Pro Evolution Soccer 201013.11.2009, Michael Krosta
Pro Evolution Soccer 2010

Im Test:

Während die Fußballwelt hilflos mit ansehen muss, wie Konamis PES-Serie auf der Xbox 360 und PS3 gegen EAs erstarktes FIFA immer mehr an Boden verliert, gibt es noch einen kleinen Hoffnungsschimmer, durch den der Ruhm vergangener Tage lebendig bleibt. Denn auf der PS2 und PSP weisen die Japaner die Konkurrenz immer noch deutlich in ihre Schranken, auch wenn sich die Neuerungen in Grenzen halten...

Meisterliche Vorstellung

Es sind die gewohnten Stärken, mit denen Konami auf der betagten Plattform immer noch qualitativ hochwertigen Fußball spielt: Die Ballphysik ist sowohl auf der PS2 als auch PSP das Maß der Dinge und sorgt für ein realistisches Gefühl bei Pässen und Flanken. Gerade in diesem Bereich wird die Dominanz gegenüber FIFA 10 besonders deutlich, denn dort fühlt sich der Ball immer noch viel zu leicht an und sorgt mit einigen Flugbahnen für Kopfschütteln. Auch beim Dribbling lässt PES den Konkurrenten deutlich hinter sich, denn während die EA-Kicker den Ball viel zu weit nach vorne legen und auf kurze Distanz kaum handlungsfähig ist, genießt man bei hier eine enorme Freiheit, den Ball eng an den Verteidigern vorbei zu führen und sich mit geschickten Tempowechseln bis zum gegnerischen Tor vorzuarbeiten. Allerdings gestaltet sich der Abschluss etwas schwierig und es kommt zu vielen unerwarteten Mondbällen, selbst wenn man manchmal allein vor dem Tor steht und das Leder eigentlich versenken muss. Dafür fühlt man sich nach einem Treffer umso glücklicher und darf die Wiederholungen für die Ewigkeit speichern. Zwar gibt es auch hier keine 360 Grad-Steuerung, doch hat man im Vergleich zu FIFA 10 (PS2 & PSP) eine deutlich bessere und dynamischere Kontrolle über seine Akteure, deren KI - allen voran die der Towarte - auch ausgereifter wirkt als bei EA. Bei den taktischen Möglichkeiten sind sich beide Titel jedoch nahezu ebenbürtig:

Neu mit dabei: Die lizenzierte deutsche Nationalmannschaft!
Individuelle Formationen finden sich hier wie da und auch die Einstellung unterschiedlicher Teamstile wie "Konter", "Libero" oder die Fokussierung auf einen Schlüsselspieler sind möglich. Schön: Bei PES unterbreitet auf Wunsch das Spiel automatisch Vorschläge, welche Stilelemente zur jeweiligen Mannschaft passen.

Tolles Spielgefühl

Bei der Umsetzung auf dem Platz hat PES allerdings die Nase wieder deutlich vor FIFA 10, denn wie schon in der Vergangenheit hat man hier ständig das Gefühl, dass keine Situation der anderen gleicht, während bei EA immer noch zu viel nach dem Schema F abläuft und es zu wenige Variationen gibt. Auf der PS2 und PSP wird die Vormachtstellung Konamis beim eigentlichen Spielablauf, die man auf 360 & PS3 mittlerweile eingebüßt hat, deutlich sichtbar. Vor allem die Zweikämpfe zwischen den hervorragend animierten Profis wirken deutlich packender und auch die Schüsse haben noch den Wumms, den man von ihnen erwartet, wenn ein Ballack oder Ronaldinho aufs Tor abzieht. Überhaupt wird die individuelle Klasse von Star-Spieler wie Messi & Co deutlich, wenn man sie mit ihren Mannschaftskollegen vergleicht. Allerdings wissen das auch die Gegner, so dass Schlüsselspieler eher in die Mangel genommen werden als weniger begabte Kicker. Trotz einiger großer Namen hat PES aber noch ein altes Problem: Es mangelt an Lizenzen! Zwar findet sich neben einigen Clubs und Nationalmannschaften mittlerweile auch das deutsche Team von Jogi Löw im Kader, doch steht trotz

Das runde Spielgefühl ist immer noch eine der großen Stärken von PES!
Champions League-Lizenz kein einziger Bundeslegist zur Auswahl. Hier hilft nur der mühsame Umweg über den Editor, in dem man sich eigene Kicker und Mannschaften erstellen kann.

