Killzone: Mercenary04.09.2013, Jan Wöbbeking
Killzone: Mercenary

Im Test:

Was für ein Panorama: Auf den ersten Blick könnte man Killzone: Mercenary (ab 69,98€ bei kaufen) fast mit einem gestreamten PS3-Spiel verwechseln. Überall spiegelt sich die Sonne auf den fein verwitterten Metallkonstruktionen der Helghast - und dank voller Bildschirmauflösung sieht all das sogar eine ganze Ecke schärfer aus als Uncharted: Golden Abyss. Können die häppchenweise servierten Söldner-Aufträge auch spielerisch fesseln?

Little Big Shooter

Technisch ist Killzone: Mercenary ein absolutes Brett: Ob die feinen Spiegelungen...
Technisch ist Killzone: Mercenary ein absolutes Brett: Ob die feinen Spiegelungen...
Hinter der grafischen Pracht steckt Guerillas neues britisches Studio in Cambridge, welches schon bei LittleBigPlanet Erstaunliches aus der PSP kitzelte (damals noch unter dem Namen SCE Cambridge). In den letzten Jahren hat sich das Team offenbar intensiv mit der Vita-Hardware auseinandergesetzt - und wieder ist die Arbeit von Erfolg gekrönt. Anders als im ebenfalls sehr ansehnlichen Uncharted: Golden Abyss wird das Geschehen in der nativen Auflösung des Schirms berechnet, wodurch die Grafik deutlich sauberer wirkt.

Während ich auf Helghan unter einem Metallgerüst ins Freie laufe, ist das Panorama beeindruckend: Wie in der Realität passen sich die Augen langsam an die gleißende Sonne an, welche sich in ein paar Pfützen widerspiegelt. Überall an den Gerüsten gibt es feine Roststellen und glänzende Strukturen zu entdecken. Wenn ich vor meinem bärtigen Söldner-Kollegen Ivanov stehe, erkenne ich sogar die fein herausgearbeiteten Maschen seiner Uniform.

Killzone 1,5

...beeindruckende Panoramen...
...beeindruckende Panoramen...
Zusammen mit  ihm fahre ich auf einem Schlauchboot zu einem Trümmerfeld, hinter dem ein wichtiger Helghast-Kreuzer liegt. Auf dem Schiff sollen wir uns Entschlüsselungs-Codes unter den Nagel reißen, welche das Abhören erheblich erleichtern würden. Diesmal ist die Kampagne kein nahtloses Abenteuer, sondern besteht aus in sich abgeschlossenen Infiltrationen. Ähnlich wie in Unit 13 werden die Missionen an die mobile Plattform angepasst und dementsprechend häppchenweise serviert. Hier sind die Einsätze allerdings deutlich üppiger mit Zwischensequenzen ausgeschmückt. Ein Nachteil der portionierten Erzählweise ist, dass ich nicht in einen ähnlichen Spielfluss kam wie in Killzone 2, 3 oder Nathan Drakes Vita-Abenteuer.

Die Geschichte startet nach dem Ende des ersten Serienteils. Ich schlüpfe in die Rolle von Arren Danner, einem ehemaligen UCA-Soldaten, welcher mittlerweile als Söldner für die Phantom Talon Corp. kämpft. Das Unternehmen hat sich nur dem Profit verschrieben und nimmt daher sowohl Aufträge für die ISA als auch für die Helghast an. Cash ist alles, was zählt: Das macht mir mein Auftraggeber gleich zu Beginn mit markigen Worten klar.

Harte Sitten

...oder fein ausgearbeitete Figuren: Alles strotzt nur vor Details - und läuft trotzdem flüssig.
...oder fein ausgearbeitete Figuren: Alles strotzt nur vor Details - und läuft trotzdem flüssig.
Leider haben sich die Autoren und Synchronsprecher etwas zu sehr ins Zeug gelegt: Wenn meine Kollegen mit gepresster Stimme harte Sprüche ablassen und übertrieben martialisch lachen, erinnert das beinahe schon an Zeichentrickserien wie Mask oder Transformers. Die mit osteuropäischem Akzent vorgetragenen Weisheiten des Waffenhändlers Blackjack haben mich dagegen immer wieder zum Schmunzeln gebracht: „So, mein Freund, ein Tag am Meer! Ein paar Helghast abknallen, einen Kreuzer in die Luft jagen – das Leben ist schön!“ Seine praktischen Waffenautomaten stehen überall auf dem Schlachtfeld herum.

In den rund 15-30 Minuten langen Aufträgen muss ich z.B. einen vektanischen Botschafter nebst Überläufer aufspüren oder die Luftabwehr sabotieren. In klassischer Egoshooter-Manier ballere ich mich durch Helghast-Trupps und setzte technische Gadgets, so genannte Vanguards ein.

