DanganRonpa: Trigger Happy Havoc13.02.2014, Jens Bischoff

Im Test: Mystery-Thriller aus Japan

Auf der PSP hat es DanganRonpa leider nie bis in westliche Gefilde geschafft. Auf der PS Vita ist jetzt mit Trigger Happy Havoc zumindest das Remake der ersten Episode des bizarren Anime-Krimis ins Englische übersetzt und via NIS America und Flashpoint auch hierzulande veröffentlicht worden. Warum sich das Warten gelohnt hat, verrät der Test.

Elitärer Todestrakt

Während in Japan mit DanganRonpa 1-2 Reload letztes Jahr gleich beide Episoden des einstigen PSP-Adventures vereint als Vita-Remake erschienen sind, beinhaltet das hierzulande veröffentlichte Trigger Happy Havoc lediglich den ersten Teil. Fans bizarrer Mystery-Thriller werden sich trotzdem freuen, endlich ohne Japanischkenntnisse in die geheimnisvollen Hallen der Eliteschule Hope's Peak eintreten zu können.

Auch Makoto Naegi kann sein Glück kaum fassen, dass er als absoluter Durchschnittsschüler und Niemand per Auslosung ein Stipendium an der Hope's Peak ergattern konnte, wo sonst nur Hochbegabte, Spitzenathleten und andere Ausnahmetalente aufgenommen werden.

Anfangs halten die elitären Schulanfänger ihre Zwangslage noch für eine Art Eignungstest.
Doch die Freude hält nicht lange an als ihm und den gerade mal 14 anderen Schulanfängern die Prüfungsordnung vorgelegt wird: Sie alle seien Schüler auf Lebenszeit und wer seinen Abschluss machen und die Schule wieder verlassen wolle, müsse einen seiner Mitschüler umbringen ohne als Täter entlarvt zu werden.

Anfangs halten Makoto und die ansonsten handverlesenen Eliteschüler das Ganze für eine theoretische Aufnahmeprüfung oder ein psychologisches Experiment. Doch als sie bemerken, wie vehement die Schule gesichert und abgeriegelt ist, bekommen es viele mit der Angst zu tun. Die Wände und Türen ihrer Zimmer scheinen absolut schalldicht, vor jedem Fenster befinden sich zentimeterdicke Metallplatten und die Eingangshalle gleicht einem Hochsicherheitstrakt mit verriegelter Stahlluke, Überwachsungskamera und Selbstschussanlage.

Kein Entrinnen

Auch sonst sind überall Kameras, Monitore und Waffensysteme montiert. Nur Lehrpersonal scheint es keins zu geben. Sämtliche Mitteilungen erfolgen über eine Art Teddybär, der sich Monokuma nennt und ähnlich wie Puppe Billy aus Saw immer wieder per Direktansprache oder Videobotschaft zu Wort meldet, Regeln aufstellt, Strafen androht und Zwietracht sät.

Bärenpuppe Monokuma ist das sadistische Sprachrohr im Spiel um Leben und Tod.
Doch so bizarr und unwirklich das Ganze auch anmuten mag, es dauert nicht lang bis die Situation ihr erstes Opfer fordert.

Was Monokuma in freudige Ekstase versetzt, lässt den meisten Schülern einen Schauer über den Rücken laufen. Nicht nur aufgrund des grausamen Verbrechens an sich, sondern weil der Täter aus den eigenen Reihen kommt. Jeder könnte es gewesen, jeder der nächste sein. Es wurde eine Grenze überschritten, die man für unantastbar gehalten hatte. Doch für Trauer oder Wut ist keine Zeit, denn fortan steht das Leben aller auf dem Spiel: Wird der tatsächliche Mörder überführt, erwartet ihn die Todesstrafe; trifft man hingegen eine falsche Wahl, bezahlt man selbst mit dem Leben, während der wahre Täter freikommt.

Damit nicht genug, gilt man selbst auch noch als Hauptverdächtiger, was die Recherchen nicht gerade erleichtert. Trotzdem müssen ähnlich wie in Ace Attorney Opfer und Tatort untersucht, Aussagen eingeholt, Indizien überprüft, Motive abgeleitet, Widersprüche aufgedeckt werden. Der Erfolgsdruck ist groß, die Zeit knapp und das Grinsen Monokumas, der den Tathergang natürlich genau via Kamera beobachtet hat, geradezu diabolisch.

Der Prozess

Sind alle relevanten Untersuchungen abgeschlossen, wird ein Prozess abgehalten, dessen Ausgang entweder Mörder oder Jury mit dem Leben bezahlen. Die Wahrheitsfindung erfolgt dabei recht unkonventionell: Zuvor sicher gestellte Spuren und Hinweise werden wie Patronen geladen und im richtigen Moment per Fadenkreuz auf widersprüchliche Texteinblendungen abgefeuert, um sie als Falschaussagen zu entlarven. Zeit und Anzahl der Fehlversuche sind begrenzt, können durch besondere Leistungen und Fertigkeiten allerdings erhöht, vorübergehende Zeitlupeneffekte zur leichteren Zielfindung genutzt werden.

Auf der anderen Seite können einem zusätzliche Patronenwechsel, irreführende Ziele oder kugelsichere Störtexte die korrekte Zielausschaltung aber auch immer schwerer machen - zumindest, wenn es der Schwierigkeitsgrad, dessen Action- und Rätselanforderungen sich getrennt regulieren lassen, vorsieht.

