Im Test: Die Rückkehr der Pixelgewalt
R? X? Egal!
Auf den ersten Blick hat sich in Hotline Miami 2 (HM2) nichts im Vergleich zum Vorgänger getan. Die 16-Bit-Pixelkunst erinnert nach wie vor an die ersten GTA-Teile und wird wie gehabt konsequent genutzt, um die comichafte, aber kompromisslose Gewalt ins Zentrum zu rücken. Mechanisch sucht man Neuerungen anfangs ebenfalls vergebens: Man nutzt Türen, um dahinter postierte Gegner kurzzeitig zu Boden zu schicken, wo man sie mit einem Finisher aus dem Verkehr zieht - sofern man nicht von deren Kumpanen bemerkt wird. Man kann Kontrahenten markieren, so dass man sie immer im Visier hat - Sichtlinien müssen natürlich beachtet werden, auch wenn die Knarre hier und da mal durch die Wand clippt. Man kann die fallen gelassenen oder herumliegenden Waffen nutzen und im Zweifelsfall auch als Projektil gegen den Schädel der Feinde schmettern. Ergebnis: Sie fallen zu Boden. Finisher. Finito. Der Nächste bitte. Je abwechslungsreicher, schneller und effektiver man sich durch die clever designten Levels pflügt, umso mehr Punkte gibt es in der Endabrechnung der großzügigen 25 Abschnitte.
Hart, aber fair
Obwohl Dennaton sich hier für meinen Geschmack zu sehr auf sicheren Pfaden bewegt und letztlich nur das verfeinert, was den ungehobelten Charme des Vorgängers ausgemacht hat, gibt es paar kleine punktuelle Änderungen. So ist man z.B. nicht mehr mit nur einer Figur unterwegs, die abhängig von der ausgewählten Maske besondere Fähigkeiten besitzt. Stattdessen folgt man immer wieder anderen Figuren, die mitunter mit merkwürdigen Ticks versehen wurden, die wiederum die Art und Weise beeinflussen, wie man den Abschnitt lösen muss. In der Rolle eines Reporters z.B. ist man mit einer Schusswaffen-Aversion konfrontiert: Will man ein Gewehr oder eine Pistole aufnehmen, entlädt er sie und schmeißt sie wieder hin. Dementsprechend muss man sich auf seine Nahkampf-Künste verlassen. In einer anderen Mission wiederum ist man Mitte der 80er Jahre à la Rambo II im Dschungel unterwegs, um gegen Kommis zu kämpfen. Doch der Marine weigert sich komplett, die feindlichen Waffen aufzunehmen und verlässt sich entweder auf sein treues Messer oder muss sich Munition für seine Knarre suchen, wenn die Magazine leer sind. So wird man immerhin ab und an mal ansatzweise überrascht und neu gefordert. Bei anderen Protagonisten wiederum hat man die Wahl, was man als Hilfsmittel mit in den Abschnitt nimmt, mit wem man versucht, die Aufgabe zu bewältigen oder welche der Maskenvariationen man aufsetzt. Hat man einmal die Wahl getroffen, gibt es übrigens keine Möglichkeit des schnellen Wechsels mehr. Stellt man z.B. fest, dass das Duo Alex & Ash (einer ist mit Kettensäge unterwegs, während der andere mit Knarren hantiert) einem aktuell nicht passt, kann man nicht problemlos zu Mark wechseln, der mit zwei MPs gleichzeitig um sich ballern darf. Hier hilft nur, die Mission komplett abzubrechen, und über den Umweg ins Hauptmenü den Neustart des Kapitels zu unternehmen.
Schöne Grüße von David Lynch
Die aberwitzige Geschichte, die mit vielen Klischees spielt und mitunter auch Grenzen überschreitet - wegen einer (optionalen) Szene mit sexuellen Anspielungen wurde das Spiel in Australien mit dem höchstmöglichen Alterslabel versehen - wäre mit Sprachausgabe nochmals cooler. Vor allem die Fanboys, die sich auf die Geschehnisse des Vorgängers beziehen und als Trittbrettfahrer bzw. Nachahmer ihre mörderischen Verbrechen begehen, hätten eine ordentliche Sprachausgabe verdient. In dieser Form lässt man leider unnötig viele Atmosphäre-Punkte liegen, die von anderen Designentscheidungen mühsam aufgebaut werden. Dazu gehört z.B. abermals das gelungene Pixelartdesign, dessen Videorekorder-Effekte wie Vor- oder Zurückspulen, Bildschirmrauschen, Bluescreen usw. die Atmosphäre gleichermaßen steigern wie sie den Spieler vor dem Schirm mitunter verwirren oder verstören können.
Überall gelungen
Ganz großes Lob gebührt auch dem Soundtrack. Die Synthie-Kompositionen sind technisch sauberer als im „dreckigen“ Vorgänger und schaffen ein ganz großes Kunststück: Obwohl frisch und neu, lassen sie über ihren Stil Erinnerungen an B- und C-Filme bzw. Fernsehserien der VHS-Ära wach werden - klasse! Weniger klasse ist allerdings, dass der letztes Jahr auf der E3 vorgestellte Editor es letztlich nicht in die Release-Version geschafft hat. Er soll nachgeliefert werden, hätte aber die Wertung bei entsprechender Qualität nach oben drücken können.
Fazit
Obwohl Dennaton Hotline Miami 2 ein paar interessante Ergänzungen verpasst hat, schafft es der brachiale Pixelkunst-Actionpuzzler nicht, sich aus dem Schatten seines Vorgängers zu lösen. Obwohl man sich dank zufälliger Wege einiger Gegner nicht mehr nur darauf verlassen kann, die Level auswendig zu lernen und trotz neuer Figuren oder Fähigkeiten spielt es sich meist wie Teil 1 - und sieht auch so aus. Es bietet mehr Umfang und ist unter dem Strich dank der verwirrenden Erzählstruktur sowie der zahlreichen Charaktere auch abwechslungsreicher als der erste Ausflug in die Florida-Metropole. Doch es fehlt abseits der Kulisse das gewisse Etwas, der rauhe, ungebügelte Charme, der aus dem Vorgänger etwas Besonderes machte und der zusammen mit Titeln wie Binding of Isaac die Indiewelle ins Rollen brachte. Diese Frische kann Hotline Miami 2 trotz herrlich verworrener Story, auf die David Lynch sicher stolz wäre, nicht bieten. Auch der ursprünglich vorgesehene Editor wird erst später nachgeliefert. Doch mit seinem nach wie vor gelungenen und an die frühen GTAs erinnernden 16-Bit-Artdesign, dem famosen Synthie-Soundtrack sowie der vollkommen überbordenden Gewalt wird man ebenso gut unterhalten wie vor zwei Jahren mit dem Vorgänger. Allerdings sollte man eine erhöhte Frustresistenz mitbringen - der Schwierigkeitsgrad hat ordentlich zugelegt.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Trotz Verfeinerungen in der Spielmechanik und einer vollkommen abgefahrenen Story schafft es die fordernde Action nicht, aus dem Schatten des Vorgängers zu treten.
PS_Vita
Trotz Verfeinerungen in der Spielmechanik und einer vollkommen abgefahrenen Story schafft es die fordernde Action nicht, aus dem Schatten des Vorgängers zu treten.
PC
Trotz Verfeinerungen in der Spielmechanik und einer vollkommen abgefahrenen Story schafft es die fordernde Action nicht, aus dem Schatten des Vorgängers zu treten.
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