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Fantastische Zeitreise...
Vielleicht ist es ja ein gutes Zeichen, dass Square Enix (SE) den neuen Ableger von Final Fantasy VII nicht nach, sondern vor den Ereignissen des großen Rollenspiels angesiedelt hat. Schließlich war Advent Children erzählerisch so schwach wie es visuell überwältigend war. Und Dirge of Cerberus zeigte spielerische Schwächen, wo zumindest durch die Handlung Spannung aufkam. Und jetzt? Zurück zu den Anfängen - und weiter. Denn Crisis Core erzählt eine Geschichte sieben
Jahre vor dem Konflikt zwischen Cloud und Sephiroth. Eure Sicht beschränkt sich dabei mehr als von SE gewohnt auf den Blickwinkel eines Charakters: Als Clouds Kumpel Zack erfahrt ihr, wie die mächtige Shinra Corporation ihr Imperium aufbaut und was Sephiroth zu dem Antagonisten macht, den ihr zu kennen glaubt. Sieben Jahre vor Final Fantasy VII: In Crisis Core stehen noch Gerüste um die Shinra-Zentrale.
Ihr versteht zwar immerhin "Bahnhof", die Namen sagen euch aber noch weniger als "Tenzin Gyatso"? Macht nichts! Dann erlebt ihr eben einfach die emotionale Achterbahnfahrt des Jungspunds Zack Fair, der innerhalb eines Megakonzerns vom naiven Draufgänger zum Elitesoldaten aufsteigt. Das anfängliche Bündel der Ungeduld muss zusehen, wie sein Freund und Mentor Angeal abtrünnig wird und lernt die Lektionen zum Erwachsenwerden, als er mit dem Schicksal konfrontiert wird, welches einen Keil in das einst unzertrennbare Trio Angeal, Genesis und Sephiroth treibt...
(Zu) stille Wasser
Typisch japanisch: SE strapziert keine unnötigen Klischees, um seine auf Charakterentwicklung bedachte Geschichte zu erzählen. Wenn überhaupt, dann ist es ein fernöstliches Klischee, dass Schwarz/Weiß-Malerei beim Geschichtenerzählen nichts verloren hat. Denn trotz einiger enttäuschend platter Dialogzeilen, werden selbst scheinbar unbedeutende Nebenfiguren als lebendige Figuren greifbar. Anstatt "offensichtlich Gut" gegen "zähneknirschend Böse" zu hetzen, werden hier vielschichtige Wesen von ihrem Schicksal voran getrieben und stoßen dabei in unausweichlichen Showdowns aufeinander. Und natürlich: Wichtige Ereignisse werden in gewohnt eindrucksvollen Szenen beschrieben. Imposant, bildgewaltig, mitreißend - Crisis Core ist kein preiswerter Handheld-Abklatsch, das hier ist großes Final Fantasy-Kino!
Und das zeigen die Entwickler nicht nur in den vorgerechneten Zwischensequenzen; auch die in Echtzeit dargestellten Gesten und Mimiken wirken glaubhaft. Dass die Augen dabei etwas größer und bunter als normal, die Gesichter etwas bleich, die Charaktere also überzeichnet wirken, unterstreicht die gewollten Emotionen nur. Lediglich die
Angeal, Sephiroth und Genesis: Welches Schicksal erwartet die Freunde? |
Taktische Rundenaction
Das wirkt umso befremdlicher, da sich Zack nicht in einer offenen Welt bewegt, sondern stets zwischen kurzen geradlinigen Abschnitten wechselt. Das gilt sowohl fürs freie Erkunden der meist friedlichen Siedlungen oder Unterkünfte als auch für die kämpferischen Sequenzen, in denen euch scheinbar zufällig auftauchende Feinde ans Leder wollen. Kurze Abschnitte? Es gibt also Ladepausen beim Unterwegs-Zocken? Ja. In der Regel pausiert der Ablauf allerdings nur wenige - verschmerzbare - Sekunden. Und er kommt dafür nie zum Stocken, wenn euch die erwähnten Zufallsgegner an die Kehle springen. Das heißt, ganz so zufällig taucht das fantasievolle Gesindel gar nicht auf: Die Widersacher sind zwar vor dem Aufeinandertreffen meist unsichtbar - sie erscheinen allerdings nur an dafür vorgesehenen Punkten. Und zwar immer dann, wenn ihr sie zum ersten, zweiten, dritten Mal usw. erreicht. Sprich: Überschreitet ihr eine entsprechende Linie, heißt es "Activating Combat Mode" und der actionreiche Kampf beginnt.
