Die PSP-Umsetzung hört als einzige auch in Europa auf den US-Titel. Das Spiel ist dennoch dasselbe wie auf den anderen Plattformen. Neu ist lediglich die Möglichkeit eine Reihe Artworks freizuspielen und sich über entsprechende Player bereits gesehene Videos und gehörte Musikstücke nochmals einzeln zu Gemüte zu führen. Das ist zwar ein netter Bonus, für Kenner des Originals aber natürlich kein erneuter Kaufgrund.

Wem Obscure II bisher entgangen ist, bekommt mit der Handheld-Fassung aber eine gelungene, wenn auch reichlich späte Portierung serviert: Die zum Teil vom Kinderchor der Pariser Oper und vom Bostoner Streichquartett eingespielten Kompositionen setzen auch unterwegs atmosphärische Glanzpunkte. Die Grafik hat kaum gelitten und präsentiert sich überraschend klar und detailliert. Und bei der Steuerung hat man es sogar geschafft, das Original dank cleverer Tastenbelegung, komfortabler Zielumschaltung, automatisierter Anwendung von Schlüsselobjekten und handlicherer Schnellmenüs zu übertreffen.

Auch auf das Markenzeichen der Serie, den Koop-Modus, müssen PSP-Spieler nicht verzichten. Per Ad-hoc-Verbindung kann jederzeit ein zweiter Spieler ins laufende Geschehen ein- und auch wieder aussteigen. Im Gegensatz zur Vorlage kann man sich sogar etwas freier bewegen. Man hält sich zwar nach wie vor in denselben Räumen auf, ist aber nicht länger auf einen gemeinsamen Bildausschnitt angewiesen. Im Gegenzug kann es aber bei bestimmten Interaktionen oder Menüzugriffen zu Verzögerungen kommen und auch das häufigere Nachladen nagt mitunter etwas am Spielfluss.

Alles wie gehabt?

Ansonsten gibt es aber keine nennenswerten Unterschiede. Nach wie vor steuert man eine Gruppe von Studenten, die man zum Teil noch aus dem ersten Teil kennt, durch die Fallcreek University und ihre Umgebung, wo sich merkwürdige Dinge ereignen. Grund dafür scheint eine Pflanzenart, die ihr und eure Kommilitonen als Droge missbraucht haben. Der anschließende Horrortrip manifestiert sich allerdings nicht nur in den Köpfen der Studenten, sondern auch in der Realität. Menschen mutieren und bringen sich gegenseitig um. Aus Freunden werden plötzlich deformierte Tötungsmaschinen, die Suche nach einem Gegenmittel zum Kampf ums Überleben.

Stilistisch bedient sich auch das zweite Obscure typischer Elemente von College- und Highschool-Horrorfilmen. Die trashige B-Movie-Inszenierung macht mit ihren stereotypen Charakteren und abgedroschenen Dialogen vor keinem noch so plumpen Klischee halt, ohne jedoch ausreichend parodistisch zu wirken.

Grafisch kann sich der kooperative PSP-Horror wirklich sehen lassen. Spielerisch fühlt man sich aber trotz gelungener Handhabung in die 90er Jahre zurückversetzt.
Man schmunzelt zwar über alberne Aushänge, in denen versehentlich mit Gelbfieber infizierte Versuchsobjekte zurückgerufen werden oder im Kampf unabsichtlich angeschossene Begleiter, die über die Psyche des Spielers herziehen. Aber oft hat man auch das Gefühl, dass die Figuren ihre zum Teil hanebüchenen Aussagen ernst meinen und sich mit ihrer vermeintlichen Coolness ungewollt lächerlich machen.

Aber egal, die Story ist so oder so eher mau, die Charaktere austauschbar und die meisten Dialoge völlig belanglos. Das kann man mögen oder nicht, die Atmosphäre wird dadurch aber zu einer ziemlich zwiespältigen Angelegenheit: Auf der einen Seite baut die Soundkulisse immer wieder Spannung und Beklemmung auf, auf der anderen Seite werden diese Momente aber schnell wieder durch pseudo-cooles Gehabe und ausgelutschte Ereignisse zunichte gemacht. Echte Schockmomente sind selten, schleichender Psycho-Terror à la Silent Hill so gut wie nicht vorhanden. Ein paar gelungene Szenen gibt es dennoch, auch wenn vieles davon einfach aus anderen Spielen oder Filmen kopiert wurde.        

