Guitar Hero: Aerosmith03.07.2008, Paul Kautz
Guitar Hero: Aerosmith

Im Test:

Aerosmith ist eine Rockband, über die man gut und gerne geteilter Meinung sein darf: »Weichspüler-Fahrstuhlmucke« heißt es von der einen Seite, gekontert von »Legendäre Band, die verdammt viele andere überlebt hat«. Stimmt beides. Prinzipiell also eine gute Wahl für das erste Soloband-Spin Off der Guitar Hero-Serie. Prinzipiell.

Aerosmith, wie es singt und lacht

Ihr kennt Guitar Hero nicht? Zwei Dinge: 1.) Schämt euch! 2.) Klickt hier zum Test von Guitar Hero 3, da erfahrt ihr alles über Plastikgitarren, Hammer-Ons und Froschgesicht-Sänger. Habt ihr den Test durch, dann kennt ihr auch Guitar Hero: Aerosmith (ab 5,60€ bei kaufen), denn das eigentliche Spiel hat Neversoft nicht verändert. Grafikstil? Unverändert. Steuerung? Unverändert.  Spielprinzip? Unverändert Und der Spielspaß? Der steht und fällt mit eurer Liebe zu Aerosmith.

Hier wird nach alter Schule gerockt! Steven Tyler, Joe Perry und Co. geben mal wieder ihre Gesichter für ein Videospiel her - bleiben dieses Mal allerdings auf vertrautem Musikboden.
Denn logischerweise fällt der größte Teil der mit 41 Songs etwas mickrigen Setliste der Band aus Boston zu, wobei die wichtigsten Klopper vertreten sind: »Love in an Elevator«, »Dream On«, »Draw The Line«, »Uncle Salty«, »Livin' On The Edge« - und das berühmte »Walk This Way« ist gleich doppelt vertreten, einmal Aerosmith pur, einmal mit Run DMC-Backup. Erstaunlicherweise weist die Liste allerdings ein paar überraschende Lücken auf: Kein »Crazy«, kein »Don't Wanna Miss a Thing«, kein »Dude (Looks Like a Lady)« - wenn man schon eine Band zum Thema eines Spiels macht, sollte man eigentlich davon ausgehen können, dass man eine Art spielbares Best-Of-Album serviert bekommt, auf dem die größten Hits vertreten sind. Ganz besonders, da kein Download Content geplant ist. Nichtsdestotrotz gibt's jede Menge Aerosmith aus allen Dekaden, von den Siebzigern bis heute. Vier der Songs (»Dream On«, »Make It«, »Movin' Out« und »Mama Kin«) wurden von der Band extra fürs Game nochmal eingespielt.

Zwölf der enthaltenen Lieder haben mit Steven Tyler und Co. nur am Rande zu tun. Stattdessen stammen sie von Bands, mit denen Aerosmith entweder mal auf Tour waren, sie total super finden oder die einfach gerade im Neversoft-Archiv herumlagen: Cheap Trick (»Dream Police«), Joan Jett & The Blackhearts (»I Hate Myself for Loving You«), The Kinks (»All Day and All of the night«), The Clash (»Complete Control«) oder Lenny Kravitz (»Always On The Run«). Der Sinn dahinter besteht weniger im Auffüllen der Trackliste, sondern im Aufbau der Karriere. Denn zwar sind die Lieder wie im dritten Teil in Gruppen eingeteilt,

SPielerisch hat sich nichts verändert, Kenner der Serie können sofort loslegen. Und dürften auch ziemlich schnell durch sein, denn nicht nur gibt es weniger Songs als gewohnt - die meisten davon sind auch sehr einfach!
diese folgen allerdings in verkürzter Form dem Aufbau eines Live-Konzerts: Zuerst darf die Vorband zwei Songs von sich geben (besagte Bonustracks), dann rockt Aerosmith ein paar Songs lang ab, gekrönt von einer optionalen Zugabe. Während der Auftritte der Band übernehmt ihr die Klampfe von Gitarrist Joe Perry, in den Fällen der Bonusbands bekommt ihr die Standard-Figuren der Guitar Hero-Serie zu sehen.

Da rockt der Tyler!

Wie erwähnt, ist der größte Teil des Spiels bekannt, neu ist in erster Linie das Drumherum: Die sechs Arenen, in denen ihr auftretet, sind nicht nur durch die Bank neu, sondern auch wichtigen Stationen aus dem Leben von Aerosmith nachempfunden. Von der Nipmuc Highschool, in der die Band die ersten Auftritte hatte über die Halbzeitshow der 35. Superbowl bis zur Aufnahme in die Rock-n-Roll Hall of Fame spielt ihr quasi die Geschichte der Band nach. Vor jeder neuen Arena kommt die Band in krümeligen Videos selbst zu Wort, um ein paar Sätze über die folgende Location und damit zusammenhängende Erinnerungen loszuwerden. Die Levels sehen sehr gut aus und sind, soweit das möglich ist, möglichst nahe an den Originalen gebaut.        