Da steht es schon wieder: actionreich. Wie passt so etwas in das Rollenspiel-Universum? Versucht sich SE etwa schon wieder an einem Shooter ähnlich dem leidlich spannenden Dirge of Cerberus? Gott sei Dank - nein! Crisis Core bleibt dem traditionellen Rundenkampf treu. Es modifiziert ihn allerdings so, dass versierte Taktiker zunächst überfordert sein könnten. Denn obwohl ihr die gewohnten Aktionen wie Angriff, Zaubern oder Gegenstand benutzen auslöst und zwischen den Befehlen wartet, bis Zack erneut eine Handlung ausführen kann, dürft ihr den Helden während dieser Wartezeit frei bewegen - innerhalb der unsichtbaren Grenzen jedenfalls. Zack kann sogar jederzeit eine Rolle ausführen, um gegnerischen Attacken auszuweichen.
Ein ebenfalls stets verfügbarer Block verringert zudem den Schaden durch feindliche Angriffe. Wenig überraschend, aber ja: Sie ist es.
Der DMW-Bandit
Das war den Entwicklern jedoch offenbar nicht genug, denn sie bringen das DMW (Digital Mind Wave) ins Spiel, das an die dreigeteilte Anzeige eines einarmigen Banditen erinnert. Oberflächlich gesehen handelt es sich dabei um einen Zufallsgenerator, der bestimmt, wann Zack besonders mächtige Angriffe (Limit Breaks) ausführt, Statusveränderungen, z.B. Unverwundbarkeit, erfährt oder eine Erfahrungsstufe aufsteigt. Bei genauer Betrachtung ist der Zufall allerdings eurem Können untergeordnet. Gut so! Denn so besteht nicht die Gefahr, dass ihr das gesamte Abenteuer mit einem zu schwachen Charakter bestehen müsst, weil das Glück nie auf eurer Seite ist. Wichtigster Faktor, um das DMW zum erfolgreichen Dreh zu bewegen, sind im Kampf gewonnene Punkte: Erlegt Zack mehrere Feinde ohne selbst Schaden zu nehmen, sackt er z.B. besonders viele ein.
Und natürlich werdet ihr in Crisis Core auch Materia sammeln und einsetzen - eine magische Energieform, die Shinra aus den Rohstoffen des Planeten gewinnt. In jeder Materiakugel steckt ein Zauberspruch, und vier davon könnt ihr zu Beginn einsetzen. Mehr noch: Zack darf die Kugeln auch kombinieren. So erhält er entweder stärke Formen eines der eingesetzten Materia oder einen gänzlich neuen Zauber. Für Bastler öffnet sich so eine riesige Spielwiese, zumal sie auch gewöhnliche Gegenstände in die Kombination einbringen dürfen, um noch mächtigere Zauber zu erhalten.
Kurzweilig UND spannend?
Überfordert? Ihr könnt aufatmen, denn die Entwickler führen euch behutsam in die vielfältigen Möglichkeiten ein. Besonders die Kämpfe sind lange Zeit spielend leicht zu meistern, und ihr dürft euer Können zudem in etlichen Dutzend Nebenmissionen langsam schleifen. Das heißt allerdings nicht, dass euch
Das DMW: Erscheint links und rechts dasselbe Gesicht, habt ihr die Chance auf einen Limit Break. |
Nüchtern betrachtet nutzen die Entwickler so eine ausgesprochen... preiswerte Methode, um für Abwechslung zu sorgen, zumal sich die Abschnitte nicht nur thematisch, sondern auch kartographisch verdammt schnell wiederholen! Spielerisch geht das Konzept überraschender Weise trotzdem auf. Das empfinde selbst ich als strikter Gegner der "Nur für Zwischendurch"-Konzepte so. Die flotten Kämpfe und das schnelle Erfolgserlebnis, dank dem Zack Erfahrung sowie Gegenstände erhält, sind jedoch verdammt motivierend und bereiten den Helden für den kommenden Abschnitt des roten Fadens vor. Kurzweil und bewegende Erzählung gehen hier nahezu perfekt ineinander über!
Ausblick
Falls Crisis Core so packend bleibt wie in den ersten zehn Stunden, werden nicht nur Veteranen das neue Final Fantasy VII lieben! Dann erleben Quereinsteiger und Auskenner die Anfänge eines Epos', das zu den emotionalsten der Videospielgeschichte zählt. Dabei erzählt das Prequel nicht nur eine spannende Geschichte, sondern kann mit seinem Mix aus Action und Rundentaktik vor allem spielerisch begeistern. Ich habe mir die US-Fassung mit einer vorsichtigen Erwartungshaltung gekauft - und komme seitdem nicht davon los. Die Entwickler loten zwar trotz ihrer künstlerischen Fingerfertigkeit weder die technischen Möglichkeiten aus noch erschaffen sie aufgrund des stringenten Ablaufs und vor allem wegen der vorhersehbaren Kämpfe die Illusion einer offenen Welt. Doch als geradliniges Action-Rollenspiel funktioniert ihr Crisis Core bisher hervorragend. Falls sich daran im weiteren Verlauf nichts ändert, ist das Spiel vollkommen zu Recht Square Enix' bislang bestverkaufter PSP-Titel!
Ersteindruck: sehr gut
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