Ys 8: Lacrimosa of Dana22.09.2017, Jens Bischoff

Im Test: Reif für die Insel

Mit Ys 8: Lacrimosa of Dana (ab 2,57€ bei kaufen) haben NIS America und flashpoint den jüngsten Teil von Nihon Falcoms Rollenspielsaga nun auch in Europa veröffentlicht. Was Adol Christin dieses Mal erlebt und was das Action-Rollenspiel alles zu bieten hat, klärt der Test.

Schiff ahoi!

Serienheld Adol Christin hat für sein jüngstes Abenteuer auf einem großen Passagierschiff angeheuert, dessen Kapitän ihm eines Nachts von einer geheimnisvollen Insel erzählt, die sie bald passieren werden, und von der noch nie jemand zurückgekehrt sei. Doch noch während sie über das mysteriöse Eiland reden und Adols Augen immer größer werden, greifen plötzlich riesige Tentakel nach dem gewaltigen Segelschiff und bringen den Viermaster trotz aller Gegenwehr zum Kentern.

Als Adol am nächsten Morgen zu sich kommt, findet er sich an einem unbekannten Strand wieder, ganz allein. Jedenfalls abgesehen von zwei hungrigen Wölfen, die ihn plötzlich attackieren. Und auch sonst scheint ihm die Fauna eher feindlich gesinnt. Nur gut, dass er mit einem Schwert umzugehen weiß und bald schon auf weitere Überlebende trifft, mit denen er einen provisorischen Unterschlupf errichtet und sich gemeinsam auf die Suche nach anderen Gestrandeten macht.

Mit vereinten Kräften

Trotz vieler Hindernisse und Gefahren entsteht so nach und nach ein weitestgehend sicherer Rückzugsort, in dem sich jeder seinen Fähigkeiten entsprechend einbringt. Während Adol mit Abenteurertochter Laxia und Fischer Sahad weiter nach Überlebenden sucht und eine Karte der Umgebung anfertigt, leisten andere als Mediziner, Schneider oder Schmied Hilfe. Mit jedem Neuzugang entwickelt sich der Stützpunkt sichtbar weiter:

Beim Erkunden und Kartografieren der tropischen Umgebung bekommen es Adol und seine Gefährten auch mit Dinosauriern und anderen Urzeitwesen zu tun.
Es entstehen neue Unterkünfte, Arbeitsstätten, Gärten, Bewässerungssysteme und mehr.

Auch Abwehranlagen wie Schutzwälle, Katapulte oder Giftköder müssen installiert werden, da immer wieder Übergriffe wilder Bestien drohen, die es dann mit vereinten Kräften in mehreren Wellen zurückzudrängen gilt. Später kann man dann auch in die Offensive gehen und mögliche Gefahrenherde durch das Zerstören von Monsternestern eindämmen. Gekämpft wird dabei stets als flexible Dreiergruppe, zwischen deren Mitgliedern man jederzeit der Situation entsprechend wechseln kann.

Auf die Ausrüstung kommt es an

Während Adol mit seinem scharfen Schwert jedes noch so dicke Fell durchdringt, eignet sich Laxias schneller Degen vor allem gegen fliegende Angreifer und Sahads wuchtiger Spitzanker gegen gepanzerte Kreaturen. Neben aggressiven Wölfen, Vögeln und Schalentieren trifft man aber auch auf längst ausgestorben gedachte Dinosaurier und andere Urzeitwesen, denen man vorerst lieber aus dem Weg gehen sollte, wenn man nicht als deren Mahlzeit enden will.

Der Schwierigkeitsgrad lässt sich zwar jederzeit in fünf (PS4) bzw. vier (Vita) Stufen regulieren, Erfahrung als DLC kaufen, vor gewissen Gegnern sollte man aber generell erst einmal Reißaus nehmen. Auch manche Hindernisse können erst überwunden werden, wenn man genug helfende Hände um sich geschart hat.

Auf PS4 kann man zwischen fünf, auf der Vita nur zwischen vier Schwierigkeitsgraden wählen.
Für andere braucht man wiederum spezielle Ausrüstung wie besonders griffige Handschuhe zum Erklettern von Ranken, präparierte Stiefel, um nicht im Schlamm zu versinken, oder handliche Leuchtsteine für das Erkunden stockfinsterer Höhlenlabyrinthe.

