Im Test: Verliebte Analogsticks
Technoflair statt Blumenmeer
Es ist die entspannte Atmosphäre, die meine Erinnerungen an Flower weckte: Ein verträumter Synthesizer schwebt vor sich hin, während ich durch farbenfrohe Tunnel fliege, an einem Wirbelsturm und einem Riesenrad vorbei - eine Metapher für... ja, wofür eigentlich?
Doch bevor ich eine Antwort fand, wusste ich: Eigentlich stellt sich diese Frage gar nicht. Denn wo Flower über das Entdecken einer traumhaften Natur und schwarzer Strommasten eine spannende Kurzgeschichte inszenierte, sind Kulisse und Erzählung hier nur ein Vorwand. Zwar dreht sich das Abenteuer um zwei Figuren, einen Fisch und einen Vogel, die zueinander finden wollen. Die Liebesgeschichte ist allerdings nur eine Umschreibung des Spielprinzips; Emotionen entstehen vor der allzu durchschaubaren Fassade nicht.
Hebelschieben
Immerhin bewege ich beide Figuren mit den Analogsticks: der rechte Hebel steuert den Vogel, der linke den Fisch. Wie durch einen Tunnel fliegen die Figuren in den Hintergrund hinein. Dabei muss ich sie durch Zielmarkierungen lotsen, indem ich den jeweiligen Stick an die richtige Position drehe oder die geforderte Bewegung nachahme. Erfolgreiche "Treffer" füllen eine Leiste auf und sobald die gefüllt ist, fliege ich in den nächsten von neun Abschnitten.
Das ist leider in keiner Weise anspruchsvoll. Es ist viel zu leicht, die Hebel an die richtige Stelle zu schieben. Viel zu selten versucht Entwined, mich mit verschiedenen Farben zu verwirren. Selbst versetzt hintereinander liegende Ziele trifft man spielend. Ich habe mich richtiggehend gelangweilt.
Fisch+Vogel=Drache
Der Hund liegt nicht nur im Anspruch, sondern im Spieldesign begraben. Ärgerlich ist z.B., dass eine Kombination halbwegs vertrackter Ziele sofort abgebrochen wird, sobald man auch nur eins verpasst. Besser wäre außerdem, wenn die Markierungen in unvorhersehbaren Mustern verteilt wären und wenn die zwei Figuren nicht auf jeweils einer Seite des Tunnels "gefangen" wären. Wie aufregend könnte dieser Geschicklichkeitstest sein, wenn man mit beiden Analogsticks blitzschnell über das gesamte Bild wirbeln müsste!
Stattdessen vereinen sich Fisch und Vogel nach jedem Level zu einem Drachen, der um ein Riesenrad oder um abstrakte Felsen fliegt, Kugeln aufsammelt und dadurch den nächsten Abschnitt öffnet. Auch das ist spielerisch uninteressant. Auch das erfüllt keinen erzählerischen Nutzen. Und weil es nicht einmal bezaubernd aussieht, war ich froh, dass es nach etwa einer Stunde schon vorbei war.
Fazit
Nein, auch als entspannte Reise nach Feierabend ist die erzwungene Metapher von zwei verliebten Analogsticks den Trip nicht wert: Die gleißenden Striche in der groben Kulisse wirken wie eine kleine Tech-Demo, von einem fantasievollen Flower ist Entwined meilenweit entfernt. Und zu anspruchslos ist das Spiel. Dabei könnte das geschickte Bewegen beider Hebel durchaus interessant sein – tatsächlich wirken die immer gleichen Bewegungsmuster aber einschläfernd, fordernd sind allein fünf separate Herausforderungen. Weil die aber nur durch die geringe Zahl erlaubter Fehler, nicht durch knifflige Aufgaben das frühe Game Over fördern, entpuppt sich selbst der Kampf in Onlineranglisten als einfallslose Dreingabe. Schade um den Aufwand, mit dem Sony das Spiel auf der großen Messe präsentiert hat.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Entwined verschenkt eine interessante Idee in einem anspruchslosen Spiel.
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