Stuntman17.09.2002, Mathias Oertel
Stuntman

Im Test:

Von Zeit zu Zeit kommen Spiele, die einen von Anfang bis Ende fesseln. Driver für die PSone war zum Beispiel so ein Titel. Und wenn die Driver-Entwickler zum Next-Generation-Schlag ausholen, ist die Erwartungshaltung dementsprechend hoch. Doch kann Stuntman (ab 14,90€ bei kaufen) diesen Erwartungen gerecht werden? Gespannt haben wir uns vor die PS2 gesetzt und das Game einem intensiven Test unterzogen.

Mach mir den Stuntman

Die Ausgangssituation ist denkbar einfach: Ihr seid ein Stuntman, der die gefährlichen Aufgaben der hochbezahlten Stars übernimmt. Unter dem Druck von Regie-Anweisungen und Zeitlimits müsst Ihr diverse Fahrzeuge über die jeweils drei bis fünf Abschnitte der sechs Filme verschiedenster Genre lenken und dabei noch kamerareife Leistungen abliefern.

DareDevil-Simulation

Im weitesten Sinne kann man Stuntman sogar als waschechte Simulation bezeichnen. Zwischen den einzelnen Szenen gibt es mal ein Renderfilmchen, in dem Euer Alter Ego aus dem Nähkästchen plaudert oder die vor Euch liegenden Aufgaben anreißt.

Doch genau hier ist das Problem: Die Aufgaben werden nur schwammig erklärt und müssen von Euch auf der Strecke erlernt werden.

In der Praxis sieht das so aus: Einblendungen und Ansagen erklären Euch, was Ihr machen müsst. Dabei wird das ganze Klischee-belastete Spektrum abgearbeitet: Waghalsige Sprünge, und Verfolgungsjagden sind genau so zu finden wie rabiate Überholmanöver oder das einfache Durchfahren von Gegenständen.

__NEWCOL__Szene 12, die x-te

Doch das Problem dabei ist, dass man am Anfang im Gegensatz zu echten Stuntmen überhaupt keine Ahnung hat, was auf einen zukommt. Erst auf der Strecke werden die Anweisungen gegeben - und das teilweise noch so knapp, dass man verteufelt gute Reaktionen haben muss, um die Anforderungen auf Anhieb zu erfüllen.

Doch selbst Profis werden sich immer wieder die Zähne ausbeißen. Denn nicht nur, dass ein bestimmter Prozentsatz der gestellten Aufgaben erfüllt werden muss - auch das horrende Zeitlimit nagt des Öfteren am Selbstbewusstsein und führt dazu, dass so manche Szene dreißig bis vierzig mal gestartet wird, bis alles sauber im Kasten ist.

Kontrollpunkte sucht man vergebens, weshalb es immer wieder "ganz oder gar nicht" heißt.

Und das führt immer wieder zu Frustsituationen - vor allem wenn ein klitzekleiner Fehler Eurerseits oder eine unglücklich getimete Aktion der mitfahrenden NPCs zum Wiederholen der Szene führt.

Im Gegenzug könnt Ihr Euch die geglückte Stuntszene mit kinoreifem Schnitt im Replay zu Gemüte führen und bekommt am Abschluss der Dreharbeiten einen Trailer des Films präsentiert, in dem hervorragend gerenderte Sequenzen mit Euren Stunts ergänzt werden.

Doch der schmale Grad zwischen Lust und Frust, der Euch das ganze Spiel hindurch begleitet, hätte durch einen kleinen Kniff deutlich Richtung Motivation gelenkt werden können.

Statt der Videsequenzen wäre es sinnvoller gewesen, eine Übersichtskarte oder eine animierte Planungssequenz einzublenden, in der die Aufgaben erklärt werden.

Stuntshow als Zeitvertreib

Doch neben dem eigentlichen Broterwerb in der Filmbranche scheint Euer Stuntman noch genügend Freizeit übrig zu haben. Denn nach jedem Film steht ein Ausflug in die Stuntshow auf dem Programm, wo wieder die unterschiedlichsten Aufgaben auf Euch warten.

So seid Ihr zum Beispiel mit einem Monstertruck unterwegs, um so schnell wie möglich drei Runden abzufahren oder müsst im Formationsfahren Euer Geschick beweisen.

Diese Wettbewerbe sind auch eine willkommene Abwechslung vom Film-Alltag, kranken aber an der gleichen Wechselbad zwischen Motivation und Frust.

Gelungenes Drumherum

Dabei ist Spiel-technisch nicht viel an Stuntman auszusetzen: Die Steuerung reagiert -abhängig vom Fahrzeug- sehr gut und geht schnell in Fleisch und Blut über.

Auch das Schadens- und Fahrphysikmodell ist äußerst detailliert, geht aber im Hauptspiel unter, da man nach einem der zahllosen missglückten Versuche kaum noch die Ruhe hat, in der Wiederholung die zu Grunde liegende Technik zu genießen.

