Pro Evolution Soccer23.11.2001, Mathias Oertel
Pro Evolution Soccer

Im Test:

Nach Sonys This Is Football 2002 und EAs FIFA 2002 kommt von Konami mit Pro Evolution Soccer (ab 12,00€ bei kaufen) der dritte große Aspirant auf den PS2-Fußball-Meistertitel. Basierend auf dem japanischen Winning Eleven 5 und mit einigen Änderungen versehen, will die neueste Entwicklung aus dem Tokyoter Konami-Studio endlich zeigen, wer Herr im virtuellen Stadion ist. Ob es gelungen ist, verrät Euch unser Test.

Winning Eleven 5.5

Wer das Glück hatte, den japanischen Vorläufer Winning Eleven 5 zu spielen, wird mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass sich Konami nicht auf den Lorbeeren ausgeruht hat. Das in Japan mehr als 500.000 mal verkaufte WE5 -das im Übrigen schon seit Monaten unsere Mittagspausen versüßt- dient zwar als Grundlage, wurde aber an allen Ecken und Enden überarbeitet.

So wurden z.B. an den Spielmodi gefeilt: Klar, es gibt immer noch Freundschaftsspiele. Doch jetzt ist es möglich, entweder zwei der anfänglich 53 verfügbaren Nationalmannschaften zu wählen, sich auf die 32 Vereinsmannschaften zu stürzen oder mit All-Star-Teams heiße Rasenduelle auszufechten.

Moment mal. Das sind ja zusammen nur 85 Mannschaften. Ist das nicht ein bisschen wenig im Vergleich zu den Mitbewerbern? Könnte man meinen. Stimmt aber nicht.

Denn zum einen sind die Mannschaften mehr als ausreichend, um auch die anderen verfügbaren Spielmodi (Turniere und Liga) zu spielen und zum anderen beantwortet bitte mal ehrlich die Frage, wie viele der zig Hundert Mannschaften der Konkurrenz Ihr noch nie gespielt habt...

Während Liga und Pokalmodi nichts wesentlich Neues sind, hat Pro Evolution Soccer mit dem Master League-Modus ein ganz besonderes Pferd im Stall.

Zwar wählt Ihr Euch eine der namentlich hoch bekannten Vereinsmannschaften aus, doch wenn Ihr einen Blick in den Kader werft, müsst Ihr feststellen, dass keine hochrangigen Stars auflaufen, sondern eher durchschnittliche Spieler die Stammplätze besetzt halten.

Und mit diesem Team müsst Ihr versuchen, durch zwei Ligen hindurch die besten der Welt zu schlagen? Ja und Nein!

Anfänglich werdet Ihr kaum Alternativen zu dem "No-Name-Team" haben, doch mit zunehmendem Erfolg -Ihr erhaltet für jeden Punktgewinn und jedes erzielte Tor Punkte- steigen Eure Chancen.

Denn diese Punkte könnt Ihr investieren, um einen neuen Spieler zu verpflichten. Doch hier wartet schon die nächste Entscheidung: Nehme ich einen leicht überdurchschnittlichen Stürmer, der 40 Punkte kostet oder gehe ich das Risiko ein, warte noch ein paar Spiele und hole mir dann Michael Owen für 56 Zähler?

Fragen über Fragen, die nur Ihr beantworten könnt, und die das Salz in der Master League-Suppe ausmachen.

Der Pfeffer wird von anderer Seite beigesteuert: In einem Multiplayer-Duell könnt Ihr mit Euren zusammengestellten Master League-Mannschaften gegeneinander antreten und versuchen herauszufinden, wer jetzt wirklich der "Master ist".

Wenn Ihr trotz des in fünf Stufen einstellbaren Schwierigkeitsgrades kein Land auf dem grünen, teilweise ziemlich abgelaufenen Rasen seht, solltet Ihr vielleicht ein paar Einheiten auf dem Trainingsplatz einlegen. Hier könnt Ihr normale Spielzüge genauso effektiv und aller Wahrscheinlichkeit nach auch mit einem sichtbaren Ergebnis einstudieren wie Standardsituationen - super!

Zusätzlich geben Euch Videos Anhaltspunkte, wie Ihr bestimmte Tricks durchführen könnt.

Welche Taktik hätten wir denn gern?

