Gut Ding braucht Weile
Während sich die Story angenehm langsam entfaltet und dadurch stets interessant und spannend bleibt, legt Shadow Hearts auch sein spielerisches Potenzial erst nach und nach offen. Nicht nur, dass die leider etwas stereotypen Charaktere ihre Fähigkeiten genretypisch erst langsam entwickeln, auch der Spielverlauf wird
trotz gewisser Linearitäten zunehmend komplexer. Ist man anfangs nur mit sprechen, laufen, kämpfen und simplen Rätsel- bzw. Geschicklichkeitseinlagen beschäftigt, muss man sich später auch mit Amokläufen, Lotterien, Schrittzählern, Akupunkturbehandlungen, Feilschen, Seelen sammeln, Bösartigkeit abbauen und dem Sensenmann höchstpersönlich beschäftigen.
Während Ihr durch mäßig vorgerenderte Locations stapft, mit den Einheimischen plaudert, einen Speicherpunkt aktiviert, nach Wertgegenständen Ausschau haltet, irgendwelche Apparaturen in Gang setzt oder einfach nur einen Fluchtweg sucht, sorgt ein Zufallsgenerator dafür, dass Ihr immer wieder unvermittelt einer Horde Ungeheuer, Soldaten oder Dämonen gegenüber steht. Diese Art von
Zufallskämpfen sind zwar fast so alt wie das Rollenspielgenre selbst, aber mittlerweile eigentlich überholt. Doch warum etwas Neues versuchen, wenn selbst RPG-Primus Square noch mit Final Fantasy X auf dieses System setzt? So werdet Ihr auch in Shadow Hearts bei Feindkontakt nach bewährter Formel in eine den Örtlichkeiten angepasste Kampfarena versetzt, wo Ihr Euren Widersachern
rundenweise Saures gebt.
Stetes Reaktionstraining
Zum Glück laufen die Kämpfe aber weitaus flotter und dynamischer ab als in Koudelka. Dafür sorgt nicht nur der Wegfall zeitraubender Positionswechsel sowie die agilitätsabhängige Zugfolge und -häufigkeit, sondern auch das so genannte Urteilsrad, das auch abseits des Kampfgeschehens immer wieder zum Einsatz kommt. Dabei handelt es sich um einen
Reaktionstest in Form eines Glücksrads, das Ihr per Knopfdruck an speziell gekennzeichneten Stellen zum Stehen bringen müsst, um überhaupt eine Aktion ausführen zu können. Wer Risikobereitschaft zeigt und das Rad am Ende der markierten Bereiche zum Stehen bringt, wird sogar mit besonders effektiven Angriffen, Zaubern und Item-Einsätzen belohnt. Verpasst Ihr die entsprechenden Flächen, verpuffen eure Aktionen jedoch im Nichts.