Dynamische Teamarbeit

Schauplätze und Gegner sind trotz generell tropischen Szenarios sehr abwechslungsreich, die Echtzeit-Kämpfe herrlich dynamisch. Kämpft man als Adol, werden Laxia und Sahad oder andere Gefährten von der KI kontrolliert. Auf der PlayStation Vita agieren die Mitstreiter vollautomatisch, während auf der PlayStation 4 zumindest zwischen offensiver und evasiver Ausrichtung gewechselt werden kann. Wirklich sinnvoll ist das aber nur selten, da KI-kontrollierte Charaktere quasi unverwundbar sind.

Im Gegenzug sind die Heilmöglichkeiten jedoch sehr limitiert, so dass man sich alles andere als unbesiegbar fühlt. Zudem hat man sich als Spieler so jeden erlittenen Schaden selbst zuzuschreiben, ohne es auf Unzulänglichkeiten der KI schieben zu können und Kindermädchen muss man auch nicht spielen. Neben dem Wechseln der Kampfteilnehmer, um deren individuelle Waffenvorteile nutzen zu können, beherrscht natürlich auch jeder Charakter einzigartige Angriffe, mit denen man Gegner auf Abstand halten, aus dem Gleichgewicht bringen oder lähmen kann.

Chancen nutzen

Wird mit passenden Waffen und Angriffen die Verteidigung eines Widersachers gebrochen, ist der einem sogar vorübergehend völlig wehrlos ausgeliefert und kann manchmal auch dauerhaft schützende Körperteile verlieren.

Mit den passenden Waffen und Angriffen lassen sich Gegner nicht nur betäuben, sondern auch schützende Panzerungen zertrümmern.
Das Ausführen besonderer Angriffe kostet allerdings jedes Mal Energie, die man sich ähnlich wie beim Auslösen verheerender Spezialattacken erst mit anderen Kampfmanövern wie Kombos verdienen muss.

Besonders viel Energie erhält man für punktgenaue Abwehrmanöver wie Blocks oder Ausweichrollen, mit denen man zudem die Zeit um einen herum verlangsamen oder die kritische Trefferrate vorübergehend erhöhen kann. Per manueller Zielfixierung behält man selbst agilste Kontrahenten im Visier, während sich die angenehm handliche und sowohl Touchpad (PS4) als auch Touchscreen (Vita) unterstützende Steuerung frei konfigurieren lässt.

Eine Frage des Systems

Konsolenspieler sind Handheld-Nutzern jedoch in manchen Belangen im Vorteil: Neben zusätzlichen Spielfunktionen wie Schwierigkeitsgrade und KI-Anweisungen werden auch mehr Spielinhalte wie Bonusszenen, -dungeons und -gegner geboten, was auch die fehlende Cross-Save-Unterstützung erklären dürfte.

PS4-Spieler bekommen auch zusätzliche Schauplätze und Gegner geboten.
Auch technisch muss man auf der Vita trotz allgemein eher unspektakulärer Grafik zusätzliche Einschränkungen wie geringere Sichtweite, instabilere Bildrate oder deutlich längere Ladezeiten in Kauf nehmen. Auf der PS4 wird hingegen teils so schnell nachgeladen, dass nicht mal mehr Zeit zum Lesen der einblendbaren Spielhinweise bleibt.

Selbst die japanische Originaltonspur müssen Handheld-Besitzer, die nicht auf Englisch spielen wollen, erst separat herunterladen. Sprachausgabe gibt’s aber ohnehin nur selten und sehr bruchstückhaft, während Adol selbst fast gänzlich stumm bleibt. Ein weiteres Ärgernis ist die fehlende deutsche Lokalisierung - Bildschirmtexte gibt’s nämlich nur auf englisch oder französisch. Den meist kurz und einfach gehaltenen Dialogen sollte man aber selbst mit nur grundlegenden Fremdsprachenkenntnissen problemlos folgen können.