Gemeine Piekser

Äußerst praktisch: Mit der fernsteuerbaren Mantys-Drohne kann man sich schnell und umbemerkt an Feinde heranschleichen.
Äußerst praktisch: Mit der fernsteuerbaren Mantys-Drohne kann man sich schnell und umbemerkt an Feinde heranschleichen.
Mit einer der nützlichen kleinen Drohne kann ich z.B. lautlos an einen Feind heranschweben und ihm mit einer Zange in den Kopf stechen. Ein weniger subtiles Exemplar schwebt neben mir her und paralysiert nahe Gegner mit knisternden Blitzen. Die Experimente mit den pfiffigen Gadgets sind eines der unterhaltsamsten Elemente im Spiel. Da auch die Architektur ähnlich verwinkelt ist wie bei Halo, gestalten sich die meisten Kämpfe unterhaltsam.

Ich schleiche mich durch einen Korridor, hacke einige Terminals mit einem durchwachsenen Minispiel und liefere mir in einem weiten Hof knackige Feuergefechte gegen die Wachen. Auch Beschützer-Abschnitte treten auf: Zum Abschluss eines Auftrages muss ich z.B. einen Generator vor anrückenden Gegnerhorden bewachen, indem ich fette Raketen per Tippser auf den Touchscreen abfeuere. So spannend wie in den Bosskämpfen der Vorgänger wird es aber bei weitem nicht, dazu mangelt es den eher klassisch strukturierten Schießereien an Abwechslung.

So flüssig wie mit dem Dualshock?

Als ich in der ersten Mission Admiral Grey aus einem Wolkenkratzer befreien sollte, musste ich mich erst einmal auf die Steuerung einstellen. Die Knöpfe sind zwar sinnvoll belegt und auch die Empfindlichkeit der X- und Y-Achsen lässt sich feintunen, doch das Fadenkreuz bewegt sich selbst dann nicht immer präzise genug. Die Steuerung geht durchaus in Ordnung, so schnell oder genau wie in einem Call of Duty oder Battlefield wird es mit den kleinen Vita-Sticks aber nicht. Im Gegensatz zu Unit 13 hält sich aber hier immerhin das Auto-Aim stark zurück, es kommt hier also deutlich stärker auf meine Zielfähigkeiten an. Wer möchte, kann statt per Kreistaste auch per Berührung des Rückseiten-Touchpads sprinten, mir war das auf Dauer aber zu unbequem.

Stelle ich mich besonders geschickt an, wandert noch mehr Geld auf mein Konto: Kill-Kombos, Kopftreffer und andere Feinheiten werden gebührend honoriert – allerdings deutlich dezenter als im voll darauf ausgelegten Bulletstorm. Es ist eher ein willkommener Nebenverdienst, mit dem ich neue Wummen und coole Vanguard-Drohnen freischalte. Wem die nur acht Missionen zu kurz sind, kann sie drei weitere Male mit speziellen Herausforderungen angehen. Bei einem „Präzisions-Vertrag“ muss ich z.B. im Zeitrahmen von 15 Minuten bleiben, zehn Feinde mit der Mantys-Drohne erstechen und 30 von ihnen einen Kopftreffer mit dem M82-Gewehr verpassen.

Lautloser Söldner

Vorsicht: Großes Kaliber!
Vorsicht: Großes Kaliber!
Bei der Variante „Zerstörung“ müssen dagegen sämtliche Generatoren und Kanister zerstört sowie Verluste unschuldiger Wissenschaftler vermieden werden. Der Vertrag „Verdeckt“ spielt sich dagegen wie ein Schleichspiel mit ein paar Extra-Aufgaben. Da die Levels nur bedingt auf leises Vorgehen ausgelegt sind, ist es gar nicht so einfach, sich unbemerkt durch sämtliche Patrouillen zu mogeln.

Als kleine Extra-Aufgaben für Perfektionisten sind die Bonus-Verträge allemal geeignet – mich haben sie aber nicht besonders lange motiviert. Leises Vorgehen zahlt sich übrigens auch in den Standard-Missionen aus: Schaffe ich es unentdeckt mit Schalldämpfer und Messer-Attacken durch ein Areal, muss ich nur gegen halb so viele Widersacher kämpfen wie im alarmierten Zustand. Als Problem erweisen sich die gelegentlichen KI-Aussetzer des Partners, mit dem ich in manchen Levels unterwegs bin. Ab und zu läuft er z.B. unbedacht in eine Lichtschranke und löst den Alarm aus. Die Helghast agieren dagegen deutlich cleverer: Sobald sie mich entdeckt haben, schwärmen sie aus, um mich von allen Seiten aus festzusetzen. Mit den zahlreichen Höhenunterschieden haben sie allerdings ihre Probleme. Manchmal kann ich mich einfach auf eine Plattform zurückziehen und sie bequem ausschalten, weil einer nach dem anderen gemächlich die Leiter hinauf klettert.