Vor der Verurteilung muss man den genauen Tathergang nochmals als Comic rekonstruieren.
Die gewählten Stufen wirken sich auf sämtliche Bestandteile der ungewöhnlichen Gerichtverhandlungen aus, wie auch die gelegentlichen Schießübungen auf herumfliegende Buchstaben um damit passende Lösungswörter zu bilden.

Sind alle Beweispatronen abgefeuert, geht's quasi in den Nahkampf, wo man durch rhythmisches Argumentieren so lange nachsetzt, bis dem Beschuldigten die Puste ausgeht und man in einem abschließenden Comic-Puzzle den ganzen Tathergang detailliert nachstellt. Passt alles zusammen, bevor Zeit oder Fehlversuche erschöpft sind, folgen auf genauso bizarre wie makabere Weise Verurteilung und Hinrichtung.

Markanter Look

Die Inszenierung im Anime-Stil setzt auf eine Verbindung aus 2D und 3D: Während man sich durch die 3D-Korridore frei bewegen kann, lässt sich die Kamera in den einzelnen Räumen nur eingeschränkt justieren, was im Zusammenhang mit zweidimensionalen Objekten und Charakteren samt angeklebter Schatten einen ganz eigenen Look erzeugt. Auch auf Animationen wird weitestgehend verzichtet, wichtige Szenen von Hand gezeichnet sowie in grellem Pink geblutet.

Gesprochen wird wahlweise Englisch oder Japanisch. Durchgehende Sprachausgabe gibt es aber leider ebenso wenig wie deutsche Untertitel. Dafür springen die anfangs noch völlig stereotyp wirkenden Figuren sehr schnell aus ihren zugedachten Schablonen, offenbaren Geheimnisse und Ängste, durchlaufen kuriose Verwandlungen, spinnen aber auch Intrigen und legen falsche Fährten, während sich der markante Soundtrack immer tiefer in den Gehörgang frisst und der morbide Konkurrenzkampf munter weiter geht.

Besondere Gaben

Auf der anderen Seite kann man aber auch immer mehr Zeit mit ausgewählten Schicksalsgenossen verbringen, mehr über ihre Schwächen und Stärken erfahren und ihnen sogar Geschenke machen, um im Idealfall spezielle rhetorische oder mentale Fähigkeiten von ihnen zu lernen, die man in künftigen Prozessen miteinander verknüpfen und zum eigenen Vorteil einsetzen kann.

Auch örtliche Barrieren verschwinden mit der Zeit, so dass immer mehr Räume und Stockwerke der von der Außenwelt abgeschotteten Eliteschule zugänglich werden und man überraschende Entdeckungen macht.

Fertigkeiten lassen sich vor Prozessbeginn wie Ausrüstungsgegenstände anlegen.
Dank interaktiver Kartenfunktion kann man trotzdem schnell von Ort zu Ort springen oder nachschauen, wer sich gerade wo aufhält - mit wem man seine freien Stunden verbringt, ist einem schließlich freigestellt.

Das mit aufgehübschter HD-Grafik aufwartende Vita-Remake macht dabei sowohl vom Touchscreen als auch dem rückseitigen Touchpad Gebrauch, lässt sich aber auch komplett via Sticks und Tasten bedienen. Nach Spielende kann man das Schulleben an der Hope's Peak sogar ohne mörderisches Ränkespiel ergründen. Ein Remake des zweitens Teils ist im Gegensatz zur japanischen Fassung aber leider nicht mit an Bord...

Fazit

Spike Chunsoft entführt einen mit DanganRonpa in eine hermetisch abgeriegelte Eliteschule, die man nur als erfolgreicher Mörder oder Leiche wieder verlassen kann. Als einer von 15 unfreiwilligen Gefangenen ist man einem zermarternden Psychoterror ausgesetzt, der die Grenzen zwischen Kameradschaft und Rivalität verschwimmen, in ungeahnte seelische Abgründe blicken und Hoffnung in Verzweiflung umschlagen lässt - und das alles vor den Kameras eines geheimnisvollen Unbekannten, der nur über eine bizarre Bärenpuppe mit den Eingesperrten in Kontakt tritt. Es müssen Regeln befolgt, Vergehen rekonstruiert, Täter entlarvt und makabere Urteile ertragen werden. Der markant inszenierte Überlebenskampf lässt sich dabei sogar an individuelle Rätsel- und Actionbedürfnisse anpassen. Nur deutsche Untertitel oder die in Japan inkludierte Fortsetzung sucht man leider vergebens. Für Krimifans führt trotzdem kein Weg an diesem packenden Anime-Thriller vorbei!

Pro

bizarres Ambiente
schräge Charaktere
spannende Mörderhatz
abgedrehte Verhandlungen
lohnende Beziehungspflege
markanter Artstyle & Soundtrack
individuell regulierbare Rätsel- & Action-Levels
praktische Aufenthaltsmarker & Schnellreisefunktion
Wahl zwischen englischer Synchro & japanischem O-Ton

Kontra

keine deutsche Lokalisierung
keine durchgehende Sprachausgabe
Remake des zweiten Teils im Gegensatz zu Japan nicht enthalten

Wertung

PS_Vita

Bizarrer Anime-Thriller hinter dicken Highschool-Mauern.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.