Schöne alte Welt
Zwei durch radioaktiven Schleim gewachsene Stummelärmchen - was kann ein durchgeknalltes Tentakel damit schon anfangen?
Kämpfe gehörten schon immer zur Menschheit dazu; Kämpfe um Macht, Land, Weib. Kämpfe um Öl, Ehre oder aus Langeweile. Und natürlich Kämpfe um das Recht. Irgendein Recht. Seit es mehr als einen Computer gibt, sind Letztere unter Vertretern verschiedener Lager enorm populär: Game Boy vs. Lynx, Atari ST vs. Amiga, Mega Drive vs. SNES, PlayStation vs. Saturn, Xbox 360 vs. PlayStation 3. Alle Lager sind verhärtet, das eigene hat aus Prinzip Recht, das andere nachweislich nicht die geringste Ahnung. Natürlich hört dieser Spaß bei der Hardware noch lange nicht auf: Tekken vs. Virtua Fighter, Blizzard vs. Westwood - und natürlich LucasArts vs. Sierra. Ah, das klassische Gefecht Gut gegen Böse. Man möge bitte selbst definieren, was auf wen zutrifft.
Für mich war es klar: LucasArts (bzw. damals noch Lucasfilm Games) waren die Guten. Nein, die Besten, die Bestesten - die hatten in ihrer Vergangenheit einfach die coolsten Spiele! Die hatten TIE Fighter, Rebel Assault, Indiana Jones and the Fate of Atlantis und The Secret of Monkey Island. Es gab natürlich noch andere sehr kompetente Knobel-Lieferanten, allen voran Revolution Software (die u.a. die großartigen Titel »Lure of the Temptress« sowie »Beneath a Steel Sky« entwickelten,
welche mittlerweile kostenlos erhältlich sind) und Westwood (die mit der Legend of Kyrandia-Trilogie verzauberten). Aber Lucasfilm Games saßen unverrückbar auf ihrem im Sonnenschein gleißenden Diamantenthron. Irgendwann ist die bedauernswerte Firma - von Managern geleitet, die sich durch zu eng geschnürte Krawatten die Blutzufuhr zum Hirn selbst abschnitten - zu einem Fließbandlieferanten schlechter Star Wars-Spiele mutiert, aber die End-80er und ganz besonders die 90er waren LucasArts' große Jahre. Was nicht zuletzt an unserem Oldie des Monats lag:
Day of the Tentacle
Der ikonische Moment von DotT: Der Hamster landet nicht in der Mikrowelle, sondern in der Tiefkühltruhe - das damit verbundene Puzzle ist repräsentativ für das wundervoll durchgeknallte Design des Spiels.
Eigentlich »Maniac Mansion 2: Day of the Tentacle«, was dem Kenner des ersten Teils mehr als genug Infos liefert. Und doch war das nicht einfach eine stinknormale »More of the same«-Fortsetzung, sondern ein brandneues Adventure-Erlebnis. Natürlich gab es jede Menge Überschneidungen mit dem ersten Teil: Die Tentakel, das Haus der Edisons, die Edisons selbst, den Hamster, die Mikrowelle. Und Bernard, einen der der drei Helden von DotT - die anderen beiden waren der mit einer bewundernswerten Scheißegal-Einstellung gesegnete Roadie Hoagie sowie die völlig abgespacete Studentin Laverne. Und das war's auch schon, mit diesen dreien verbrachte man das ganze Abenteuer. Das folgerichtig auch nur einen Lösungsweg hatte - der Vorgänger war mit der Figurenwahl (es gab sieben unterschiedliche Charaktere, die das Abenteuer auf ihre Weise beeinflussten) etwas interaktiver. Eines blieb jedoch unverändert: Man durfte zwischen den gleich zu Beginn per Zeitklo (»Chron-O-John«) in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verteilten Helden jederzeit wechseln, was für einige der grandiosesten Puzzles in der Adventure-Geschichte sorgte! Mein Lieblingsstichwort in dieser Hinsicht ist »Hamster im Kühlfach«, denn es steht repräsentativ für das wunderbar verdrehte, aber doch logische und nachvollziehbare Design der Gehirnverknoter. Ach, verdammt, ich kann nicht widerstehen - ich werfe jetzt einfach mal ein paar Begriffe in den Raum. Wenn ihr sofort die entsprechenden Bilder vor Augen habt, dann sind wir im Herzen vereint: George Washingtons Gebiss, Spaghetti-Haare, Kirschbäume, Ooozo der Clown, Linkshänderhammer, angemalte Miezekatze.