Horrorunterhaltung wie vor zehn Jahren

Auch das spielerische Grundgerüst wirkt nach wie vor wie aus alten Resident Evil -Episoden zusammengesetzt. Beim ersten Teil, war das nicht weiter tragisch, inzwischen hat sich das Genre aber deutlich weiter entwickelt. Verurteilen muss man Obscure II deswegen natürlich nicht, denn was es macht, macht es nach wie vor recht überzeugend.

Jeder Charakter verfügt über einzigartige Fähigkeiten. Corey ist z. B. ein wahrer Klettermeister.
Vor allem die abwechslungsreichen Knobeleinlagen und individuellen Charakterfähigkeiten wissen zu gefallen. Im Prinzip handelt es sich zwar lediglich um altmodische Schalter- und Schieberätsel, aber deren Einbettung wirkt sehr harmonisch und deren Lösung manchmal sogar überraschend vertrackt.

Zudem hat jede Figur ein persönliches Talent. Amy kann beispielsweise verschlüsselte Botschaften entziffern, wozu sie gelegentlich in einem kleinen Puzzlespiel zerrissene Dokumente zusammensetzen muss. Mei kann hingegen elektronische Schlösser knacken, in dem sie sich einer Partie Mastermind stellt, bei dem sie eine Reihe von Buchstaben in die richtige Reihenfolge bringen muss, während Stan konventionelle Schlösser öffnet, indem er mit seinem Dietrich im Schließmechanismus herumdoktert. Kenny und Sven trumpfen wiederum mit reiner Muskelkraft auf, durch die sie schwere Objekte bewegen können. Der akrobatische Corey kann sich dafür über klaffende Abgründe und steile Anhöhen hinwegsetzen und Shannon nimmt es dank übersinnlicher Kräfte sogar mit Hindernissen, die von dunkler Aura beseelt sind, auf.

Selbst Meis Schwester Jun hat einen kurzen, aber originellen Auftritt, bei dem man sie mit Hilfe scharf zu stellender Überwachungskameras durch einen düsteren Keller dirigieren muss. Die neunte und letzte Figur im Bunde ist Professor Richard, den man zwar nicht selbst spielen kann, der einen dafür aber ab und zu mit verbesserter Ausrüstung versorgt. Das Waffenarsenal ist recht abwechslungsreich. Vor allem wer die Spielumgebungen nach kleinen Spezialschlüsseln abklappert, bekommt ein paar exotische Tötungswerkzeuge wie Teaser, Leuchtpistole oder Armbrust spendiert. Ansonsten verlässt man sich auf diverse Hieb- und Schusswaffen wie Baseballschläger, Schrotflinte oder Pistole, um seinen mutierten Ex-Kommilitonen Saures zu geben. Auch Dynamitstangen, Kettensäge und Blendgranaten kommen gelegentlich zum Einsatz, während bei manchen Bossfights, von denen es leider nur sehr wenige gibt, auch die Spielumgebung selbst ins Kampfgeschehen einbezogen wird.

Teamwork mit Hindernissen

Auch sonst bieten die Schauplätze einige Interaktionsmöglichkeiten: Man kann Glasscheiben einschlagen, um verschlossene Räume zu betreten oder verriegelte Türen zu öffnen, brüchige Mauer sprengen, umgestürzte Bäume zersägen oder vernagelte Durchgänge zu Kleinholz verarbeiten. Zudem darf man Kräne, Bagger oder Abrissbirnen steuern und kooperativ Schalter umlegen, Boot fahren, Fassadenlifte nutzen oder per Räuberleiter Höhenunterschiede überwinden.

Mit einem KI-Partner im Schlepptau braucht man teils starke Nerven, die sich dank Koop-Modus aber auch schonen lassen. 
Gerade die Arbeit im Team kann ungemein viel Spaß machen. Allerdings nur mit einem Mitspieler aus Fleisch und Blut, denn wer auf einen KI-Begleiter angewiesen ist, wird seinen Partner eher verfluchen als loben. Zwar kann man jederzeit zwischen den zwei gerade aktiven Figuren hin und her wechseln und sie mit bevorzugten Waffen ausrüsten, aber irgendwie macht eurer Partner nur selten das, was er sollte. Er stürzt sich trotz Schusswaffe und reichlich Munition in tödliche Nahkämpfe, versperrt euch den Weg oder verwehrt in Teamabschnitten jegliche Rückendeckung.

