Wild Arms 301.03.2003, Jens Bischoff
Wild Arms 3

Im Test:

Auch wenn Sony uns Europäern nur das erste Wild Arms spendieren wollte, können Freunde klassischer Nippon-RPGs dank Ubi Soft zumindest bei Teil 3 wieder ohne Import-Umwege mit dabei sein. Da jede Episode ähnlich wie bei Final Fantasy eine eigenständige Geschichte erzählt, sind aber natürlich auch Neueinstiege problemlos möglich. Was Euch bei Wild Arms 3 (ab 49,00€ bei kaufen) genau erwartet und wie viel Mühe sich Ubi Soft bei der PAL-Anpassung gegeben hat, erfahrt Ihr in unserem Testbericht.

Ungewöhnliche Mischung

Western und Science-Fiction passen eigentlich so gut zusammen wie Senf und Schokolade. Trotzdem haben die japanischen Entwickler von Wild Arms 3 genau diese beiden Elemente zusammengerührt, um die Geschichte von Virginia, Gallows, Clive und Jet zu erzählen. Vier Abenteurer, die vom Schicksal zusammengeführt wurden, um eine dunkle Macht zu bekämpfen, die das Fantasy-Reich Filgaia bedroht. Na ja, eigentlich wurden sie nicht vom Schicksal, sondern von Gallows Oma zusammengeführt und die Bedrohung existiert zunächst nur in den Träumen von Gallows kleinem Bruder.

Dessen hellseherisches Talent ist allerdings unumstritten und schon bald nimmt das vorhergesehene Unheil auch seinen Lauf. Zunächst dürft Ihr jedoch jeden der vier Helden einzeln bis zum entscheidenden Zusammentreffen begleiten, um Euch mit der Steuerung und dem Gameplay vertraut zu machen. Erst dann beginnt das eigentliche Abenteuer des ungleichen Quartetts.__NEWCOL__Western von morgen

Das idyllische Wild-West-Setting ist übrigens trügerisch. Zwar reitet Ihr auf Pferden durch die Prärie, besucht den ein oder anderen Saloon und lasst Eure Colts rauchen, aber Hightech und Fantasy dürfen dabei nicht fehlen. So parkt neben Eurem Ross bald auch ein Hovercraft in der Garage, in den Weiten der Wildnis entdeckt Ihr neben antiken Ruinen moderne Gen-Labore, im Kampf setzt Ihr neben Schießeisen auch auf Zauberkräfte und statt Indianern und Gangstern machen Euch Monster und größenwahnsinnige Wissenschaftler das Leben schwer.

Wirklich überzeugen kann diese Mischung allerdings nicht. Die Story wirkt konfus und aufgesetzt, Radar benutzende Cowboys irgendwie albern und Feuergefechte mit sprechenden Katzen oder fliegenden Comics einfach nur lächerlich. Zudem mangelt es den Charakteren an Profil und den Dialogen an Glaubhaftigkeit, während einen der Spielverlauf mit seiner Linearität so gut wie keine Handlungsfreiheit lässt.

Wer sucht, der findet

Im Prinzip reist Ihr von einem Dorf zum nächsten, erkundigt Euch dort stets nach dem örtlichen Dungeon, grast diesen ab, plättet einen Zwischengegner und reist weiter. Nicht, dass es bei anderen Rollenspielen so viel anders zuginge, aber in Wild Arms 3 ist dieses Prinzip einfach zu offensichtlich. Als Ausgleich darf man aber auch kleinen Hobbys wie dem Anbau von Heilkräutern, dem Lösen des Millennium-Puzzles oder dem Suchen von Schätzen frönen. Diese sind übrigens genauso wie sämtliche Dörfer, Bahnhöfe oder Wegweiser zunächst unsichtbar und können nur durch den steten Einsatz eines Detektors aufgespürt werden.

Lästig ist dabei vor allem, dass manche Orte erst dann entdeckt werden können, wenn es die Handlung zulässt und so plötzlich Städte auftauchen, wo es kurz zuvor noch keinerlei Lebenszeichen gab. Im Prinzip könnte man die ganze Sucherei auch als Versuch ansehen, das Spiel unnötig in die Länge zu ziehen. Das ständige Knöpfchendrücken ist jedenfalls eher störend als spannend und außerplanmäßige Entdeckungen sind meist rar oder uninteressant.__NEWCOL__Vermeidbarer Feindkontakt

Alles andere als rar sind hingegen die zahlreichen Feindbegegnungen, die zwar nach dem klassischen Zufallsprinzip stattfinden, aber auch durchaus vermeidbar sind. Und zwar verfügt Ihr über eine so genannte Begegnungsanzeige, die es Euch erlaubt, Kämpfen aus dem Weg zu gehen. Das kostet allerdings Energie, die man nur in Kämpfen oder durch spezielle Items wieder aufladen kann. Je stärker der Gegner, um so mehr Energie muss aufgebracht werden, wobei besonders schwache Gegner wiederum kostenlos umgangen werden können. Wer gerade mitten in einem Rätsel steckt oder nur schnell von A nach B will, wird diese Möglichkeit jedenfalls schnell zu schätzen wissen.

