OlliOlli24.01.2014, Dieter Schmidt
OlliOlli

Im Test:

Auf dem Panzer nosegrindend mit einem Frontside-360-Shove-it auf das nächste Geländer springen – perfekte Landung. Millisekunden zum Durchatmen, dann mit einem Varial-Hellflip auf das nächste Häuserdach. Zu genialen Elektro-Beats flackern die Kombotricks an mir vorbei wie einst Lichter beim Flug zum Jupiter in Kubriks "2001: Odyssee im Weltraum". Alles andere um mich herum verwischt. Ich bin im Flow. Und das mit einem Mini-2D-Spiel.

Auf der Suche nach Perfektion

OlliOlli (ab 9,99€ bei kaufen) ist wie der Sport: bockschwer. Während mein hübsch animierter Pixel-Skater noch locker durch die ersten 15 Levels rast und zu genialen Electro-Beats sein Trickfeuerwerk in der Stadt, auf dem Schrottplatz und dem Hafen abfeuert, wird spätestens auf dem Militärareal mit den Alarmsirenen von Green Beret DEFCON 1 eingeläutet – im positiven Sinne.  Wenn man sich mit einer diffizilen Trick-Kombo von Geländer zu Geländer hangelt, kann schon eine leicht unsaubere Landung zu jenem Geschwindigkeitsverlust führen, der einem das Gap (Lücke) nicht überspringen lässt und das Genick bricht. Wunden lecken. Aufstehen. Nochmal. So ist der Sport nun mal: gnadenlos. Immer wieder werde ich auf den Startpunkt gesetzt. Immer wieder geht es um perfekte Landungen, Geschwindigkeitsverluste, Trick-Kombos, exakte Absprünge und Ausdauer. Dabei steuert alles auf den perfekten Run hin, der einmal geschafft, in ein beseeltes Glücksgefühl mündet – vergleichbar mit jenem Gefühl, das Skater kennen, wenn sie etwas Schwieriges "genailt" haben. 

Sloppy Steuerung

So einfach wie im Screenshot lässt sich der Laserflip nicht auslösen.
So einfach wie im Screenshot lässt sich der Laserflip nicht auslösen.
Die Steuerung funktioniert ähnlich wie die Flick-It-Steuerung von skate: Mit dem linken Analog-Stick nach unten ziehen, um im richtigen Moment mit hochgezogenem oder rotierendem Stick die verschiedenen Tricks auszulösen – was gerade nach dem Grinden nicht immer klappt und spätestens bei den Punkte-Herausforderungen latenten Frust auslöst. Und so variationsreich die Trickauswahl sein mag, so schwierig ist es, den beabsichtigten Trick auszulösen. Hier wären weniger Tricks und eine präzisere Steuerung dienlicher. Die Grinds werden ebenfalls durch den linken Stick ausgelöst, der bei Kombos quasi im Dauereinsatz ist und über das Timing bestimmt. Die rechte Hand benötigt man lediglich für die X-Taste, die im richtigen Zeitpunkt eine perfekte Landung gewährt.  Mit den Schultertasten wird eine Rotationsbewegung eingeleitet. Alles nach dem Motto: Minuten, um es zu lernen, Tage um, es zu perfektionieren.

Profi gesucht!

In OlliOlli sind Landungen ausschlaggebend, um solche Gaps zu überspringen.
In OlliOlli sind Landungen ausschlaggebend, um solche Gaps zu überspringen.
OlliOlli funktioniert auf zwei Ebenen: Hat man sich (und den Skater) nach 25 Levels durch die Neonstadt in den Geschicklichkeitshimmel gepusht, wird man durch die Herausforderungen auf den Boden der Tatsachen geworfen:  500.000 Punkte mit einer Kombo sammeln, 10.000 Punkte sammeln ohne zu grinden, Gegenstände aufsammeln, alle Landungen mit „perfekt“ abschließen oder spezielle Tricks ausführen – um nur einige zu nennen. Wer hier alle Profi-Herausforderungen freischalten will, kommt schnell an seine Geduldsgrenzen, ohne aufgrund der kurzen Abschnitte demotiviert aufzugeben. In diesem Super-Meat-Olli sollte man sich auf die Schulter klopfen, wenn man in den höheren Leveln eine Herausforderung  unter 50 Versuche bestanden hat.

Dabei sind die Herausforderungen alles andere als lieblose Zusatzhäppchen. Sie sind der eigentliche Kern des Spiels. So wird der durchdachte Levelaufbau  z.B.  bei der Gegenstandssuche oder dem Punktesammeln ohne Grinds völlig neu entdeckt. Und spätestens wenn die Rotationsbewegungen unausweichlich sind, trennt sich die Spreu vom Weizen. Dennoch: Ich bin nach etlichen Stunden als Amateur  immer noch motiviert, in jenen visuellen Tunnel einzutauchen, der mich alles Rundherum vergessen lässt. Und während mein Gegenüber  in der U-Bahn seine Finger für Jetpack Joyride oder Tiny Wings auf dem iPhone nutzt, verwandelt sich der linke Analogstick meiner Vita mit OlliOlli zu einer Lanze für Ausdauersportler.  Das Andere ist ganz nettes Rollerbladen. Das hier ist Skaten und ich fühle mich in eine Zeit zurückversetzt, wo man in voller Fahrt hochkonzentriert auf das Geländer starrt und das macht, was all den Spaß auslöst: Den Olli.

Fazit

Bockschwer. Wer OlliOlli anfässt, wird Griptape fressen. Dabei motiviert das Skatespiel durch die Kombination aus Geschwindigkeitsschüben nach perfekten Landungen und Trickkombos und dem Levelaufbau, der jene Schübe durch lange Gaps (Lücken) begünstigt. Dabei dienen die ausgeklügelten Herausforderungen als eigentliches Herzstück des Spiels, die zwar schwer sind, aber dennoch aufgrund der kurzen Abschnitte motivieren. Lediglich die mit dem linken Analogstick ausgeführte Steuerung  könnte entweder präziser oder nicht so vollbeladen sein.  OlliOlli entfesselt bei guten Runs Flow-Zustände und ist wie der Skatesport: Immer wieder den Asphalt küssen und trotzdem motiviert aufstehen.

Pro

guter Soundtrack
schöne Animationen
durchdachter Levelaufbau
motivierende Herausforderungen
eine Flick-It-ähnliche Steuerung
Online-Herausforderungen im Spot-Modus
fordernder Schwierigkeitsgrad
begünstigt hochkonzentrierte Flow-Zustände

Kontra

Steuerung ist nicht präzise genug

Wertung

PS_Vita

OlliOlli entfesselt Flow-Zustände und kann dank gutem Levelaufbau und fordernden Herausforderungen auch nach etlichen Stürzen motivieren.

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