Episches Abenteuer

Die Story kommt eher gemächlich in die Gänge, trumpft dann aber mit um so interessanteren Verflechtungen auf, die einen gut 60 Stunden bei der Stange halten und so das wohl umfangreichste aller Ys-Abenteuer erzählen. Mehr sollte man eigentlich nicht verraten. Neben der Hauptgeschichte können zudem viele kleine Nebengeschichten erlebt werden, wenn man auf die Bitten und Nöte seiner Mitgestrandeten eingeht. Das Pflegen von Beziehungen, und sei's auch nur mit persönlichen Geschenken, bringt sogar Vorteile für Kampf und Handel.

Geld gibt's nämlich keins. Und wer etwas haben will, muss sich erst einmal erkenntlich zeigen, die Zutaten selbst besorgen oder etwas passendes zum Tausch anbieten.

An Schnellreisepunkten wie diesem kann man sich nicht nur heilen, sondern auch regenerative Speisen zubereiten oder auf den Einbruch der Nacht warten.
Vieles kann man allerdings auch selbst erledigen, wie das Sammeln von Rohstoffen, das Fangen von Fischen oder das Zubereiten von Speisen. Zudem wird man für bestimmte Leistungen im Dienst der Gruppe, wie das Verteidigen des Lagers, das Anfertigen von Landkarten oder Erfüllen von Hilfsgesuchen seinerseits ebenfalls entlohnt.

Und so wird man immer stärker, dringt immer tiefer ins Landesinnere vor und sucht nach Möglichkeiten, die Geheimnisse der Insel zu lüften und das Eiland wieder zu verlassen. Aktivierbare Heilkristalle lassen einen schnell von Ort zu Ort gelangen, aufgeschlagene Zeltlager gefährliche Nachtexpeditionen unternehmen und praktische Enzyklopädien mit gesammeltem Wissen füllen. Gespeichert werden kann überall und damit man nichts wichtiges übersieht, weisen einen die KI-Begleiter stets auf nahe Schätze, Rohstoffvorkommen oder andere Interaktionsmöglichkeiten hin und helfen auch kräftig beim Einsammeln von Beute mit - klasse!

Fazit

Mit Ys 8: Lacrimosa of Dana inszeniert Nihon Falcom einen phantastischen Überlebenskampf als Schiffbrüchiger auf einer sagenumwobenen Insel, der trotz angestaubter Technik und Präsentation eine enorme Sogkraft entwickelt: Man sucht hoch motiviert nach gestrandeten Mitpassagieren, errichtet einen Unterschlupf, organisiert die Versorgung und erschließt Schritt für Schritt eine fremde und gefährliche Tropenwelt, in der es nicht nur allerlei Hindernisse zu überwinden, sondern auch urzeitliche Bestien zu bekämpfen gilt, um Informationen und Materialien für den Ausbau des Lagers und eine mögliche Rückkehr nach Hause zu sammeln. Zudem muss man den Stützpunkt immer wieder aktiv gegen Aggressoren verteidigen. Auch Ausrüstung, Fertigkeiten und Beziehungen wollen gehegt und gepflegt werden. Doch nach und nach wird klar, dass die Insel noch viel größere Geheimnisse und Herausforderungen birgt... Schade nur, dass man sich lediglich eine englische und französische Lokalisierung geleistet hat und auf der Vita gewisse Inhalte und Funktionen fehlen. Wer wählen kann, sollte also zur PS4-Fassung greifen, auch wenn man letztendlich auf beiden Plattformen sehr gut unterhalten wird.

Pro

vielschichtige Story
dynamische Echtzeit-Kämpfe
schrittweiser Stützpunktausbau
abwechslungsreiches Level- & Aufgabendesign
motivierende Sammel- & Erkundungsreize
auflockernde Angriffs- & Abwehrschlachten
individuelle Charakter- & Beziehungspflege
variable Ausrüstung zur Hindernisbewältigung

Kontra

reduzierte Inhalte (Vita)
mäßige Technik (vor allem Vita)
spärliche Vertonung & nahezu stummer Protagonist
keine deutsche Lokalisierung

Wertung

PlayStation4

Phantastischer Überlebenskampf auf einer sagenumwobenen Insel.

PS_Vita

Phantastischer Überlebenskampf auf einer sagenumwobenen Insel - mit Abstrichen bei Technik und Inhalt.

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