F1 201102.03.2012, Michael Krosta
F1 2011

Im Test:

In diesem Monat beginnt die Formel 1-Saison 2012, in der Weltmeister Sebastian Vettel seinen Titel ein zweites Mal verteidigen will. Bei Codemasters dreht man die Uhr dagegen zurück: Auf der Vita geht es noch mal in den letztjährigen Boliden an den Start. Auf Konsolen und PC konnte der virtuelle Rennzirkus überzeugen, auf dem 3DS gab es dagegen einen Totalausfall. Wo reiht sich die Formel Vita ein?

Schein und Sein

Das Intro weckt noch die Hoffnung, dass F1 auf Sonys neuem Handheld in die Fußstapfen der PS3-Version treten könnte, wurde es doch 1:1 von ihr übernommen. Auch dank der potenten Vita-Technik und den beiden Analogsticks sind alle Voraussetzungen gegeben, um die Königsklasse des Motorsports in die Erfolgsspur zu führen. Doch die Hoffnung weicht schnell der grausamen Realität: Inhaltlich orientiert sich die Umsetzung an der grottigen 3DS-Version, die in unserem Crashtest mit einer Wertung von 32 Prozent scheiterte. Erwartet mich auf der Vita etwa das gleiche Desaster?

Kein Augenschmaus

Der enge Stadtkurs von Monaco stellt immer noch eine der größten Herausforderungen im Rennkalender dar.
Der enge Stadtkurs von Monaco stellt immer noch eine der größten Herausforderungen im Rennkalender dar.
Nein, ganz so übel ist es nicht: Zwar kommt die Bildrate auch auf der Vita manchmal ins Stocken, doch läuft das Geschehen insgesamt viel flüssiger über den Bildschirm. Die Autos sehen hier außerdem deutlich besser aus und leiden weniger an aufploppenden Texturschichten, doch enttäuschen die Kulissen ähnlich wie am 3DS mit ihrer groben Auflösung und wenig Details. Auch die Motorenklänge hat Entwickler Sumo Digital scheinbar direkt von dieser Version übernommen: Die Boliden hören sich zwar nicht schlecht an, aber röhren längst nicht so beeindruckend wie auf dem PC und den Konsolen.

Schwache KI

Die KI der Vita ist kein Totalausfall wie auf dem 3DS, aber trotzdem alles andere als gelungen: Meist verharrt sie stur auf der Ideallinie und fährt dem Spieler gerne ohne Rücksicht auf Verluste in die Karre. Warum auch nicht? Immerhin bin ich es meist, der aufgrund des inkonsequenten Strafsystems für die Kollision zur Verantwortung gezogen wird und selbst nach einer leichten Berührung zur Zehn-Sekunden-Strafe an der Box antanzen darf. Auf der anderen Seite werden deutlich härtere Aktionen mit der Eisenstange oft kaum oder gar nicht geahndet - die Rüpel-KI genießt ohnehin Narrenfreiheit und darf sowohl rempeln als auch abkürzen sowie ungestraft bei gelber Flagge überholen. Ja, ich habe das alles erlebt und mehr: So durfte ich z.B. auch schon mal

Die KI ist oft im Bummelzugtempo unterwegs, rempelt und genießt Narrenfreiheit.
Die KI ist oft im Bummelzugtempo unterwegs, rempelt und genießt Narrenfreiheit.
als Führender (!) in der DRS-Zone meinen Flügel öffnen, obwohl man ein solches Privileg eigentlich nur als Verfolger mit einem Abstand von höchstens einer Sekunde zum Vordermann genießen darf. Das Strafsystem lässt sich leicht abmildern oder ganz ausschalten - angesichts der unfairen Urteile ist Letzteres die beste Option.   

All ihre Schwächen offenbart die KI auf dem Kurs im Fürstentum Monaco: Selbst auf dem höchsten der drei Stufen kriecht sie teilweise über die Strecke, stößt in den engen Kurven ständig an Leitplanken an, fährt sich gegenseitig über den Haufen oder parkt in einem Stau. Okay, das ist ein Extrembeispiel, wo alles zusammenkommt, doch auch auf den anderen Pisten wirkt die KI nicht besonders souverän und lässt sich zu einfach kassieren - echtes Zweikampf-Feeling kommt hier nur selten auf. Immerhin ist mir hier nicht aufgefallen, dass die KI-Boliden wie auf dem 3DS plötzlich auf die Strecke gebeamt werden oder gemütlich am Streckenrand warten. 

