Tarzan: Freeride30.11.2001, Jens Bischoff
Tarzan: Freeride

Im Test:

Wenn Disney einen Zeichentrickfilm in die Kinos bringt, darf eine entsprechende Videospiel-Umsetzung natürlich nicht fehlen - so auch bei Tarzan. Auf der PS2 dürfen Disney-Fans die Abenteuer des Urwaldmenschen und seiner Freunde in Tarzan - Freeride nun ein zweites Mal erleben und zwar als König des Dschungels höchstpersönlich. Ob die Versoftung dabei für tierischen Spielspaß sorgt oder eher wieder in den Tiefen des Urwalds verschwinden sollte, klärt unsere Test-Expedition...

Ärger im Regenwald

Als Dschungelheld hat man es nicht einfach: Kaum kommen skrupellose Großwildjäger in Tarzans Urwaldviertel, muss der Spieler sein Revier verteidigen und seine Freunde vor den Fallen stellenden Missetätern beschützen. Doch schnell finden diese besonderes Interesse an Tarzan selbst und dessen Flamme Jane.

So müsst Ihr im Verlauf des Abenteuers nicht nur die bewaffneten Eindringlinge verjagen und kleine Äffchen retten, sondern auch Eure gekidnappte Freundin befreien und selbst nicht in die Fänge der Jäger geraten. Allerdings gibt es auch sonst jede Menge Herausforderungen zu bewältigen.

So sind Tarzan nicht alle Urwaldbewohner freundlich gesonnen: Schlangen wollen ihn erwürgen, Krokodile verspeisen und Raubkatzen zerfleischen. Auch Stachelschweine, Nashörner, Fledermäuse, Spinnen, Warzenschweine und Piranhas stellen sich Euch kampfbereit in den Weg. Lediglich bei Affen und Elefanten scheint Disneys Tarzan beliebt zu sein, ansonsten helfen Fäuste und Speer, um aggressive Dschungelbewohner zu zähmen.

Rettender Alleskönner

Insgesamt erwarten Euch jedenfalls 15 recht lineare Spielabschnitte mit fünf unterschiedlichen Gameplay-Varianten. So müsst Ihr in den Dschungelerkundungs-Passagen vorwiegend Eure Jump&Run-Künste unter Beweis stellen, Affen-Baby befreien und unliebsame Widersacher bekämpfen. Auch insgesamt 75 in den Levels verstreute Filmrollen gilt es einzusammeln, um später den richtigen Weg ans Ziel zu finden. Habt Ihr alle Affenkinder eines Levels bei ihren Müttern abgeliefert, erwartet Euch meist eine Bonus-Etappe, in der Ihr riskante Bungee-Sprünge absolvieren müsst. Zudem leistet Euch die jeweilige Affenfamilie später hilfreiche Dienste, wenn Ihr sie an speziellen Stellen zur Hilfe ruft.

Hin und wieder wagt sich Tarzan auch ins Wasser, wo er im Schlepptau eines Vogels Wasserski fährt oder sich mit einer morschen Rinde unter den Füßen als Wildwasser-Surfer versucht. Zuletzt stehen auch noch Zwischen- und Endgegner-Duelle auf der Tagesordnung, wo schnelles Button-Hämmern gefolgt von vorgegebenen Tastenkombinationen von Euch verlangt wird - der wohl einfachste Teil des Spiels. Bereits gemeisterte Spielabschnitte stehen übrigens auch für Zeit- und Highscore-Rennen zur Verfügung, in denen Ihr möglichst schnell oder mit möglichst vielen Trickeinlagen das Levelende erreichen müsst. Was gegen einen zweiten Mitspieler sicher noch ganz amüsant gewesen wäre, sorgt allein jedoch schnell für Langeweile.