Einmal muss man z. B. im Schutz eines beweglichen Scheinwerfers eine Kiste verschieben, was zu zweit hervorragend klappt, allein aber die reinste Tortur ist, da euer KI-Kollege sowohl am Scheinwerfer als auch beim Kisten schieben komplett versagt... Befehle kann man leider keine geben und auch generelle Verhaltensrichtlinien lassen sich nicht festlegen, so dass Solisten ziemlich frustresistent sein sollten, wenn sie sich dem Horror an der Fallcreek-Universität stellen wollen. Zu zweit fällt dieser Kritikpunkt natürlich komplett weg und auch sonst macht es einfach deutlich mehr Spaß gemeinsam in den Kampf zu ziehen. Die Speicherpunkte sind zwar nicht immer ganz glücklich platziert, die Kamera hat so ihre Macken und es gibt lediglich einen unveränderbaren Schwierigkeitsgrad, aber wer klassischen Survival-Horror à la Resident Evil mag und sich nicht an der übertrieben plumpen Inszenierung stört, kommt auch beim zweiten Obscure wieder auf seine Kosten. Die Faszination hat über die Jahre zwar etwas nachgelassen und auch der Umfang ist einmal mehr nicht besonders üppig, aber wer Teil eins seinerzeit mochte, wird auch mit der reichlich späten Umsetzung des zweiten Teils wieder seinen Spaß haben.      

Fazit

Auch wenn die Verwendung des eigentlich nur in den USA gebräuchlichen Untertitels The Aftermath hierzulande etwas Neues suggeriert, handelt es sich trotzdem nur um eine 1:1-Umsetzung des mittlerweile zwei Jahre alten Obscure II. Neu ist lediglich die Möglichkeit über ein Bonusmenü auf freigespielte Musik, Videos und Artworks zuzugreifen. Darüber hinaus hat man sich aber auch die Mühe gemacht, die Steuerung an die Gegebenheiten des Handhelds bestmöglich anzupassen. Insgesamt ist die Handhabung trotz nach wie vor bestehender Kameraprobleme sogar komfortabler als im Original! Auch technisch kann sich der Horrortrip in mobiler Form sehen lassen. Die Atmosphäre ist natürlich nicht dieselbe wie auf einem großen Fernseher mit Surround-Anlage. Aber grafisch ist der Titel für PSP-Verhältnisse absolut topp, die Soundkulisse trotz haarsträubender Dialoge nach wie vor ein echtes Highlight. Schockmomente machen sich hingegen eher rar, Story und Charaktere wirken reichlich plump und das Spieldesign spürbar angestaubt. Auch der Umfang ist nicht allzu üppig, die Verteilung der Speicherpunkte nicht immer glücklich. Dafür punktet der Titel dank individueller Charakterfähigkeiten und gut eingeflochtener Rätseleinlagen auch heute noch mit einem abwechslungsreichen Spielablauf. Selbst der unterhaltsame Koop-Modus, bei dem jederzeit ein zweiter Mitspieler ins laufende Abenteuer einsteigen kann, ist auf der PSP mit von der Partie. Und das ist auch gut so, denn die Intelligenz der KI-Partner ist alles andere als überzeugend. Solisten werden ihre dämlichen Begleiter regelmäßig verfluchen, zu zweit wird man hingegen gut unterhalten - vor allem, wenn man auf trashigen College- und klassischen Resident Evil -Horror steht.

Pro

ansehnliche Grafik
handliche Steuerung
gelungene Koop-Action
stimmungsvolle Soundkulisse
individuelle Charakterfähigkeiten
gut eingeflochtene Rätseleinlagen

Kontra

durchwachsene KI
beschaulicher Umfang
hakelige Kamerajustierung
plumpe Charaktere & Dialoge
mäßige Story & Schockeffekte

Wertung

PSP

Sehr spät, aber überzeugend umgesetzter Old School-Horror mit knappem Umfang, aber unterhaltsamem Koop-Modus.

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