Vor dem Spiel (und natürlich auch jederzeit während der Begegnungen) habt Ihr die Möglichkeit, im ausführlichen Taktik-Bereich Euer Team einzustellen.

Angefangen bei simplen Aufstellungsfragen bis hin zu gezielten Anweisungen für einzelne Spieler (Mann und Zonendeckung) gibt Euch Pro Evolution Soccer mehr als genügend Möglichkeiten, um die optimale Einstellung zu finden.

Ihr müsst dabei nur die Werte der Spieler im Auge behalten. Und das ist leichter gesagt als getan: Denn es gibt mehr als 45 Eigenschaftswerte pro Spieler. Dabei sind hier nicht nur Fähigkeiten wie Schuss-Stärke usw. zu finden, sondern auch ob es z.B. ein starker Teamspieler ist, seine Verletzungsanfälligkeit, Freistoßstärle, Ausdauer usw.

Ich will Tore sehen!

Habt Ihr nun alles mögliche eingestellt (oder auch nicht) geht es ab aufs Feld. Und schon mit dem ersten Anstoß an wird Euch Pro Evolution Soccer mit eiserner Hand gebannt vor dem Bildschirm festhalten.

Dank einer durchdachten und eingängigen Steuerung fälltt es auch Anfängern nach minimaler Eingewöhnungszeit leicht, Pässe zu spielen, die gefährlichsten Bananenflanken zu schlagen oder gewaltig angeschnittene Freistöße gegen den gegnerischen Torwart zu jagen.

Ein weitreichendes Repertoire an Offensiv- und Defensivmöglichkeiten sorgt dabei für viel Abwechslung und überraschende Momente.

Da die KI (natürlich abhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad) sowohl in der Abwehr als auch im Angriff äußerst spielstark ist, macht das Ganze dazu einen Heidenspaß.

Auch die Torhüter -oft ein Knackpunkt in Fußballspielen- reagieren sehr gut, laufen auch mal selbstständig heraus, um den Gegner abzufangen und fordern Euer ganzes Können, wenn Ihr den Ball einnetzen wollt - um so größer ist die Freude, wenn die Kugel schließlich doch hinter der Linie landet.

Da es bei Pro Evolution Soccer auch keine Dead Spots gibt (Postionen, bei denen der Torwart immer geschlagen ist), sind Ergebnisse wie ein 10:0 die Seltenheit und beruhen meistens auf den ausgewählten Mannschaften.

Der Ball muss springen

Was Pro Evolution Soccer deutlich von den Mitbewerbern abhebt, ist die Ballphysik: Der Ball hüpft und springt derart realistisch, dass es eine wahre Freude ist. Zeiten, in denen die Lederkugel wie ein Eishockeypuck über den Rasen gleitet, gehören endgültig der Vergangenheit an.

Dass durch diese Ballphysik natürlich auch das Stoppen und Weiterleiten von Pässen nicht immer ganz einfach ist, mag anfänglich vielleicht auf manche frustrierend wirken, unterstützt jedoch den Spielspaß ungemein. Man freut sich wie ein Schneekönig, wenn ein Spieler, der technisch nicht so begabt scheint, mit einem plötzlichen Pass in den freien Raum fertig wird wie Pelé.

Obwohl das Spiel alleine schon einen Bombenspaß macht, kommt mit einem (oder mehreren) menschlichen Gegenspielern die nach oben offene Spielspaß-Skala ins Rotieren: Ein Spiel jagt das andere, ein verlorenes Duell fordert eine Revanche und eh man sich versieht, bricht schon der nächste Tag an - uff!

Statistik-Fans werden mit den Freundschaftsspielen nicht glücklich werden, gibt es hier doch nur die nötigsten Infos. Während Pokal- und Ligawettbewerben gibt es jedoch weitreichende Statistiken, die Aufschluss über die Leistung von Euch und Euren Gegnern geben.

Do It Yourself!

Trotz der Verwendung von realen Spielern (einige Namen sind leicht abgewandelt) überkommt Euch vielleicht die Lust, einen eigenen Superstar auf die Beine zu stellen.

Kein Problem: ein leistungsstarker Editor erlaubt es Euch, sowohl die leicht veränderten Namen richtig zu stellen als auch einen absoluten Superstar zum virtuellen Leben zu erwecken.

Neben Größe, Gewicht und Aussehen, könnt Ihr natürlich auch alle Statistikwerte editieren. Mit etwas Geduld ist es Euch so möglich, auch Spieler wie z.B. Kevin Keegan, Horst Hrubesch usw. zu erstellen.