Extreme Belastungsprobe

Der Schwierigkeitsgrad von Tarzan - Freeride ist dabei alles andere als einfach. Vor allem die Wassersportaktivitäten des Urwaldprinzen stellen die Nerven des Spielers mehrfach auf eine harte Probe, aber auch im Urwald wird die nervliche Belastbarkeit des Spielers bei einigen unübersichtlichen Rutschpartien stark strapaziert. Wo Ihr Euch im Dschungel jedoch nach einem Ableben wenigstens an einem bereits passierten Rücksetzpunkt wiederfindet, müsst Ihr im feuchten Nass jedes Mal von ganz vorn beginnen - eine manuelle Kamerajustierung ist allerdings nirgends möglich. Da hilft es auch nichts, dass man sich relativ unproblematisch mit jeder Menge Extraleben eindecken kann und nach jedem Level gespeichert wird.

Zudem erschwert Euch die wirre Kameraführung oft ein gezieltes Umgehen der stark an der Lebensenergie zehrenden Hindernisse. Bei starkem Gefälle tauchen manche davon zu allem Überfluss auch noch wie aus dem Nichts auf - Ausweichen nahezu unmöglich. Zwar frischen unterwegs eingesammelte Bananen Euren Energievorrat teilweise wieder auf, aber diese in den wilden Fluten zu erwischen ist oft reine Glückssache. Besonders ärgerlich: Bereits der zweite Level ist der schwierigste im ganzen Spiel, während der Endkampf fast schon lächerlich einfach ist. Da fragt man sich, ob der Titel bei Disney überhaupt Probe gespielt wurde.

Verschenkte Möglichkeiten

Doch während der völlig unausbalancierte Schwierigkeitsgrad den Spielspaß gerade bei jüngeren Spielern, die eigentlich die primäre Zielgruppe darstellen, ins Gegenteil wandelt, werden sich Profihüpfer wohl schnell an der kindlichen Aufmachung, der eingeschränkten Bewegungsfreiheit und den primitiven Boss-Duellen stören. Aber wer soll sich das Spiel dann überhaupt zulegen? An der Zielgruppe schwingt sich Tarzan jedenfalls meilenweit vorbei. Eigentlich schade, denn Gameplay und Aufmachung wissen durchaus zu gefallen.

Auch technisch kann sich der PS2-Dschungel sehen lassen - vor allem die Wasserskifahrten sind optisch eine Augenweide und auch das Bungee-Springen und die Boss-Duelle wurden toll in Szene gesetzt. Das übrige Level-Design ist abwechslungsreich und sorgt dank gelungener Sound-Kulisse samt deutscher Sprachausgabe für die passende Urwald-Atmosphäre. Doch was nützt all das überzeugende Drumherum, wenn die Spielbalance völlig indiskutabel ist? Kein Wunder, dass die meisten Urwaldbewohner Disneys Tarzan im Spiel ein jähes Ende bereiten wollen.

Pro:

  • liebevolle Präsentation
  • unkompliziertes Gameplay
  • abwechslungsreicher Spielverlauf
  • Kontra:

  • geringer Spielumfang
  • sehr lineares Level-Design
  • problematische Kameraführung
  • indiskutabler Schwierigkeitsgrad
  • Vergleichbar mit:

    Klonoa 2, Crash Bandicoot 4, Donald Duck: Quack Attack, Rayman Revolution

    Fazit

    Eigentlich wäre Tarzan - Freeride eine spannende, abwechslungsreiche und motivierende Urwald-Hatz für Sohnemann, Töchterchen und jung gebliebne Disney-Fans. Liebevoll präsentiert, kurzeilig designt und einfach zu handhaben. Wäre da nicht der völlig verfehlte Schwierigkeitsgrad, der bereits im zweiten Level selbst erfahrenen Spielern alles abverlangt. Mangelnde Übersicht, fehlende Rücksetzpunkte und fies platzierte Hindernisse versetzen dem Spielspaß stellenweise einen Stoß ins Bodenlose. So weit ist ein Disney-Spiel wohl noch nie am eigentlichen Zielpublikum vorbeigeschrammt. Jump&Run-Experten werden sich hingegen am knappen Spielumfang, den supereinfachen Bosskämpfen und der kindlichen Aufmachung stören. So bleibt ein im Grunde gelungener, wenn auch etwas linearer Genre-Mix, den aufgrund seiner Unausgewogenheit jedoch niemand wirklich braucht.

    Wertung

    PlayStation2

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    Kommentare

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