Spy Hunter25.10.2012, Jan Wöbbeking
Spy Hunter

Im Test:

Warner reaktiviert die rollende Kampfmaschine: 1983 war Spy Hunter (ab 9,99€ bei kaufen) ein Novum in der Spielhalle. Nirgendwo sonst konnte man sich so knackige Verfolgungsjadgen liefern wie im Agenten-Raser von Bally Midway. Der Handheld-Neustart soll das schnelle Spielgefühl ins Jahr 2012 transportieren – geht das Konzept heute noch auf?

Lego Spy Hunter?

Schon vor rund zehn Jahren bekam der Klassiker zwei Remakes für PC, PS2 und Xbox. Der neue „Reboot“ wird von TT Fusion entwickelt; das Team kümmerte sich bisher hauptsächlich um Handheld-Umsetzungen der Lego-Spiele. Bunte Klötzchen gibt es hier natürlich nicht, eine Parallele macht sich aber sofort bemerkbar: Ähnlich wie bei den 3DS-Versionen von Lego Pirates of the Caribbean und Lego Star Wars III haben die Entwickler die Technik nicht im Griff. Obwohl die Canyons und Industrieanlagen am Straßenrand ziemlich karg aussehen, kommt es gelegentlich zu Slowdowns. Sogar die eigentlich sehr gutmütige Arcade-Handhabung des „Interceptors“ wird durch das Bildstottern schwammiger.

Das militärische Superauto steht im Mittelpunkt der Geschichte. Ein unbekannter Schurke hat es auf den waffenstarrenden Prototypen abgesehen. Meine Aufgabe ist es, vor seinen Schergen zu fliehen und das mächtige Stück Technik nicht in seine Hände fallen zu lassen. Zu allem Überfluss erschwert er mir die Flucht, indem er Sprengladungen an einem Atomkraftwerk anbringt und anderen Unsinn anstellt, den ich nebenbei ausbügeln muss. Schnell ein paar feindliche Wagen mit den MGs zur Explosion bringen, dann geht es ab zur ersten Bombe.  Ich bleibe ein Weilchen daneben stehen, bis der Zähler gerade noch rechtzeitig aufhört zu ticken.

Doch nicht so smart…

Dank Verfolger-Perspektive und Pfeilmarkierungen kann man aufholende Gegner prima mit der Heckwaffe bearbeiten.
Dank Verfolger-Perspektive und Pfeilmarkierungen kann man aufholende Gegner prima mit Heckwaffen bearbeiten.
Zwischendurch versucht mein Widersacher mich mit Funksprüchen in die irre zu leiten: „Rechts abbiegen! Der nächste Sprengsatz befindet sich hinter den orangefarbenen Rohren.“ In einer Reflexreaktion reiße ich tatsächlich das Lenkrad herum und nehme die rechte Abzweigung. „Wir sind wohl doch nicht so smart, wie?“ knarzt die professionell synchronisierte Stimme aus dem Lautsprecher. Reingefallen: Der Super-GAU lässt sich nicht mehr innerhalb des knapp gesetzten Zeitlimits abwenden, die Mission ist gescheitert. Allgemein halten sich die Entwickler beim hohen Schwierigkeitsgrad nah ans Vorbild. Die meisten Levels musste ich mehrmals angehen, geschickt ruhigere Alternativrouten wählen und meine Waffen gezielt einsetzen. Leider wurde auch der größte Nachteil des Oldschool-Designs übernommen: Die meisten Aufträge habe ich nicht durch meine Fahrkünste, sondern durch Auswendiglernen gemeistert. Wann springt der unbesiegbare Riesen-LKW von der Brücke, wann muss ich den Turbo zünden, wann welche Standard-Angreifer zuerst aus dem Weg räumen, damit sie meinen Energievorrat nicht binnen Sekunden leeren. Sobald ich all das beim zweiten oder dritten Anlauf wusste, war es meist kein Problem mehr.

An Abwechslung mangelt es den Missionen aber nicht. Ich schalte im Sekundentakt motorisierte Gegner aus, beschütze unseren LKW mit eingebauter Werkstatt und liefere mir Verfolgungsjagden mit der Polizei. An anderer Stelle muss ich mich an die Spitze eines Konvois voran arbeiten, um einen Überläufer zu erreichen. Auch das Markieren von unterstützenden Luftschlägen steht auf dem Programm. Die aufrüstbaren Waffen erweisen sich als praktisch. Mit Hilfe des Heck-Flammenwerfers und seitlicher Elektro-Rammen lassen sich lästige Überholversuche blitzschnell im Keim ersticken. Oder ich rüste meine Kampfmaschine alternativ mit der nach rechts und links feuernden Schrotflinte aus. Für vor mir liegende Gegner kommen z.B. die zwei MG-Geschütze auf der Motorhaube und Schwarmraketen zum Einsatz.