Ligen, Pokale & Turniere

Neben einem Einzelspiel und dem Liga-Alltag ist vor allem die Meisterliga wieder das Herzstück von PES. Hier zählt nicht nur die Leistung auf dem Platz, sondern auch das Geschick als Manager und Trainer. Zwar halten sich die Neuerungen im Vergleich zu den letzten Jahren in Grenzen, doch ist die Karriere immer noch ungemein motivierend. Dem gegenüber fällt Konamis Antwort auf EAs Be a Pro-Modus inhaltlich deutlich ab. Genau wie bei FIFA konzentriert sich das Geschehen hier auf einen festgelegten Spieler, den man im Laufe der Zeit ähnlich einem Rollenspiel mit Erfahrungspunkten bei Passspiel, Kondition, Beinarbeit etc. aufrüstet. Je besser man spielt, desto mehr Punkte stehen zur Verfügung und das Interesse anderer Vereine an der eigenen Person steigt deutlich an. Die Idee dahinter ist ähnlich gut wie bei Be a Pro, doch scheitert Konami bei der Umsetzung: Es gibt weder eine Echtzeit-Bewertung wie man sie bei FIFA findet noch einen Indikator, auf welche Position man sich im Idealfall begeben sollte. Löblich ist bei der typischen vertikalen Kameraeinstellung lediglich die eingeblendete Abseitslinie, die sich dynamisch verschiebt und so einen guten Anhaltspunkt liefert, zu welchem Spieler man besser nicht passen bzw. in welchem Bereich man als Stürmer keinen Ball anfordern sollte. Trotz der enorm vielfältigen Möglichkeiten, seinen Charakter zu verbessern, springt der Funke auf dem Platz in diesem Modus einfach nicht über. Da verbringt man die Zeit doch besser beim Kampf um den Sieg beim internationalen Pokal (WM), dem Europapokal oder weiteren Cups, bei denen man auch die Qualifikationsspiele bestreiten kann. Wer vorher lieber noch etwas üben möchte, bekommt ebenfalls die Gelegenheit dazu und kann sogar gezielt Standardsituationen wie Eckbälle und Freistöße aus verschiedenen Positionen trainieren. Ein interessanter Modus ist das Überraschungsspiel: Hier wählt man zunächst bis zu vier Teams (international oder Liga) aus, deren Spieler anschließend völlig willkürlich zu einer Mannschaft zusammengewürfelt werden. Ein netter und unberechenbarer Spaß für zwischendurch, den es allerdings nur auf der PS2 gibt - PSP-Spieler bleiben außen vor. Das Gleiche gilt für die Erstellung einer (Offline-)Community, in der sich an einer Konsole bis zu 16 Spieler registrieren lassen, deren Leistungen in Einzelpartien aber auch Pokal-Wettbewerben und Turnieren statistisch festgehalten werden.  

Kein Online-Kick?

Ist das ein würdiger Ersatz für einen Onlinemodus? Nein, aber eine halbwegs sinnvolle Alternative, denn der Kick über die Internetleitung fällt bei PES sowohl auf der PS2 als auch der PSP ins Wasser. Die Konnektivität beschränkt sich hier auf die beiden Plattformen untereinander, denn wie schon bei FIFA 10 dürfen auch hier munter Daten zwischen Handheld und Konsole hin- und hergeschaufelt werden. So kann man z.B. unterwegs in der U-Bahn eine geniale Taktik austüfteln und die Aufstellung abends beim heimischen Spiel an der PS2 einfach übertragen und nutzen. Die PSP erlaubt außerdem noch Adhoc-Partien über die Funkverbindung, während die PS2-Fassung auch bis zu acht menschliche Spieler erlaubt, sofern man zwei Multi-Taps anschließt.