Das weite Rund

Grafisch präsentiert sich Pro Evolution Soccer von seiner besten Seite und stellt gegenüber Winning Eleven 5 eine konsequente Weiterentwicklung dar. Die Animationen der Spieler und auch des Balles -von der Wichtigkeit her nicht zu unterschätzen- sind flüssig und bieten nahtlose Übergänge zwischen den verschiedenen Bewegungsphasen.

Auch die verwendeten Texturen sind optisch einwandfrei und sorgen in den meisten Fällen für einen hohen Wiedererkennungswert.

Die zahlreichen Stadien (u.a. auch das Münchener Olympiastadion) überzeugen durch zahlreiche Details und gut gefüllte Ränge, in denen kontinuierlich Fahnen geschwenkt werden. Auch auf Konfetti oder bengalische Feuer muss nicht verzichtet werden.

Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die Zuschauer zwar als die gefürchteten Papp-Aufsteller, doch bei der Spielperspektive, die sich auf das Spielfeld konzentriert, fällt dies nur im seltensten Fall auf.

Fernsehreife Einmärsche der Mannschaften, Wiederholungen und Highlights nach den Halbzeiten runden die gelungene Präsentation ab.

Die acht verschiedenen, frei wählbaren Kameraperspektiven geben jederzeit einen optimalen Überblick und der abschaltbare Radar zeigt Euch immer an, welche Spieler gerade in aussichtsreichen Positionen sind.

Kleine grafische Spielereien wie Wettereffekte, schöne Echtzeitschatten, interaktive Stadionanzeigen bilden das Sahnehäubchen auf dem Grafikdessert.

Sag an!

Ein Problem, dass Pro Evolution Soccer mit vielen Genre-Kollegen teilt, ist der Kommentar. Zwar in drei Sprachen vorhanden (Deutsch, Englisch, Französisch) wird leider in keinem Fall der Enthusiasmus der japanischen Sprecher erreicht.

Nach mehrstündigem Spielen hat man auch schließlich alle Kommentarsamples gehört - doch auch das ist eigentlich in allen Sportspielen der Fall.

Egal, ob sie der Sprache mächtig sind oder nicht, werden die meisten Spieler sich wahrscheinlich für den englischen Kommentar entscheiden, der noch die angenehmste Alternative verspricht. Oder aber sie sprechen selber den Kommentar, was sicherlich eine vielversprechende Alternative darstellt.

Nichts zu meckern gibt es an der Zuschauerkulisse. Die Fans stimmen abhängig vom Spielverlauf zur Mannschaft passende Gesänge an und reagieren auf die Aktionen auf dem Rasen - schön!

Pro

  • fantastische Mischung aus Realismus und Spielspaß
  • hochmotivierende Spielmodi
  • weitreichender Editor
  • mehr als 45 Eigenschaftswerte pro Spieler
  • vorbildliche Ballphysik
  • fünf Schwierigkeitsgerade
  • versteckte Mannschaften
  • sehr gute KI
  • intelligente, intuitive Steuerung
  • feine Animationen
  • schön gestaltete Stadien
  • Fankulisse 1A
  • immense Spieltiefe
  • Kontra

  • Kommentare auf Dauer eintönig
  • deutscher Kommentar unerträglich
  • Pappaufsteller als Zuschauer
  • einige Namen trotz Lizenz verfremdet
  • Vergleichbar mit: TIF 2002, FIFA Football 2002

    Fazit


    Wer Pro Evolution Soccer im Schrank hat, braucht keine Bundesliga. Ein realistischeres und dabei gleichermaßen faszinierendes und hochmotivierendes Fußballspiel werdet Ihr momentan nicht finden.
    Kleinere Mankos wie der (abschaltbare) Kommentar und die Papp-Zuschauer nimmt man gerne in Kauf, denn der Rest passt einfach. Eine Spielbarkeit nicht von dieser Welt, verbunden mit einer intuitiven Steuerung und eingepackt in Prachtgrafik machen Pro Evolution Soccer zu einem Pflichtkauf für Fußball-Fans. Und wer häufiger mit Freunden spielt, kommt sowieso nicht um das Fußball-Juwel aus dem Hause Konami herum.

    Wertung

    PlayStation2

    0
    Kommentare

    Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

    Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.