Generell ist Guitar Hero Aerosmith ein sehr gut aussehendes Spiel, ganz besonders, wenn die titelgebende Band auf der Bühne steht: Die verkabelte Band hat für jeden ihrer Songs ein komplettes Motion Capturing aufnehmen lassen, was verteufelt gut und vor allem glaubwürdig aussieht! Steven Tyler und Joe Perry interagieren wunderbar miteinander, Letzterer robbt auch mal über die Bühne, während Ersterer sanfte Liebe mit dem Mikrofonständer

Steht Aerosmith nicht auf der Bühne, steuert ihr die aus GH3 bekannte Standard-Band - und die sieht im direkten Vergleich ziemlich alt aus.
macht oder oft mit der Kamera spielt - sehr super! Die kalte Dusche kommt mit der Standard-Band, die leider keine Extra-Behandlung erfahren hat. Und somit zwar auch immer noch gut, aber im direkten Vergleich (auch und gerade mit Rock Band) doch veraltet aussieht - besonders der Drummer erweckt immer noch den Eindruck, als würde Kraftwerk an den Trommeln sitzen.

Smooth Sailing

Eines der frischesten Features in Guitar Hero 3 war der Boss Battle, in dem man sich einen Gitarrenkampf mit Slash, Tom Morello oder dem Teufel persönlich lieferte - sehr spaßig! Das gibt's auch hier, aber leider nur ein einziges Mal: Ganz am Ende, gegen Joe Perry. Erfahrenen Guitar Hero-Hasen wird das ebenso wenige Probleme bereiten wie das ganze Spiel, der Schwierigkeitsgrad ist deutlich unter Guitar Hero 3, was zum größten Teil an den doch sehr simplen Songs liegt - Aerosmith ist nun mal kein DragonForce. Die höchste Schwierigkeitsstufe »Expert« entspricht hier in etwa »Hard« des Vorgängers.

In Sachen Extras gibt man sich bei Neversoft knauserig: Ein paar neue Figuren sind freispielbar (DMC, Brad Whitford und Tom Hamilton), ein paar Gitarren aus Joe Perrys Fundus, zehn Bonussongs (die wir in der oberen Auflistung schon dazugezählt haben) sowie längere Versionen der Zwischenvideos - das war's in Sachen Neuigkeiten. Den Instrumentenrest kennt man schon aus dem Vorgänger, weitere Figuren gibt's auch nicht. Insofern wirkt es inkonsequent, dass das Tutorial nach wie vor vom

Die PS2-Fassung ist technisch logischerweise ein paar Stufen unter 360 und PS3, bietet aber inhaltlich die volle Dröhnung - inkl. DMC als freispielbarem Bonuscharakter.
God of Rock sowie Lou geleitet wird, sind die beiden doch weit und breit nicht zu sehen - Tyler und Perry wären an dieser Stelle viel passender gewesen. Auch der Online-Modus wurde abgespeckt: Die Online-Karriere gehört ganz der Vergangenheit, ihr könnt nur noch schnelle Spiele machen. Die sind zwar spaßig wie eh und je, aber eben weniger, als man vom Vorgänger kannte.

360- und PS3-Version sehen wie gewohnt fast identisch aus, auch wenn gelegentlich verwendete Sprites statt Polygone auf der Sony-Plattform stärker auffallen. Auf PS2 geht's in Sachen Details logischerweise abwärts, einen Online-Modus gibt's ebenso wenig wie eine englische Sprachfassung. Und Steven Tyler sieht noch gruseliger als sonst aus. Doch davon abgesehen schlägt sich die von Budcat entwickelte Fassung aber sehr gut: Geschwindigkeit, Timing und Songauswahl entsprechen den großen Versionen.

  

Fazit

Guitar Hero scheint sich zu Activisions SingStar-Pendant zu entwickeln: Innerhalb eines Jahres ist GH Aerosmith der dritte Teil der Serie, GH: Metallica ist bereits in Arbeit - es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis uns personalisierte Fassungen zu AC/DC, den Stones, Guns N' Roses oder Black Sabbath serviert werden. Aerosmith mag daher ein Testballon sein, aber wenigstens fliegt er in eine gute Richtung: Die Einbindung der Band ist in Sachen Videos okay, in Sachen Motion Capturing perfekt und in Sachen Songauswahl kompetent - wenn auch weit von vollständig entfernt, bedenkt man, dass einige populäre Gassenhauer fehlen. Die Bedienung ist nach wie vor top, die neuen Arenen sind prachtvoll inszeniert, und mal ernsthaft - wer wollte nicht schon immer mal »Walk This Way« zusammen mit Run DMC spielen? Stellt sich natürlich trotzdem die Frage, ob der Fan mit einem umfangreichen Download-Paket nicht ebenso gut bedient wäre wie mit einem Vollpreis-Titel, der die Guitar Hero-Serie spielerisch nicht weiterbringt und darüber hinaus auch noch weitaus leichter als das »Hauptprogramm« ist.

Pro

<P>
Mekka für Aerosmith-Fans
gute Grafik
tolles Motion Capturing für Aerosmith...
umfassende Songauswahl
hervorragende Steuerung</P>

Kontra

<P>
für Nicht-Aerosmith-Fans ziemlich uninteressant
einige große Hits fehlen
...dem gegenüber die Standard-Band deutlich abfällt</P>

Wertung

360

PlayStation3

Für Aerosmith-Fans ein gefundenes Fressen, für alle anderen weniger lohnenswert - und für Guitar Hero-Profis viel zu leicht!

PlayStation2

Technisch logischerweise ein Stockwerk unter 360 und PS3, spielerisch und inhaltlich aber auf gleicher Höhe.

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