Fan-Kulisse zum Davonlaufen

So schön und flüssig das Geschehen abläuft, so grausig ist die Fan-Kulisse: Ich weiß nicht, was die Sound-Designer bei Konami sich gedacht haben, aber diese immer gleichen, monotonen Loops von Sprech-Chören gehen einem schon nach kurzer Zeit gewaltig auf die Nerven anstatt zu Höchstleistungen zu motivieren. Es ist zwar schön, dass man zwischen Heim- und Auswärtspublikum sowie einer neutralen Kulisse wählen kann, doch hätte man die Abmischung besser und vor allem abwechslungsreicher gestalten müssen. Bessere Arbeit hat man bei den Soundeffekten auf dem Platz geleistet, bei denen sich Schüsse genau so wuchtig anhören wie die Bälle getreten werden. Bis auf ein paar Aussetzer gibt sich auch das Kommentatoren-Duo keine Blöße und analysiert das Geschehen trotz einiger Wiederholungen meist passend. Zumindest auf der PS2, denn auf der PSP beschränkt man sich lediglich auf ein paar Sätze nach einem erfolgreichen Treffer. Scheinbar wollte man so dem Problem aus dem Weg gehen, das EA bei FIFA 10 plagt, wo sämtliche Kommentare aufgrund der langsamen Ladezeit des Laufwerks nur verzögert ausgegeben werden. Apropos Ladezeiten: Auf der PSP muss man viel Geduld mitbringen, wenn man sich mit PES beschäftigt. Alternativ lässt sich das Spiel aber auch auf dem Speicherstick installieren.   

Fazit

Manchmal ist es gut, wenn die Zeit stehen bleibt - zumindest, wenn man PES-Fan ist. Denn während sich Seabass auf den aktuellen Konsolen noch schwer tut, sich gegen FIFA zu behaupten, ist die Welt auf der PS2 und PSP noch in Ordnung: Hier ist Pro Evolution Soccer auch in der 2010er-Version das Maß der Dinge im virtuellen Fußball und der EA-Konkurrenz noch immer deutlich überlegen. Zwar wird nicht viel Neues geboten, doch ist das Spielgefühl auf dem Platz immer noch großartig und unerreicht. Das Fehlen von Lizenzen - allen voran die komplette Bundesliga - ist trotz Champions League allerdings wie immer traurig, aber dank Editor verschmerzbar. Viel enttäuschender ist, dass der Legenden-Modus trotz guter Ansätze zu wenig Spielspaß entfacht, sobald man orientierungslos und meist gelangweilt auf dem Platz steht. Auch das Fehlen von Online-Modi stößt sauer auf, denn trotz Offline-Community möchte man sich doch am liebsten mit der ganzen Welt messen, selbst wenn man das öde Gejubel der Fans irgendwann kaum noch ertragen kann. Trotz dieser Kritikpunkte und den wenigen Neuerungen ist PES aber auch in diesem Jahr das mit Abstand beste Fußballspiel auf der PS2 und PSP!

Pro

sehr gute Ballkontrolle bei Dribblings
Champions League-Lizenz...
gewohnt erstklassige Meisterliga
gut agierende KI
geschmeidige Animationen
umfangreicher Editor (Spieler / Mannschaft)
nachvollziehbare Ballphysik
starke Kollisionsabfrage
gelungene Spielermodelle
packende Zweikämpfe
massig aufrüstbare Kriterien (Legenden-Modus)

Kontra

lange Ladezeiten (PSP)
...aber nicht vollständig
kaum Kommentare (PSP)
kein Onlinemodus
keine Bundesliga-Mannschaften
schwache Fankulisse
Legenden-Modus weniger packend
keine Echtzeit-Analyse (Legenden-Modus)
z.T. unpassende Kommentare (PS2)

Wertung

PlayStation2

Auf der PS2 ist PES trotz Stillstand immer noch das Maß aller Dinge im virtuellen Fußball und FIFA meilenweit voraus.

PSP

Leicht kastrierte Umsetzung der PS2-Vorlage, aber immer noch der beste Kick für unterwegs!

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