Fernab des Film-Stresses

Zusätzlich zum Karrieremodus gibt es noch ein paar weitere Spielmodi, welche die Spielzeit jedoch nur unwesentlich verlängern. So könnt Ihr zum Beispiel mit einem beliebigen der freigespielten Fahrzeuge auf allen bereits geöffneten Filmsets Rennen gegen die Zeit veranstalten oder in der Stuntarena Euer Fahrtalent beweisen.

Hier wartet noch ein besonderes Bonbon auf Euch: Mit den im Hauptspielmodus freigespielten Bauteilen könnt Ihr Euch spielend einfach Euren eigenen Albtraum-Parcours erschaffen und Autos demolieren, was das Zeug hält.

Filmreife Grafik?

Die Grafikengine, die Reflections bei ihrem PS2-Debüt aus dem Hut gezaubert haben, kann viele Glanzpunkte setzen, weist jedoch auch einige Schwachstellen auf.

Grundsätzlich gelungen ist die Spielgeschwindigkeit, die dem Spieler ein anständiges Speed-Gefühl vermittelt.

Auch die abwechslungsreichen und detaillierten Umgebungen von Ägypten über Monaco bis hin zu den Schweizer Alpen können punkten und sich mit zahlreichen interaktiven Objekten in Szene setzen.

Gleiches gilt für die ausnahmslos gut gelungenen Fahrzeuge und das umfangreiche Schadensmodell, das man jedoch erst in der Stunt-Arena richtig genießen kann.

Doch bei all der Detailfreude lassen sich hier und da auch unschöne Ruckler blicken, welche in einigen Abschnitten deutlich für Miss-Stimmung sorgen. Auch bei einigen der aufwändigen Wiederholungen zeigen sich Abstürze in der Bildwiederholrate, was den ansonsten gut gelungenen Replays die Würze nimmt.

Zudem muss beim Misslingen der Szene die ganze Grafik wieder auf Nullzustand gebracht werden, weswegen der Level neu geladen wird. Im Vergleich zu den Demo-Fassungen haben die Entwickler die Wartezeiten jedoch optimiert und auf ein erträgliches Niveau gesenkt.

Großes Lob verdienen wiederum die Trailer zu den sechs Filmen, die Ihr als Belohnung bekommt. Grandios geschnitten und technisch einwandfrei stehen die Teaser der imaginären Filme denen echter Produktionen in nichts nach; auch die Einbindung der eigenen Stunts ist gelungen.

"Alles auf Anfang"

Sitzen Gameplay und Grafik noch zwischen allen Stühlen, kann der Sound uneingeschränkt überzeugen.

Die deutsche Sprachausgabe ist rundherum gelungen, passt haargenau und ist sauber produziert. Ein Indiz hierfür ist zum Beispiel, dass selbst beim dreißigsten Versuch einer Szene die gesprochenen Texte immer noch nicht nerven, was selten vorkommt.

Auch die Musik, die bei den Stunts im Hintergrund wirkt, ist sauber, abwechslungsreich und immer auf den Film abgestimmt. Beim Archäologen-Abenteuer in Ägypten bekommt Ihr zum Beispiel Melodien im Indiana Jones-Stil, während in Monaco der Komponist der James Bond-Musiken deutlich Pate stand.

Fazit


Spieler mit Hang zu cholerischen Ausbrüchen sollten einen weiten Bogen um Stuntman machen. Das eigentlich hochinteressante Spielprinzip wird durch einen unnötig hohen Schwierigkeitsgrad und den zu hohen Glücksfaktor zu einem wahren Geduldsspielchen, das bei Personen mit niedriger Toleranzgrenze schnell zur Zerstörung von ein paar Pads führen kann. Doch trotzdem macht Stuntman eine Menge Spaß - auch wenn man sich die Abschnitte im "Learning-by-Doing"-Prinzip aneignen muss. Der Karriere-Modus ist zwar insgesamt etwas kurz, entschädigt aber durch die Filmtrailer und die zahlreichen Bauteile und Autos für den Stunt-Editor. Wer die nötige Geduld und Muße mitbringt wird von Stuntman ansprechend unterhalten. Trotzdem hätten die Entwickler mit etwas mehr Feintuning einen absoluten Hit schaffen können - warten wir also auf Driver 3.

Pro

<li>gute Steuerung</li><li>sehr gute Fahrphysik</li><li>detaillierte Grafik</li><li>umfangreiches Schadensmodell</li><li>ungewöhnliche Spielidee</li><li>Stunt-Editor</li><li>zahlreiche Fahrzeuge</li><li>sehr gute Lokalisation</li><li>Film-Trailer mit eigenen Fahrsequenzen</li><li>zahlreiche DVD-Extras</li>

Kontra

<li>schwer</li><li>Frust
und Motivation liegen zu dicht beieinander</li><li>es gibt im Prinzip nur einen optimalen Lösungsweg</li><li>Grafikruckler</li><li>teilweise Glückssache</li><li>zu kurz</li>

Wertung

PlayStation2

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