Flüssiges Netz-Gemetzel

Auch die Mehrspieler-Karten sehen beeindruckend aus.
Auch die Mehrspieler-Karten sehen beeindruckend aus.
Praktisch ist, dass ich meine erworbene Ausrüstung auch in die Slots des Mehrspielermodus mitnehmen kann. Dort warten zwar nur drei Modi, doch angesichts der niedrigen User-Basis der Vita wirkt die überschaubare Zahl sinnvoll. Es gibt jeweils ein (Team-) Deathmatch sowie den Killzone-Klassiker Kriegszone. In Letzterem gilt es, gleich fünf unterschiedliche Runden nacheinander zu bestehen: Mal müssen Kapseln gehackt werden, später geht es um die Eliminierung oder das Verhören des angeschlagenen Gegners.

Zu Beginn ist der wilde Regel-Mix nicht so einfach zu durchschauen, er sorgt aber für eine willkommene Abwechslung zu den klassischen Gefechten. Auch die verwinkelten Karten voller Höhlen, Gerüste und Schlupfwinkel gefallen mir. Bis auf kleine Lags liefen die Matches mit bis zu acht Spielern bislang erfreulich flüssig. Neben der öffentlichen  Spielersuche lassen sich auch private Matches und Partys erstellen. Ausgefeilte Clan- oder

Neben einer Reihe einfallsloser Medaillen (Erreiche x Eliminierungen mit Waffe y) gibt es natürlich auch versteckte Dokumente, welche die Geschichte per vorgelesenem Text vertiefen.
Neben einer Reihe einfallsloser Medaillen (Erreiche x Eliminierungen mit Waffe y) gibt es natürlich auch versteckte Dokumente, welche die Geschichte per vorgelesenem Text vertiefen.
Community-Funktionen wie in Socom-Titeln gibt es aber nicht.

Gute Karten

Wer sich geschickt anstellt, kann erlegten Gegnern Spielkarten abjagen. Auch der eigene Fortschritt wird auf solch einer Karte hoch- oder heruntergestuft. Habe ich eine Hand wie „Royal Flush“ gesammelt, bringt mir das Bonus-Geld für die Ausrüstung ein. Allzu sehr unterscheiden sich die Schießeisen glücklicherweise nicht: Eine höhere Durchschlagskraft wird bei manchen Waffen z.B. mit einer niedrigeren Schussfrequenz ausgeglichen. Die Wahl der Vanguard-Drohnen könnte sich auf Dauer etwas stärker auswirken. Der flinke aber leise Mantys-Kneifer erwies sich z.B. schon als äußerst wirkungsvoll.

Fazit

So spannend wie seine „großen Brüder“ ist Killzone: Mercenary nicht: Dazu mangelt es dem Shooter an Umfang, Abwechslung und  bockschweren Bosskämpfen. Auch erzählerisch können die häppchenweise präsentierten Söldner-Missionen nicht den gleichen Spannungsbogen aufbauen. Trotzdem hat mich das mobile Killzone gut unterhalten, denn die kleinen Missionen sind durchaus motivierend aufgebaut. Vor allem die verwinkelte Architektur sorgt in Kombination mit den aggressiv attackierenden Helghast für brenzlige Gefechte. Außerdem sehen die stimmungsvoll beleuchteten Industrieanlagen erstaunlich gut aus – und wirken dank der vollen Vita-Auflösung deutlich sauberer als Uncharted: Golden Abyss. Auch der Mehrspielermodus macht Laune und flutscht flüssig. Wer auf der Suche nach einem guten Vita-Shooter ist, kann ruhig zugreifen, sollte die Erwartungen angesichts des großen Namens aber nicht zu hoch schrauben.

Pro

detailreich verwitterte Industriekomplexe
stimmungsvolle Beleuchtung
beeindruckende Texturen und Glanzeffekte
verwinkelte Architektur
Feinde schwärmen aggressiv aus
Bonus-Verträge für besonders geschicktes Vorgehen... 
unterhaltsame, meist flüssige Online-Modi

Kontra

getrennte Missionen bauen erzählerisch kaum Spannung auf
nur acht eher kurze Levels
etwas zu unpräzise Steuerung
übertrieben martialische Dialoge
gelegentliche KI-Aussetzer, vor allem beim Partner
...Extra-Herausforderungen motivieren nur kurzfristig

Wertung

PS_Vita

Kurze aber schmackhafte Shooter-Häppchen in beeindruckender Kulisse.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.