Sparkurs

Die Boliden sind zwar nicht so detailliert wie an der PS3, aber sehen deutlich besser aus als am 3DS.
Die Boliden sind zwar nicht so detailliert wie an der PS3, aber sehen deutlich besser aus als am 3DS.
Die Formel Eins muss sparen - das hat sich wohl auch Codemasters bei der Umsetzung der Serie auf die Handhelds gedacht. Genau wie auf dem 3DS bekommen auch Vita-Raser nur eine abgespeckte Karriere ohne Interviews, Siegerehrungen oder aktive Teileentwicklung geboten. Beim Wagensetup muss man ebenfalls auf vorgefertigte Einstellungen durch den Renningenieur verzichten - immerhin darf man aber selbst an Aufhängung, Abtrieb & Co herum schrauben und seine idealen Abstimmungen speichern. Das Schadensmodell enttäuscht dagegen, denn die Folgen der Einschläge sieht man weder groß noch spürt man sie.

Neben der Karriere findet man alle Modi der 3DS-Version: Einzelrennen, komplette Wochenenden inklusive Trainings- und Qualifikationssessions stehen genauso zur Auswahl wie Zeitfahren, Herausforderungen und die Weltmeisterschaft mit allen Fahrern, Teams und Pisten der Saison 2011, wobei die Auswechslung von Nick Heidfeld im Gegensatz zum Wegfall des Bahrain-GP nicht berücksichtigt wurde. Ein verkürztes Qualifying sucht man genauso vergeblich wie beim 3DS, obwohl es sich gerade für Handhelds angeboten hätte. Das Wetter reicht von Sonnenschein über Wolken bis hin zu Regenwetter und ändert sich dynamisch. Große Auswirkungen auf die Fahrphysik spürt man jedoch nicht, die selbst ohne Fahrhilfen wie ABS und Traktionskontrolle mehr an arcadige Go-Karts erinnert.

Per Windschatten saugt man sich an den Vordermann heran - die ideale Voraussetzung für DRS.
Per Windschatten saugt man sich an den Vordermann heran - die ideale Voraussetzung für DRS.
Auf der Vita darf man optional über das hintere Touchpad Gas- und Bremspedal bedienen. Wer jetzt aber glaubt, durch das Fingerwischen einen ähnlichen Komfort zu bekommen wie mit einem analogen Trigger, wird enttäuscht - auch hier wird die Eingabe digital abgetastet. Das nervige Aktivieren von KERS und DRS über separate Knöpfe hat man 1:1 vom 3DS übernommen. Ansonsten bleiben Vita-Funktionen ungenutzt, denn per Touchscreen lassen sich lediglich noch die Kameraperspektiven (inkl. Cockpitansicht) durchschalten. Dabei hätte man z.B. auch die Kamera für Fotos im eigenen Profil oder das Gyroskop als alternative Lenkung nutzen können.

Nichts los

Die Mehrspielerkomponente entspricht ebenfalls der 3DS-Vorlage: Bis zu vier Fahrer dürfen wahlweise über eine Adhoc- oder Internetverbindung in Einzelrennen, beim Zeitfahren oder Konstrukteursduellen gegeneinander antreten. Das Austragen einer Koop-WM ist auch hier nicht möglich. Leider hatten wir keine Möglichkeit, den Netzcode auszuprobieren, denn wie schon auf Nintendos Handheld herrscht auch auf der Vita gähnende Leere auf den Onlinepisten.

Fazit

F1 2011 macht auf der Vita eine bessere Figur als bei der verkorksten 3DS-Premiere: Die Bildrate ist auf Sonys Handheld deutlich flüssiger und die Boliden bieten mehr Details, während die groben Kulissen sich näher am niedrigen Niveau von Nintendos Handheld bewegen. Inhaltlich ist der Rennzirkus auf beiden mobilen Plattformen nahezu identisch: Die Karriere ist abgespeckt, das Schadensmodell enttäuschend, die Fahrphysik zu simpel und die KI eine Zumutung, auch wenn sie hier weniger Totalausfälle produziert als auf dem 3DS. Trotzdem: F1 2011 ist auch auf der Vita weit davon entfernt, ein gutes Rennspiel zu sein! Sumo Digital hätte sich besser an der PS3-Version orientiert anstatt die 3DS-Fassung als Basis zu nehmen. So hätte man vielleicht auch eine Verknüpfung zwischen beiden Geräten realisieren können, doch ist das nur eine von vielen Chancen, die man ungenutzt lässt. Bleibt zu hoffen, dass man aus den Fehlern lernt und sich bei F1 2012 mehr Mühe bei den Handheld-Umsetzungen gibt...

Wertung

PS_Vita

Nach dem 3DS-Debakel kommt die Formel Eins trotz besserer Technik auch auf der Vita nicht in Fahrt. Mangelhafte KI, inkonsequentes Strafsystem und abgespeckte Inhalte enttäuschen.

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