LKW schlägt Zug

Aufdringliche Feinde lassen sich zumindest kurzfristig mit dem Nitro-Schub abhängen, welcher sich automatisch regeneriert.
Aufdringliche Feinde lassen sich zumindest kurzfristig mit dem Nitro-Schub abhängen, welcher sich automatisch regeneriert.
Ich frage mich allerdings, warum die Physik selbst für Arcade-Verhältnisse so arg unglaubwürdig sein muss. Warum ist ein gepanzerter Truck schneller als mein begehrter Supersportwagens? Ich glaube kaum, dass Ingenieure eines militärischen Prototypen sich um das Gentlemen’s Agreement kümmern. Und warum kann der gleiche LKW einen kompletten Zug (!) von den Gleisen rammen, danach ohne einen Kratzer weiterfahren und sogar wie ein wendiges ATV von hohen Brücken springen? Und dabei ist es trotzdem agiler als mein Superfahrzeug, welches sich auf holprigem Gelände sogar automatisch in ein Offroad-Fahrzeug transformiert? Erst nach einem Sprung ins Wasser hänge ich den aufdringlichen Truck schließlich ab, schließlich verwandelt sich mein fahrbarer Untersatz auch in ein Amphibienfahrzeug.

Untermalt wird die Verfolgungsjagd vom Breakbeat-Remix des bekannten Peter-Gunn-Themas und ähnlich flotten Melodien. Die Stücke klingen zwar nicht besonders einfallsreich, passen aber gut zur übertriebenen Action. Grafisch liefert TT Fusion eine schwache Leistung ab: Die Wüstenkulissen und Industrieanlagen sehen etwas schlichter und farbärmer aus als die stimmungsvoll beleuchteten Hintergründe in Ubisofts Asphalt: Injection. Außerdem gibt es keine realistischen Schatten oder ansehnliches Hitzeflimmern wie in Wipeout 2048. Man sollte allgemein nicht den Fehler begehen, zwischendurch Sonys Grafikbombe zu starten: Im Vergleich zu den fein ausgearbeiteten Häuserschluchten wirkt das schlichte Spy Hunter fast wie ein PSP-Spiel.

Fazit

Eigentlich habe ich mich auf Spy Hunter gefreut. Für blitzschnelle und unkomplizierte Arcade-Action auf vier Rädern bin ich fast immer zu haben – vor allem, wenn sich die Waffen so schön griffig und sinnvoll einsetzen lassen wie hier. Wenn man es richtig angeht, schaltet man in wenigen Sekunden ein komplettes Rudel von Verfolgern aus. Auch die Abwechslung stimmt: Von Aufholjagden bis zum Bomben-Entschärfen haben sich die Entwickler viel einfallen lassen. Trotzdem habe ich die Missionen schon nach wenigen Stunden nur noch lustlos abgespult. Schuld daran ist vor allem der Umstand, dass sich die Entwickler viel zu sehr auf Trial & Error verlassen. Fast immer entscheidet nicht Fahrkönnen sondern Auswendiglernen über den Sieg. Fast immer musste ich mir genau einprägen, wann und wo welche Gegner angreifen und schon waren die eben noch übermächtigen Widersacher kein Problem mehr. Auch die schwache Technik dämpft den Fahrspaß. Wenn schon übertriebene Krachbumm-Action, dann sollte sie bitte angemessen bombastisch aussehen. Auf der starken Vita-Hardware ist deutlich mehr drin, sogar einfache Handy-Ports wie Asphalt Injection sind hübscher. Stattdessen gibt’s fade graue Hintergründe, kaum Effekte und gelegentliche Slowdowns, welche sogar das Handling beeinträchtigen und unverschuldete Tode nach sich ziehen. Auch eine zumindest etwas glaubwürdigere Physik sowie eine Online-Unterstützung hätten nicht geschadet. So bleibt ein durchwachsener Action-Trip, welchen ich mir erst später zum Schnäppchen-Preis zulegen würde.

Pro

schnelle, fordernde Nonstop-Action
praktisches, aufrüstbares Waffenarsenal
abwechslungsreiche Missionen
gelungene deutsche Vertonung

Kontra

mehr Trial & Error als Fahrkönnen gefragt
farb
und detailarme Kulissen
simple (aber immerhin weich verlaufende) Schatten
klobige Fahrzeugmodelle
komplett unglaubwürdige Physik
gelegentliche Slowdowns
nur lokaler Multiplayer für zwei bis vier Spieler

Wertung

PS_Vita

Durchwachsene Dauer-Action auf vier Rädern mit viel Trial & Error und schwacher Technik.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.