Nimmt man den Kampf an, darf man übrigens zwischen automatischer und manueller Kampfführung wählen. Da die Kampfautomatik jedoch nur zwischen zwei Angriffsmustern unterscheidet, ist sie nur für einzelne oder schwache Gegner geeignet, um Zeit zu sparen. Ansonsten folgen Eure Recken Runde für Runde traditionellen Befehlen wie Schießen, Verteidigen und Nachladen, Item benutzen, Zaubern oder Spezialfertigkeiten einsetzen.

Mit Geschick und Hirnschmalz

Über Spezialfertigkeiten verfügen die vier Protagonisten aber auch außerhalb der Kämpfe, denn jeder erhält im Spielverlauf unterschiedliche Tools, die man in den Dungeons gezielt einsetzen muss, um vorwärts zu kommen. So kann Virginia anfangs mithilfe von Feuerbällen Gegenstände entzünden oder erhitzen, während Gallows mit seinem Eisspray genau das Gegenteil erreicht. Jet hat wiederum einen Bumerang für entlegene Schalter im Gepäck und Clive legt gerne Bomben. Später findet jeder Charakter noch zwei weitere Tools, wodurch die Rätseleinlagen immer komplexer und abwechslungsreicher werden.

Auch der ein oder andere Geschicklichkeitstest steht bei Dungeon-Besuchen auf dem Plan. Doch dank fairer Rücksetzautomatik sowie der Möglichkeit via spezieller Münzen jederzeit zu speichern sowie verlorene Kämpfe zu wiederholen, bleiben Frustmomente außen vor. Ein bisschen Grips und Geschick braucht man aber schon, um ans Ziel zu kommen. Die Balance zwischen Rätselraten, Kämpfen und Erkunden ist jedenfalls gut gelungen, auch wenn sich der Spielspaß nicht so gleichmäßig auf diese Kategorien verteilt.__NEWCOL__Unausgewogene Präsentation

Präsentiert wird das Wild-West-Abenteuer übrigens mit weitestgehend stilechten Melodien und Soundeffekten, die nur selten nerven. Sprachausgabe gibt es hingegen überhaupt keine und bei den Umgebungsgeräuschen hat man ebenfalls ziemlich gespart. Sparsam wirkt aber auch die oft schlichte Polygon-Optik, welche gerade in freier Wildbahn sehr trist daher kommt. Monster und Charaktere präsentieren sich hingegen im farbenfrohen Cel-Shading-Look, der sicher nicht jedermanns Sache sein dürfte, aber zumindest technisch ordentlich umgesetzt wurde.

Technisch weniger erfreulich ist dafür das augenfeindliche Kantenflimmern, das sich nur im 60Hz-Modus angemessen reduzieren lässt. Etwas unausgereift präsentiert sich auch die Kameraführung während der Kämpfe, die oft ganze Treffer samt Schadensanzeige unterschlägt. Dafür werdet Ihr jedoch mit hübschen Zeitlupen- und Schnitteffekten belohnt, wenn jemand einen kritischen Treffer landet. Weitaus ärgerlicher dürfte aber ohnehin die fehlende Lokalisierung wiegen, die nicht nur solide Englischkenntnisse, sondern teilweise auch eine übermenschliche Lesegeschwindigkeit von Euch verlangt.

Fazit


Wild Arms 3 ist mit Sicherheit kein schlechtes Rollenspiel, aber irgendwie mangelt es dem fernöstlichen Wild-West-Abenteuer vielerorts an Spannung und Überzeugungskraft. Die aufgesetzt wirkende SciFi-Story will einen einfach nicht fesseln, die Protagonisten sind weitestgehend platt und konturlos, deren Dialoge wiederum meist seicht und uninteressant und der Spielverlauf ist so linear wie der Papst katholisch. Dennoch bietet es Genrefans dank ansprechender Puzzles und bewährtem Gameplay angemessene Unterhaltung - zumindest wenn man über solide Englisch-Kenntnisse verfügt, keine Aversion gegen Zeichentrickhelden hat und ein 60Hz-taugliches Fernsehgerät besitzt, um augenfeindliches Interlace-Flimmern und lästige PAL-Balken zu bekämpfen. Für Profis mögen die relativ einfachen rundenbasierten Zufallskämpfe zwar kaum eine Herausforderung bieten, aber Gelegenheitsrollenspieler freuen sich darüber sicher genauso wie über das komfortable Speicher- und Continue-System. Etwas fordernder sind hingegen die zahlreichen Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen, die schon seit jeher ein Markenzeichen der Serie sind und dem ansonsten eher gemächlichen Spielablauf etwas Action-Adventure-Flair einhauchen.

Pro

<li>60Hz-Modus</li><li>frei rotierbare Kamera</li><li>ansprechende Rätselkost</li><li>individuelle Charakterfähigkeiten</li><li>(bedingt) vermeidbare Zufallskämpfe</li><li>flexibles Speicher- & Continue-System</li>

Kontra

<li>nicht lokalisiert</li><li>Interlace-Flimmern</li><li>keine Sprachausgabe</li><li>sehr linearer Spielverlauf</li><li>unausgereifte Battle-Kamera</li><li>wenig fesselnde Story & Dialoge</li>

Wertung

PlayStation2

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